Außergerichtliche Konfliktlösung

Formen der Streitbeilegung

Verstehen sich zwei meiner besten Mitarbeiter nicht? Tauchen mit einem wichtigen Kunden immer wieder Probleme auf? Klappt die Geschäftsbeziehung mit einem Lieferanten schlecht, auf den ich angewiesen bin? Die IHK Darmstadt berät Sie, wie Sie ohne ein Gerichtsverfahren zu einer Lösung der Konflikte kommen können.
Es gibt verschiedene Arten der Streitbeilegung. Die bekanntesten Formen neben der Klageerhebung bei Gericht sind die Wirtschaftsmediation oder Schlichtung, die Einschaltung eines Schiedsgutachters, die Einberufung eines Schiedsgerichts und die gerichtsnahe Mediation. Zudem existieren für wettbewerbs- und ausbildungsrechtliche Streitigkeiten als spezielle Schlichtungsstellen die Einigungsstelle zur Beilegung von Wettbewerbsstreitigkeiten und der Schlichtungssausschuss für Ausbildungsstreitigkeiten.
Verschiedene Wege verfolgen also alle das gleiche Ziel, Streitigkeiten schnell, kostengünstig, effektiv und tragfähig beizulegen. Gerichtsprozesse sind dagegen oft langwierig und teuer. Sie können, da öffentlich, auch zu Imageverlusten der betroffenen Unternehmen führen. Vor allem aber schaffen Gerichtsentscheidungen Gewinner und Verlierer. Normalerweise bedeuten sie deshalb das Ende der Geschäftsbeziehung. Doch was ist was? Was bedeuten die verschiedenen Begriffe?

Mediation und Schlichtung

Bei der Schlichtung lassen sich die Parteien einen Lösungsvorschlag von einem Schlichter unterbreiten, bei der Mediation erarbeiten die Parteien mit der Unterstützung eines Mediators selbstständig die Lösung des Konflikts.
Die Parteien müssen sich aber auf Konfliktlösung im Wege der Schlichtung oder Mediation verständigen. Es handelt sich um ein freiwilliges Verfahren. Ausgebildete Mediatoren versuchen, mit den Beteiligten interessengerechte, nicht ausschließlich gesetzesorientierte Lösungen zu erarbeiten.
Es ist zu beachten, dass die Begriffe nicht einheitlich verwendet werden: auch in der Wissenschaft werden Mediation und Schlichtung gelegentlich synonym verstanden. Mit der Schlichtung hat Mediation gemein, dass keine verbindliche Entscheidung gefällt wird.
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Schiedsgutachter

Häufig wird in Kauf-, Miet- oder Bauwerkverträgen vereinbart, dass bei Streit der Parteien darüber, ob beispielsweise Mängel vorhanden sind oder die Höhe des Mietzinses angemessen ist, dies durch einen von der IHK benannten Sachverständigen als Schiedsgutachter für beide Parteien verbindlich entschieden werden soll.
Auf Antrag eines Vertragspartners benennt die IHK einen Schiedsgutachter, der dann von den Parteien zu beauftragen und auch zu bezahlen ist. Insoweit erfolgt hier auf freiwilliger Basis eine verbindliche Entscheidung eines Schiedsgutachters in einer im Vorfeld konkret bestimmten Sachfrage. Auch die nachträgliche Vereinbarung eines Schiedsgutachters ist möglich.
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Schiedsgericht

Schiedsgerichte sind private Gerichte, die anders als ein Schlichter oder Mediator über Streitigkeiten abschließend und verbindlich entscheiden. Verhandlungen sind üblicherweise nichtöffentlich. Das heißt, der Schiedsrichter hat anders als der Mediator oder Schlichter Entscheidungs- und Zwangsgewalt. Der Vorteil liegt in der Zeit- und Kostenersparnis. Während sich ein Verfahren vor den ordentlichen Gerichten oftmals über drei Instanzen hinziehen kann, beschränkt sich das schiedsgerichtliche Verfahren - außer bei schwerwiegenden Verfahrensmängeln - auf eine Instanz. Ein derartiges kaufmännisches Schiedsgericht existiert mit einer Verfahrensordnung auch für den Bezirk der IHK Darmstadt.
Die Kosten für das Verfahren sind abhängig vom Streitwert und setzen sich aus einer Gebühr für die administrierende Geschäftsstelle und dem Schiedsrichterhonorar zusammen. Einigen die Parteien sich im schiedsgerichtlichen Verfahren oder ergeht ein Schiedsspruch, erhalten sie einen vollstreckbaren Titel, der einem rechtskräftigen Urteil entspricht. Eine Schiedsgerichtsvereinbarung kann bereits bei Vertragsschluss vereinbart werden, aber auch nachträglich.

Gerichtsnahe Mediation

Auch ein bereits bei Gericht anhängiges streitiges Verfahren kann – mit Zustimmung der Parteien – ausgesetzt werden, wenn es sich für ein Mediationsverfahren eignet. Selbst in diesem Stadium ist es sinnvoll, den Parteien Alternativen zu einer Streitentscheidung aufzuzeigen. Einigen sich die Parteien, so ist auch das Gerichtsverfahren beendet – andernfalls kann es streitig weitergeführt werden.
Das Mediationsverfahren kann entweder als "klassische Mediation" im Sinne des Mediationsgesetzes außerhalb des Gerichts durch einen Mediator oder innerhalb des Gerichts durch den sog. Güterichter (gerichtsinterne Mediation) durchgeführt werden. Der Güterichter wurde erst 2012 durch das „Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung“ in die Zivilprozessordnung (ZPO) sowie in alle anderen in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Verfahrensordnungen mit Ausnahme der Strafprozessordnung eingefügt. Der Güterichter wird nicht von den Parteien bestimmt, sondern vom Präsidium des Gerichts für die Durchführung der Güteverhandlung berufen. Er ist jedoch in der Sache nicht entscheidungsbefugt. Er kann sämtliche Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation anwenden.
Im Unterschied zu einem Gerichtsverfahren, das lediglich das Gesetz im Blick hat, stehen bei der Mediation allein die Interessen der Parteien im Vordergrund. Zudem gestalten die Beteiligten ihre Lösungen selbst, der Mediator strukturiert lediglich das Verfahren. Die Lösung des Konfliktes erfolgt somit eigenverantwortlich und selbstständig. Diese Form der Streitbeilegung trägt dazu bei, dass für Streitverfahren aus verschiedenen Bereichen der Wirtschaft mit evtl. sehr umfangreichen Beweisermittlungen in kurzer Zeit unter nachhaltiger Mitwirkung der Parteien und ihrer Prozessvertreter die Klage gütlich beigelegt und zukunftsorientierte Lösungen geschaffen werden.

Spezielle Schlichtungsstellen bei der IHK

Auf der Grundlage verschiedener gesetzlicher Regelungen existieren bei der IHK Darmstadt einige spezielle Schlichtungsstellen mit festumrissenen Aufgaben und Verfahrensspielregeln. Dies sind bei wettbewerbsrechtlichen Verstößen die Einigungsstelle zur Beilegung von Wettbewerbsstreitigkeiten. Bei Streitigkeiten zwischen Auszubildenden und Ausbildenden aus einem bestehenden Ausbildungsverhältnis ist vor Anrufung der Arbeitsgerichte der Ausschuss zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Ausbildenden und Auszubildenden einzuschalten.
Stand: November 2020