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Zoll- und Außenwirtschaftsrecht: Das ändert sich 2024

Verschärfte Bestimmungen bei der Einfuhr von Eisen- und Stahlprodukten, der CO2-Grenzausgleichsmechanismus CBAM oder das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – das sind nur einige Themen, die Unternehmen aktuell beschäftigen.

Zollrecht: Nach der Reform ist vor der Reform

Atlas Release

Noch gilt es, die Digitalisierungsvorgaben des gültigen Zollrechts aus dem Unionszollkodex (UZK) umzusetzen. Die Umstellung der nationalen IT-Programme der Zollverwaltung hat viele Unternehmen in diesem Jahr beschäftigt. Insbesondere die Neuerungen im Bereich Ausfuhr AES 3.0 und im Versand NCTS Phase 5 warfen diverse Fragen auf, die der Zoll durch Teilnehmerinformationen klargestellt hat. Für 2024 steht bei der Einfuhr ICS Phase 3 bevor und bei den bisherigen Versandpapieren T2L und T2LF das IT-System „Proof of Union Status (PoUS) – Nachweis des Unionscharakters“ für Unternehmen, die über eine Bewilligung als „Zugelassener Aussteller“ verfügen.

Digitalisierung der Zollabwicklung

Im Mai 2023 stellte die EU-Kommission die geplante Reform des EU-Zollrechts vor. Eine konsequente Digitalisierung soll die Zollabwicklung in der EU effizienter und transparenter machen.  Durch die bereitgestellten Daten über die gesamte Lieferkette hinweg kann der Zoll Gefahren besser erkennen und ihnen begegnen.
Darüber hinaus soll als Weiterentwicklung des „Zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten“ (AEO) zukünftig der Trust & Check-Status bei Unternehmen zu weiteren Vereinfachungen führen. Die 150-Euro-Schwelle bei Wareneinfuhren, unter der keine Zölle erhoben werden, soll entfallen. Als Zeit-Horizont zur Umsetzung dieser und weiterer Reformen sind rund zehn Jahre von 2028 bis 2038 veranschlagt.

Warenursprung und Präferenzen

EU: Handel mit Entwicklungsländern (APS) – Verlängerung der Zollpräferenzen bis Ende 2027

Das Allgemeine Präferenzsystem (APS) der EU regelt Zollpräferenzen – also Zollvergünstigungen – mit Entwicklungsländern. Die Gültigkeit ist bis zum 31. Dezember 2027 verlängert worden, um den 65 betroffenen Staaten weiterhin den Vorteil von Handelspräferenzen zu gewähren, die bis zur Zollfreiheit für die am wenigsten entwickelten Länder reichen.

EU-Neuseeland

Die Verhandlungen über ein Handelsabkommen mit Neuseeland sind beendet. Sobald das Ratifizierungsverfahren in der EU als auch in Neuseeland abgeschlossen ist, tritt es in Kraft (vermutlich Anfang 2024). Auch dieses Abkommen wird ohne förmlichen Präferenznachweis auskommen. Vorgesehen ist nur die Erklärung zum Ursprung. Eine REX-Nummer ist erforderlich.
Die EU-Kommission stellt den Abkommenstext einschließlich der geplanten Zollabbaustufen und Ursprungsregeln zur Verfügung. Das Online-Portal der Zollverwaltung, WuP-online, wird zeitnah ergänzt.

Weiterentwicklung Lieferantenerklärung

Die Digitalisierung der Zollabwicklung könnte auch die Zukunft der liebgewonnenen Lieferantenerklärung verändern. Eine Überarbeitung des UZK-IA sieht vor, die Lieferantenerklärung zu digitalisieren. Die formalen Vorgaben in Wortlaut und bei Unterschrift sollen dann entfallen. Gefordert wären zukünftig nur noch vorgegebene, zum Teil neue Datenelemente und -strukturen. Zur Zeit laufen die Abstimmungen – davon hängt auch die Umsetzung ab (ggf. Mitte 2024 mit langer Übergangsfrist und Bestandsschutz für unterjährig ausgestellte Lieferantenerklärungen).

Statistik: Meldungen und mehr

Kombinierte Nomenklatur 2024 und Warenverzeichnis 2024

Die Kombinierte Nomenklatur 2024, der gemeinsame Zolltarif der EU, listet die gültigen Zollsätze bei der Einfuhr in die EU auf.
Sie tritt ab 1. Januar 2024 in Kraft und wurde veröffentlicht im Amtsblatt der EU L 2023/2364 vom 31. Oktober 2023.
Das Warenverzeichnis für die Außenhandelsstatistik 2024 mit den Warennummern (achtstellig) für Ausfuhren hat das Statistische Bundesamt im November 2023 veröffentlicht. Änderungen zum 1. Januar 2024 sind in einer Gegenüberstellung kenntlich gemacht. Weitere Informationen zum Harmonisierten System haben wir für Sie in einem Artikel zusammengestellt.

Merkblatt zu Zollanmeldungen 2024

Auch 2024 wird es wieder eine aktuelle Fassung der verbindlichen Ausfüllanleitung für Zollanmeldungen geben. Die Veröffentlichung ist zum Jahreswechsel geplant. Änderungen sind kursiv eingearbeitet und damit erkennbar.
Hier schon einmal einige Hinweise: Das Verfahren 4900 für Ausfuhren nach San Marino/Andorra entfällt und wird zukünftig unter dem normalen Verfahren 4000 angemeldet. Es werden Anpassungen zur zentralen Zollabwicklung eingearbeitet sein und neue Klarstellungen zu den Codierungsanforderungen im Bereich Verbote und Beschränkungen.

Intrahandelsstatistik

Der Leitfaden zur Intrahandelsstatistik wird ebenfalls überarbeitet und steht ab 2024 aktualisiert zur Verfügung. Die jährlichen Meldeschwellen für Eingänge (800.000 Euro) und Versendungen (500.000 Euro) bleiben unverändert. Der Start des Mikrodatenaustauschs (Wegfall der Eingangsmeldung) ist noch nicht bekannt (geschätzt 2025).

Exportkontrolle: Gute und schlechte Nachrichten

Nationale Allgemeine Genehmigungen (AGG) überarbeitet und Länderkreis erweitert

Zum 1. September 2023 wurden bestehende nationale Allgemeinen Genehmigungen (AGG) grundlegend überarbeitet sowie fünf neue Allgemeine Genehmigungen (AGG 33, 34, 37, 38 und 39) eingeführt. Die Änderungen betreffen inhaltliche Anpassungen und Erweiterungen, insbesondere zu Rüstungs- und Dual-Use-Güter (Güter mit einem doppelten Verwendungszweck) sowie Sicherheitstechnologie. Außerdem wurde der Länderkreis auf bestimmte NATO- und NATO-gleichgestellte Länder ausgeweitet.
Die Bundesregierung versucht dadurch den unternehmerischen Aufwand beim Export von sensiblen Gütern zu verringern. Erleichterung bringen soll auch die auf zwei Jahre verlängerte Gültigkeit von Nullbescheiden, von Auskünften zur Güterliste und der Erklärung des Ausfuhrverantwortlichen.

Ausfuhrgenehmigungen des BAFA werden kostenpflichtig

Ab 1. Januar 2024 werden dagegen diverse Leistungen des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gebührenpflichtig, darunter Ausfuhrgenehmigungen für Dual-Use-Güter. Für sie fallen künftig Genehmigungsgebühren in Höhe von 159 bis 315 Euro an. Bestimmte Leistungen bleiben allerdings gebührenfrei. Dazu gehören zum Beispiel „Nullbescheide“.

Russland – Rechtsrahmen gegen Sanktionsumgehungen

2023 wurde der Handel mit Russland weiter eingeschränkt. Betroffen sind immer mehr Waren. Auch die Finanzsanktionen gegenüber Personen, Organisationen und Einrichtungen wurden erweitert. Mit dem 11. Sanktionspaket hat die EU erstmals einen Rechtsrahmen gegen die Umgehung der Sanktionen über Drittstaaten geschaffen. Die EU kann damit künftig Maßnahmen gegen einzelne Unternehmen aus Drittstaaten, aber auch Exportbeschränkungen gegenüber Drittstaaten selbst verhängen.

Import von Eisen- und Stahlerzeugnissen

Zum 30. September 2023 wurde die Einfuhr von Eisen- und Stahlerzeugnissen wesentlich strenger geregelt.
Ein Importeur in die EU muss seitdem nachweisen, dass die verwendeten Vorleistungsgüter nicht aus Russland stammen. Damit muss, wer beispielsweise Schrauben oder ein Fertigprodukt mit Schrauben oder Aluminiumleisten einführt, nun über seinen Lieferanten einen sicheren Nachweis über das Ursprungsland aller damit verarbeitenden Materialien aus Stahl- und Eisen vorlegen können.
Das bringt einen hohen Aufwand für die Unternehmen mit sich. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Unternehmen diesen Nachweis auch beim Bezug der Waren innerhalb der EU von ihren Vorlieferanten verlangen. Das ist nach Aussage der EU aber nicht notwendig.

Berichts- und Sorgfaltspflichten

Lieferkettengesetz geht in die nächste Runde

Das erste Jahr Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) liegt hinter uns. Es verpflichtete zunächst in Deutschland ansässige Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern menschenrechts- und umweltbezogene Sorgfaltspflichten entlang der gesamten Lieferkette einzuhalten und dies zu dokumentieren.
Die Sorgfaltspflichten erstrecken sich vom Definieren interner Prozesse und Durchführen einer Risikoanalyse über das Festlegen von Präventionsmaßnahmen und Einrichten eines Beschwerdemechanismus bis hin zur regelmäßigen Veröffentlichung eines Jahresberichts.
Dabei müssen sich die vom Gesetz betroffenen Unternehmen von ihren unmittelbaren Zulieferern zusichern lassen, dass sie die verlangten menschenrechtlichen und umweltbezogenen Erwartungen ihres Kunden einhalten und ihrerseits entlang der Lieferkette angemessen adressieren. Gerade zum Jahresanfang haben Unternehmen deshalb eine Flut von Fragebögen und Verhaltenskodexen (Codes of Conducts, CoC) an Lieferanten versandt, die diese beantworten oder unterschreiben mussten. Bei vielen war die Verunsicherung groß, wie damit umzugehen ist.
Auch Anfang 2024 ist wieder mit einer Flut von Fragebögen zu rechnen.
Denn ab 1. Januar 2024 sind auch Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeiter vom LkSG betroffen. Darüber hinaus tritt 2024 dann das europäische Lieferkettengesetz in Kraft.
Im Vergleich zum deutschen LkSG gelten nach EU-Recht niedrigere Schwellenwerte von 500 beziehungsweise 250 Mitarbeitern, welche vermutlich ab 2026 zu beachten sind. Das Thema wird die Unternehmen daher weiterhin in hohem Maße beschäftigen.

CBAM – Komplexer CO2-Ausgleich startet

Die Übergangsphase des CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanismus) hat am 1. Oktober 2023 begonnen. CBAM möchte Wettbewerbsverzerrungen durch international ungleiche CO2-Bepreisung entgegenwirken. Energieintensiv hergestellte (Vor-)Produkte werden bei Einfuhr in die EU mit einem Aufpreis beim Zollverfahren belegt.
Unternehmen müssen über ihre in die EU eingeführten Waren, die unter die CBAM-Verordnung fallen, berichten. Aktuell zählen zu den betroffenen Produktgruppen Zement, Eisen und Stahl, Aluminium, Düngemittel, Strom und Wasserstoff. Berichte sind ab Anfang 2024 quartalsweise einzureichen.
Frist für den ersten CBAM-Bericht ist somit 31. Januar 2024.
Ab Januar 2026 beginnt die Hauptphase des CBAM, in der umfassender berichtet werden muss. Zusätzlich müssen verpflichtend Zertifikate für die in Drittländern verursachten CO2-Emissionen der importierten Waren erworben werden.
Der CBAM-Bericht bedeutet für die Unternehmen einen erheblichen dokumentarischen und kommunikativen Mehraufwand, da über alle eingeführten (Vor-)Produkte einzeln und gesondert nach Bezugsfirma zu berichten ist und Daten bei den Zulieferern in Drittländern beschafft werden müssen. Hinzu kommt die Berechnung der Emissionen, die bei Herstellung im Drittland verursacht wurden. Darin fließen die Emissionsangaben ihrer Zulieferer und Stückzahlen des bezogenen Gutes ebenso ein wie der aktuell geltende CO2-Preis im EU-Emissionshandel sowie der CO2-Preis im Drittland (falls vorhanden). Pro Warentype und Produktionsstätte müssen entweder „nur“ die direkten bei der Herstellung in diesem Werk anfallenden Emissionen ermittelt werden oder auch indirekte (vorgelagerte) Emissionen.
Schließlich muss der notwendige CO2-Preisaufschlag je nach Land mit dem EU-CO2-Preis im Emissionshandel abgeglichen werden.

Neue EU-Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten

Die bisherige EU-Holzhandelsverordnung wird zum 30. Dezember 2024 durch die Verordnung (EU) 2023/1115 über entwaldungsfreie Lieferketten abgelöst. Angesichts eines in der Verordnung geregelten umfangreichen Pflichtenkatalogs und einer gewissen Rückwirkung bis zum 31. Dezember 2020 sollten betroffene Unternehmen sich frühzeitig auf die neuen Vorgaben einstellen und Maßnahmen ergreifen, um die Marktgängigkeit ihrer Produkte sicherzustellen und ihr internes Compliance-System anzupassen. 
Zu beachten ist, dass eine erhebliche Ausweitung der erfassten Holzprodukte in Anhang I vorgenommen wurde. Die neue Verordnung gilt für alle Importe und Exporte, in denen bestimmte Rohstoffe, wie z.B. Rinder, Kakao, Kaffee, Kautschuk, Holz inkl. Bücher, Möbel etc. enthalten sind.

Importverbot für Waren aus Zwangsarbeit

Der Vorschlag, den die Kommission im Rahmen ihrer Strategie "Decent Work Worldwide" im September 2022 veröffentlicht hat, sieht ein Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit vor.
Hierfür sollen die nationalen Behörden ermächtigt werden, in Zwangsarbeit hergestellte Waren nach einer Untersuchung vom europäischen Markt zu nehmen. Die Zollbehörden der Europäischen Union sollen entsprechende Produkte an den EU-Außengrenzen sowohl beim Import als auch beim Export identifizieren und stoppen.
Sobald das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union ihre Positionen verhandelt haben, kann es im Rahmen der Trilog-Verhandlungen der beiden Institutionen und der Kommission in Brüssel zu einem finalen Gesetzesvorschlag kommen. Nach Inkrafttreten ist mit einer Übergangsfrist von 24 Monaten zu rechnen.

Was sich sonst noch tut zum Jahreswechsel

Schweiz – Industriezölle abgeschafft

Eine gute Nachricht erreicht uns aus der Schweiz. Zum 1. Januar 2024 werden dort die Zölle auf Industriegüter abgeschafft. Damit entfallen mit wenigen Ausnahmen im Bereich der industriell produzierten landwirtschaftlichen Produkte alle Einfuhrzölle (Zolltarifkapitel 25 bis 97).
Präferenzerklärungen auf den Rechnungen oder anderen Handelspapieren sowie die Vorlage von Warenverkehrsbescheinigungen EUR-1 für Lieferungen in die Schweiz sind ab 2024 in der Regel nicht mehr erforderlich. Einen Wermutstropfen gibt es allerdings: Die Umsatzsteuer wird von 7,7 Prozent auf 8,1 Prozent erhöht, das gilt auch für die Einfuhrumsatzsteuer in der Schweiz.

Großbritannien – CE-Kennzeichnung unbefristet gültig

Aufatmen können Unternehmen mit Exporten nach Großbritannien. Laut einer Entscheidung der britischen Regierung bliebt die europäische CE-Kennzeichnung unbefristet im Vereinigten Königreich gültig.
Ein zusätzliches, verpflichtendes UK-Label scheint damit vom Tisch. Ursprünglich sollte die Anerkennung der CE-Kennzeichnung in Großbritannien Ende 2024 auslaufen und durch eine verpflichtende UKCA-Kennzeichnung (UK Conformity Assessed) abgelöst werden.
Mit der neuen Regelung können Unternehmen künftig zwischen beiden Kennzeichnungen wählen. Dies ist sowohl für Unternehmen in der EU als auch für britische Unternehmen von Vorteil, da sie ihre Produkte nicht doppelt zertifizieren lassen müssen, um sie in den jeweils anderen Wirtschaftsraum zu exportieren.

USA – neuer Handelskonflikt erwartet

Schlechte Nachrichten hingegen kommen aus den USA. Hier wächst die Gefahr eines neuen Handelskonflikts. Die Verhandlungen zwischen der EU und den USA über die erhoffte dauerhafte Aussetzung der amerikanischen Schutzzölle auf Stahl und Aluminium sind vorerst gescheitert.
Es gibt aber Hoffnung, dass die derzeit teilweise ausgesetzten Schutzzölle von 25 Prozent auf Stahl und 10 Prozent auf Aluminium Anfang Januar 2024 nicht automatisch wieder in Kraft treten. Auch ein Rohstoffabkommen zwischen der EU und den USA scheint bislang nicht Sicht. Dieses ist aber zwingend Voraussetzung, wollen europäische Unternehmen einen breiteren Zugang zu den Milliardensubventionen aus dem US-Förderpaket für grüne Technologien, dem Inflation Reduction Act, bekommen.

Außenwirtschaftsveranstaltungen

Bleiben Sie up to date: Wir führen auch im Jahr 2024 zahlreiche Außenwirtschaftsveranstaltungen als Präsenzveranstaltung und auch Webinare durch. Einen Überblick zu den Terminen haben wir für Sie zusammengestellt. Dieser wird laufend aktualisiert und erweitert.
Gerne beraten wir auch individuell. Sprechen Sie uns gerne an.