Unternehmen & Märkte

„Jede KI ist total dumm, bis ich ihr etwas zum Lernen gebe.“

Mit kreativen Mitarbeitern Anwendungen zu bauen, „bei denen sich andere Leute fragen, wie zur Hölle machen die das nur“ ist genau Nils Niehörsters Ding. Der gebürtige Ostwestfale ist Geschäftsführer des Start-ups Modelyzr aus Münster. | Text: Mareike Scharmacher-Wellmann
Er hat mit seinem Team eine Künstliche Intelligenz entwickelt, die „auf Knopfdruck für unsere Kunden den Markt erkennt“. Es läuft: Zu seinen Kunden gehört der deutsche Softwarehersteller SAP und der IT-Dienstleister NTT Data aus Japan.

Marktanalyse auf Knopfdruck

„Wir haben eine KI entwickelt, die eigenes Wissen generiert“, erklärt Niehörster. „Aber: Mit unserer Software kann man sich nicht gut unterhalten“, fügt er hinzu. Darin unterscheidet sich Modelyzr von beispielsweise ChatGPT, dem sprach- und textbasierten Chatbot aus dem Hause OpenAI. Denn Modelyzr generiert keine Sprache, sondern untersucht den Markt für Produkte und Dienstleistungen auf Basis von Milliarden Datensätzen. „Unser KI-Marktmodell zeigt, wo Unternehmen gut aufgestellt sind und wo sie noch Potenzial liegen lassen“, erklärt er. Eine intelligente Lösung, die teure Fehlentscheidungen vermeiden kann.
Und das funktioniert so: Modelyzr wird als Erweiterung an das SAP-Software-Paket eines Unternehmens angedockt. Dann füttert das Unternehmen die KI mit Unmengen eigener Daten. Denn: „Jede KI ist total dumm, solange bis ich ihr etwas zum Lernen gebe“, bringt der Geschäftsführer es auf den Punkt. Modelyzr berücksichtigt Kaufentscheidungsprozesse und Nachfrageschwerpunkte. Die KI erkennt, wie ein bestimmter Markt funktioniert und hilft, wo sich Menschen schwertun, Zusammenhänge zu erkennen.

Keine One-Man-Show

Seit Kurzem ist die KI-Plattform von Modelyzr als Teil des SAP Industry-Cloud-Portfolios gelistet– ein Erfolg für das 2016 gegründete Unternehmen. „Doch: Ein Start-up aufzubauen, ist keine One-Man-Show“, weiß Niehörster. Zum einen habe die Modelyzr GmbH ganz klar vom hohen Bildungsgrad in Münster, von den Fördermitteln des Bundeslandes NRW und von den Beratungsdienstleistungen der IHK Nord Westfalen profitiert.
Zum anderen fußt der Erfolg auf der Leistung des motivierten Teams aus über zehn Datenspezialisten: „Wir entwickeln eine gemeinsame Vision. Und dann stürzen sich alle darauf und wir bauen gemeinsam weiter“, sagt Geschäftsführer Niehörster stolz.

Ergebnisse erklären lassen

Was da entstanden ist, sei allerdings nicht für jedes Unternehmen geeignet. „Unsere KI kann nur arbeiten, wenn ich nach Möglichkeit viele Kunden habe, einen komplexen Markt, eine komplexe Produktstruktur“, räumt er ein. Denn: „Für einfache Zusammenhänge brauche ich keine KI, da reicht menschliche Intelligenz locker aus.“
Dieser Standpunkt wird durch eine Erfahrung mit einem brasilianischen Kunden unterstrichen, der auf eine unerwartete Verschiebung in den Marktvoraussagen hinwies. Analysten konnten die Ursache nicht identifizieren. Es stellte sich heraus, dass es eine Gesetzesänderung in Brasilien gegeben hatte. Sie verpflichtete Unternehmen, eine besondere Art von Software einzuführen. „Das System hat das sofort erkannt“, so Niehörster. Das Beispiel habe allerdings zusätzlich eine viel tiefere Problematik offenbart: Die Vorbehalte gegenüber KI als Technologie und der Treffsicherheit ihrer Ergebnisse. 

Von Skepsis und Wettbewerb

„Grundsätzlich gibt es Bedenken, KI könnte außer Kontrolle geraten“, zählt er auf. Hinzukomme die Sorge, KIs könnten Daten von Menschen ausspähen. „Und dann haben wir den dritten Punkt: Die KI kommt zu einem Ergebnis, das der Mensch nicht versteht“, so Niehörster. Darum sei explainable AI, also erklärende Künstliche Intelligenz, so wichtig. Sie zielt darauf ab, die Ergebnisfindung von künstlichen Intelligenzen nachvollziehbar zu machen. „Wir haben das jetzt für einige Funktionen eingeführt“, sagt er.
Die Bedenken rund um den Einsatz von KI aufzulösen, sei für die Entwicklung der KI-Industrie in der Region ebenso wichtig, wie KI als strategischen Wettbewerbsvorteil zu sehen. „Die Unternehmen in der Region haben die Bedeutung des Themas erfasst“, sagt der Modelyzr-Chef. „In Nord-Westfalen gibt es unvermutet hohe Kompetenzen, was Big Data und KI angeht“, erklärt er. Deswegen sei eine Netzwerkveranstaltung wie data:unplugged, die am 7. März 2024 im Skaters Palace in Münster stattfinden wird, so wichtig.
Niehörster sieht in data:unplugged eine echte Chance für Synergien. Darum engagiert er sich als Sponsor. „Bei data:unplugged werden Leute, die selber an KI-Systemen arbeiten, auf Leute treffen, die sich für den Einsatz von KI interessieren, sowie auf Leute, deren Systeme bereits bei Unternehmen eingesetzt werden.“    

IHK-Gründungsservices

Von rechtlichen Basisinfos über Planungshilfen bis hin zur Anmeldung eines Unternehmens: Wer im Münsterland oder in der Emscher-Lippe-Region ein Unternehmen gründen möchte, wird durch die IHK Nord Westfalen unterstützt. Eine Übersicht über alle Dienstleistungen bündelt die IHK Nord Westfalen im Bereich Gründung

Terminhinweis: data:unplugged – KI-Festival in Münster am 7. März 2024

Logo von data:unplugged
© data:unplugged

Welche Bedeutung hat Künstliche Intelligenz für die Industrie? Welche offenen Fragen gibt es in Bezug auf das Thema Datenschutz? Und wie wird sich die Art zu arbeiten verändern? Antworten bekommen Entscheider am 7. März 2024 auf dem KI-Festival data:unplugged in Münster. 
Mitarbeiter von BASF Coatings, viadee, der Atruvia AG, Funke Medien, Ernstings Family, SNOCKS und der Provinzial aus Münster stellen konkrete Anwedungsfälle vor.Künstlicher Intelligenz vor und berichten von ihren Erfahrungen. Darüber hinaus wird erstmals der „data:unplugged KI-Preis Start-Up powered by t3n“ verliehen. Startschuss für das ganztägige Event ist um 09:30 Uhr im Skaters Palace. Die IHK Nord Westfalen unterstützt die Veranstaltung als Sponsor.
Das Programm und Tickets gibt es online.