Wie kam es dazu, dass EBZ Druckelektrolysestacks für die Wasserstoffproduktion anfertigt?
Alexander Schmeh: Ursprünglich sind wir im Anlagen- und Werkzeugbau für die Automobilindustrie beheimatet. Auch in den Bereichen Compositmaterialien, Batterietechnologie und Agrarrobotik haben wir ein fundiertes Know-how. Über den fachlichen Austausch zum Thema Brennstoffzellenmontage mit dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) in Ulm sind wir mit dem ZSW in Stuttgart in Kontakt gekommen, das ein eigenes alkalisches Druckelektrolysesystem entwickelt. Schnell zeigte sich, dass unsere Fertigungskompetenzen, insbesondere in der präzisen Metallverarbeitung und im Anlagenbau, sehr gut zu den Anforderungen bei der Herstellung von Elektrolysestacks passen. Besonders unsere tiefgehende Expertise in industriellen Fertigungsprozessen wie dem Tiefziehen von Blechteilen, dem Laserschweißen und der automatisierten Montage hat sich als sehr wertvoll erwiesen.
Wie haben Sie bei diesem Geschäftsmodell den heutigen Status erreicht?
Schmeh: Die Entwicklung dieser neuen Technologie machte den gezielten Aufbau zusätzlicher Fachkompetenzen erforderlich. Unser technisches Profil wurde entsprechend erweitert: Disziplinen wie die Kunststoff- und Elastomertechnologie sowie die Beschichtungstechnologie, die bisher nicht zu unserem Kerngeschäft zählten, wurden mit der Einstellung qualifizierter Fachkräfte erfolgreich im Unternehmen verankert. Damit sind wir heute hervorragend auf die speziellen Anforderungen der Druckelektrolyse vorbereitet. Einen echten Geschwindigkeitsvorteil hat uns die Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut ZSW verschafft. Durch den engen fachlichen Austausch konnten wir uns schnell auf dem aktuellen Stand der Technik einordnen und darauf aufbauend unser eigenes Know-how gezielt einbringen und weiterentwickeln.
Wie sehen Sie die Entwicklung des Weltmarkts für Elektrolysetechnologie?
Franz Wanner: Der Markt bewegt sich derzeit in Richtung einer Konsolidierungsphase: Nachdem in einer ersten Phase viele große Pilotprojekte umgesetzt wurden, rückt jetzt immer mehr die Frage in den Fokus, wie sich die Technologien wirtschaftlich skalieren lassen und wie sie sinnvoll in bestehende Energiesysteme integriert werden können. Gerade im Mobilitätsbereich ist momentan eine gewisse Ernüchterung spürbar. Die starke Konkurrenz durch batterieelektrische Antriebe, vor allem im PKW-Segment, verlangsamt derzeit den flächendeckenden Ausbau wasserstoffbasierter Lösungen. Vielversprechender scheint deshalb aktuell der industrielle Einsatz zu sein, etwa in der chemischen Industrie, in Raffinerien oder bei der Stahlproduktion. Diese Branchen werden wohl wichtige Haupttreiber für den Ausbau von Elektrolyseanlagen sein. Ein entscheidender Impuls für die Wasserstoffproduktion wird voraussichtlich von der zunehmenden Volatilität im Stromnetz ausgehen. Gerade in Ländern mit starkem Ausbau von Photovoltaik wird es immer wichtiger, überschüssigen Strom aus erneuerbaren Quellen sinnvoll zu nutzen, bevor er abgeregelt werden muss. Die Elektrolyse ermöglicht es, deutlich größere Energiemengen als Batterien zu speichern – und wesentlich länger. Zudem eröffnet die perspektivische Möglichkeit, den erzeugten Wasserstoff direkt in ein entstehendes Wasserstoffnetz einzuspeisen, ganz neue Transport- und Nutzungspfade, was die Wirtschaftlichkeit und Systemintegration weiter verbessern wird. Vorausgesetzt, die Technologie ist flexibel genug, um auch bei zeitlich schwankender Stromverfügbarkeit wirtschaftlich betrieben zu werden.
Für den flexiblen Betrieb von Elektrolyseuren wird oft die PEM-Elektrolyse als besonders geeignet dargestellt. Warum setzen Sie dennoch auf die alkalische Druckelektrolyse?
Wanner: Die alkalische Druckelektrolyse ist heute für den intermittierenden Betrieb, also bei schwankender Stromzufuhr, genauso gut geeignet wie die PEM Technologie. Das oft zitierte langsame Hochfahren war früher tatsächlich ein Nachteil – allerdings vor allem bei älteren, atmosphärisch betriebenen alkalischen Elektrolyseuren. Mit der heutigen Drucktechnologie und modernen Steuerungssystemen reagieren unsere Anlagen deutlich schneller und sind damit absolut kompatibel mit dem Einsatz erneuerbarer Energien. Wir haben uns ganz bewusst für die alkalische Druckelektrolyse entschieden. Die alkalische Technologie ist seit Jahrzehnten erprobt, robust und kostengünstiger, gerade was den Einsatz der Materialien betrifft. Sie kommt ohne teure Edelmetalle wie Iridium oder Platin aus; das macht sie wirtschaftlich und unabhängiger von kritischen Rohstoffen. Der Betrieb unter Druck bringt einen zusätzlichen Effizienzgewinn: Wir können den Wasserstoff bereits unter hohem Druck erzeugen, was zusätzliche Einsparungen bei der nachgelagerten Verdichtung ermöglicht. Das ist ein echter Vorteil bei der Speicherung oder Netzeinspeisung.
Welche Produkte und Lösungen bietet EBZ im Bereich der Elektrolyse an?
Schmeh: Wir bieten sowohl Elektrolysestacks mit einer Nennleistung von 0,5 Megawatt als auch komplett containerisierte Elektrolyseanlagen mit 1 Megawatt Leistung an. Die Stacks bilden dabei das Herzstück der Elektrolyseanlage und können vom Kunden flexibel in eine eigene Systemumgebung integriert werden. Mittlerweile haben wir ein schlüsselfertiges Elektrolysesystem entwickelt, das neben dem Stack auch die komplette Anlagenperipherie umfasst – also unter anderem Gleichrichter, Pumpen, Steuerung und Sicherheitseinrichtungen. Für größere Anwendungen lassen sich mehrere 1-Megawatt-Container zu einem Gesamtsystem mit höherer Leistung kombinieren. Alternativ kann der Kunde auch mehrere unserer 0,5-Megawatt Stacks in eine eigene, dafür ausgelegte Peripherie integrieren. So bleiben unsere Lösungen flexibel skalierbar – von Pilotprojekten bis hin zu industriellen Großanlagen. Zum Vergleich: Eine 1-Megawatt-Anlage produziert bei einer Stunde Laufzeit bis zu 18 Kilogramm Wasserstoff. Das reicht aus, um ein Wasserstofffahrzeug der oberen Mittelklasse etwa 2.000 Kilometer weit zu bewegen. Das zeigt, welches Potenzial bereits in vergleichsweise kompakten Anlagen steckt. Aktuell errichten wir in Ravensburg eine containerisierte Anlage, die unseren Kunden einen praxisnahen Einblick in unsere Technologie ermöglicht. Darüber hinaus wird die Anlage langfristig als Plattform für Weiterentwicklungen und interne Tests dienen.
Interview: Stefan Kesenheimer, Gudrun Hölz