Ausbildungsabgabe: Was ist nach der Entscheidung des Staatsgerichtshofs zu tun?
Der Staatsgerichtshof Bremen hat das Gesetz zur Errichtung eines Ausbildungsunterstützungsfonds in Bremen für konform mit der Landesverfassung Bremens erklärt. Das Gesetz bleibt daher erst einmal in Kraft, und die Unternehmen im Land Bremen sind ab 2025 verpflichtet, in den Ausbildungsfonds einzubezahlen. Wir zeigen auf, wie es weitergeht.
Wie ist die rechtliche Lage?
Der Staatsgerichtshof Bremen hat das Gesetz zur Errichtung eines Ausbildungsunterstützungsfonds in Bremen – kurz Ausbildungsfonds – in einem denkbar knappen Urteil mit 4:3 Stimmen für konform mit der Landesverfassung Bremens erklärt. Das Gesetz bleibt daher erst einmal in Kraft, und die Unternehmen im Land Bremen sind ab 2025 verpflichtet, in den Ausbildungsfonds einzubezahlen. Die Frage, ob das Gesetz auch mit dem Grundgesetz vereinbar ist, kann abschließend nur das Bundesverfassungsgericht klären. Dieses kann allerdings nicht direkt von Unternehmen oder der Handelskammer angerufen werden. Betroffene Unternehmen können aber nach Erhalt des Abgabenbescheides den Verwaltungsgerichtsweg einschlagen. Die Verwaltungsgerichte wiederum können den Fall beim Bundesverfassungsgericht zur Normenkontrolle vorlegen.
Wie geht es weiter?
Als Handelskammer werden wir uns gemeinsam mit den unterstützenden Kammern in Bremen weiterhin dafür einsetzen, dass dieses Gesetz abgeschafft wird. Zunächst einmal müssen aber alle Arbeitgeber in den Ausbildungsfonds einbezahlen. Nur wenige sind davon befreit, insbesondere
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Unternehmen, für die es schon einen gesetzlichen oder tarifvertraglichen Ausgleichsfonds gibt (zum Beispiel im Bereich der Pflege)
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Unternehmen, deren Arbeitnehmerbruttolohnsumme unter 135.000 Euro jährlich liegt (Bagatellgrenze; Sie müssen hierfür einen Antrag auf Befreiung stellen)
- Privathaushalte, die bspw. eine Haushalts-, Garten- oder Pflegehilfe sozialversicherungspflichtig beschäftigen, unterliegen nicht dem Gesetz und werden nicht zur Ausbildungsabgabe herangezogen. Eine Meldung der Daten über das Meldeportal ist daher nicht notwendig (sofern Sie dennoch mit der Aufforderung zur Meldung der Daten angeschrieben wurden, sollten Sie gegenüber der Behörde (etwa per E-Mail) erklären, dass es sich um einen Privathaushalt und nicht um ein Unternehmen handelt, also keine gewerblicher Tätigkeit ausgeübt wird, die auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet ist).
Zunächst einmal gilt für Sie folgende Frist: Bis zum 28. Februar 2025 müssen Sie für Ihr Unternehmen unaufgefordert zwei Angaben im Portal www.ausbildungsfonds.bremen.de machen:
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Arbeitnehmerbruttolohnsumme des Kalenderjahres 2024Hinweis:
Die Arbeitnehmerbruttolohnsumme ist der für die Berechnung der Lohnsteuer zugrunde zu legende und in die Lohnsteuerbescheinigung einzutragende Bruttoarbeitslohn. Für die Auslegung des Begriffs Arbeitslohn gelten die Bestimmungen der Lohnsteuerdurchführungsverordnung (LStDV) mit der Maßgabe, dass ein tarifliches 13. und 14. Monatseinkommen sowie betriebliche Zahlungen mit gleichem Charakter (zum Beispiel Weihnachtsgeld, Jahressonderzahlung), Urlaubsabgeltungen und Abfindungen, die für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt werden, nicht zum Arbeitslohn gehören. Für die Bestimmung der Arbeitnehmerbruttolohnsumme gilt § 11 Absatz 3 des Ausbildungsunterstützungsfondsgesetzes, wonach die Arbeitnehmerbruttolohnsumme die Summe aller Arbeitslöhne ist, die ein Arbeitgeber für die bei ihm beschäftigten im Land Bremen tätigen Personen zahlt.
Die Ausbildungsabgabe beträgt derzeit 0,27 Prozent davon.
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Zahl Ihrer Auszubildenden
Für jeden Auszubildenden erhalten Sie 2.250 Euro pro Jahr zurück.
Wichtig ist, dass Sie diese Frist einhalten und Ihre Angaben vollständig eintragen, sonst darf die Verwaltung eine Schätzung vornehmen. Außerdem droht sonst eine Geldbuße.
Nachdem Sie diese Angaben gemacht haben, wird die Behörde dann den Abgabenbescheid erstellen, der die Höhe der zu leistenden Ausbildungsabgabe festlegt. Der erste Bescheid wird Ihnen im Laufe des Jahres 2025 zugehen.
Gegen den Abgabenbescheid können Sie sich innerhalb eines Monats nach Erhalt des Bescheids mit einem Widerspruch bei der zuständigen Behörde – der Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration – und gleichzeitig mit einer Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht zur Wehr setzen. Widerspruch und Klage befreien allerdings zunächst nicht von der Verpflichtung, in den Ausbildungsfonds einzubezahlen.
Daher sollte der Widerspruch mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung verbunden werden. Ein gerichtlicher Eilantrag kann, muss aber nicht gestellt werden. Wenn das Gesetz durch das Bundesverfassungsgericht gekippt werden sollte, bekommen Sie auf Grundlage Ihrer Klage (bzw. Ihres Widerspruchs) das einbezahlte Geld zurück. Ohne (Widerspruch und) Klage ist das nicht der Fall.
Vertiefte Informationen dazu: „Das Verfahren zur Erhebung der Ausbildungsabgabe“
Was können Sie tun?
a. Widerspruchsverfahren
Wenn Sie mit dem Abgabebescheid nicht einverstanden sind, kann innerhalb eines Monats Widerspruch eingereicht werden. Die zuständige Behörde ist zwar der Auffassung, dass ein Widerspruch nicht notwendig und der Weg zum Verwaltungsgericht direkt eröffnet ist. Wir halten diese Auffassung für falsch. Nach unserer Auffassung ist auf jeden Fall Widerspruch einzulegen. Der Widerspruch sollte gleichzeitig den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung enthalten, um sich gegen die sofortige Zahlung der Abgabe zu wenden.
b. Anfechtungsklage
Gleichzeitig mit dem Widerspruch sollte eine Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht Bremen eingereicht werden, um sich gegen den Abgabenbescheid zu wehren. Hierfür gibt es eine Frist: Die Klage muss spätestens einen Monat nach Erhalt des Bescheids beim Verwaltungsgericht Bremen eingereicht werden. In diesem Verfahren kann auch Eilrechtsschutz auf Aussetzung der Vollziehung des Abgabenbescheides beantragt werden, muss es aber nicht. Ein solcher Antrag setzt allerdings den negativ beschiedenen, vorherigen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei der zuständigen Behörde voraus.
Auch wenn das Verwaltungsgericht Ihre Klage abweisen sollte, haben Sie weitere Optionen. Es steht der Weg zum Oberverwaltungsgericht und schließlich zum Bundesverwaltungsgericht offen, wenn, wie anzunehmen ist, die Rechtsmittel zugelassen werden; sonst im Wege der Nichtzulassungsbeschwerde. In dieser Zeit besteht allerdings kein Anspruch für Sie, die geforderten Zahlungen in den Ausbildungsfonds zurückzuhalten.
Jedes der Gerichte kann in diesem Verfahren das Gesamtthema des bremischen Ausbildungsunterstützungsgesetzes dem Bundesverfassungsgericht zur Normenkontrolle vorlegen, muss es aber nicht. Daher ist es sinnvoll, dass Sie anwaltliche Unterstützung suchen, wenn Sie den Klageweg planen.
c. Eilverfahren
Gegen die sofortige Zahlung können Sie sich durch ein zusätzliches Eilverfahren durch entsprechenden Antrag bei dem Verwaltungsgericht wehren. Das Gericht prüft dann, ob es ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes gibt. Folgende Konsequenzen entstehen daraus:
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Wird das Bremer Gesetz später vom Bundesverfassungsgericht für nicht rechtmäßig erklärt, haben Sie sich die Zahlungen in den Ausbildungsfonds gespart.
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Erklärt das Bundesverfassungsgericht das Bremer Gesetz für verfassungskonform, müssen Sie die Forderungen zuzüglich Zinsen in Höhe von 0,5 Prozent nachbezahlen.
Muster: Antrag an das Verwaltungsgericht auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gem. § 80 Abs. 5 VwGO
Weitere vertiefende Informationen zur rechlichen Thematik: „Ausbildungsabgabe - Welche Rechtsschutzmöglichkeiten stehen Unternehmen zur Verfügung?“
Hinweis: Die Informationen und Auskünfte der Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven sind ein Service für ihre Mitgliedsunternehmen. Sie enthalten nur erste Hinweise und erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für ihre inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden. Sie können eine anwaltliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen.