Eine Scheinwelt

Der Handelskammerdollar der IHK


Heute schon frisches Geld gedruckt? Diese Frage war in den Jahren 1923/24 durchaus an der Tagesordnung, denn während der galoppierenden Inflation gaben Kommunen, staatliche Stellen und Unternehmen ihr eigenes Geld, das sogenannte Notgeld, heraus. Sie druckten, was die Presse hergab. Die Papierscheine mit der ständig wachsenden Zahl von Nullen waren in vielen Fällen künstlerisch gestaltet, als richtig schöne Scheine.
Auch die IHK Pfalz ließ ihr eigenes Ersatzgeld drucken: den Handelskammer-Dollar. 1 Dollar U.S.A. = 4,20 Mark Gold = 1 Pfälz. Handelskammerdollar - das war der Wechselkurs, der auf jedem der Geldscheine aufgedruckt war. Es ging dabei um die Schaffung einer wertbeständigen Ersatzwährung. Die Ausgabe erfolgte nur gegen Dollar.
Handelskammerdollar
Den Druck der Geldscheine übernahm die Druckerei der BASF. Auch das Papier beschaffte die Anilin. Der Einfachheit halber nahm man das Papier, das das Chemieunternehmen für den Druck seiner eigenen wertbeständigen Gutscheine verwendete. Die BASF sicherte eine tägliche Druckmenge von 250.000 Scheinen zu. Die Druckkosten beliefen sich auf 9.000 Goldmark. Vor der Herausgabe der eigenen Währung standen langwierige Verhandlungen mit der Hohen Alliierten Rheinlands-Kommission in Koblenz. Denn ohne deren Genehmigung ging in der französisch besetzten Pfalz damals gar nichts.

Nur 200 Scheine im Umlauf


Der Notgeldschein der Handelskammer Ludwigshafen wurde am 18. Dezember 1923 herausgegeben und war im ganzen Regierungsbezirk Pfalz als Zahlungsmittel gültig, befristet auf sechs Wochen. Von der Auflage von einer Million Stück kamen jedoch nur 200 Stück in Umlauf, denn der Handelskammerdollar kam erst nach der Hyperinflation heraus. Inzwischen war die Deutsche Rentenmarkt auch im damals französisch besetzten Gebiet zugelassen. Damit stand ein wertbeständiges Zahlungsmittel zur Verfügung, das am 30. August 1924 von der Reichsmark abgelöst wurde.
Die nicht mehr benötigten Scheine wurden in sieben Kisten gepackt und erst einmal bei der Pfälzischen Hypothekenbank in Ludwigshafen im Keller gelagert. Die 50 Reichsmark für die Kisten verrechnete die Pfälzische Hypothekenbank ganz pragmatisch mit ihrem Handelskammerbeitrag. 1935 entschied das Präsidium der IHK schließlich, die Scheine zu vernichten. Die Bank übernahm das kostenfrei, verlangte aber die Überlassung des Altpapiers.