Mit Weiterbildung Perspektiven schaffen

Wirtschaftlich herausfordernde Zeiten mit Fachkräftemangel, Konsumzurückhaltung und wenig verlässlicher Politik lassen vermuten, dass sich Unternehmen in allen Belangen einen rigorosen Sparkurs verordnen.
Nicht so bei der KNOLL Maschinenbau GmbH in Bad Saulgau. Trotz anhaltender Kurzarbeit investiert der Spezialist für maßgeschneiderte Systemlösungen für die Metallverarbeitung in die Weiterbildung seiner rund 1.100 Mitarbeiter. Zu diesem Zweck wurde im Januar 2025 die bereits seit langem geplante KNOLL-Akademie realisiert. Während schon immer Schulungen durchgeführt wurden, hat das Team der Akademie nun die unternehmensweite strategische Weiterbildung im Blick und bindet den eigenständigen Ausbildungsbereich gezielt mit ein. Ein mutiger Schritt in Zeiten knapper Kassen. Selina Westhauser, Teamleiterin der KNOLL Akademie, begründet die Maßnahme so: „Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zeigt sich, wie verantwortungsvoll ein Unternehmen mit seinem wichtigsten Kapital – den Mitarbeitern – umgeht. Unser klares Ziel bleibt auch jetzt: Beschäftigungssicherung vor Personalkostenoptimierung.“ Man verfolge auch während der Kurzarbeit die Strategie, Zeit sinnvoll zu nutzen, um die Mitarbeiter weiterzuentwickeln und sich damit zukunftsfest aufzustellen. Dabei gehe man in der Weiterbildung nicht nach dem Gießkannenprinzip vor, sondern setze auf gezielte Personalentwicklung mit Weitblick. Westhauser ist überzeugt, dass sich die Investition langfristig positiv auswirken wird: „Wir wollen gestärkt aus der schwierigen Phase hervorgehen. Weiterbildung sehen wir als Investition in die Zukunft. Die Intensivierung in Zeiten der Kurzarbeit ist eine Botschaft an unsere Mitarbeiter, dass wir eine erfolgreiche Zukunft sehen. Das stärkt das Vertrauen.“ Für Westhauser liegt der Nutzen der Akademie klar auf der Hand: „Wir möchten Lernen zu einem Erfolgserlebnis machen und es als festen Bestandteil der Unternehmenskultur etablieren, von der Ausbildung bis zur Geschäftsleitung. Damit wollen wir vielversprechende Nachwuchskräfte aller Alters- und Berufsklassen identifizieren, entwickeln und halten. Auch Schlüsselpositionen sollen so definiert werden.“ Gerade derzeit sei es wichtig, Talente zu binden und die Sicherung der Nachfolge im Blick zu behalten. Damit verbunden sei die Entwicklung von Karriere- und Zukunftsperspektiven. Wie erfolgreich eine Mitarbeiterbindung durch Weiterbildung ist, könne man nicht in Kennzahlen erfassen, jedoch an einer niedrigen Fluktuation erkennen. „Mitarbeiterumfragen haben uns gezeigt, dass den Mitarbeitern vielfältige Weiterbildungsmöglichkeiten sehr wichtig sind und diese, gemeinsam mit anderen Faktoren, die Arbeitgeberattraktivität beeinflussen. Das wirkt sich auf eine reduzierte Wechselwilligkeit aus.“
Es ist das Gesamtpaket, das zählt: Weiterbildung, Benefits und natürlich auch die offene Kommunikation der Geschäftsleitung den Mitarbeitern gegenüber
- Rainer Maass

Systemische Personalentwicklung fördert Mitarbeiterzufriedenheit

Ebenfalls auf Umfragen und vor allem Mitarbeitergespräche als zentrales Element einer systemischen Personalentwicklung setzt die LIQUI MOLY GmbH in Ulm. Basis sind Führungskräfte- Workshops und Schulungen zum Thema Mitarbeitergespräche mit externen Referenten in Zusammenarbeit mit der IHK. „Wir haben festgestellt, dass solche Schulungen extern erfolgreicher sind“, sagt Personalleiter Rainer Maass. „Die Mitarbeiter diskutieren die Themen dann unbefangener und offener.“ Tobias Gerstlauer, Leiter Öffentlichkeitsarbeit DACH, fügt hinzu: „Die externe Schulung bringt außerdem Impulse von anderen Unternehmen, neue Ideen und Know how von außen. Einer möglichen Betriebsblindheit wird mit einer externen Status-Bestimmung entgegengewirkt.“ Mittels der auf allen Ebenen einheitlich geführten Mitarbeitergespräche und deren Protokollierung werden dann Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Mitarbeitenden definiert. Diese werden zentral in der Personalabteilung erfasst und – unter anderem als Bestandteil der ISO-Zertifizierung – auf ihre Umsetzung kontrolliert. Im Rahmen der systemischen Personalentwicklung hat LIQUI MOLY ein Potenzialprogramm erarbeitet, das aus dem Netzwerk des Würth Konzerns, zu dem das Unternehmen gehört, Mitarbeiter zusammenbringt, um gemeinsam in Projekten Aufgabenstellungen zu lösen. „Wir sehen das als Training-onthe-Job“, erläutert Rainer Maass. „Die Mitarbeiter wachsen daran und knüpfen Kontakte. Das motiviert sie für neue Projekte und Aufgaben.“ Ob sich die Anstrengungen in der Personalentwicklung positiv auf die Mitarbeiterbindung auswirken, vermag er nicht zu sagen: „Es ist das Gesamtpaket, das zählt: Weiterbildung, Benefits und natürlich auch die offene Kommunikation der Geschäftsleitung den Mitarbeitern gegenüber. All das trägt zur Zufriedenheit bei. Wir erkennen das auch am Flurfunk: Der ist in aller Regel positiv“, meint Maass schmunzelnd. Gerstlauer teilt diese Meinung und ergänzt: „Das Gesamtpaket für eine Mitarbeiterzufriedenheit beinhaltet heute auch die Standortsicherheit des Unternehmens. Gerade für Mitarbeiter mit Familie ist die Sicherheit des Arbeitsplatzes von zentraler Bedeutung. Sie wünschen sich genauso eine sichere Zukunftsperspektive wie karriereorientierte Mitarbeiter.“ Zum Thema Karrierepfade äußert sich
Maass nachdenklich: „Junge Menschen haben teilweise ambitionierteVorstellungen, die nicht immer erfüllt werden können. Die anvisierten Stellen müssen im Unternehmen erst einmal in genügender Anzahl vorhanden sein. Wir erkennen hier in manchen Fällen einen Unterschied zwischen der jüngeren und älteren Generation. Bei den ‚Boomern‘ war der eigene Antrieb ausgeprägter, durch ihre Arbeit und ihr Engagement weiterzukommen.“ Bei den Angehörigen der Generation Z bestehe dagegen oft der Anspruch, von Anfang an gefördert zu werden – noch bevor sie ihre Stärken im Arbeitsumfeld zeigen konnten. „Wir werden uns einander annähern und in Zukunft mehr Kompromisse eingehen müssen, um diese Mitarbeiter zu binden“, so Maass.
Die Generationen Y und Z wünschen sich mehr Mitgestaltung bei ihrer Entwicklung. Darauf müssen wir reagieren
- Jens Rädel

Anpassung an die Weiterbildungswünsche verschiedener Generationen

Zu einer ähnlichen Erkenntnis kommt Jens Rädel. Als Head of Human Resources und Mitglied der Geschäftsleitung der Kiesel Group in Baienfurt verantwortet er unter anderem die Personalentwicklung. Das Unternehmen ist Systempartner für Baumaschinen und Umschlagtechnik. Es beschäftigt an 45 Standorten europaweit über 1.200 Mitarbeiter. Rädel sieht gravierende Veränderungen hinsichtlich der Maßnahmen, die notwendig sind, um die jüngeren Mitarbeiter zu binden. „In den letzten Jahren haben sich die Entwicklungsansprüche der verschiedenen Generationen an Beschäftigten deutlich gewandelt“, berichtet Rädel. „Früher lag der Fokus oft auf einer sicheren Anstellung mit klaren Karrierewegen. Heute legt besonders die jüngere Generation Wert auf persönliche Weiterentwicklung, sinnstiftende Tätigkeit und eine gute Work-Life-Balance. Sie sucht nach Möglichkeiten, ihre Fähigkeiten auszubauen und ihre Arbeit mit ihren persönlichen Werten in Einklang zu bringen.“ In den letzten Jahren habe sich dadurch der Anspruch an flexible Weiterbildungsangebote, individuelle Entwicklungsmöglichkeiten und eine offene Unternehmenskultur verändert. „Die Generationen Y und Z beispielsweise“, so Rädel, „sind sehr selbstbestimmt und wünschen sich mehr Mitgestaltung bei ihrer Entwicklung. Wir müssen darauf reagieren, indem wir vermehrt individuelle Förderprogramme, flexible Lernformate und eine stärkere Einbindung der Mitarbeitenden in die Gestaltung ihrer Karriere anbieten.“ Schulungen, Coachings und Trainings folgen bei Kiesel im Vertrieb und im technischen Service einer klaren Systematik: Hier wird turnusmäßig geschult. Darüber hinaus steht den Mitarbeitenden eine Online-Lernwelt zur Verfügung, die zeit- und ortsunabhängig genutzt werden kann. Wer an speziellen Weiterbildungen teilnehmen möchte, kann dies entweder selbst äußern, oder Führungskräfte schlagen Mitarbeiter vor. Rädel hat die Erfahrung gemacht, dass ältere Mitarbeiter nicht pauschal weniger an Weiterbildungen interessiert sind als jüngere Beschäftigte. Für viele jüngere Mitarbeiter hätten schnelle Titel und Zertifikate eine sehr große Bedeutung – oft scheinen sie sogar wichtiger zu sein, als der unmittelbare Wissenserwerb.
Unser Ziel ist es, die Mitarbeitenden so zu qualifizieren, dass sie bestehende Aufgaben bestmöglich erfüllen und für zukünftige Aufgaben optimal gerüstet sind
- Daniela Schuon
Diese Orientierung resultiere aus einem gegenseitigen „Hochschaukeln“ in den jungen Communitys. „Ältere Mitarbeiter haben andere Ziele“, stellt Rädel fest. „Sie möchten mithalten können und ihr Know-how aktualisieren. Darüber hinaus schöpfen sie aus ihrem Erfahrungspotenzial und ihren geknüpften Beziehungen. Ihnen kommt es nicht auf Titel an.“ Mit der eigenen Coreum Akademie nahe Frankfurt, die über 16 Seminarräume, Ausstellungsflächen, Trainingsbereiche für die Handhabung von Baumaschinen sowie ein angegliedertes Hotel verfügt, ist Kiesel gut aufgestellt, um den Beschäftigten vielfältige Weiterbildungen zu ermöglichen. „Wir setzen stark auf interne Qualifizierungsmaßnahmen, um die Fähigkeiten der Mitarbeitenden umfassend – also persönlich wie fachlich – zu fördern und ihre berufliche Entwicklung zu unterstützen“, so Rädel. Ob sich diese Maßnahmen auch in einer messbaren Mitarbeiterbindung widerspiegeln, hält er für schwer nachweisbar: „Es ist ein ganzer Strauß an Maßnahmen und Benefits, der zur Bindung beiträgt. Weiterbildung ist ein Faktor.“

Neugier fördern als Teil der Unternehmenskultur

Daniela Schuon, Director Learning & Development bei der Husqvarna Group in Ulm, teilt diese Ansicht. „Es tragen meist unterschiedliche Gründe zu einem Arbeitsplatzwechsel bei“, sagt Schuon. „Deshalb verfolgen wir das Ziel, unseren Mitarbeitenden sowohl attraktive Rahmenbedingungen zu bieten als auch die emotionale Bindung und die Identifikation mit dem Unternehmen zu stärken. Arbeit macht dort Freude, wo das Umfeld stimmt, persönliche und berufliche Weiterentwicklung möglich und natürlich auch die Vergütung angemessen ist.“ Husqvarna als Hersteller von innovativen Produkten für die Forst-, Park- und Gartenpflege hat dazu konzernweit seine Unternehmenswerte klar definiert: „Wir möchten, dass unsere Mitarbeitenden sich entwickeln, eigenverantwortlich handeln, aktiv ihre Ideen einbringen und dabei offen und neugierig bleiben – das ist die Basis für Wachstum und Innovation“, formuliert Schuon. „Um dies zu fördern, haben wir ergänzend zu Inhouse Trainings ein Learning Management System mit E-Learning implementiert, auf das alle Mitarbeiter unserer verschiedenen Standorte selbstständig zugreifen können.“ Ein breites Portfolio an Themen steht zur Verfügung, beispielsweise zu neuen Medien, KI, Kommunikation, MS Office. Sie sollen Neugier erregen und zur selbstständigen Weiterbildung anhalten. Lediglich Themen wie Nachhaltigkeit, Arbeitssicherheit und Compliance sind verpflichtend. Man habe darüber hinaus stets den individuellen Weiterbildungsbedarf im Blick, führt Schuon weiter aus. Aufgrund der heterogenen Anforderungen greife man aber dafür auf externe Schulungsanbieter, darunter die IHK, zurück. „Unser Ziel ist es, die Mitarbeitenden so zu qualifizieren, dass sie bestehende Aufgaben bestmöglich erfüllen und für zukünftige Aufgaben optimal gerüstet sind.“ Mit verschiedenen Aktionen wird die Neugier angefacht, etwa mit der Fokus Week unter dem Motto „Future Ways of Working“, die 2024 zum ersten Mal stattfand. Auf digitalem Weg wurden ein- bis zweistündige Vorträge oder Workshops angeboten, in die sich die Mitarbeiter nach Wunsch einwählen konnten. Zukunftsrelevante Themen wie Selbstorganisation, Einsatz von KI, Umgang mit Veränderungen standen im Mittelpunkt und sollen die Mitarbeiter anregen, sich intensiver damit auseinanderzusetzen. Schuon zieht ein begeistertes Resümee: „Die Angebote wurden sehr gut angenommen. Wir werden die Aktion 2025 auf jeden Fall wiederholen.“
Curious by Nature – von Natur aus neugierig. Dieses Motto hat die Husqvarna Group in ihrer Unternehmenskultur fest verankert. Deshalb arbeitet Schuon mit ihrem Team daran, die Kultur des lebenslangen Lernens weiter zu fördern. „Daraus entsteht eine Win-win-Situation“, erklärt sie: „Qualifizierte Beschäftigte, die neuen Themen gegenüber offen sind und sich schnell auf Veränderungen einstellen, sind die Basis für unternehmerischen Erfolg. Sie gestalten damit auch aktiv ihre Zukunft und persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten. Das alles trägt maßgeblich dazu bei, Mitarbeitende im Unternehmen zu halten.“
Dipl.-Wirt.-Ing. Birgit Mann ist Wirtschaftsingenieur Kommunikationstechnik und Inhaberin der Team-Entlastung PR Blaubeuren
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