International
Forderungsbeitreibung in der EU
Was tun, wenn Kunden im Ausland nicht zahlen? Der Artikel gibt Ihnen einen Überblick über die vier wesentlichen EU-Instrumente zur gerichtlichen Beitreibung von Geldforderungen und eine Entscheidungshilfe zur Wahl des geeigneten Verfahrens.
1. Das Europäische Mahnverfahren
1.1 Was ist das europäische Mahnverfahren?
Das europäische Mahnverfahren („Europäischer Zahlungsbefehl“) stellt eine schnelle und abgekürzte Alternative zum regulären Klageverfahren dar. Es ermöglicht die Durchsetzung von Forderungen gegenüber einer zahlungspflichtigen Vertragspartei in einem anderen EU-Mitgliedsstaat – mit Ausnahme Dänemarks. Da hier stets ein anderer Staat involviert ist, gelten hier spezielle Regelungen.
Abgesehen von der grenzüberschreitenden Komponente unterscheidet sich das Verfahren grundsätzlich nicht vom innerstaatlichen Mahnverfahren. Es beginnt ebenfalls damit, den Erlass eines Mahnbescheides zu beantragen. Bei einem Widerspruch kann ein Gerichtsverfahren erfolgen. Bei Untätigkeit des schuldenden Unternehmens kann der Vollstreckungsbescheid ergehen – wird dagegen Einspruch eingelegt, so schließt sich ein Gerichtsverfahren an.
Wichtig: Ein europäisches Mahnverfahren ist nur dann sinnvoll, wenn es sich um Forderungen handelt, die voraussichtlich nicht angefochten werden. Andernfalls würde das Mahnverfahren in einen normalen Zivilprozess überführt werden.
Rechtsgrundlage für das Europäische Mahnverfahren ist die Verordnung (EG) Nr. 1896/2006.
1.2 Welche Voraussetzungen müssen für das Europäische Mahnverfahren erfüllt sein?
Das europäische Mahnverfahren ist nur dann anwendbar, wenn alle folgenden Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sind. Andernfalls sollte eine direkte Klageerhebung erwogen werden.
- Es handelt sich um eine grenzüberschreitende Rechtsstreitigkeit, bei der mindestens eine der Vertragsparteien ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen EU-Mitgliedstaat hat (mit Ausnahme von Dänemark).
- Die Rechtsstreitigkeit betrifft Zivil- oder Handelsrecht.
- Es liegt eine bezifferte und fällige Geldforderung (in unbegrenzter Höhe) vor.
Das Europäische Mahnverfahren lässt sich auch gegen eine Verbraucherin oder einen Verbraucher mit Zusatzbestimmung hinsichtlich des zuständigen Gerichts einleiten.
1.3 Welches Gericht ist für das Europäische Mahnverfahren zuständig?
Für das Europäische Mahnverfahren beantragt man keinen Mahnbescheid, sondern den Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls. Dieser Antrag ist grundsätzlich in dem Mitgliedstaat einzureichen, in welchem die Gegenseite ihren Wohnsitz bzw. das Unternehmen seinen Geschäftssitz hat.
Es gibt jedoch Ausnahmen von diesem Grundsatz. Eine wichtige Ausnahme stellt die Möglichkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung dar, bei der die Parteien im Vertrag festlegen können, welches Gericht für die Lösung von Streitigkeiten zuständig sein soll. Ein Beispiel hierfür könnte eine Klausel sein wie „Ausschließlicher Gerichtsstand für alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag ist Köln“. Zudem könnte eine Vereinbarung zum Erfüllungsort als Gerichtsstandsklausel interpretiert werden.
Es gibt jedoch Ausnahmen von diesem Grundsatz. Eine wichtige Ausnahme stellt die Möglichkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung dar, bei der die Parteien im Vertrag festlegen können, welches Gericht für die Lösung von Streitigkeiten zuständig sein soll. Ein Beispiel hierfür könnte eine Klausel sein wie „Ausschließlicher Gerichtsstand für alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag ist Köln“. Zudem könnte eine Vereinbarung zum Erfüllungsort als Gerichtsstandsklausel interpretiert werden.
Allerdings kann ein Gerichtsstand nur dann rechtsgültig vereinbart werden, wenn keine zwingenden Vorschriften oder besonderen Schutzvorschriften entgegenstehen. Näheres können Sie den unionsrechtlichen Vorschriften zum Gerichtsstand in den Artikeln 4 ff. VO (EU) Nr. 1215/2012 („EuGVVO“) entnehmen.
Bitte beachten Sie, dass die Bestimmung des Gerichtsstands, je nach Einzelfall und den spezifischen Umständen, schwierig sein kann. Es ist daher ratsam, in solchen Situationen auf juristische Expertise zurückzugreifen.
Ist der Gerichtsstand in Deutschland gegeben, so ist ausschließlich das Amtsgericht Wedding zuständig. Es fungiert als Europäisches Mahngericht für Deutschland. Sollte der Gerichtsstand im Ausland liegen, kann das sachlich zuständige Gericht über den Europäischen Gerichtsatlas für Zivilsachen ermittelt werden.
1.4 Wie stelle ich einen Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls?
Der Antrag für das EU-Mahnverfahren muss dem zuständigen Gericht mithilfe des Formblatts A übermittelt werden. Weitere Antragsformulare (z. B. zur Vervollständigung oder Berichtigung des Antrags) können auf der Webseite des Europäischen Justizportals heruntergeladen werden. Sie sind in der Sprache bzw. den Sprachen auszufüllen, welche das zuständige Gericht anerkennt.
In den Formularen kann man viele Angaben per „Schlüsselzeichen” eintragen. Das ermöglicht nicht nur eine automatische Erfassung bei Gericht, sondern vereinfacht auch die Übersetzung.
Mit dem Antrag müssen Sie den zugrunde liegenden Sachverhalt näher erläutern und Belege für die Höhe der Forderung sowie Begründungen des Anspruchs einreichen (z. B. Rechnungen, Verträge, Schriftwechsel etc.). Ebenfalls sind Beweise vorzulegen, welche die gerichtliche Zuständigkeit – durch den Gerichtsstand in Deutschland - begründen.
IHK-Tipp:
In Anlage 2 zum Antrag können Sie zudem erklären, dass das Verfahren im Fall eines Einspruchs nicht automatisch in ein Gerichtsverfahren übergeleitet werden soll. Ihrer gegnerischen Partei wird diese Angabe nicht mitgeteilt. Damit lassen sich möglicherweise unnötige Gerichtskosten vermeiden.
In Anlage 2 zum Antrag können Sie zudem erklären, dass das Verfahren im Fall eines Einspruchs nicht automatisch in ein Gerichtsverfahren übergeleitet werden soll. Ihrer gegnerischen Partei wird diese Angabe nicht mitgeteilt. Damit lassen sich möglicherweise unnötige Gerichtskosten vermeiden.
1.5 Wie läuft das Europäische Mahnverfahren ab?
Wenn der Antrag ordnungsgemäß vervollständigt wurde und die Antragsvoraussetzungen erfüllt sind, sendet das Gericht der oder dem Beklagten innerhalb von 30 Tagen einen Europäischen Zahlungsbefehl unter Verwendung des Formblatts E zu. Darin muss zwingend die geforderte Summe (einschließlich Zinsen und anderer Kosten) angegeben werden.
Nach der Zustellung des Mahnbescheides kann das schuldende Unternehmen/ die schuldende Person den Antrag innerhalb von 30 Tagen annehmen oder diesem widersprechen. Nimmt die Gegenseite den Antrag an oder legt diese keinen Einspruch ein, erklärt das Gericht den Europäischen Zahlungsbefehl – durch Zusenden des Formblatts G - unverzüglich für vollstreckbar. Erforderlich ist ausschließlich eine Ausfertigung des Zahlungsbefehls sowie einer beglaubigten Übersetzung für das Vollstreckungsorgan. Die zuständige Vollstreckungsbehörde lässt sich über den Europäischen Gerichtsatlas für Zivilsachen feststellen.
Sofern die schuldende Partei jedoch Einspruch erhebt, beginnt ein ordentlicher Zivilprozess vor den Gerichten.
1.6 Kosten des Europäischen Mahnverfahrens
Die Höhe der Kosten ist abhängig von der Höhe der Forderung. In Deutschland fallen je nach Streitwert mindestens 36 Euro (bei einem Streitwert von bis zu 500 Euro) an. Mit der Höhe des Streitwerts steigen auch die Gerichtsgebühren und können bis zu 1.950,50 Euro (bei einem Streitwert von 500.000 Euro) betragen.
1.7 Vor- und Nachteile des Europäischen Mahnverfahrens
Vorteile | Nachteile |
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2. Das Europäische Mahnverfahren für geringfügige Forderungen
Das Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen vereinfacht und beschleunigt die Geltendmachung grenzüberschreitender Forderungen im Wert von unter 5.000 Euro. Rechtsgrundlage des Europäischen Mahnverfahrens für geringfügige Forderungen ist die Verordnung (EG) Nr. 861/2007 („Small-Claims-Verordnung“).
2.1 Welche Voraussetzungen müssen für das Europäische Mahnverfahren für geringfügige Forderungen erfüllt sein?
Das europäische Mahnverfahren ist nur dann anwendbar, wenn alle folgenden Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sind. Andernfalls sollte eine direkte Klageerhebung erwogen werden.
- Es handelt sich um eine grenzüberschreitende Rechtsstreitigkeit, bei der mindestens eine der Vertragsparteien ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen EU-Mitgliedstaat hat (mit Ausnahme von Dänemark).
- Die Rechtsstreitigkeit betrifft Zivil- oder Handelsrecht.
- Es liegt eine bezifferte und fällige Geldforderung in Höhe von maximal 5.000 Euro (ohne Zinsen, Kosten und Auslagen) vor.
2.2 Welches Gericht ist für das Europäische Mahnverfahren zuständig?
Wie auch für das reguläre europäische Mahnverfahren ist der Antrag grundsätzlich in dem Mitgliedstaat einzureichen, in welchem die Gegenseite ihren Wohnsitz bzw. das Unternehmen seinen Geschäftssitz hat.
Es gibt jedoch Ausnahmen von diesem Grundsatz. Eine wichtige Ausnahme stellt die Möglichkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung dar, bei der die Parteien im Vertrag festlegen können, welches Gericht für die Lösung von Streitigkeiten zuständig sein soll. Ein Beispiel hierfür könnte eine Klausel sein wie „Ausschließlicher Gerichtsstand für alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag ist Köln“. Zudem könnte eine Vereinbarung zum Erfüllungsort als Gerichtsstandsklausel interpretiert werden.
Allerdings kann ein Gerichtsstand nur dann rechtsgültig vereinbart werden, wenn keine zwingenden Vorschriften oder besonderen Schutzvorschriften entgegenstehen. Näheres können Sie den unionsrechtlichen Vorschriften zum Gerichtsstand in den Artikeln 4 ff. VO (EU) Nr. 1215/2012 („EuGVVO“) entnehmen.
Bitte beachten Sie, dass die Bestimmung des Gerichtsstands, je nach Einzelfall und den spezifischen Umständen, schwierig sein kann. Es ist daher ratsam, in solchen Situationen auf juristische Expertise zurückzugreifen.
Ist der Gerichtsstand in Deutschland oder im Ausland gegeben, lässt sich das zuständige Gericht in der nächsten Instanz über den Europäischen Gerichtsatlas für Zivilsachen ermitteln.
2.3 Wie sehen die einzelnen Verfahrensschritte aus?
- Verfahrensbeginn: Für den Beginn des Verfahrens muss das Formblatt A ausgefüllt werden. Mit dem Antrag müssen Sie den Sachverhalt näher erläutern und Nachweise für die Höhe der Forderung sowie die Begründung Ihres Anspruchs einreichen (z. B. Rechnungen, Verträge, Schriftwechsel, etc.). Der Antrag muss in der Sprache ausgefüllt werden, die das zuständige Gericht anerkennt.
- Zusenden des Antwortblatts: Sofern der Antrag ordnungsgemäß und vollständig ist, stellt das Gericht der beklagten Partei innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Antragsformulars eine Kopie des Klageformblatts und des Antwortformblatts (Formblatt C) zu. Alternativ wird das Gericht zu Vervollständigung und/oder Berichtigung auffordern (Formblatt B).
- Rückmeldung der Vertragspartei: Die Gegenpartei hat 30 Tage Zeit, um den für sie vorgesehenen Abschnitt des Antwortformblatts auszufüllen.
- Rückmeldung an Sie: Das Gericht sendet Ihnen innerhalb von 14 Tagen die Kopie einer etwaigen Antwort zu.
- Entscheidung: Das Gericht muss innerhalb von 30 Tagen nach Eingang der Antwort der beklagten Vertragspartei:
- über die geringfügige Forderung entscheiden – die Entscheidung hat die Form eines Urteils und ist somit unmittelbar vollstreckbar
- beide Parteien schriftlich zu weiteren Angaben auffordern oder zu mündlichen Verhandlungen laden
- Vollstreckung des Urteils: Auf Antrag fertigt das Gericht eine Urteilsbestätigung (Formblatt D) aus, welche bei der entsprechenden Vollstreckungsbehörde (in der jeweiligen Amtssprache) vorzulegen ist. Die zuständige Vollstreckungsbehörde lässt sich über den Europäischen Gerichtsatlas für Zivilsachen feststellen.
2.4 Kosten des Europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen
Die Höhe der Gebühren richtet sich in der Regel nach dem Streitwert, der meist der Höhe der geltend gemachten Forderung entspricht. Zusätzlich zu den Gebühren können gegebenenfalls Auslagen für Zustellungen, Zeuginnen und Zeugen, Sachverständige und Dolmetschende anfallen. Sachverständigenbeweise oder mündliche Aussagen werden jedoch nur zugelassen, wenn sie für die Entscheidung des Gerichts unbedingt erforderlich sind.
Die Gerichtskosten für das Verfahren sind nicht EU-weit einheitlich festgelegt und müssen daher bei den jeweils zuständigen Gerichten in Erfahrung gebracht werden. Eine Übersicht findet sich auf dem Europäischen Justizportal.
2.5 Vor- und Nachteile des EU-Mahnverfahrens für geringfügige Forderungen
Vorteile | Nachteile |
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3. Auf Geldforderungen gerichtete Klagen in der EU
3.1 Rechtsgrundlagen für auf Geldforderungen gerichtete Klagen in der EU
Wenn Sie ein gerichtliches Verfahren einleiten möchten, müssen Sie zunächst prüfen, in welchem Mitgliedsstaat der Europäischen Union zu klagen ist. Innerhalb der EU gelten hierfür die Artikel 4 ff. der Verordnung (EU) 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (abgekürzt: „EuGVVO“ oder „Brüssel Ia-VO"). Nach der Feststellung der örtlichen Zuständigkeit richtet sich der Prozessablauf nach den jeweiligen nationalen Vorschriften des Landes des angerufenen Gerichts. Darüber bietet das Europäische Justizportal einen guten Überblick.
3.2 Welche Voraussetzungen müssen für ein Gerichtsverfahren erfüllt sein?
Grundsätzlich können im Rahmen regulärer Gerichtsverfahren Geldforderungen in der gesamten EU in unbegrenzter Höhe von gewerblichen und – mit Sonderregelungen – von privaten Schuldenden eingeklagt werden.
3.3 Wie sehen die einzelnen Verfahrensschritte aus?
Zunächst werden von dem angerufenen Gericht das Vorhandensein und die Wirksamkeit von Gerichtsstandsvereinbarungen geprüft, um den zuständigen Mitgliedsstaat zu ermitteln. Eine Gerichtsstandsvereinbarung definiert, ob ein Gericht in Deutschland oder im europäischen Ausland bei Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien der Hauptsache nach zuständig ist.
Häufig anzutreffen ist etwa: „Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Köln“. Erheblich mehr Rechtssicherheit schafft die Formulierung: „Ausschließlicher Gerichtsstand für alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag ist für beide Teile Köln“.
Häufig anzutreffen ist etwa: „Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Köln“. Erheblich mehr Rechtssicherheit schafft die Formulierung: „Ausschließlicher Gerichtsstand für alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag ist für beide Teile Köln“.
Wichtig: Ein Gerichtstand kann Ihnen auch mit einer „Erfüllungsortvereinbarung“ im Vertrag untergejubelt werden. Wenn es etwa harmlos heißt „Erfüllungsort ist Warschau”, kann vor einem dortigen Gericht auch geklagt werden. Oft soll an dem vereinbarten Erfüllungsort nämlich gar nicht geleistet werden. Es ist bloßes Mittel einer verdeckten Gerichtsstandsvereinbarung. Geschieht dies zu offensichtlich, können solche Konstruktionen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes nicht anerkannt werden.
Wird ein Gerichtsstand wirksam vereinbart, so ist ausschließlich das Gericht an dem von den Geschäftsbeteiligten vereinbarten Staat zuständig.
Wichtig: Gerichtsstandsvereinbarungen können nur dann wirksam getroffen werden, wenn keine zwingenden Vorschriften oder besonderen Schutzvorschriften entgegenstehen, welche die Zuständigkeit eines bestimmten Gerichts vorschreiben. Abweichende Regelungen existieren z. B. für Versicherungs- und Verbrauchersachen.
Wurde keine (wirksame) Gerichtsstandsvereinbarung getroffen so ist im Regelfall das Gericht am Wohn- bzw. Geschäftssitz im Mitgliedstaat der beklagten Person, hier also die in Schuld stehende Person, zuständig.
Nachdem Sie den zuständigen Mitgliedstaat ermittelt haben, gilt es als Nächstes, das zuständige Gericht zu bestimmen. Das Europäische Justizportal bietet Ihnen eine erste Übersicht, an welches Gericht Sie sich je nach Klagegegenstand und Streitwert wenden sollten. Klicken Sie dazu auf die entsprechenden Länderflaggen. In Deutschland sind in zivilrechtlichen Streitigkeiten in der Regel die Amtsgerichte zuständig, wenn der Streitwert unter 5.000 Euro liegt. Bei einem höheren Streitwert müssen Sie sich an die Landgerichte wenden.
Wie Sie dann bei Gericht vorgehen müssen, richtet sich nach den nationalen Verfahrensregeln. Bei manchen Gerichten und für bestimmte Rechtssachen muss in einigen Fällen ein Formular ausgefüllt oder sogar ein ganzes Dossier vorgelegt werden. Mitunter kann eine Klage auch mündlich erhoben werden. Dies kann ebenfalls im Europäischen Justizportal eingesehen werden.
Durch die VO (EU) 1215/2012 wird gewährleistet, dass deutsche Urteile im EU-Ausland anerkannt werden und auf Antrag durch die dort zuständige Behörde für vollstreckbar erklärt werden können. Bei in Deutschland erlangten Vollstreckungstiteln, die im EU-Ausland vollstreckt werden sollen, empfiehlt sich jedoch die unter Punkt 4 beschriebene zusätzliche Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel.
3.4 Kosten von auf Geldforderungen gerichteten Klagen in der EU
Die bei Klageverfahren in Deutschland und im EU-Ausland zu entrichtenden Gerichtsgebühren sowie eventuelle Anwaltshonorare unterliegen den jeweils national einschlägigen Regelungen. Auch hierfür bietet das Europäische Justizportal eine erste Orientierungshilfe.
Daneben können Ihnen zusätzliche Kosten entstehen, z. B. weil Sie Ihre Schriftsätze übersetzen lassen oder selbst zu Verhandlungen anreisen müssen.
3.5 Vor- und Nachteile von auf Geldforderungen gerichteten Klagen in der EU
Vorteile | Nachteile |
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4. Der Europäische Vollstreckungstitel
Beim Europäischen Vollstreckungstitel handelt es sich nicht um einen Titel aus einem eigenständigen Gerichtsverfahren, sondern vielmehr um einen Zusatz für in einem EU-Mitgliedstaat erlangten Titel. Dadurch soll die grenzüberschreitende Vollstreckung im EU-Gebiet vereinfacht und beschleunigt werden.
Umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass die Zwangsvollstreckung aus Titeln, die in anderen Mitgliedstaaten als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt worden sind, innerhalb Deutschlands möglich ist.
Wie bereits unter Punkt 3.3 beschrieben, werden gerichtliche Urteile innerhalb der EU zwar regelmäßig anerkannt, zur Vollstreckung muss allerdings ein Zwischenverfahren (Exequaturverfahren) im Vollstreckungsmitgliedstaat durchgeführt werden. Dieses entfällt bei einem Europäischen Vollstreckungstitel.
4.1 Rechtsgrundlagen des Europäischen Vollstreckungstitels
Mit der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 über den Europäischen Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen („EuVTVO“) wurden für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union – mit Ausnahme Dänemarks - einheitliche Mindestvorschriften geschaffen, die die Vollstreckung von Entscheidungen, gerichtlichen Vergleichen und öffentlichen Urkunden über unbestrittene Forderungen in der EU gewährleisten sollen.
4.2 Welche Voraussetzungen müssen für einen Europäischen Vollstreckungstitel erfüllt sein?
Der Europäische Vollstreckungstitel ist innerhalb aller EU-Mitgliedstaaten – mit Ausnahme Dänemarks – in allen Zivil- und Handelssachen gegenüber Unternehmen und mit Besonderheiten gegenüber Verbrauchern anzuwenden.
Wichtigste Voraussetzung für die Anwendbarkeit ist die Unbestrittenheit der Forderung. Dies setzt voraus, dass die in Schuld stehende Person
- der Forderung im vorausgegangenen Gerichtsverfahren zugestimmt hat;
- der Forderung zu keiner Zeit widersprochen hat;
- nicht zur Verhandlung erschienen ist und sich nicht hat vertreten lassen, obwohl die in Schuld stehende Person die Forderung zuvor bestritten hat oder
- die Forderung ausdrücklich in einer öffentlichen Urkunde anerkannt hat.
4.3 Wie sehen die einzelnen Verfahrensschritte aus?
Wurde auf nationaler Ebene eine „Entscheidung“ getroffen, kann sich der Kreditgebende diese unter den Voraussetzungen nach Punkt 4.2 als Europäischen Vollstreckungstitel bestätigen lassen. Dafür ist ein schriftlicher Antrag bei der zuständigen Behörde im Ursprungsmitgliedstaat, d. h. in dem Mitgliedstaat, in dem der Titel ergangen ist, erforderlich. Grundsätzlich ist das in der Hauptsache angerufene Gericht zuständig. Die erforderlichen Formblätter können im Europäischen Justizportal heruntergeladen werden.
Daraus kann dann unmittelbar im Mitgliedstaat der Schuldnerin oder des Schuldners vollstreckt werden, der Europäische Vollstreckungstitel wird dabei behandelt wie ein Vollstreckungstitel des jeweiligen Mitgliedstaates. Es wird keine förmliche Vollstreckbarkeitserklärung mehr benötigt und die in Schuld stehende Person kann sich nicht mehr auf Gründe zur Versagung der Anerkennung des Urteils in seinem Mitgliedstaat berufen.
Für das Vollstreckungsverfahren selbst gilt das Recht des Mitgliedstaats, in dem vollstreckt werden soll. Den zuständigen Vollstreckungsbehörden im EU-Ausland muss der Kreditgebende bzw. dessen Rechtsvertretung Folgendes vorlegen:
- eine Ausfertigung der Entscheidung,
- eine Ausfertigung der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel und
- eine Übersetzung dieser Bestätigung in die Amtssprache des vollstreckenden Mitgliedstaates oder eine andere Sprache, die dieser Staat zulässt.
Weitere Informationen finden Sie im Sie im Leitfaden zur Anwendung der Verordnung über den Europäischen Vollstreckungstitel.
4.4 Kosten des Europäischen Vollstreckungstitels
Für Hinweise zu den zu erwartenden Kosten der Vollstreckung im jeweiligen EU-Ausland finden Sie Übersichten über jeden Mitgliedstaat im Europäischen Justizportal.
4.5 Vor- und Nachteile des Europäischen Vollstreckungstitels
Vorteile | Nachteile |
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5. Gesamtübersicht über die Verfahren
EU-Instrument
Kriterium
|
Klage auf Geldleistung innerhalb der EU | EU-Mahnverfahren | EU-Verfahren für geringfügige Forderungen |
---|---|---|---|
Geeignet für strittige Geldforderungen |
Ja
|
Nein[1] | Ja |
Obergrenze für Höhe der Geldforderung | Nein | Nein | Ja |
Verfahrensablauf EU-weit standardisiert
|
Nein | Ja | Ja |
Rechtsvertretungspflicht |
Ja[2]
|
Nein | Nein |
EU-weit einheitliche Fristenregelung |
Nein
|
Ja | Ja |
EU-weit einheitliche Grundsätze für Verfahrenskosten |
Nein
|
Ja | Ja |
EU-weit einheitliche Kostentragungspflicht der unterlegenen Partei |
Nein
|
Nein | Ja |
Vorteile |
- Universelle
Einsetzbarkeit
|
- Hoher Stan-
dardisierungs-
grad
- Einstufigkeit
- EU-weite Voll-
streckbarkeit
|
- Hoher Stan-
dardisierungs-
grad
- Klare Fristen-
regelung
- EU-weite Voll-
streckbarkeit
|
Nachteile |
- Nationale
Vorschriften
dominieren
- relativ zeit- &
kostenintensiv
- Eventuell Zwi-
schenverfah-
ren erforderlich
|
- Keine einheit-
lichen Ge-
bühren und
Fristen
- Nationale
Vorschriften
für die Voll-
streckung
|
- Stark einge-
schränkter
Anwendungs-
bereich
- Nationale
Vorschriften
für die Voll-
streckung
|
[1] Grds. auch bei strittigen Forderungen möglich, auf Grund des nachfolgenden streitigen Verfahrens i.d.R. nicht zu empfehlen.
[2] Dies ist von den jeweiligen nationalen Vorschriften abhängig, die Angabe stellt insoweit lediglich eine Empfehlung dar.
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