MELDEPFLICHTEN BEIM IMPORT

CBAM: Das System der CO2-Grenzausgleichsabgabe

Der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) wird große Teile der deutschen Industrie betreffen. Alle Unternehmen innerhalb der EU, die Eisen, Stahl, Zement, Aluminium, Elektrizität, Düngemittel, Wasserstoffe sowie bestimmte vor- und nachgelagerte Produkte in reiner oder verarbeiteter Form aus Nicht-EU-Staaten importieren, müssen alle Importe ab dem ersten Oktober 2023 gesondert, quartalsweise, melden. Berichtspflichtig ist der Zollanmelder oder dessen indirekter Vertreter. Die erste Meldung muss Ende Januar 2024 abgegeben werden.

Infos zur Registrierung im CBAM-Portal

Informationen zur Registrierung im CBAM-Portal finden Sie hier auf der Webseite der Generalzolldirektion.

1. Hintergrund

Die Initiative für das CO2-Grenzausgleichssystem (Carbon Border Adjustment Mechanism, kurz CBAM) ist ein Schlüsselelement des „Fit for 55“-Pakets, das im Juli 2021 von der Europäischen Kommission vorgestellt wurde. Erklärtes Ziel ist, im Einklang mit dem Pariser Übereinkommen die CO2-Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 1990 um 55 Prozent zu reduzieren.
Das zentrale Klimaschutzinstrument hierfür bildet bereits seit 2005 der Europäische Emissionshandel (EU-ETS) – mit dem Risiko, dass Unternehmen in bestimmten Sektoren und Teilsektoren aus Kostengründen ihre Produktion in andere Länder verlagern (sog. „Carbon Leakage“).
An dieser Stelle setzt der CBAM als unterstützender Mechanismus an: Unternehmen, die emissionsintensive Waren in die EU importieren, sollen verpflichtet werden, CBAM-Zertifikate zu erwerben, um die Differenz zwischen dem im Produktionsland gezahlten Kohlenstoffpreis und dem höheren Preis der Kohlenstoffzertifikate im EU-Emissionshandelssystem auszugleichen. CBAM soll sicherstellen, dass Unternehmen in der EU nicht durch unfairen Wettbewerb benachteiligt werden, indem sie höhere Klimaschutzkosten tragen als Konkurrenten außerhalb der EU. Zudem sollen damit Anreize für Unternehmen in Drittländern geschaffen werden, ihre Emissionsreduzierungen zu beschleunigen, um auf dem EU-Markt zugreifen zu können.
Im Juli 2021 hat die Europäische Kommission den ersten Vorschlag zur Einführung eines CO2-Grenzausgleichmechanismus vorgelegt. Seitdem haben sich sowohl der Europäische Rat als auch das EU-Parlament zu dem Gesetzesvorschlag beraten und am 13. Dezember 2022 mit der Kommission auf einen vorläufigen Verordnungsentwurf geeinigt. Die endgültige Verordnung (EU) 2023/956 wurde am 16. Mai 2023 veröffentlicht.  Die in diesem Beitrag dargestellten Informationen basieren auf dem aktuellen Stand des Gesetzgebungsprozesses und können sich nochmals ändern.

2. Anwendungsbereich

CBAM betrifft den Import der in Anhang I der Verordnung (EU) 2023/956 aufgeführten Waren (ab Seite 90 der Verordnung). Maßgeblich ist die dort genannte Warennummer/Zolltarifnummer/Kombinierte Nomenklatur. Wegen häufiger Nachfragen hier die Zusammenstellung. Betroffen sind:
  • Eisen und Stahl Kapitel 72
    mit Ausnahme einzelner Waren der Position 7202, nämlich: 7202 2X, 7202 30, 7202 50, 7202 70-7202 9980
  • Waren aus Eisen und Stahl Kapitel 73: Erfasst sind die Positionen 7301-7311, 7318, 7326.
    Ausgenommen sind folglich 7312-7317 sowie 7319-7325
  • Aluminium und Waren daraus Kapitel 76: erfasst sind 7601, 7603-7614, 7616.
    Ausgenommen sind folglich 7602 und 7615
  • Eisenerz 2601 1200;  Wasserstoff 2804 1000;
  • Elektrizität 2716
  • Zement: 2507 0080, 2523
  • Ammoniak 2814, Kaliumnitrat 2834 21 00, Düngemittel 3102 und 3105
Die Kapitel 72, 73 und 76 umfassen auch Produkte, wie Schrauben und ähnliche Artikel aus Eisen oder Stahl (Position 7318 und 7326) oder Aluminium. Die betroffenen Waren sind mit ihrer Position oder ihrer KN (Kombinierte Nomenklatur) erfasst. Entscheidend dafür, ob eine Ware unter CBAM fällt, ist, ob die für den Import verwendete Warennummer/Zolltarifnummer in Anhang I der CBAM-Verordnung genannt ist. Wenn die Warennummer nicht genannt ist,  fällt die Ware dann auch nicht unter CBAM; egal ob darin Eisen, Stahl oder Aluminium enthalten ist. Es ist wahrscheinlich, dass diese Liste ab 2026 ausgeweitet werden wird.
Von CBAM erfasst sind grundsätzlich nur Anmeldungen von betroffenen Waren mit Ursprung in einem Drittland zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr. Um Umgehungen zu vermeiden, gilt CBAM zudem auch für Waren oder Verarbeitungserzeugnisse aus diesen Waren im Rahmen des Verfahrens der aktiven Veredelung.
Vom sachlichen Anwendungsbereich ausgenommen sind lediglich
  • Kleinsendungen: Waren, die zwar von Anhang I erfasst sind, deren Gesamtwert je Sendung aber 150 EUR nicht übersteigt,
  • Waren für den persönlichen Gebrauch sowie
  • Waren mit Ursprung in den in Anhang III Abschnitt A aufgeführten Ländern und Hoheitsgebieten (insbesondere Schweiz, Liechtenstein, Norwegen und Island). Es gibt bislang keine weiteren Länder oder Ursprungswaren, die befreit sind.
Es gibt also keine Ausnahmeregeln für Unternehmen mit wenigen Importen; nach der bisherigen Fassung der Verordnung müssten alle melden – selbst Privatpersonen. Dies kann sich in der Durchführungsverordnung noch ändern.
Wichtig: Der Ursprung der eingeführten Waren muss künftig bekannt sein. Er bestimmt sich nach den nichtpräferenziellen Ursprungsregeln des Zollkodex der Union.

3. Welche Pflichten kommen auf Unternehmen zu?

Am 15. September 2023 wurde die CBAM-Durchführungsverordnung 2023/1773 im Amtsblatt der EU L228 in allen Amtssprachen veröffentlicht. Die Durchführungsverordnung legt die Berichtspflichten für Importeure detailliert dar. Praxisrelevante Bagatellgrenzen und Vereinfachungsmöglichkeiten gibt es faktisch keine. Warum keine relevanten Bagatellgrenzen in die Gesetzgebung aufgenommen worden sind, obwohl dies im Rahmen der Anhörung mehrfach vorgeschlagen worden ist und der Kreis der betroffenen Importeure durch die Ausweitung der Produkte auf Enderzeugnisse massiv ausgeweitet worden ist, kann die EU-Generaldirektion TAXUD gerne direkt beantworten. Gerne können Sie TAXUD ebenfalls kontaktieren, falls Sie die Frist zu kurzfristig finden.

3.1. Übergangsphase 2023-2025

Die Einführung von CBAM erfolgt schrittweise ab dem 1. Oktober 2023 mit einer Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2025 (insbesondere Art. 32 und 35 (1) und (2)). Der Übergangszeitraum dient vor allem dazu, Daten und Erfahrungen zu sammeln, um die Abläufe für die Implementierungsphase tatsächlich praxistauglich gestalten zu können. Finanzielle Ausgleichszahlungen entstehen in dieser Phase noch nicht.
In der Importzollanmeldung selbst müssen keine Angaben zu CBAM gemacht werden. Es ist vorgesehen, dass der  Importeur von seiner CBAM-Meldepflicht durch den Zollbescheid informiert wird. 
Berichtspflichtig ist der Zollanmelder oder falls der Zollanmelder nicht in der EU ansässig ist, dessen indirekter Vertreter. Die Berichtspflicht während des Übergangszeitraums besteht aus folgenden Punkten:

3.1.1 Registrierung im vorläufigen CBAM-Register

Das vorläufige CBAM-Register (provisional CBAM registry) wurde inzwischen freigeschaltet. Der Zugang soll nach Auskunft der EU-Kommission durch die national zuständige Behörde freigeschaltet werden. Diese steht in Deutschland noch nicht fest, Zoll oder Umweltbundesamt kommen in Frage. Bis Ende Oktober muss dies entschieden sein.

3.1.2 Berechnung und Dokumentation der direkten und indirekten Emissionen, welche im Produktionsprozess der importierten Güter entstanden sind.

Dies ist nur mit den entsprechenden Daten des ausländischen Herstellers möglich. Damit diesen verständlich gemacht werden kann, welche Daten der Importeur benötigt, hat TAXUD Leitlinien für Anlagenbetreiber in Drittländern erstellt. In Artikel 4 der Durchführungsverordnung sind die unterschiedlichen Berechnungsmethoden aufgeführt. Für die ersten drei Quartalsberichte, also für den Zeitraum bis 30. Juni 2024 sind Schätzungen bzw. Standardwerte zulässig. Diese werden voraussichtlich Ende November 2023 veröffentlicht und auch im CBAM-Meldeportal hinterlegt sein. Wie man damit umgehen soll, falls auch danach keine Informationen des ausländischen Herstellers vorliegen, ist offen. Auch dies kann die EU-Generaldirektion TAXUD gerne direkt beantworten. Bis Ende 2024 sind unterschiedliche Berechnungsmethoden möglich. Ab 2025 soll nur noch die EU-Berechnungsmethode gelten; diese gleicht der Berechnung im Europäischen Emissionshandel (ETS). 

3.1.3 Pflicht zur quartalsweisen Vorlage eines „CBAM-Berichts“

Spätestens einen Monat nach Quartalsende, also erstmalig Ende Januar 2024, muss eine Meldung im CBAM-Register mit folgenden Angaben erfolgen:
  • die Gesamtmenge jeder Warenart, ausgedrückt in Megawattstunden bei Elektrizität und in Tonnen bei anderen Waren, angegeben für jede Anlage, die die Waren im Ursprungsland herstellt;
  • die tatsächlichen eingebetteten Gesamtemissionen, ausgedrückt in Tonnen CO²-Emissionen pro Megawattstunde Elektrizität oder für andere Waren in Tonnen CO²-Emissionen pro Tonne jeder Warenart, berechnet nach der in Anhang IV bzw. in der Durchführungsverordnung beschriebenen Methode sowie die gesamten indirekten Emissionen;
  • Alternative: Verwendung von Standardwerten bis 30.Juni 2024, bereitgestellt von der EU-Kommission bis zum Ende November 2023
  • sofern vorhanden, den CO2-Preis, der in einem Ursprungsland für die in den eingeführten Gütern enthaltenen Emissionen zu zahlen ist, unter Berücksichtigung einschlägiger Rabatte oder sonstiger Formen des Ausgleichs.
Diese Meldepflichten gelten nicht für die Einfuhr von Veredelungserzeugnissen aus dem Verfahren der passiven Veredelung (Artikel 259 UZK) sowie Rückwaren im Sinne von Artikel 203 UZK.
Es gibt nach wie vor erhebliche Unklarheiten darüber, welche Daten genau in welcher Form benötigt werden. In den Leitlinien für EU-Importeure  können einzelne Informationen entnommen werden. Wir haben eine Übersetzung der Guidance sowie konkrete Berechnungs- und Ausfüllbeispiele angemahnt. 

3.1.4 Schulungsangebote der EU-Kommission

Die EU-Kommission bietet eLearnings an. Außerdem können die Aufzeichnungen der Webinare zu den einzelnen Warenbereichen im Customs & Tax EU Learning Portal  auf Englisch abgerufen werden. Es gibt auch eine kurze englische Einführung (Nanolearning).
Hilfreich zu wissen:
  • In den bereitgestellten Kursen kann über die “Course Map” navigiert werden;
  • In Kapitel 3 finden sich die Informationen zur warenspezifischen Berechnung der Emissionen;
  • In Kapitel 4 finden sich Informationen zum Bericht und wie eine Meldung durchgeführt werden soll

3.2. Implementierungsphase ab 2026

Mit Ablauf der Übergangsphase ab 2026 gelten weitergehende Verpflichtungen für Importeure:
  • Beantragung einer CBAM-Anmeldeberechtigung als „zugelassener Anmelder“ am Ort der Niederlassung. Die betroffenen Waren dürfen dann nur noch von „zugelassenen Anmeldern“ in das Zollgebiet der Union eingeführt werden.
  • Berechnung der eingebetteten direkten und indirekten Emissionen der Einfuhrware in die EU.
  • Kauf der entsprechenden Anzahl an CBAM-Zertifikaten bei der zuständigen CBAM-Behörde, die zur Deckung der eingebetteten direkten und voraussichtlich auch indirekten Emissionen erforderlich sind.
  • Abgabe einer jährlichen CBAM-Erklärung bis zum 31.Mai jedes Kalenderjahres für die mit dem vorausgehenden Kalenderjahr importierten Güter verbundenen Emissionen.
  • Überprüfung der Angaben der CBAM-Erklärung durch eine akkreditierte Prüfstelle (aktuell noch unklar, wer hierfür zuständig sein wird).
Die genauen Anforderungen und Prozesse im Rahmen der Meldepflichten sind noch nicht abschließend und können sich im Laufe des EU-Gesetzgebungsprozesses ändern.
Vor Ablauf des Übergangszeitraums wird die Kommission prüfen, ob der Anwendungsbereich auf andere Güter  (einschließlich organischer Chemikalien und Polymere) ausgedehnt werden soll. Bis 2030 sollen alle Güter einbezogen werden, die unter den EU-Emissionshandel fallen. Die Kommission wird auch die Methode für das Erheben indirekter Emissionen überprüfen und die Möglichkeit, ob mehr nachgelagerte Produkte einzubeziehen sind.
Bis Ende 2027 will die Europäische Kommission eine vollständige Überprüfung der CBAM vornehmen. Einbezogen werden sollen dabei auch mögliche Fortschritte bei den internationalen Verhandlungen über den Klimawandel sowie die Auswirkungen auf die Einfuhren aus Entwicklungsländern, insbesondere aus den am wenigsten entwickelten Ländern (LDCs).

4. Was ist aktuell zu tun?

Fragen Sie sich vorab:
Falls ja:
  1. Festlegung der innerbetrieblichen Zuständigkeiten für die Prüfung und Einhaltung der Meldepflichten. Je nach Bedeutung/Menge dieser Importe hat das Thema eine sehr unterschiedliche Priorität für die einzelnen Unternehmen
  2. Übergangszeitraum: Zusammenstellung der Importe nach Ursprungsland, ggf. Produktionsstätte. Technischen Rahmen der Meldung und maßgebliche Standardwerte zusammenstellen!
  3. Abstimmung mit Lieferanten hinsichtlich der Kalkulation der CO2-Emissionen. Große ausländische Hersteller beschäftigen sich bereits mit dem Thema. Vieles ist aber noch unklar und dürfte dauern. Falls keine Werte vorliegen oder sich der Aufwand nicht lohnt, können Standardwerte verwendet werden. Diese liegen noch nicht vor.
  4. Wann lohnt sich eine Berechnung/exakte Ermittlung gemäß Anhang IV der Verordnung, wann ist die Verwendung (höherer) Standardwerte sinnvoller?
  5. Informationen zu diesem Thema verfolgen; es gibt noch erheblichen Klärungsbedarf und da wird sich auch noch vieles ändern. Gegebenenfalls können Sie sich an der Konsultation beteiligen. Abonnieren Sie gerne unseren Newsletter im Bereich Energie & Umwelt sowie Zoll, um keine wichtigen Informationen zu verpassen!
  6. Sorgen Sie dafür, dass Sie den nichtpräferenziellen Ursprung dieser Waren kennen. Unbekannter Ursprung geht nicht mehr.

Weitere Informationen


Weitere Informationen zum Thema CBAM finden Sie auf der Infoseite der IHK München, die fortlaufend aktualisiert wird.
Auch bei der EU finden Sie weitere Informationen:
Ein Online-Tool, welches betroffenen Unternehmen die Datenerfassung und Berechnungen nach CBAM erleichtern soll, ist derzeit noch in Bearbeitung.