Ehrenamtliche Prüfer

"Man fiebert mit den Azubis"

Eine gute duale Ausbildung funktioniert nur mit ehrenamtlichen Prüfern. Sie definieren das Leistungs- und Qualitätsniveau. Dahinter steckt viel persönliches Engagement, zeigt Kerstin Witt, Personalleiterin der Flensburger Brauerei Emil Petersen GmbH & Co. KG.
Kerstin Witt sitzt bei der IHK Flensburg im Prüfungsausschuss für Industriekaufleute. "Ein Unternehmen, das selbst ausbildet, sollte auch Prüfer stellen", sagt sie. Witt ist eine von rund 300.000 ehrenamtlichen Prüfern, die sich deutschlandweit in Prüfungsgremien engagieren. "Ich weiß, dass es immer weniger neue Prüfer gibt. Und ganz nebenbei macht es Spaß, die jungen Leute bei diesem wichtigen Schritt zu begleiten."
Ein Weg, den Witt selbst aus ihrer Lehre zur Steuerfachangestellten kennt. Anschließend absolvierte die heute 34-Jährige ein BWL-Studium mit Schwerpunkt auf Personal und Organisation. Ein Praxissemester brachte die gebürtige Flensburgerin mehrere Jahre beruflich nach Lüneburg. Dort kam sie mit dem IHK-Prüfungswesen in Kontakt und stieg als Ehrenamtlerin ein.
Berufliche Netzwerke
Nach ihrer Rückkehr an die Förde 2013 wollte Witt weiter in Prüfungsausschüssen mitwirken und fragte bei der IHK Flensburg an, wo sie nun das jüngste Mitglied im fünfköpfigen Prüfungsausschuss ist. Das sei auch eine gute Gelegenheit, sein berufliches Netzwerk zu erweitern.
Die Ausschussarbeit beginnt für Witt jedes Mal mit den Fachgliederungen. Dabei legen die Azubis den Prüfern das Thema mit ihrer Gliederung schriftlich vor, woran sich ihr fünfseitiger Fachreport und die mündliche Prüfung orientieren. "Die Gliederungen müssen schlüssig sein, bevor wir sie genehmigen", sagt Witt. Später erhalten die Ausschussmitglieder je eine Kopie des fertigen Reports. Da die Prüfer nicht jedes Thema selbst im Arbeitsalltag behandeln, kommt es vor, dass sie sich einarbeiten müssen. "Die Winterprüfungen waren beispielsweise sehr logistiklastig. Das Thema begegnet mir als Personalerin natürlich nicht täglich."
Bei den mündlichen Prüfungen ist jedoch nicht nur Fachkenntnis gefragt. Die circa sieben Nachwuchskräfte pro Prüfungszeitraum seien in der Regel gut vorbereitet, aber die Nervosität treibe durchaus bunte Blüten, berichtet Witt. "Eine Auszubildende fing an zu weinen - vor lauter Nervosität. Da ist natürlich die pädagogische Ader gefragt." Darum sei es ihr wichtig, die jungen Leute mit einem positiven Eindruck zu empfangen und ihnen Mut zuzusprechen. "Letztlich fiebert man ja auch mit den Azubis, dass sie erfolgreich durch die Prüfung kommen."
Daniel Kappmeyer 
Ehrenamtlich prüfen
Je nach Ausbildungsberuf erstellen Prüfer Aufgaben, bewerten Arbeitsproben und Projektarbeiten oder führen Prüfungsgespräche. Zwei wesentliche Anforderungen sind menschliche Reife und fachliche Kompetenz. Dazu gehören Sachkunde, pädagogisches Gespür, rechtssicheres Handeln und Kommunikation. Je nach geprüftem Beruf beträgt der zeitliche Aufwand zwei bis acht Tage pro Jahr, ihren Einsatz bestimmen die Prüfer in Abstimmung mit der IHK selbst. Neben einer Aufwandsentschädigung erhalten die Ehrenamtlichen auch eine intensive Einarbeitung und können als Gastprüfer die Tätigkeit kennenlernen.
Veröffentlicht am 10. Mai 2016