Führen durch die Krise

Erfolgsfaktor Kommunikation

Die Corona-Pandemie stellt ganz besondere Anforderungen an die Unternehmensführung. Führungskräfte müssen dynamisch und schnell reagieren, um Lösungen zu finden und ihren Betrieb durch die Krise zu manövrieren. Drei Unternehmer aus dem Norden erzählen, wie sie das tun.
Auf dem Gelände der Krüger Aviation GmbH in Barsbüttel stand im März ein Wohnwagen. Geschäftsführer Nils Stoll hatte ihn dort geparkt - um während der Krise nah bei seiner Belegschaft zu sein. Krüger Aviation reagierte schnell auf die Corona-Pandemie, indem die Mitarbeitenden in Schichtdienste eingeteilt und mehrere Hygiene- sowie Pausen- und Eingangsbereiche ausgewiesen wurden. Stoll konnte so sein Homeoffice im Caravan einrichten. "Ich wollte damit ein Zeichen setzen, auch für unsere Mitarbeiter, die in der Produktion sind und nicht von zu Hause arbeiten können", sagt er.
Die Firma beliefert seit 2016 die Luftfahrtbranche mit Kunststoffbauteilen für Flugzeuge. Als immer mehr Airlines ihre Flüge annullierten, wusste Stoll, dass die Lage ernst ist. Auch deswegen war es ihm wichtig, so nah wie möglich an der Belegschaft zu sein. "Viele Kollegen nutzten die Möglichkeit, persönlich mit mir zu sprechen", sagt Stoll, der in normalen Zeiten täglich zwei Rundgänge durchs Werk macht.
So herausfordernd die Situation auch ist - sie hat auch gezeigt, dass Krüger Aviation anpassungsfähig ist. Unternehmensberater Leif Bock, Geschäftsleiter der Bock & Team GmbH in Glinde, sieht in der Coronakrise die Chance zu hinterfragen, worin eigentlich der Kern eines Unternehmens liegt: "Das müssen nicht unbedingt Produkte oder Services sein, sondern es können auch spezielle Fertigkeiten oder Knowhow- Bereiche sein, die auf gute Chancen in ganz anderen Marktfeldern hindeuten."
Krüger Aviation habe diese Möglichkeit genutzt, berichtet Stoll: "Wir wollten schon lange in die Mobilitätsindustrie einsteigen." So hat das Unternehmen etwa den "Halunder Jet" der FRS Helgoline mit Sitzverkleidungen und Trennwänden ausgestattet - und so mit seinem Knowhow die Tür zur maritimen Branche geöffnet.

Möglichkeiten sehen

Auch in Handewitt bei Flensburg hat die Coronakrise Teile der Wirtschaft lahmgelegt. Nik Schumacher, Geschäftsführer der na Logo Werbedesign GmbH, war gerade von einer Oldtimerrallye entlang der Ostseeküste zurückgekehrt, als die Krise ausbrach. Sofort setzte er sich mit seinem Bruder Mark, mit dem er das Unternehmen leitet, zusammen. Sie hörten sich um, welche Maßnahmen ihre Kunden umsetzten, denn "zu vielen von ihnen haben wir einen sehr guten Draht". Schnell teilten sie ihre etwa 20 Kollegen in zwei Teams auf, die in Früh- und Spätschicht weiterarbeiteten.
Eine große Rolle spielte dabei die permanente Kommunikation. Schumacher richtete eine WhatsApp-Gruppe ein, über die er die Belegschaft über neue Entwicklungen informierte. "Dort haben wir auch positive Rückmeldungen unserer Kunden geteilt. Uns war wichtig, dass wir den Kollegen zeigen: Die Lage ist besonders und ernst. Aber ihr macht auch alle einen tollen Job." So hat die Firma für Werbemittel auf die neuen Nachfragen reagiert und bietet etwa Bodenaufkleber für den Sicherheitsabstand und Hygieneschutzwände an.
Gerade in Krisenzeiten sei Kommunikation enorm wichtig, so Unternehmensberater Bock: "Aktives Kommunizieren ist in der Krise der Schlüssel, damit es nicht zu Gerüchten oder gar Blockadehaltungen bei den Mitarbeitenden kommt." Dazu gehöre auch "die Sensibilität für die Themen der Mitarbeitenden". Das hat auch Schumacher immer im Hinterkopf: "Wir sind ein junges Team, viele haben Familie oder gerade ein Haus gekauft."
Insgesamt sei na Logo Werbedesign gut durch die ersten Monate gekommen, resümiert der Geschäftsführer. Die Situation war aber auch für ihn nicht einfach: "Ich habe viel Arbeit mit nach Hause genommen. Da dann mal abzuschalten fiel mir sehr schwer." Nun hat die Firma wieder den Normalbetrieb aufgenommen, mit dem Gesundheitsamt haben Schumachers ein Hygienekonzept erarbeitet, es gibt mehrere Eingangs- und Sanitärbereiche. "Wir hatten Glück, dass wir uns an die Krise anpassen konnten. Aber wir haben die Möglichkeiten auch gesehen - und sie entschlossen genutzt."

Netzwerk

In Kiebitzreihe im Kreis Steinburg hat die Maschinenbau u. Konstruktion GmbH Elmshorn (Muk) ihren Sitz. Als weltweiter Lieferant von Robotersystemen für die Produktion von Kartonagen, die in der Logistik zum Einsatz kommen, gilt sie als systemrelevant. Als die Krise ausgebrochen sei, hätten die Geschäftsführer wie viele andere Betriebe reagiert und unter anderem ein Schichtsystem eingeführt, sagt Geschäftsführer Heiko Schlüter.
Kritisch war bei Muk vor allem die Entsendung von Monteuren ins Ausland: Die Befürchtung, dass sie danach alle in Quarantäne müssten, saß den Geschäftsführern im Nacken. Hier haben wir eng mit dem Gesundheitsamt des Kreises Steinburg zusammengearbeitet", so Schlüter. So habe man in kurzer Zeit ein Konzept erarbeitet, sodass die Monteure nach Rückkehr einen eigenen Sanitär- sowie Eingangsbereich bekamen.
Durch die dynamische Situation der Krise hat sich die Faktenlage fast täglich geändert. Hier sei es besonders wichtig gewesen, immer auf dem aktuellen Stand zu sein, erklärt Schlüter: "In einer Lenkungsgruppe, die aus uns drei Geschäftsführern sowie Fachkollegen bestand, haben wir uns ständig über die aktuelle Lage ausgetauscht und beraten, wie wir weiter vorgehen."
Wichtig sei hier auch der Austausch mit dem eigenen Netzwerk gewesen. So habe Muk etwa viel Unterstützung von der IHK zu Kiel erhalten und sei mit ihrer Hilfe sowie der Unterstützung der Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH auch in Kontakt mit dem Wirtschaftsministerium getreten. "Dass man als relativ kleines Unternehmen in solch einer globalen Krise angehört wird und schnell in Kontakt mit politischen Entscheidern treten kann, war eine sehr positive Erfahrung für uns", fasst Schlüter zusammen.
Auch Unternehmensberater Leif Bock empfiehlt, in Krisenzeiten auf das eigene Netzwerk zurückzugreifen - vor allem, wenn es darum geht, wichtige Entscheidungen zu treffen. Eindeutige Vorteile habe derjenige, der bereits auf bestehende Controlling-Instrumente zurückgreifen könne. "Aber auch derjenige, der kommunikativ und ständig im Austausch mit wichtigen Ansprechpartnern ist - mit Banken, Kunden, Mitarbeitern, Verbänden, den IHKs -, hat bereits das notwendige Gesamtbild, um auch unter Zeitdruck relativ sichere Entscheidungen zu treffen."
Jutta Lasner
Veröffentlicht am 2. Juli 2020