Ausbildung

Abmahnung

Wenn eine Auszubildende oder ein Auszubildender gegen die Pflichten aus dem Ausbildungsvertrag verstößt, kann der Betrieb meist nicht sofort kündigen, sondern muss zunächst abmahnen.
Dies gibt dem Auszubildenden die Gelegenheit, sein Verhalten zu ändern und das Ausbildungsverhältnis noch zu retten.
Auf eine Abmahnung kann nur dann verzichtet werden, wenn das Fehlverhalten so gravierend ist, dass das Vertrauensverhältnis endgültig zerstört ist. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn der Auszubildende einen Kunden bestiehlt.

Welche Form muss eine Abmahnung haben?

Die Abmahnung ist formfrei, das heißt, sie könnte auch mündlich erfolgen.
Aus Beweisgründen sollte sie jedoch immer schriftlich erteilt werden.
Eine Abmahnung muss folgende drei Teile enthalten, sonst ist sie unwirksam und eine Kündigung könnte nicht darauf gestützt werden:
  1. Genaue Beschreibung des vertragswidrigen Verhaltens
    Erforderlich sind hierbei Angaben über Datum, Zeit, Ort und Art des Vertragsverstoßes. Die Beschreibung muss so detailliert sein, dass auch ein unbeteiligter Dritter (zum Beispiel ein Richter) zweifelsfrei erkennen kann, welcher Vorgang beanstandet wird. Schlagwortartige Hinweise wie „Störung des Betriebsfriedens“, „untragbares Verhalten“ oder „häufiges Zuspätkommen“ sind nicht konkret genug. Die Vorfälle, die der Grund für die Abmahnung sind,  müssen genau geschildert werden.
  2. Die Aufforderung an den Auszubildenden, künftig den Pflichten aus dem Ausbildungsvertrag nachzukommen.
  3. Androhung der Kündigung bei erneutem Vertragsverstoß. Eine Androhung von "arbeitsrechtlichen Konsequenzen" reicht nicht. Wirksam ist die Abmahnung nur, wenn ausdrücklich mit einer Kündigung gedroht wird. Anderenfalls handelt es sich arbeitsrechtlich nur um eine Ermahnung, selbst wenn sie als „Abmahnung“ überschrieben ist.

Wie oft muss abgemahnt werden?

Wie oft abgemahnt werden muss, bevor gekündigt werden kann, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab.
Bei schweren Vertrauensverstößen kann eine Kündigung ausnahmsweise auch ohne vorherige Abmahnung ausgesprochen werden.
Bei „klassischem“ Fehlverhalten (Fehlen in der Berufsschule, Zuspätkommen) sind in der Regel zwei bis drei Abmahnungen erforderlich, bevor gekündigt werden kann.
Die Abmahnungen müssen einschlägig sein, das heißt, dass Abmahnungen und Kündigung sich auf dieselbe Art von vertragswidrigem Verhalten beziehen. Ansonsten ist die Kündigung unwirksam.

Wie lange wirkt eine Abmahnung?

Die Rechtswirkungen einer Abmahnung sind zeitlich begrenzt: Wenn der/die Auszubildende längere Zeit unbeanstandet gearbeitet hat, wird die Abmahnung gegenstandslos.
Die Wirkungsdauer hängt auch von der Schwere des Vorfalles ab. Richtlinien, wann die Wirkungen der Abmahnung genau enden, gibt es nicht.
Abmahnungen, die länger als ein Jahr zurückliegen, werden in der Regel gegenstandslos.

Rechtsschutz

Der Auszubildende kann verlangen, dass eine zu Unrecht erfolgte Abmahnung aus der Personalakte entfernt wird.
Vor einer gerichtlichen Klärung muss der Schlichtungsausschuss angerufen werden.

Zugang einer Abmahnung

Eine Abmahnung gilt bei ihrer persönlichen Aushändigung als zugegangen.
Bei Einwurf in den Briefkasten gilt sie zu dem Zeitpunkt als zugegangen, an dem der Empfänger normalerweise mit Posteingang rechnen muss.
Wie kann der Zugang des Abmahnungsschreibens nachgewiesen werden?
  1. Am einfachsten lässt sich der Zugang dadurch beweisen, dass das Abmahnungs- oder Kündigungsschreiben dem/der volljährigen Auszubildenden im Betrieb aushändigt wird und der Azubi den Erhalt auf einer Kopie des Schreibens quittiert.
    Beim Minderjährigen kommt diese Form nicht in Betracht, hier muss das Schreiben dem gesetzlichen Vertreter zugehen.
  2. Der Zugang lässt sich auch dadurch beweisen, dass (möglichst zwei) Mitarbeiter des Betriebes das Schreiben in den Briefkasten des volljährigen Auszubildenden einwerfen und dies auf einer Kopie vermerken. Bei minderjährigen Auszubildenden muss der Briefkasten der gesetzlichen Vertreter genutzt werden.
    Der Ausbildende, der das Abmahnungs- oder Kündigungsschreiben unterschrieben hat, sollte es nicht selbst einwerfen, da er in einem Kündigungsschutzprozess nicht als Zeuge, sondern lediglich als Partei aussagen könnte.
  3. Beim „Einschreiben Einwurf“ dokumentiert der Zusteller, dass die Sendung in den Briefkasten eingeworfen wurde. Das Zustelldatum kann im Internet über die Sendungsverfolgung abgerufen werden.
    Dadurch lässt sich beweisen, wann der Zugang erfolgte, nicht aber, dass das Abmahnungsschreiben eingeworfen wurde und nicht ein ganz anderer Brief. Um auch dies beweisen zu können, sollten möglichst zwei Mitarbeiter auf einer Kopie vermerken, dass dieses Schreiben als Einwurf-Einschreiben aufgegeben worden ist.

    Die Zustellung durch ein normales Einschreiben oder ein Einschreiben mit Rückschein bewirkt nicht den rechtzeitigen Zugang. Trifft der Postbote nämlich weder den Empfänger noch einen anderen Empfangsberechtigten an, wirft er nur einen Benachrichtigungszettel ein und hinterlegt das Schreiben bei der Post. Das Schreiben geht aber erst dann zu, wenn es bei der Post abgeholt wird, was eventuell dazu führt, dass das Schreiben zu spät zugeht oder nicht abgeholt wird und die Kündigung daher unwirksam ist.