Zwischen Stagnation und Rezession
Zu Beginn des neuen Jahres hat sich der konjunkturelle Abwärtstrend nicht weiter verstärkt. Die hiesigen Unternehmen melden sogar eine leicht verbesserte aktuelle Situation: Der IHK-Lageindikator, der die Differenz zwischen positiven und negativen Lageurteilen wiedergibt, ist von -4 auf 7 Punkte gestiegen. Er bleibt damit allerdings weiterhin deutlich hinter seinem Durchschnitt der letzten zwanzig Jahre von 31 Punkten zurück. Eine Trendwende ist diese leichte Verbesserung nicht. Die Stimmung bleibt in vielen Unternehmen von Skepsis und Verunsicherung geprägt. Die Wirtschaft verharrt weiterhin zwischen Stagnation und Rezession.
Steigende Belastungen mit Steuern, Arbeits-, Energie- und Bürokratiekosten nagen nicht nur an den Erträgen vieler Unternehmen, sie mindern auch deren internationale Wettbewerbsfähigkeit. Das gilt insbesondere für die exportorientierte Industrie: Über die Hälfte klagt über verringerte Exporte, wie schon im Herbst letzten Jahres melden zudem zwei Drittel der Industrieunternehmen gesunkene Inlandsumsätze. Die Kapazitätsauslastung ist auf 74,8 Prozent zurückgegangen. Auch die Geschäfte im Groß- und Einzelhandel sowie am Bau bleiben schwierig. Nur die Dienstleistungen aus der Region sind weiterhin gefragt und tragen damit zur Stabilisierung der konjunkturellen Entwicklung insgesamt bei.
Hohe Verunsicherung, fehlende Impulse
In der Vergangenheit haben anziehende Exporte die hiesige Konjunktur in Schwung gebracht und die Wirtschaft aus der Flaute gezogen. Angesichts einer geringen weltwirtschaftlichen Dynamik, hoher Standortkosten in Deutschland, zunehmend starker Konkurrenz aus dem Ausland sowie wachsender Handelsbarrieren stehen die Chancen hierfür in diesem Jahr jedoch eher schlecht. So sieht das auch die regionale Industrie: Ein Viertel der Unternehmen rechnet mit steigenden Exporten in diesem Jahr, fast genauso viele (24 Prozent) befürchten aber abnehmende Exporte. Expansive Impulse aus Nord- und Südamerika und in abgeschwächter Form auch aus Asien reichen gerade einmal aus, um die erwarteten Einbußen in der EU und auch im restlichen Europa zu kompensieren. Sollte der neue US-Präsident seine im Wahlkampf angekündigten Zollpläne in die Tat umsetzen und die EU entsprechend darauf mit Gegenmaßnahmen reagieren, dürften sich die Perspektiven nochmals massiv eintrüben.
Und aus dem Inland ist auch nicht mit positiven Überraschungen zu rechnen. Denn die Rahmenbedingungen für potenzielle Investoren sind in Deutschland aus mehrerer Hinsicht alles andere als günstig. Die Absatzperspektiven sind schlecht, die Standortkosten zu hoch (Energie- und Arbeitskosten), die Verfahren zu langwierig und bürokratisch, die Infrastruktur unzureichend. Zudem ist es unklar, wie die Wirtschaftspolitik künftig ausgerichtet wird. Gegenwärtig sehen mehr als vier von zehn Betrieben in diesem Punkt ein Risiko für die eigene wirtschaftliche Entwicklung.
Erwartungen bleiben eingetrübt
Insgesamt rechnet die regionale Wirtschaft per Saldo nicht mit sich verbessernden Geschäften in den kommenden Monaten. Ein Drittel der hiesigen Unternehmen geht von weiteren Rückschlägen in diesem Jahr aus, nur 13 Prozent sind optimistisch. Damit fällt die Stimmung per Saldo (- 20 Punkte) zwar leicht besser aus als noch im Herbst 2024 (-26 Punkte). Das liegt jedoch vor allem daran, dass der Anteil der Pessimisten zugunsten des Anteils der Unternehmen, die mit gleichbleibenden Geschäften rechnen, zurückgegangen ist. Gleichbleibende Geschäfte heißt jedoch in der aktuellen konjunkturellen Situation für die meisten der betroffenen Unternehmen stagnierende Geschäfte auf geringem Niveau.
Zudem trüben zahlreiche Konjunkturrisiken die Erwartungen der regionalen Wirtscaft für das Jahr 2025. Neben der unsicheren Nachfrageentwicklung sind es vor allem steigende Arbeits- und Energiekosten, die der Mehrheit der hiesigen Unternehmen große Sorgen bereiten. Mit zunehmender Dauer der schwachen Konjunktur haben Fachkräfteengpässe als Risikosfaktor zwar an Bedeutung verloren, sie bleiben jedoch ein akutes Problem für 43 Prozent der Betriebe. Kaum weniger sehen in der Wirtschaftspolitik ein Hemmniss für die Entwicklung des eigenen Unternehmens.
Folglich hält sich die Wirtschaft weiterhin mit Investitionen in Deutschland zurück. 13 Prozent der Betriebe wollen gar nicht investieren. Von denen, die Investieren, hat ein knappes Drittel seine geplanten Ausgaben für Inlandsinvestitionen gekürzt. Nur ein gutes Fünftel will 2025 mehr investieren als 2024. In der Industrie fällt die Investitionsbereitschaft dabei noch etwas ungünstiger aus als im Schnitt aller Branchen.
Inland verliert an Attraktivität gegenüber dem Ausland
Je länger die ungünstigen Rahmenbedingungen anhalten, desto mehr verlieren hiesige Standorte an Attraktivität gegenüber dem Ausland. Drei von zehn Industrieunternehmen aus der IHK-Region Ulm planen in diesem Jahr im Ausland zu investieren. Von diesen wollen 57 Prozent ihr investives Engagement ausbauen, nur jeder zehnte Betrieb hat sein Budget für Auslandsinvestitionen gekürzt. Rund 30 Prozent der Industrieunternehmen mit Auslandsinvestitionen haben dabei angegeben, in den kommenden zwölf Monaten ursprünglich geplante Inlandsinvestitionen zugunsten von Investitionen im Ausland zurückzustellen.
Um einen nachhaltigen Schaden abzuwenden, muss die Politik nach den Wahlen die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft schnellstmöglich verbessern. Es müssen klare Wachstumsimpulse gesetzt und die Planungssicherheit für Unternehmen wiederhergestellt werden. Dann werden die Unternehmen auch wieder verstärkt vor Ort investieren.
Flaute erreicht den Arbeitsmarkt
Die regionale Arbeitslosenquote ist im Januar 2025 auf 3,3 Prozent gestiegen und lag damit um 0,2 Prozentpunkte über ihrem Vorjahresniveau. Sie fällt damit zwar weiterhin deutlich niedriger aus als in Baden-Württemberg (4,6 Prozent) und Deutschland (6,4 Prozent), jedoch macht sich die wirtschaftliche Flaute mit zunehmender Dauer immer stärker auch auf dem regionalen Arbeitsmarkt bemerkbar.
Die Beschäftigungspläne der Wirtschaft zeigen weiterhin Richtung Personalabbau. Während die Dienstleister versuchen, ihre Belegschaften in etwa auf dem derzeitigen Niveau zu halten, planen Handel und Industrie, mit weniger Beschäftigten auszukommen. Insgesamt hat nur jedes zehnte Unternehmen vor, zusätzliches Personal einzustellen, ein knappes Drittel plant einen Stellenabbau. Fast sechs von zehn Betrieben gehen von gleichbleibenden Beschäftigtenzahlen aus. Die Kurzarbeit gewinnt dabei immer mehr an Bedeutung.
Weitere Abbildungen und Zahlen finden Sie in unserem Konjunkturboard.
Die Konjunktur in den Branchen:
- Industrie: Umsätze setzen Sinkflug fort
- Handel: Die Skepsis bleibt groß
- Dienstleistungen: Ein Fels in der Brandung
Grafiken zum IHK-Konjunkturbericht Jahresbeginn 2025
Der IHK-Konjunkturklimaindex (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 191 KB) spiegelt das Ergebnis der IHK-Konjunkturumfrage in einem Wert wider. Er ist ein Frühindikator für die konjunkturelle Entwicklung. Entscheidend für die Interpretation der konjunkturellen Entwicklung im Zeitablauf ist die Veränderung des Index. Nimmt er zu, wird sich die Konjunktur tendenziell positiv entwickeln, nimmt er ab, verschlechtert sich hingegen tendenziell die wirtschaftliche Entwicklung.
IHK-Saldenindikatoren (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 211 KB) werden als Saldo der positiven und negativen Antworten zu den jeweiligen Fragen ermittelt und können demnach zwischen -100 und +100 Prozentpunkten liegen. Ein Indikator von Null zeigt an, dass sich die positiven und negativen Antworten genau die Waage halten.
Zum Ausweis der Arbeitslosenquote wird im Konjunkturbericht der IHK Ulm auf die Daten der Bundesagentur für Arbeit zurückgegriffen. Die zugrundeliegende Berechnungsmethodik beruht auf dem Verhältnis der Arbeitslosen zu allen zivilen Erwerbspersonen.
Der Konjunkturbericht der IHK Ulm erscheint tertialsweise. Der aktuelle Bericht basiert auf der Umfrage zum 3. Tertial 2024 und lief in den ersten drei Januarwochen 2025. Von über 38.000 Mitgliedern der IHK Ulm wurde ein repräsentativer Ausschnitt von 353 Unternehmen befragt, von denen sich 142 (40 Prozent) an der Umfrage beteiligten.