Seit 1. Juni 2024 ist es für Personen aus Drittstaaten (Nicht-EU-Staaten) möglich, mithilfe der Chancenkarte nach Deutschland einzureisen, um hier für maximal ein Jahr nach einem Arbeitsplatz zu suchen. Wir informieren Sie, was Sie beachten sollten, wenn sie eine Bewerbung von einer Person erhalten, die sich mit einer Chancenkarte in Deutschland aufhält.
Drittstaatler können mit Hilfe der Chancenkarte nach Deutschland kommen, um hier einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz zu suchen. Die Chancenkarte wird für max. 12 Monate ausgestellt und kann nicht verlängert werden. Die Suchenden müssen – neben der Sicherung ihres Lebensunterhalts während der Laufzeit – bestimmte Voraussetzungen erfüllen.
Grundvoraussetzungen sind:
ein ausländischer Hochschulabschluss oder eine mind. 2-jährige ausländische Berufsqualifikation, der/die im Erwerbsland staatlich anerkannt ist, oder ein AHK-Abschluss (AHK-Zertifikat Typ A)
Sprachkenntnisse, d. h. mind. Deutsch A1 oder Englisch B2 nach GER (Sprachnachweis nicht erforderlich bei Fachkräften mit in Deutschland anerkanntem Hochschul-/Berufsabschluss)
Außerdem müssen sie entweder die Gleichwertigkeit ihres ausländischen Studien- bzw. Berufsabschlusses mit einem entsprechenden deutschen Abschluss nachweisen oder insgesamt mind. 6 Punkte nach folgender Tabelle erreichen (vgl. § 20b AufenthG). Punkte gibt es für die Kriterien Teilanerkennung der Qualifikation des Ausländers, Berufserfahrung, Tätigkeit in einem Mangelberuf, Sprachkenntnisse, Alter, Voraufenthalt in Deutschland sowie Potenzial des mitziehenden Partners. Die entsprechenden Nachweise sind bereits bei der Beantragung der Chancenkarte vorzulegen.
Wie Sie Personen mit Chancenkarte beschäftigen können
Probearbeit: Unternehmen können Ausländer mit Chancenkarte im Rahmen einer Probearbeit für höchstens zwei Wochen (Vollzeit) beschäftigen. Die Probearbeit muss auf die Aufnahme einer qualifizierten Beschäftigung, einer Ausbildung oder einer Maßnahme zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen abzielen. Eine gesonderte Erlaubnis der Ausländerbehörde ist nicht erforderlich.
Nebenbeschäftigung: Unternehmen können Ausländer während der Laufzeit der Chancenkarte für eine Nebenbeschäftigung von durchschnittlich insgesamt höchstens 20 Stunden je Woche einstellen (die z. B. zur Unterhaltssicherung der Ausländer dient); hierbei muss es sich nicht um eine qualifizierte Beschäftigung handeln. Eine gesonderte Erlaubnis der Ausländerbehörde ist nicht erforderlich.
Einstellung: Wenn eine Person mit Chancenkarte vom Unternehmen fest eingestellt werden soll, müssen die Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis zur qualifizierten Beschäftigung, Ausbildung oder Maßnahme zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen erfüllt sein. Dann kann die Person in die entsprechende Aufenthaltserlaubnis wechseln. Der Wechsel muss bei der Ausländerbehörde vor Arbeitsbeginn beantragt und von ihr genehmigt werden.
Dabei gibt es folgende Möglichkeiten:
Beschäftigung als Fachkraft
Beschäftigung im Rahmen der Berufserfahrenen-Regelung
Beschäftigung im Rahmen einer Maßnahme zur Anerkennung der ausländischen Berufsqualifikation (Anpassungsqualifizierung bzw. Anerkennungspartnerschaft)
Ausbildung
Folge-Chancenkarte: Macht ein Unternehmen einer Person mit Chancenkarte ein verbindliches Arbeitsplatzangebot für eine qualifizierte Beschäftigung, erfüllt diese aber (noch) nicht alle Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis, kann die Chancenkarte einmalig um bis zu 2 Jahre verlängert werden (Folge-Chancenkarte). Während dieser Zeit kann die Person im Unternehmen im Rahmen der qualifizierten Tätigkeit beschäftigtwerden, um z. B. noch fehlende Berufserfahrung zu erlangen. Der Wechsel in die Folge-Chancenkarte muss bei der Ausländerbehörde vor Arbeitsbeginn beantragt und von ihr genehmigt werden.
Wie der Einstellungsprozess abläuft
Soll ein Drittstaatler mit Chancenkarte eingestellt werden, könnte der Prozess idealerweise so ablaufen:
Schritt 1
Das Unternehmen prüft die Voraussetzungen, die der Bewerber bzw. die Bewerberin neben den Grundvoraussetzungen erfüllt, und gleicht sie mit den Anforderungen an die zu besetzende Stelle und den aufenthaltsrechtlichen Erfordernissen ab.
→ Bei Fragen können IHK-Mitgliedsunternehmen gerne auf uns zukommen. Sie finden erste Infos zu den Voraussetzungen für die verschiedenen Aufenthaltstitel und zu den erforderlichen Nachweisen in unserem Artikel „Fachkräfte aus Drittstaaten – Wer darf kommen?“
Schritt 2
Ggf. erfolgt eine Probearbeit von max. 2 Wochen im Hinblick auf die zu besetzende Stelle.
Schritt 3
Die Entscheidung für die Einstellung des Bewerbers bzw. der Bewerberin wird getroffen.
Schritt 4
Alle notwendigen Unterlagen für die Beantragung der Aufenthaltserlaubnis zur Beschäftigung werden zusammengestellt, u. a.
Arbeits-, Qualifizierungs- oder Ausbildungsvertrag bzw. verbindliches Arbeitsplatzangebot – zu beachten ist, dass die Arbeitsbedingungen (Gehalt, Arbeitszeit, Urlaub etc.) nicht ungünstiger sein dürfen als für vergleichbare inländische Arbeitnehmer; in bestimmten Fällen gibt es zudem eine Mindestgehaltshöhe und/oder besondere Anforderungen an die Beschäftigung
Unterlagen des Ausländers zu Qualifikation (und ggf. deren Anerkennung in Deutschland), Sprachkenntnissen, Berufserfahrung sowie ggf. weitere Unterlagen – je nach angestrebtem Aufenthaltstitel
Schritt 5
Der Ausländer reicht den Antrag mit den vollständigen Unterlagen bei der zuständigen Ausländerbehörde (ABH) ein. Welche ABH zuständig ist, hängt vom Wohnort des Ausländers ab.
In einem behördeninternen Verfahren beteiligt die ABH die Bundesagentur für Arbeit u. a. zur Prüfung der Arbeitsbedingungen. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, erteilt die ABH die Aufenthaltserlaubnis.
Schritt 6
Der Start der Beschäftigung bzw. Ausbildung im Unternehmen kann nach Vorliegen der Aufenthaltserlaubnis (und damit Arbeitserlaubnis) erfolgen. Es beginnen Onboarding und Integration des neuen Mitarbeiters bzw. Mitarbeiterin ins Unternehmen.
Eine Kopie der Ausweis- und Aufenthaltspapiere (ggf. inkl. Zusatzblatt) müssen in der Personalakte abgelegt werden; auf den Ablauf der Papiere ist zu achten bzw. rechtzeitig eine Verlängerung zu beantragen.
Schritt 7
Bitte beachten: Bei bestimmten Aufenthaltstiteln ist zu gegebener Zeit ein Wechsel des Aufenthaltszwecks notwendig. Dann muss ein entsprechender Antrag bei der ABH gestellt werden.
Ausbildung: nach bestandener Abschlussprüfung → Wechsel in Beschäftigung als Fachkraft
Anpassungsqualifizierung: nach Abschluss der Qualifizierungsmaßnahme sowie Vollanerkennung durch die zuständige Anerkennungsstelle → Wechsel in Beschäftigung als Fachkraft
Folge-Chancenkarte: nach Erlangung der Berufserfahrung (und max. 2 Jahren) → Wechsel z. B. in Beschäftigung nach der Berufserfahrenen-Regelung
Das Portal „Make it in Germany“ bietet Infos zur Punktevergabe an sowie einen Self-Check, mit dem Drittstaatler eine unverbindliche Ersteinschätzung erhalten können, ob sie für eine Chancenkarte infrage kommen
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