Konjunkturausblick der IHK Region Stuttgart

Konjunkturauswertung der IHK-Bezirkskammer Rems-Murr

Die Unternehmen im Rems-Murr-Kreis blicken erneut skeptischer in die Zukunft. Nach einem kurzen Zwischenhoch zu Anfang des Jahres befinden sich sowohl das Barometer für die aktuelle wirtschaftliche Lage wie auch für die Konjunkturerwartungen der nächsten zwölf Monate im Rückwärtsgang. Damit bewegen sich die Einschätzungen der Unternehmen nahezu im Gleichklang mit den Werten der Gesamtregion Stuttgart. Der plötzliche Anstieg der Energiepreise im Jahr 2022 und die damit einhergehende steigende Inflation haben der aufkeimenden wirtschaftlichen Erholung nach dem Ende der Coronaeinschränkungen ein rasches Ende bereitet.
Aktuell arbeitet die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank noch mit der Erhöhung der Leitzinsen, um der Inflation entgegenzuwirken. Dies wirkt sich auf die Preispolitik aus. Allmählich sinkende Energiepreise, ein langsamer Rückgang der Inflation und eine beginnende Anpassung der Löhne lassen jedoch auf eine Erholung der Kaufkraft hoffen.
Auch wenn der Fachkräftemangel in der aktuellen Befragung nicht mehr als das Hauptrisiko der befragten Unternehmen gilt, so bleibt angesichts der Demografie eine bedrohlich große Fachkräftelücke in vielen Branchen. Diese wird sich demografisch bedingt in den kommenden Jahren stark vergrößern. Daher müssen die Möglichkeiten des reformierten Fachkräfteeinwanderungsgesetzes nun rasch und unbürokratisch genutzt werden. Wie viele freie Stellen langfristig durch Zuwanderung besetzt werden können, ist offen. Auch der Aktivierung von Potenzialen auf dem heimischen Arbeitsmarkt muss ein Augenmerk geschenkt werden.
Baden-Württemberg gehört zu einer der führenden Innovationsregionen in Europa. Ein großer Teil dieser Innovationskraft kommt aus der privaten Wirtschaft, vor allem dem Automotivbereich und der Produktionstechnik. Die Region verfügt über gute Voraussetzungen, um in Zukunftstechnologien zu investieren, etwa in den Bereichen Umwelt und Energie, nachhaltiges Bauen, KI und Quantentechnologien oder in der Medizintechnik. Langsame Planungs- und Genehmigungsverfahren hemmen die Entwicklung unseres Standorts ebenso wie die ausufernde Bürokratiebelastung der Unternehmen in vielen Bereichen. Es muss ein Ruck durch alle staatlichen Ebenen gehen, um die Prozesse und Verfahren grundlegend zu entschlacken und zu vereinfachen und damit auch den Standort wieder stärker auf die Erfolgsspur zu bringen.  
 
LuE Gesamtwirtschaft (1)
Der Lageindikator zur Einschätzung der wirtschaftlichen Situation in den Unternehmen ist im Vergleich zum Jahresbeginn (31,7 Prozent) um fast 16 Prozentpunkte gefallen. Es bleibt festzustellen, dass noch fast die Hälfte (46 Prozent) aller Unternehmen ihre Geschäftslage als befriedigend bezeichnen. Diese Quote zieht sich, mit kurzen Einbrüchen im Coronajahr 2020, seit Frühsommer 2019 durch.
Beim Blick in die Zukunft der nächsten 12 Monate sind die Unternehmen aktuell wenig euphorisch. Nur 11,7% erwarten eine Verbesserung der Geschäftslage. Von fast 63 Prozent werden aktuell die Geschäftserwartungen als befriedigend eingeschätzt. Damit sind wir wieder gleichauf mit dem Herbst 2019 (62,5 Prozent). Der Indikator sinkt auf -13,9 Punkte. Alles in allem zeigt sich die Wirtschaft im Rems-Murr-Kreis noch vergleichsweise stabil.

LuE Industrie Bau

Im Verarbeitenden Gewerbe hat sich die Lage auf den Beschaffungsmärkten wieder deutlich entspannt. Lieferschwierigkeiten lösen sich allmählich auf, dennoch belasten die relativ hohen Energiekosten die Ergebnisse der Unternehmen deutlich. Aktuell macht sich die schwächelnde Konjunktur der Hauptabnehmerländer bemerkbar. Noch stützt das vorhandene Auftragspolster die Unternehmen.
Gestiegene Zinsen dämpfen die Wohnungsbauinvestitionen deutlich. Hoch- und Tiefbauunternehmen kämpfen mit Stornierungen und einer Zurückhaltung der Kunden. Mit einer Belebung des Baugewerbes ist erst zu rechnen, wenn die Leitzinsen langsam wieder sinken.
Die Geschäftslage geben aktuell nur noch 26,4 Prozent (S 45,9 Prozent) der Unternehmen als gut an. Als schlecht betrachten 24,2 Prozent (S 20,7 Prozent) ihre Situation, befriedigend finden sie 49,4 Prozent.
Bei den Erwartungen zeigt sich ein starkes Mittelfeld. Mit 55,3 Prozent werden zufriedenstellende Ergebnisse erwartet. 13,5 Prozent der Unternehmen blicken optimistisch in die Zukunft, während 31,3 Prozent schlechtere Geschäfte befürchten.
Die Kapazitätsauslastung liegt bei 79,6 Prozent und damit deutlich niedriger als zuletzt (S 84,8; JB 84,4 Prozent).
 
LuE Handel (1)

Auch im Handel werden sowohl die aktuelle Lage als auch die Erwartungen schlechter beurteilt als zuletzt. Die Indikatorwerte gehen entsprechend zurück. Der Kauf von Gebrauchsgütern mit langer Lebensdauer wird von vielen Kunden weiterhin zurückgestellt. Der Konsum hat leicht zugenommen. Daher sehen 27,6 Prozent (S 31,3 Prozent) der Unternehmen ihre Lage als gut und 51,7 Prozent (S 50 Prozent) ihre Lage als befriedigend an.
Bei den Erwartungen sieht es deutlich negativer aus. Die Energiekosten haben sich zwar gerade eingependelt, sind jedoch höher als in früheren Jahren und belasten die Ergebnisse der Betriebe. Die Digitalisierung muss vorangebracht werden, um auf dem Markt bestehen zu können. So erwarten 10,3 Prozent (S 15,6 Prozent) bessere, 58,6 Prozent (S 65,6 Prozent) befriedigende und 31 Prozent (18,8 Prozent) schlechtere Ergebnisse.
LuE Dienstleistungen
 
Mit 46,7 Prozent (S 45,8 Prozent) betrachten die Unternehmen der Dienstleistungsbranche ihre Lage als gut. Wie im Sommer sind 40,4 Prozent der Unternehmen mit ihrer Lage zufrieden. Nur 12,9 Prozent (13,8 Prozent) betrachten ihre Lage als schlecht.
Ihre Geschäftserwartung geben 10,1 Prozent (S 17,3 Prozent) der Unternehmen mit besser, 73,3 Prozent (S 71,6 Prozent) mit gleichbleibend und 16,6 Prozent (S 11,1 Prozent mit schlechter an.
Vor allem die unternehmensnahen Dienstleister spüren derzeit die schwächelnde Konjunktur der Industrie.

Exporterwartungen

Exporterwartung nach Branche
Der Export bleibt weiterhin hinter den Erwartungen zurück. So erwarten noch 20,9 Prozent (S 34,4 Prozent) der Unternehmen steigende Exporte. Gleichbleibend zufrieden sind 46,6 Prozent (S 44,9 Prozent). Mit abnehmenden Exporten rechnen 32,8 Prozent (S 21,1 Prozent). Der Lageindikator hat sich um 24,9 Punkte verschlechtert und liegt nun bei -12 Prozentpunkten.
Inwieweit und wann sich die Lage entspannen wird, wird von der konjunkturellen Entwicklung unserer Haupthandelspartner abhängen.
Weitere detaillierte Information zur konjunkturellen Einschätzung der Außenwirtschaftsentwicklung für die Region Stuttgart sind im Außenwirtschaftsbarometer der IHK Region Stuttgart enthalten.

Inlandsinvestitionen
Geplante Investitionen


Invest Motiv
Die wachsende Bedeutung von neuen digitalen Technologien und anderen Geschäftsmodellen dürfte zu einer Verschiebung materiellen zu immateriellen Investitionen führen. So zeigt sich die Digitalisierung seit Ende 2022 als wichtigstes Investitionsmotiv.
Ein zunehmender Teil der Investitionen von Unternehmen fließt in den Klimaschutz. Hierfür werden vielfach geplante Ersatzinvestitionen viel früher in Angriff genommen. Durch die hohe Emissionslast steht das verarbeitende Gewerbe vor einer großen Herausforderung. Vorgezogene Investitionen werden nicht ausreichen, sollen die vorgegebenen Ziele erreicht werden.
Bleibt zu hoffen, dass das geplante Wachstumschancengesetz schnell kommt und die erhoffte Wirkung in Hinblick auf die Investitionsbereitschaft entfaltet. Die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland muss dringend gestärkt werden.

Risiken

Risiken (1)
Stark an Bedeutung gewonnen hat für die Unternehmen seit der letzten Befragung das Risiko einer schwächelnden Inlandsnachfrage. Hierin zeigt sich deutlich die derzeitige konjunkturelle Schwächephase der deutschen Wirtschaft. Dazu tragen auch die ausbleibenden Nachbestellungen vieler Unternehmen bei, die nach Jahren von Engpässen in der Materialversorgung auf vollen Lagern sitzen und deshalb Neubestellungen hintanstellen.
Das Risiko des Fachkräftemangels bleibt ein Top-Thema vieler Unternehmen, auch wenn es aktuell nur noch auf Platz zwei rangiert. Die demografische Entwicklung spricht nicht für eine Lösung des Fachkräfteproblems, damit wird dieses Risiko weiter Bestand haben.
Sehr deutlich an Bedeutung gewonnen hat das Risiko steigender Arbeitskosten. Hier schlagen sich auch die infolge der Inflation in vielen Branchen deutlich gestiegenen Löhne und Gehälter wider. Die langsam fallenden Energiekosten zeigen sich auch in der Einschätzung der Unternehmen in ihrer Risikobewertung, die sich im Vergleich zur Vorbefragung verringert. Dennoch leidet der Standort Deutschland aufgrund hoher Energiepreise unter einem massiven Wettbewerbsnachteil im Vergleich zu anderen Weltregion. Die Umleitung von Investitionen in andere Wirtschaftsregionen ist mitunter auch hierdurch ausgelöst.

Beschäftigungszahlen

Beschäftigungserwartungen
Auch wenn sich der Arbeitsmarkt nach wie vor robust zeigt, äußert sich die konjunkturelle Schwäche nun auf dem Arbeitsmarkt. Betriebsaufgaben und Insolvenzen setzen Arbeitskräfte frei. Diese dürften, aufgrund der Nachfrage, zügig einen neuen Arbeitsplatz finden. Über nahezu alle Branchen hinweg rechnen die Unternehmen derzeit nicht mit einem weiteren Beschäftigungsaufbau. Trotz allem ist eine Fachkräftesicherung und -entwicklung im Zeichen von demografischem Wandel und Transformation das Gebot der Stunde. Deshalb muss noch stärker in Aus- und Weiterbildung bzw. die strategische Personalplanung investiert werden. Nur mit gut aus- und weitergebildeten Beschäftigten kann die Transformation gelingen.
Die Arbeitslosenquote im September 2023 lag im Rems-Murr-Kreis bei 3,9 Prozent und ist somit weiterhin stabil.
Das aktuelle Stimmungsbild basiert auf der Konjunkturumfrage der IHK Region Stuttgart, welche in der Zeit vom 15. September bis 6. Oktober 2023 stattgefunden hat. In diese Sonderauswertung für den Rems-Murr-Kreis flossen die Rückmeldungen von 108 Unternehmen ein.Der Konjunkturbericht der IHK-Bezirkskammer Rems-Murr erscheint dreimal jährlich und spiegelt die Einschätzung der Wirtschaftslage zum Zeitpunkt des Abfragezeitraums wider.