Stadthafen Itzehoe

Rohstoffe für die Mühle


Wirtschaft in Itzehoe? Klar: die Hightech-Unternehmen rund um das Fraunhofer-Institut. Oder Traditionsfirmen wie der Pumpenbauer Sihi, jetzt Flowserve. Aber ein Hafen? Dieser ist selbst Itzehoern so fremd wie die Stör, an dem er liegt. Auf dem Fluss dominieren Wassersportler, doch alle paar Tage müssen sie ausweichen, wenn ein Frachtschiff den Itzehoer Stadthafen anläuft.
Betreiber des Hafens ist ein Unternehmen, das in einem ganz anderen Metier zu Hause ist: die Rudolf Rusch Mühlenwerke-Kornbrennerei GmbH & Co. KG. Dr. Reinhold Schierbrock (74) und sein Sohn Johann Schierbrock (38) führen die Geschäfte der vor 111 Jahren gegründeten Firma, die jährlich 60.000 Tonnen Mehle und Schrote produziert, während die Kornbrennerei nur noch auf kleiner Flamme läuft. Verarbeitet werden Weizen und Roggen - doch erst müssen die Rohstoffe ankommen. Als die Stadtwerke Itzehoe vor gut zehn Jahren den Betrieb ihres Hafens abgeben wollten, griff Rusch zu. Johann Schierbrock: "Es ist für uns ein Standort- und Wettbewerbsvorteil, Wasseranschluss zu haben. Das ist für uns ein wichtiger Anlieferungsweg." 

Wachsender Umschlag

Die Verwaltung des Hafens ist Sache des Unternehmens, Schierbrock selbst ist Sicherheitsbeauftragter, einige der gut 30 Mitarbeiter wurden zu Kranführern ausgebildet. Sie entladen das Getreide, das aus den Gebieten elbaufwärts über Elbe und Stör angeliefert wird. Auch für die Nachbarn hat der Hafen Bedeutung: Düngemittel kommen per Schiff, Altmetall wird abtransportiert. Höchstens drei Meter Tiefgang, 80 Meter Länge wegen der Wendestelle und 18 Meter Masthöhe wegen der Störbrücke im Zuge der A 23, das sind die Maße für die Schiffe.
Die Nutzung des Hafens nehme zu, sagt Schierbrock. 2014 sorgten 61 Binnenschiffe und - selten - Seeschiffe aus dem Ostseeraum für einen Umschlag von 46.500 Tonnen. 2015 waren es 64 Schiffe und 50.300 Tonnen. Rund ein Drittel davon entfällt auf die Firma Rusch selbst. Das restliche Getreide kommt per Lkw - so werden dann auch die Produkte abtransportiert. Die Anlieferung teils per Schiff entlaste die Straßen, sagt Schierbrock, und zudem wirke sie sich im Einkauf positiv aus. Die Vorteile überwögen, auch wenn die Firma für die Unterhaltung des Hafens ab Kaimauer aufkommen müsse. Zufrieden stellt der Geschäftsführer fest: "Als kleine, flexible und familiengeführte Mühle sehen wir uns gut aufgestellt."
Vorteile der Binnenschifffahrt
Ein Vergleich der Verkehrsträger Schiene, Straße und Wasserstraße zeigt, dass die Binnenschifffahrt hinsichtlich Umweltfreundlichkeit und volkswirtschaftlichem Nutzen an der Spitze liegt. Dies ist das Ergebnis verschiedener Untersuchungen (etwa Planco Consulting im Auftrag der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt - Außenstelle Ost -, 2007). So verbraucht das Binnenschiff im Massenguttransport 67 Prozent weniger Energie als der Lkw und 35 Prozent weniger als die Bahn. Ähnliches gilt für den Containertransport. In nahezu allen Relationen ist das Binnenschiff zudem im direkten Transportkostenvergleich am günstigsten. Neben den positiven Auswirkungen auf die Klimabilanz beim CO2-Ausstoß sind auch die Lärmemissionen geringer. Weiterer Vorteil: Die Binnenwasserstraßen haben noch ein erhebliches Potenzial und können weitere Transportmengen aufnehmen.
Lars Peter Ehrich
Veröffentlicht am 1. April 2016