Wasserstoff und erneuerbare Energien – Chancen für den Mittelstand im globalen Wandel

Die Internationale Agentur für erneuerbare Energien (International Renewable Energy Agency, kurz IRENA) veröffentlicht regelmäßig umfassende globale Statistiken und Berichte zu verschiedenen Themen im Bereich der erneuerbaren Energien (www.irena.org).
Danach befindet sich die Energiewelt im größten Umbruch seit Beginn der Industrialisierung, und 2024 war ein Rekordjahr: Nie zuvor wurden weltweit so viele erneuerbare Erzeugungskapazitäten installiert. Parallel dazu gewinnt grüner Wasserstoff als Schlüsseltechnologie für klimaneutrale Industrieprozesse rasant an Bedeutung. Für mittelständische Unternehmen eröffnen sich damit neue Chancen – in Produktion, Technologieentwicklung und internationalen Partnerschaften.

Rekordwachstum bei Erneuerbaren

Ende 2024 lag die weltweite Kapazität erneuerbarer Energien bei 4.448 Gigawatt – ein Plus von 15,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Solarenergie führt mit 1.865 Gigawatt und war 2024 zusammen mit der Windenergie für fast den gesamten Zuwachs in diesem Segment verantwortlich. Asien dominiert den Ausbau der Erneuerbaren: 72 Prozent der neuen Kapazität entfielen auf diese Region, allen voran China mit 373,6 Gigawatt. Insgesamt stieg die Kapazität der erneuerbaren Energien aus Asien um 421,5 Gigawatt auf 2.382 Gigawatt – das sind 53,6 Prozent des weltweiten Gesamtvolumens. Europa legte um 70,1 Gigawatt zu, das ist ein Plus von 9 Prozent. Deutschland erreichte dabei mit über 18,8 Gigawatt einen Spitzenwert.
Chancen für den Mittelstand

So können Unternehmen vom Ausbau der Energieerzeugung mit grünem Wasserstoff profitieren:

Technologieanbieter:
Herstellung und Export von Elektrolyseuren, Komponenten für Wind- und Solaranlagen oder Speichertechnik

Dienstleister:
Planung, Bau und Wartung von Anlagen für erneuerbare Energien und Wasserstoffproduktion

Industrieanwender:
Umstellung energieintensiver Prozesse auf grünen Wasserstoff zur Erfüllung von Klimavorgaben und Senkung künftiger CO2 Kosten

Kooperationspartner:
Beteiligung an internationalen Projekten – von Forschungskonsortien bis hin zu Lieferketten für grüne Energieträger
Die Photovoltaik ist mit 451,9 Gigawatt Gesamtkapazität im Jahr 2024 für fast den gesamten Anstieg der Solarenergie verantwortlich. Asien hat seine installierte Solarstromleistung seit 2022 mehr als verdoppelt, auf 327,1 Gigawatt im Jahr 2024. Die größten Kapazitätssteigerungen gab es in China (+278 Gigawatt) und Indien (+24,5 Gigawatt). Außerhalb Asiens haben die USA 2024 eine Solarkapazität von 38,3 Gigawatt zugebaut, gefolgt von Brasilien und Deutschland.
Die Windenergie wuchs 2024 um 113,2 Gigawatt – etwas weniger als 2023 –, bleibt aber neben Solar die tragende Säule des Ausbaus. Auch hier ist China führend, gefolgt von den USA, Brasilien und Indien.
Weitere Technologien trugen ebenfalls zum Ausbau der erneuerbaren Energien bei: Wasserkraft legte um 15 Gigawatt zu, fast vollständig in China. Bioenergie wuchs um 4,6 Gigawatt, besonders stark in Frankreich und China. Die Geothermie blieb mit +0,4 Gigawatt ein Nischensegment. Etwa 60 Prozent dieses Ausbaus entfielen auf Neuseeland, gefolgt von Indonesien, der Türkei und den USA.

Grüner Wasserstoff: Vom Nischenprodukt zum Zukunftsmarkt

Derzeit stammen fast 100 Prozent des weltweiten Wasserstoffs aus fossilen Quellen – mit jährlichen Emissionen von rund 1,3 Gigatonnen CO2-Äquivalent. Um die globalen Klimaziele zu erreichen, muss die Produktion von kohlenstoffarmem Wasserstoff bis 2050 verfünffacht werden. Kerntechnologie ist dabei die Elektrolyse, betrieben mit Strom aus erneuerbaren Energien.
Der weltweite Handel mit Wasserstoff ist bislang klein und konzentriert sich auf benachbarte Länder, vor allem wegen hoher Transportkosten. 2023 belief sich der Importwert auf 237 Millionen US-Dollar – deutlich unter dem Rekordjahr 2022, aber weiterhin über dem Zehnjahresdurchschnitt. Kanada und Belgien waren die größten Exporteure, jeweils in die USA beziehungsweise in die Niederlande.
Langfristig wird erwartet, dass sich die Handelsströme diversifizieren: Regionen mit günstigen Bedingungen für Solar- und Windenergie könnten zu zentralen Exporteuren grünen Wasserstoffs werden – vorausgesetzt, es gibt Investitionen in Infrastruktur, Speicher und Transport.

Technisches Potenzial: Gigantisch, aber nicht grenzenlos

Schätzungen zufolge könnte das weltweite technische Potenzial für grünen Wasserstoff bis 2050 fast das Zwanzigfache des künftigen Primärenergiebedarfs decken. Entscheidend sind jedoch sinkende Produktionskosten und der Ausbau der erneuerbaren Kapazitäten. Kapital, Flächenverfügbarkeit und Zugang zu Wasser spielen eine Schlüsselrolle. Für energieintensive Branchen – etwa Stahl, Chemie oder Logistik – ist grüner Wasserstoff ein strategischer Hebel, um CO2-Emissionen drastisch zu senken.

Handeln, bevor andere es tun

Die globalen Ausbauzahlen zeigen, dass der Wettlauf um erneuerbare Energien und grünen Wasserstoff bereits in vollem Gang ist – mit Asien als klar führender Region. Für den deutschen Mittelstand bedeutet das: Jetzt investieren, Partnerschaften aufbauen und technologische Kompetenz sichern, um im künftigen Energiemarkt mitzuspielen.
Elena Skiteva, WAB