Der Abgabebescheid zur Ausbildungsumlage ist gekommen - was können Sie jetzt tun?

Bis Ende Februar 2025 mussten die Unternehmen im Land Bremen für den Ausbildungsunterstützungsfonds – kurz Ausbildungsumlage – die Bruttolohnsumme ihrer Arbeitnehmer sowie die Zahl der Auszubildenden melden. Die Abgabebescheide werden nach Auskunft der Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration ab Ende Juni 2025 an die Unternehmen ohne Einzelfallprüfung versandt. Die ersten Bescheide sind bereits bei den Unternehmen eingegangen. Der Versand der Bescheide über Einzahlungen in den Fonds beziehungsweise Auszahlungen aus dem Fonds wird in diesem Jahr zunächst ausschließlich postalisch erfolgen. Bescheide mit Nachweis- bzw. Einzelfallprüfungen folgen zu einem späteren Zeitpunkt, bei ihnen könnte – falls vom Unternehmen gewünscht und die technische Anbindung des Postfachs “meinUK” funktioniert – zukünftig auch eine digitale Zustellung möglich sein.
Nach Erhalt des Bescheids haben Sie die Möglichkeit, sich juristisch mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht Bremen (s. Hinweis in der Rechtsbehelfsbelehrung des Abgabebescheids) zu wehren. Hierfür haben Sie ab dem Zeitpunkt der Zustellung einen Monat lang Zeit. Danach verfallen die Rechtschutzmöglichkeiten.
Wichtig: Bis zur Bestandskraft der Bescheide besteht keine Zahlungspflicht. Bestandskräftig wird ein Bescheid nur, wenn nicht gegen den Bescheid geklagt wird oder abschließend in einem Klageverfahren durch die Gerichte entschieden wird. Erst danach sind die Abgabezahlungen zu leisten. Wenn Sie nicht klagen, wird der Bescheid einen Monat nach Zustellung bestandskräftig, also rechtsverbindlich und die Zahlung der Abgabe ist spätestens 7 Tage nach diesem Datum zu leisten.
Sinnvoll ist aus unserer Sicht, dass Sie sich mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht Bremen gegen den Abgabebescheid wehren und zugleich auch Widerspruch gegen den Bescheid einlegen. Zwar vertritt die zuständige Behörde die Rechtsauffassung, dass ein Widerspruchverfahren nicht zulässig ist, und wird einen Widerspruch vermutlich verwerfen. Aus unserer Sicht ist ein Widerspruch parallel zur Klage dennoch wichtig: Sollte später ein Verwaltungsgericht feststellen, dass ein Widerspruchsverfahren hätte durchgeführt werden müssen, würde dies zu Lasten der klagenden Unternehmen gehen, die ein Widerspruchsverfahren nicht vorgenommen haben. Die Unternehmen würden möglicherweise auf Grundlage des – fehlerhaft – nicht durchgeführten Widerspruchsverfahrens im Klageverfahren unterliegen und die Klage somit ohne weitere Erwägungen abgewiesen werden.
Es ist mit einer langen Verfahrensdauer zu rechnen. Der ordentliche Instanzenweg führt über die Verwaltungsgerichte im Land Bremen und das Bundesverwaltungsgericht bis letztlich zum Bundesverfassungsgericht. Eine Verkürzung des Instanzenwegs wäre möglich, wenn ein Gericht der Verwaltungsgerichtsbarkeit das Gesetz zur Errichtung eines Ausbildungsunterstützungsfonds im Land Bremen (Ausbildungsunterstützungsfondsgesetz - AusbUFG) für verfassungswidrig hält. In diesem Fall wäre das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies würde das verfahren grundsätzlich beschleunigen, würde aber immer noch sehr lange Zeit in Anspruch nehmen.
Diese Musterformulare geben Ihnen einen Überblick über die prozessualen Schritte:

Mit welchen rechtlichen Argumenten können Sie gegen den Bescheid klagen?

Das von unserer Handelskammer gemeinsam mit weiteren Bremer Kammern angestoßene Normenkontrollverfahren gegen das Gesetz zur Errichtung eines Ausbildungsunterstützungsfonds hat mit 4:3 Stimmen am 16. Dezember 2024 zu einem denkbar knappen Urteil des Staatsgerichtshofs Bremen geführt. Hier wurde allerdings nur geprüft, ob das Gesetz mit der Bremer Landesverfassung vereinbar ist. Der Staatsgerichtshof hat zwar bundesdeutsches Verfassungsrecht mitbehandelt, er kann aber nicht abschließend darüber urteilen, ob das Gesetz gegen Bundesverfassungsrecht verstößt. Das obliegt dem Bundesverfassungsgericht.
Daher muss dies auch bei Klagen gegen die Abgabebescheide als entscheidungserhebliche Rechtsfrage von den Verwaltungsgerichten geprüft werden. Es geht um verfassungsrechtliche Fragen wie:
  • Hat der bremische Landesgesetzgeber die erforderliche Gesetzgebungskompetenz?
  • Ist das Gesetz verhältnismäßig – also gibt es keine anderen vorhandenen Wege, die mit ihm verbundenen Ziele zu erreichen?
  • Ist die Bestimmtheit als Rechtsgrundlage gegeben – also ist der Kreis der Abgabenschuldner vollständig erfasst oder ist der korrekte Umgang mit den eingenommenen Abgaben sichergestellt?
  • Sind die sehr strengen Voraussetzungen für die Erhebung einer Sonderabgabe erfüllt?
  • Dürfen die Unternehmen in diesen Themen tatsächlich in die Finanzierungsverantwortung gezogen werden?
  • Hinzu kommen mögliche Klagegründe, die das Verwaltungsverfahren selbst betreffen.
Für Ihre Klage haben wir ein Papier mit Argumenten vorbereitet, das Sie oder Ihre anwaltliche Vertretung gerne bei uns anfordern können bei:
Karlheinz Heidemeyer
Leiter des Geschäftsbereichs Recht I Steuern
Tel. 0421/3637-590
heidemeyer@handelskammer-bremen.de

Wo finden Sie geeignete Fachanwaltskanzleien?

Zunächst einmal: Wir halten es grundsätzlich für ratsam, dass Sie sich bei Klage und Widerspruch gegen den Abgabebescheid angesichts des komplexen Themas fachanwaltlich unterstützen lassen. Auch wir selbst als Handelskammer aetzen uns gegen den Abgabebescheid, den auch wir bekommen haben, juristisch zur Wehr. Wir werden hierbei von Dr. Claudia Nottbusch (Ahlers & Vogel Rechtsanwälte PartG mbB) vertreten, die bereits im Normenkontrollverfahren unsere Prozessbevollmächtigte war.
Die Hanseatische Rechtsanwaltskammer hat eine Liste mit weiteren Bremer Kanzleien zusammengestellt, die erklärt haben, an einer Vertretung in Klage- oder ggfs. Widerspruchsverfahren gegen den Abgabebescheid interessiert zu sein:
  • Figura Müffelmann & Partner Rechtsanwälte PartGmbB
    Sögestr. 59-61
    28195 Bremen
    0421 – 366000
    Bremen@figura-mueffelmann.de
  • RA Tim Alexander Brinkmann
    Trentmann PartGmbB
    Rechtsanwälte
    Obernstr. 39-43
    28195 Bremen
    0421 – 339470
    brinkmann@trentmann.info
  • RA Christian Muth
    Göhmann Rechtsanwälte Abogados
    Advokat Steuerberater Partnerschaft mbB
    Wachtstr. Baumwollbörse 17
    28195 Bremen
    0421 – 339530
    christian.muth@goehmann.de
  • Topp Stampe Bierfischer Borkowsky
    Partnerschaftsgesellschaft
    Graf-Moltke-Str. 64
    28211 Bremen
    0421 / 3485151
  • Herrn Rechtsanwalt
    Jan-Alfred Meyer-Diekena
    Hastedter Heerstr. 25
    28207 Bremen
    0421 / 455011
    meyer-diekena@ewetel.net
  • Herrn Rechtsanwalt und Notar
    Bernd Schröder
    Schröder Bertram Rodewald
    Heimstättenweg 1
    28779 Bremen
    0421 / 601211
    info@anwalt-sbr.de
Neben den aufgeführten Bremer Sozietäten gibt es selbstverständlich auch weitere Anwaltskanzleien, denen Sie ein Mandat erteilen können. Die Bundesrechtsanwaltskammer stellt mit dem Bundesweiten Amtlichen Anwaltsverzeichnis eine Datenbank zur Verfügung, in der nach allen in Deutschland zugelassenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, den zugelassenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten in Europa sowie den niedergelassenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten aus anderen Staaten gemäß § 206 BRAO gesucht werden kann. Die Suche ermöglicht eine Eingrenzung auf die Fachanwaltsbezeichnung und den Sitz der Kanzlei.

Was ist sonst noch zu beachten?

  • Soll die Bestandskraft des Bescheids verhindert werden, ist es zwingend notwendig, innerhalb eines Monats nach Zustellung des Abgabebescheids die Rechtsbehelfe, also Klage und Widerspruch einzulegen. Nach Ablauf dieser Frist wird der Abgabebescheid formal bestandskräftig und kann nicht mehr angefochten werden. Wer Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Abgabenbescheids hat, muss daher die formellen Rechtsbehelfe einlegen. Ansonsten wird der Bescheid rechtswirksam und vollziehbar, selbst wenn die festgesetzte Abgabe rechtswidrig ist und dies später in anderen gerichtlichen Verfahren festgestellt wird.
  • In dem Abgabebescheid wird die Fälligkeit der Zahlung „binnen sieben Tagen nach Bestandskraft dieses Bescheides“ angeordnet. Ein Bescheid wird „bestandskräftig“, wenn Klage nicht erhoben oder wenn über die Klage und den Widerspruch endgültig entschieden wurde. Erst dann ist der Bescheid bestandskräftig, also rechtsgültig und verbindlich.
    Das bedeutet, dass bis zur Bestandskraft des Bescheids keine Zahlungspflicht besteht. Wenn bereits gezahlt wurde, sollte eine Rückforderung der geleisteten Zahlung bei der Behörde geltend gemacht werden.
  • Es ist unklar, ob die Bescheide zur Ausgleichszuweisung tatsächlich einen expliziten Widerrufsvorbehalt enthalten. Ein ausdrücklicher Widerrufsvorbehalt wurde nicht in die Bescheide aufgenommen. Die Behörde verweist jedoch im Bescheid auf § 5 BremAusbUFDVO (Verordnung zur Durchführung des Ausbildungsunterstützungsfondsgesetzes - Bremische Ausbildungsunterstützungsfondsdurchführungsverordnung), dessen Absatz 5 vorsieht, dass ein Widerrufsvorbehalt aufgenommen werden „soll“. Ob durch diesen Verweis ein Widerrufsvorbehalt auch ohne ausdrückliche Erwähnung Bestandteil des Bescheides ist, ist rechtlich unklar.
    Unternehmen sollten sich daher vorsorglich und zur Rechtssicherheit von der Behörde schriftlich bestätigen lassen, dass kein Widerrufsvorbehalt Bestandteil des Bescheids ist – auch nicht kraft Verweisung auf § 5 Abs. 5 BremAusbUFDVO. Da gegebenenfalls der Umfang der rechtlichen Anfechtbarkeit von möglichen Widerrufsvorbehalten betroffen sein kann, sollte vorsorglich gegen den Ausgleichszuweisungsbescheid fristgerecht Klage eingereicht und Widerspruch eingelegt werden, um keinen Rechtsnachteil zu erleiden.
Hinweis: Die Informationen und Auskünfte der Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven sind ein ‎Service für unsere Mitgliedsunternehmen. Sie enthalten nur erste Hinweise und ‎erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl sie mit größtmöglicher ‎Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für ihre inhaltliche Richtigkeit nicht ‎übernommen werden. Sie können eine anwaltliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen.‎