Merkblatt über den Nachweis der Sachkenntnis im Einzelhandel mit freiverkäuflichen Arzneimitteln

1. Was sind freiverkäufliche Arzneimittel?

Grundsätzlich dürfen Arzneimittel im Einzelhandel nur in Apotheken in den Verkehr gebracht werden. Sie sind in der Regel erkennbar durch die Aufdrucke „apothekenpflichtig” oder „verschreibungspflichtig”.
Außerhalb von Apotheken dürfen nur sogenannte "freiverkäufliche Arzneimittel" vertrieben werden. Welche Arzneimittel freiverkäuflich sind, ist im Einzelfall oft schwierig festzustellen; ein Anzeichen hierfür ist insbesondere das Fehlen der Vermerke „verschreibungspflichtig” oder „apothekenpflichtig” auf den Packungen. Einzelheiten ergeben sich aus:
  • den § § 43, 44 Arzneimittelgesetz
  • der Verordnung über apothekenpflichtige und freiverkäufliche Arzneimittel.
Demnach gehören beispielsweise zu den freiverkäuflichen Arzneimitteln:
Baldrian-Extrakt, Kamillen-Extrakt, Knoblauchöl, Pfefferminzwasser. 

2. Wer benötigt die Sachkenntnis?

Für den Verkauf von freiverkäuflichen Arzneimitteln bedarf es der Sachkenntnis des Unternehmers, einer von ihm mit der Leitung des Unternehmens oder einer mit dem Verkauf beauftragten Person; bei mehreren Betriebsstellen ist eine Person mit Sachkenntnis für jede Betriebsstelle erforderlich.

3. Wann ist für den Verkauf keine Sachkenntnis erforderlich?

Ohne Nachweis der Sachkenntnis können jedoch folgende freiverkäufliche Fertigarzneimittel verkauft werden, die
  • mit ihrem verkehrsüblichen deutschen Namen bezeichnet sind; in ihren Wirkungen allgemein bekannte Pflanzen oder -teile sowie Presssäfte aus frischen Pflanzen oder -teilen, sofern nur mit Wasser gelöst;
  • Mineral-, Heil- und Meerwasser und deren Salze in ihrem natürlichen Mischungsverhältnis oder ihre Nachbildungen sind;
  • als flüssige Verbandsstoffe nur zu ihrer Entkeimung mit nicht verschreibungspflichtigen Stoffen oder Zubereitungen versehen sind;
  • ausschließlich zum äußeren Gebrauch bestimmte Desinfektionsmittel sind.

4. Welche anderen Nachweise werden als Sachkenntnis anerkannt?

Folgende Prüfungszeugnisse über eine abgeleistete berufliche Ausbildung werden nach § 10 der Verordnung über den Nachweis der Sachkenntnis im Einzelhandel mit freiverkäuflichen Arzneimitteln anerkannt, so dass die Prüfung entfallen kann:
  • das Zeugnis über eine nach abgeschlossenem Hochschulstudium der Pharmazie abgelegte Prüfung,
  • das Zeugnis über eine nach abgeschlossenem Hochschulstudium der Chemie, der Biologie, der Human- oder der Veterinärmedizin abgelegte Prüfung in Verbindung mit den Nachweisen nach § 15 Abs. 2 des Arzneimittelgesetzes,
  • das Zeugnis über die nach abgeschlossenem Hochschulstudium der Veterinärmedizin abgelegte tierärztliche Prüfung, soweit es sich um Arzneimittel handelt, die zur Anwendung bei Tieren bestimmt sind,
  • das Zeugnis über die bestandene pharmazeutische Vorprüfung im Sinne des § 1 des Gesetzes über die Rechtsstellung vorgeprüfter Apothekenanwärter vom 4. Dezember 1973 (BGBI. I, S. 1813),
  • das Zeugnis über die bestandene staatliche Prüfung für den Beruf des pharmazeutisch-technischen Assistenten oder der Nachweis der Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes nach dem Gesetz über den Beruf des pharmazeutisch-technischen Assistenten,
  • das Zeugnis zum staatlich anerkannten Ausbildungsberuf als Drogist,
  • das Zeugnis zum staatlich anerkannten Ausbildungsberuf als Apothekenhelfer oder als pharmazeutisch-kaufmännischer Angestellter/pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte.
Den Nachweis der Sachkenntnis im Einzelhandel mit freiverkäuflichen Arzneimitteln hat auch erbracht, wer nachweist, dass er bis zum 1. Januar 1978 die Voraussetzungen
  • der Sachkunde für den Einzelhandel mit Arzneimitteln nach den Vorschriften des Gesetzes über die Berufsausübung im Einzelhandel und der Verordnung über den Nachweis der Sachkunde für den Einzelhandel, jeweils in ihrer bis zum 1. Januar 1978 geltenden Fassung, oder
  • der Sachkenntnis als Herstellungsleiter nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 des Arzneimittelgesetzes 1961 erfüllt hat.
    Ferner dürfen Einzelhändler, die vor dem 1. Januar 1978 freiverkäufliche Arzneimittel erlaubterweise verkauft haben, also entweder eine Erlaubnis für den Einzelhandel mit freiverkäuflichen Arzneimitteln und ärztliche Hilfsmittel besessen oder einen Drogenschrank angezeigt hatten, diese Tätigkeiten weiter ausüben (Art. 2 § 14 Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelrechts).

5. Wo kann die Sachkenntnisprüfung abgelegt werden?

Die Sachkenntnisprüfung ist vor einem Prüfungsausschuss einer Industrie- und Handelskammer abzulegen. Der Prüfungsbewerber hat sich bei derjenigen Industrie- und Handelskammer anzumelden, in deren Bezirk sein Beschäftigungsort, seine Aus- oder Fortbildungsstätte liegt oder der Bewerber seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder zuletzt hatte.
Für die Prüfungen erheben die Kammern eine Prüfungsgebühr in Höhe von 110,00 EURO pro Teilnehmer.

6. Was ist Inhalt der Sachkenntnisprüfung?

Die Prüfungsanforderungen ergeben sich aus § 4 der Verordnung über den Nachweis der Sachkenntnis im Einzelhandel mit freiverkäuflichen Arzneimitteln.
In der Prüfung ist festzustellen, ob der Teilnehmer
  • das Sortiment freiverkäuflicher Arzneimittel übersieht,
  • die in freiverkäuflichen Arzneimitteln üblicherweise verwendeten Pflanzen und Chemikalien sowie die Darreichungsformen kennt,
  • offensichtlich verwechselte, verfälschte oder verdorbene freiverkäufliche Arzneimittel erkennt,
  • freiverkäufliche Arzneimittel ordnungsgemäß, insbesondere unter Berücksichtigung der Lagertemperatur und des Verfalldatums, lagern kann,
  • über die für das ordnungsgemäße Abfüllen,
  • die mit dem unsachgemäßen Umgang mit freiverkäuflichen Arzneimitteln verbundenen Gefahren kennt,
  • die für freiverkäufliche Arzneimittel geltenden Vorschriften des Arzneimittelrechts und des Rechts der Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens kennt.
Schwerpunkte der offenen Aufgaben (s. Nr. 7) ist das Erkennen von Drogen, die Benennung des Hauptinhaltsstoffes sowie des Hauptanwendungsgebietes. Die Kenntnis über folgende Pflanzendrogen können in der Sachkundeprüfung geprüft werden:
  • Anisfrüchte, Arnikablüten
  • Bärentraubenblätter, Baldrianwurzel, Birkenblätter, Brennnesselkraut
  • Eibischwurzel, Eichenrinde, Enzianwurzel
  • Fenchelfrüchte, Flohsamen
  • Gewürznelken
  • Hagebutten, Heidelbeeren, Holunderblüten, Hopfenzapfen
  • Kamillenblüten, Kümmelfrüchte, Kürbissamen
  • Lavendelblüten, Leinsamen, Lindenblüten, Löwenzahnkraut
  • Malvenblüten, Melissenblätter, Mistelkraut
  • Pfefferminzblätter, Primelwurzel
  • Ringelblumenblüten, Rosmarinblätter
  • Salbeiblätter, Schachtelhalmkraut, Schafgarbenkraut, Spitzwegerichkraut, Süßholzwurzel
  • Tausendgüldenkraut, Thymiankraut
  • Weißdornblätter mit Blüten, Wermutkraut

7. Wie wird die Prüfung durchgeführt?

Die Durchführung der Sachkenntnisprüfung ist in der Prüfungsordnung geregelt. Die Prüfung erfolgt schriftlich und besteht aus einem Aufgabensatz mit 50 Single-Choice-Aufgaben und 5 offenen Aufgaben. Bei den offenen Aufgaben sollen Drogen definiert werden (Erkennen der Droge, Benennung des Hauptinhaltsstoffes sowie des Hauptanwendungsgebietes).
Die Prüfungsdauer beträgt 75 Minuten. Die Prüfung wird mit Punkten bewertet und ist bestanden, wenn mindestens 50 % der zu vergebenen Gesamtpunkte erreicht werden.
Eine nicht bestandene Prüfung kann beliebig oft wiederholt werden
Die Prüfungen sind bundesweit einheitlich und finden grundsätzlich am zweiten Mittwoch eines Monats statt.

8. Welche Möglichkeiten zur Vorbereitung auf die Sachkenntnisprüfung gibt es?

a) Kurse zur Prüfungsvorbereitung

Der Gesetzgeber hat keine Vorgaben gemacht, so dass jeder Teilnehmer selbst entscheiden kann, wie er sich auf die Sachkenntnisprüfung vorbereitet. Es gibt Ausbildungsträger, die auf die Prüfung über den Nachweis der Sachkenntnis im Einzelhandel mit freiverkäuflichen Arzneimitteln außerhalb von Apotheken vorbereiten.
Ausbildungsträger nennt Ihnen die für Sie zuständige Industrie- und Handelskammer.

b) Literatur

Auch eine selbständige Vorbereitung auf die Prüfung mit Hilfe der nachfolgend genannten Literatur ohne Anspruch auf Vollständigkeit; die Nennung erfolgt in beliebiger Reihenfolge ist möglich (ohne Anspruch auf Vollständigkeit; die Nennung erfolgt in beliebiger Reihenfolge):
Bücher
  •  Freiverkäufliche Arzneimittel im Einzelhandel – IHK-Sachkenntnisprüfung sicher bestehen, Beer / Hartmann, Springer Verlag, 2009; ISBN 978-3804719033
  • Freiverkäufliche Arzneimittel: Vorbereitung auf die Sachkenntnisprüfung und Leitfaden für die Praxis im Einzelhandel, Fresenius / Niklas / Schilcher, 6. Auflage, April 2006, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart, ISBN-13: 978-3804722071
  • Arzneimittel im Einzelhandel: Leitfaden für den Handel mit freiverkäuflichen Arzneimitteln, Fritz-Eberhard Reuter, 10. Auflage, März 2005, Kiehl Verlag, ISBN-13: 978-3470801902
  • Sachkundenachweis für freiverkäufliche Arzneimittel in Fragen und Antworten, B. Schilcher / H. Schilcher, 4. Auflage, 2002, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, ISBN-13: 978-3804719033
  • Freiverkäufliche Arzneimittel - Sachkunde für den Handel mit freiverkäuflichen Arzneimitteln, Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK), Dezember 2009
  • Einschlägige Gesetzestexte in der jeweils aktuellen Fassung
  • Verordnung über den Nachweis der Sachkunde für den Einzelhandel
  • Verordnung über den Nachweis der Sachkenntnis im Einzelhandel mit freiverkäuflichen Arzneimitteln
  • Gesetz über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens
  • Verordnung über die Zuständigkeiten im Arzneimittelwesen
  • Verordnung über apothekenpflichtige und freiverkäufliche Arzneimittel
  • Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz)

9. Wie erfolgt die Anmeldung zur Prüfung?

Wer sich bei einem Schulungsunternehmen auf die Prüfung vorbereitet hat, wird in der Regel auch durch die betreffende Einrichtung zur Prüfungsteilnahme bei der IHK angemeldet. Wer sich alleine vorbereitet, meldet sich selbst bei der IHK unter Angabe seiner persönlichen Daten an. Ein entsprechendes Anmeldeformular findet Sie dort auch zum Download.