Ausbildungsumfrage Mecklenburg-Vorpommern: Betriebe fordern Reformen – Azubis zeigen hohe Zufriedenheit

Neubrandenburg, Rostock, Schwerin (IHKs in MV), 02. September 2025. Die duale Ausbildung in Mecklenburg-Vorpommern steht vor großen Herausforderungen – und bietet zugleich enorme Chancen. Das zeigen die aktuellen Ergebnisse der Ausbildungs- und Azubiumfrage 2025 der Industrie- und Handelskammern in Mecklenburg-Vorpommern.
Während viele Betriebe weiterhin Schwierigkeiten haben, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen, bewerten Auszubildende ihre Ausbildung überwiegend positiv. Dabei ergeben sich drei zentrale Handlungsfelder aus der Umfrage: den Ausbau digitaler Lernformen, eine bessere Erreichbarkeit der Berufsschulen sowie eine faire Unterstützung der Auszubildenden bei Fahrt- und Unterbringungskosten. Die Industrie- und Handelskammern in Mecklenburg-Vorpommern fordern deshalb konkrete Anpassungen im Schulgesetz und in den Förderregelungen, um die Attraktivität der dualen Ausbildung nachhaltig zu sichern.
Torsten Haasch, Hauptgeschäftsführer der geschäftsführenden IHK der Landesarbeitsgemeinschaft der IHKs in Mecklenburg-Vorpommern: „Die Ausbildungsbetriebe und Auszubildenden aus Mecklenburg-Vorpommern geben hervorragende Noten für die berufliche Bildung in Mecklenburg-Vorpommern. Eine Berufsausbildung sichert den guten Start in das Berufsleben. Gleichzeitig senden Betriebe und Azubis das klare Signal: Berufliche Bildung ist deshalb so attraktiv, da sie oft vor Ort im Betrieb, nahe des heimatlichen Wohnortes, stattfindet. Und das muss auch weitestgehend für die Berufsschule gelten. Die IHKs appellieren an die Landesregierung: Denken Sie Berufsschule nicht nur in physischen, sondern auch in virtuellen Räumen. Präsenzunterricht und hybride Unterrichtsmodelle müssen gleichberechtigt sein. Modern ausgestattete Schulen und wirksame finanzielle Unterstützungen bei weiten Berufsschulwegen sind genauso notwendig, wie die Möglichkeit zur Internatsunterbringung. Lassen Sie uns gemeinsam dafür arbeiten, dass M-V bundesweit zu einem der attraktivsten Standorte für berufliche Bildung wird.“
Zu den Umfrageergebnissen im Detail:

IHK-Ausbildungsumfrage (Unternehmen):

  • Im Jahr 2024 konnten 50 Prozent der befragten Betriebe in MV nicht alle angebotenen Ausbildungsplätze besetzen (Bund: 48 Prozent). Damit blieb jeder zweite Betrieb von unbesetzten Ausbildungsplätzen betroffen. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies eine Verschlechterung um sieben Prozentpunkte.
  • Die Gründe für unbesetzte Ausbildungsplätze sind vielfältig. 57 Prozent der Betriebe gaben an, keine geeigneten Bewerbungen erhalten zu haben, während ungefähr 37 Prozent überhaupt keine Bewerbungen bekamen. Weitere Ursachen sind Ausbildungsabbrüche in der Probezeit (18 Prozent) sowie von den jungen Menschen nicht angetretene Ausbildungen (13 Prozent). Bürokratische Hürden bei der Einstellung von Bewerbern aus Drittstaaten spielen mit 9 Prozent ebenfalls eine Rolle.
  • 85 Prozent der Ausbildungsbetriebe stellen Defizite in der Ausbildungsreife fest. Besonders häufig genannt werden Schwächen in Mathematik (56 Prozent), Ausdrucksvermögen (48 Prozent) und Belastbarkeit (64 Prozent). Auch die mentale Leistungsfähigkeit (54 Prozent) wird kritisch gesehen. Diese Ergebnisse verdeutlichen den Bedarf an gezielter Förderung in Schulen und einer besseren Vorbereitung auf die Ausbildung durch gezielte Berufsorientierung.
  • Die Erwartungen der Betriebe an die Berufsschullandschaft sind eindeutig und zeigen klare Prioritäten. 84 Prozent der Unternehmen halten mehr Praxisbezug in den Berufsschulen für wichtig oder sehr wichtig. Eine engere Zusammenarbeit zwischen Schulen und Betrieben erachten 74 Prozent der Befragten für wichtig. Darüber hinaus sprechen sich die Betriebe für eine bessere personelle Ausstattung und eine modernere technische Infrastruktur der Berufsschulen aus. Hybride Lernformen und E-Learning-Angebote werden ebenfalls positiv gesehen: Rund 32 Prozent der Unternehmen stufen diese bereits heute als wichtig oder sehr wichtig ein. Diese Ergebnisse machen deutlich, dass die Wirtschaft eine umfassende Modernisierung der beruflichen Bildung erwartet, die sowohl die Unterrichtsinhalte als auch die Lernmethoden zukunftsfähig gestaltet.
  • Ca. 66 Prozent der Betriebe bildeten bereits Auszubildende aus Drittstaaten aus oder können sich dies für die Zukunft vorstellen. Die größten Hürden sind fehlende Deutschkenntnisse (71 Prozent), bürokratische Hürden bei der Einwanderung und Einstellung (44 Prozent) und mangelnder Wohnraum (32 Prozent).

IHK-Azubiumfrage:

  • Die Zufriedenheit der Auszubildenden ist ausgesprochen hoch: 84 Prozent würden ihren Ausbildungsbetrieb weiterempfehlen. Ebenso erfreulich ist, dass 74 Prozent der Befragten ihren Wunschberuf erlernen. Dieses Ergebnis zeigt, dass die duale Ausbildung in Mecklenburg-Vorpommern für viele junge Menschen die richtige Wahl für den Start in das Berufsleben ist und eine hohe Passgenauigkeit zwischen Berufswunsch und Ausbildungsplatz erreicht wird.
  • Die Entscheidung für eine duale Ausbildung wird vor allem durch den Praxisbezug geprägt: rund 95 Prozent der Auszubildenden geben an, dass dieser Grund voll oder eher zutrifft. Für knapp 94 Prozent war entscheidend, dass die beruflichen Aufgaben ihren Interessen entsprechen. Ebenso wichtig sind Übernahme- und Karrierechancen, die für 90 Prozent ausschlaggebend sind. Auch die Nähe des Betriebs zum Wohnort (79 Prozent) und die Ausbildungsvergütung (82 Prozent) spielen eine bedeutende Rolle.
  • Rund 78 Prozent der Auszubildenden sind für ihre Ausbildung nicht umgezogen und haben ihren Lernort Betrieb nahe dem Wohnort gefunden. Die Erreichbarkeit der Lernorte spielt eine große Rolle: 63 Prozent benötigen weniger als 30 Minuten zum Ausbildungsbetrieb, während die Wege zur Berufsschule für deutlich mehr als ein Drittel aller Auszubildenden mindestens eine Stunde dauern. Das sind dann pro Tag mehr als zwei Stunden Lebenszeit, die als Fahrtzeiten per Bahn oder im Straßenverkehr verbracht werden. Diese Ergebnisse verdeutlichen, wie wichtig Mobilität, eine gute Verkehrsanbindung im ländlichen Raum und die auskömmliche Finanzierung von weiten Berufsschulwegen und Internatsplätzen für die Attraktivität der dualen Ausbildung sind.
  • Bei der Berufswahl spielen praktische Erfahrungen und persönliche Kontakte eine entscheidende Rolle. Praktika sind mit 55 Prozent die wichtigste Unterstützung, gefolgt von Internetrecherche und Social Media mit 44 Prozent sowie Ausbildungsmessen mit 24 Prozent. Auch Ferienjobs und Beratungsgespräche tragen spürbar zur Orientierung bei.
  • Viele Auszubildende sind von Unterrichtsausfällen betroffen. Nur rund zehn Prozent der Befragten berichteten, dass sie nie von Unterrichtsausfall betroffen waren. 43 Prozent gaben an, dass sowohl allgemeinbildende als auch berufsspezifische Fächer betroffen sind, 34 Prozent nennen vor allem allgemeinbildende Fächer und 23 Prozent berufsspezifische Fächer. Die Häufigkeit variiert: 69 Prozent erleben teilweise Ausfälle, während 15 Prozent dies oft und sechs Prozent sogar sehr oft angeben.
  • Die Ausbildung im Betrieb wird von den Auszubildenden überwiegend positiv bewertet. 92 Prozent stimmen voll oder eher zu, dass ein gutes Betriebsklima in den Ausbildungsbetrieben in Mecklenburg-Vorpommern herrscht. Die Begleitung durch Ausbilderinnen und Ausbilder wird von ca. 85 Prozent als positiv empfunden. Das Image der Betriebe überzeugt: 92 Prozent bewerten es als gut oder sehr gut. Besonders hervorzuheben ist die Organisation der Ausbildung – über 82 Prozent bestätigen, dass diese gut strukturiert ist, etwa durch Ausbildungspläne oder klare Abläufe.

Methodik

Die IHK-Ausbildungs- und Azubiumfrage 2025 basiert auf zwei getrennten Befragungen, die im Frühjahr 2025 durchgeführt wurden. Die Ausbildungsumfrage wurde vom 12. bis 30. Mai 2025 von der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) durchgeführt und richtete sich an ca. 3.500 Ausbildungsbetriebe in Mecklenburg-Vorpommern. Insgesamt nahmen 182 Betriebe teil, was einem Rücklauf rund fünf Prozent aller ausbildungsberechtigten Unternehmen im Bundesland entspricht.
Die Azubiumfrage wurde vom 17. März bis 12. April 2025 unter Auszubildenden im ersten Ausbildungsjahr durchgeführt. Diese Umfrage wurde von den Industrie- und Handelskammern der neuen Bundesländer und Berlin gemeinsam unter Federführung der IHK Magdeburg organisiert und ausgewertet. In Mecklenburg-Vorpommern beteiligten sich 618 Auszubildende, was rund 13 Prozent der im Jahr 2024 neu eingetragenen Ausbildungsverhältnisse entspricht.