Bäderverkaufs-Verordnung Mecklenburg-Vorpommern

Nach Beschluss des Landtages im Dezember 2023 ist das Ladenöffnungsgesetz LöffG MV zwischenzeitlich durch das Öffnungszeitengesetz ÖffZG M-V abgelöst worden. Das ÖffZG M-V ist am 1. Februar 2024 in Kraft getreten. § 5 ÖffZG M-V normiert eine neugefasste Verordnungsermächtigung für eine „Bäderregelung“. Das Wirtschaftsministerium arbeitet derzeit an einer neuen „Bäderregelung“ („Öffnungszeitenverordnung“). Vor diesem Hintergrund wird die bislang geltende „Bäderregelung“ (Bäderverkaufsverordnung) zunächst verlängert und entsprechend fortgelten. „Saisonbeginn“ ist in diesem Jahr danach am 15. März, da Ostern in 2024 in den März fällt.
Die Bäderverkaufsordnung Mecklenburg-Vorpommern (Bäderregelung) erlaubt erweiterte Ladenöffnungszeiten außerhalb des Öffnungszeitengesetzes (ÖffZG M-V). Die Regelung gilt für 76 ausgewählte Orte und Ortsteile wie z.B. Kur- und Erholungsorte, Weltkurlturerbestädte und anerkannte Ausflugsorte mit besonders starkem Fremdenverkehr. 

Gültigkeit der Bäderverkaufs-Verordnung

Die aktuelle Bäderregelung ist am 15. April 2019 in Kraft getreten und gilt bis mindestens zum 14. April 2024. Es gibt eine Option zur Verlängerung um weitere fünf Jahre. Vorherige Bäderverkaufsverordnungen verlieren ihre Gültigkeit und sind nicht mehr anwendbar.

Saisonale Dauer

Die Regelung gilt vom 15. April bis 30. Oktober. Sofern Ostern in den Monat März fällt, beginnt sie bereits am 15. März. Innerhalb dieser Saison können die in der Verordnung in § 3 Absatz 2 genannten Orte und Ortsteile Ostersonntag und Pfingstsonntag öffnen. Der Verkauf ist an den freigegebenen Sonntagen in der Zeit von 12.00 Uhr bis 18.00 Uhr zulässig.

Warenkorb

Zulässig ist der gewerbliche Verkauf eines typischen touristischen Angebotes, das für diese Orte kennzeichnend ist. Dazu zählt in der Regel der Einzelhandel mit Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs verschiedener Art, Hauptrichtung Nahrungs- und Genussmittel, Verlagsprodukte, Sportausrüstung und Spielwaren, Bekleidung und Lederwaren, Kleingeräte zur mobilen Kommunikation, kosmetische Erzeugnissen und Körperpflegemittel, Schmuck, Bilder, kunstgewerbliche Erzeugnisse, Briefmarken, Geschenkartikeln und der Einzelhandel an Verkaufsständen und auf Märkten. Das Warensortiment wird somit weiterhin beibehalten. Baumärkte, Möbel- und Autohäuser sowie einzelne Sortimente, sofern diese in der Verkaufsstelle das Hauptsortiment darstellen, sind unverändert vom Verkauf ausgeschlossen.

Regelungen zum Verkauf an Sonntagen und Feiertagen

  • Im Gesetz über die Öffnungszeiten von Verkaufsstellen für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Öffnungszeitensetz – ÖffZG M-V vom 10.Januar 2024) werden Sonderöffnungszeiten an Sonntagen geregelt.
  • Gemäß § 4 ÖffZG M-V werden Sonderöffnungszeiten für bestimmte Verkaufsstellen geregelt. Hierbei handelt es sich um Verkaufsstellen für die Abgabe von Bäcker- und Konditorwaren, Milch und Milcherzeugnisse, Erzeugnisse aus landwirtschaftlicher Urproduktion in Direktvermarktung durch den Erzeuger sowie Reisebedarf, die für höchstens fünf Stunden geöffnet sein dürfen, sofern die vorgenannten Waren in der Verkaufsstelle das Hauptsortiment darstellen. Im Nebensortiment dürfen auch Lebens- und Genussmittel in Mengen abgegeben werden, die zweckgerichtet dem 
    Hauptzweck entsprechen. Am 1. Mai ist das Feilhalten nur dann erlaubt, wenn die wirtschaftlich Verantwortlichen oder deren Familienangehörigen unter Freistellung aller Arbeitnehmer die Waren persönlich feilhalten.
  • Gemäß § 5 ÖffZG M-V können Sonderöffnungszeiten in bestimmten Gemeinden, Gemeindeteilen oder Tourismusregionen durch Rechtsverordnung durch die zuständige Behörde an Sonntagen freigegeben werden. Die Freigabe des ausnahmsweise zulässigen Verkaufes an Sonntagen kann auch für Feiertage erfolgen, sofern die Hauptzeiten der Gottesdienste nicht gestört werden. Die Sonderöffnung kann auf bestimmte Arten von Verkaufsstellen beschränkt werden.
  • Sonderöffnungszeiten an Samstagen und Sonntagen können gemäß § 6 ÖffZG M-V aus besonderem Anlass oder im öffentlichen Interesse an jährlich höchstens vier Sonntagen, die keine Feiertage sind, festgelegt werden. Die freigegebene Öffnungszeit muss außerhalb der Hauptzeiten der Gottesdienste liegen, mit Ausnahme des Ostersonntages, des Pfingstsonntages sowie an Sonntagen des Monats Dezember, mit Ausnahme des ersten Advents.  
  • Nach dem Feiertagsgesetz Mecklenburg-VorpommernFTG M-V sind gesetzliche Feiertage, an denen ein Verkauf nicht zulässig ist: Neujahrstag (1. Januar), Karfreitag, Ostermontag, 1. Mai, Christi-Himmelfahrtstag, Pfingstmontag, Tag der Deutschen Einheit (3. Oktober), Reformationstag (31. Oktober), 1. Weihnachtstag (25. Dezember), 2. Weihnachtstag (26. Dezember).
  • Oster- und Pfingstsonntag sind zwar keine gesetzlichen Feiertage, gleichwohl enthielt/enthält die Bäderregelung (s. § 3 Abs. 2) an diesen Tagen eine Einschränkung: Aufgrund der „überragenden touristischen Bedeutung“ ist der gewerbliche Verkauf nur in den Orten/Ortsteilen Warnemünde, Graal-Müritz, Kühlungsborn, Waren (Müritz), Zingst, Boltenhagen, Heringsdorf und Binz innerhalb der saisonalen Dauer 15. April – 30. Oktober zulässig. Sofern Ostern in den März fällt, ist eine Sonntagsöffnung bereits ab dem 15. März möglich.
  • Für alle anderen in der Bäderregelung aufgeführten Orte/Ortsteile wird der gewerbliche Verkauf am Oster- und Pfingstsonntag nicht freigegeben!
  • Der 8. März ist seit 2022 ins Feiertagsgesetz Mecklenburg-Vorpommern aufgenommen worden.
Die Regelung zum gewerblichen Verkauf in den Weltkulturerbestädten Wismar und Stralsund wird beibehalten. In den festgelegten Gebieten der Weltkulturerbestädte Wismar und Stralsund soll der Verkauf an 12 Sonntagen (+ vier Sonntage im Rahmen des Öffnungszeitengesetzes) erhalten bleiben.

Mecklenburg-Vorpommern als „beklagtes Land“

Die Bäderregelung ist seit Jahren in den unterschiedlichen Fassungen ein Streitfall vor Gericht gewesen. Im Ergebnis ist jede Bäderregelung nach einem Gerichtsurteil verengt worden. Diese Vorgeschichte hat auch die aktuelle Bäderregelung: Am 1. Januar 2016 war in Mecklenburg-Vorpommern eine geänderte „Bäderregelung“ in Kraft getreten. Trotz weiterhin bestehender Bedenken hatten die Kirchen die damalige Neuregelung nicht angegriffen. Nicht nur vor diesem Hintergrund ist daher die von der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di Nord) angestrengte Klage unverständlich. Ver.di Nord hatte 2016 vor dem Oberverwaltungsgericht Greifswald (OVG) zunächst versucht, die Regelung im Wege eines Eilverfahrens zu „kippen“. Das OVG hatte die Eilbedürftigkeit dann zwar verneint, eine materiell-rechtliche Würdigung jedoch dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Zu diesem hat, da die Klage von ver.di Nord zuvor nicht zurückgenommen wurde, das OVG am 18. Juli 2018 entschieden und die Bäderverkaufsverordnung aus formalen, nicht aber inhaltlichen Gründen für unwirksam erklärt. In der mündlichen Verhandlung am 11. Juli 2018 hatte das Gericht zuvor den Parteien ausführlich Hinweise gegeben, an welchen Stellen es die Bäderverkaufsverordnung für problematisch hält und wo nicht. Das Gericht hatte allerdings auch sehr deutlich hinterfragt, warum ver.di Nord, zuständig für beide Bundesländer, die Bäderverkaufsverordnung in Mecklenburg-Vorpommern beklagt und in Schleswig-Holstein eine weitaus liberalere Regelung seit dem Jahr 2013 und dort nach Verlängerung im Mai 2018 auch weiterhin mitträgt.

Aktuelle Regelung schwächt Tourismus und Handel in Mecklenburg-Vorpommern

Für die Planungssicherheit der Betriebe ist eine verlässliche Regelung, die wettbewerbsfähig, rechtssicher, anwendbar und verständlich ist, unabdingbar. In der Gesamtbetrachtung ist die neue Bäderverkaufsverordnung ein weiterer Rückschritt gegenüber der zuvor geltenden, auch schon restriktiven Regelung: weitere Orte sind aus der Ortsliste herausgenommen worden, die Anzahl der Sonntage wurde nochmals deutlich reduziert und der neue Saisonbeginn am 15. April ist alles andere als nachvollzieh- und vermittelbar.
Das rechtliche/juristische Terrain ist schwierig. Die Bedeutung des verfassungsrechtlichen Sonn- und Feiertagsschutzes, die Voraussetzungen für Ausnahmen davon sowie die Klagebefugnis und Betroffenheit von Kirchen und Gewerkschaft sind bereits höchstrichterlich durch das Bundesverfassungs- wie auch Bundesverwaltungsgericht festgestellt worden. Und auch im Land hatte das Oberverwaltungsgericht Greifswald mit Urteil aus dem Jahr 2010 eine damalige Bäderregelung in weiten Teilen für unwirksam erklärt.
Die neue Verordnung stellt auf das Verhältnis von Urlaubern/Tagesgästen zu Einwohnern ab. Damit begründet wird die Aufnahme bzw. der Herausfall aus den Ortslisten sowie eine „Konkretisierung“ der Saison, die sich im Ergebnis mit Beginn 15. April und Ende am 30. Oktober als eine deutliche Kürzung des bislang möglichen Zeitraums (15. März bis erster Sonntag im November) darstellt. Daran ändert auch die ergänzend vorgesehene „Osterregelung“ nicht viel. Wenn -und nur wenn- Ostern in den März fällt, soll die Saison bereits am 15. März beginnen. Das bedeutet: Wenn Ostern kalendarisch im Zeitraum 1. bis 14. April liegt wird der Saisonbeginn erst am 15. April sein. Damit werden im vorgesehenen fünfjährigen Geltungszeitraum bis 2024 die überwiegende Anzahl der Osterfeste nicht unter die Regelung fallen (Jahre 2020, 2021 und 2023) und nur einmal die „März-Konstellation“ zum Tragen kommen.
Die im November 2018 veröffentlichte Landestourismuskonzeption verweist an verschiedenen Stellen zu Recht auf Wettbewerbsdestinationen wie Schleswig-Holstein und deren Wettbewerbsposition im Vergleich zu Mecklenburg-Vorpommern. Für das Tourismusland Mecklenburg-Vorpommern ist deshalb auch die Möglichkeit der Sonntagsöffnung in den Tourismusorten wichtig. Wie in anderen Tourismusregionen – national wie international – erwarten die meisten Gäste geöffnete Geschäfte. In Schleswig-Holstein sind durch die dort geltende Bäderregelung bis zu 45 Sonn- und Feiertage freigegeben, in Mecklenburg-Vorpommern werden es nunmehr lediglich bis zu 26 Sonntage statt wie bisher bis zu 33 sein können. Die neue Verordnung wurde ohne inhaltliche Einbindung des Bäderbeirats, in dem auch die IHKs vertreten sind, direkt zwischen Wirtschaftsministerium und Gewerkschaft ausgehandelt.