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Dienstleistungen und Geschäftsreisen im Vereinigten Königreich

Seit dem Brexit richten sich Einreise und Aufenthalt im Vereinigten Königreich nicht mehr nach europäischen Regelungen. Infolge des EU-Austritts sind Dienstleistungsfreiheit und Personenfreizügigkeit im Vereinigten Königreich eingeschränkt. Wir informieren Sie hier über die aktuellen Bestimmungen.
Einreisende aus Deutschland nach Großbritannien müssen einen gültigen Reisepass mit sich führen. Personalausweise werden ab diesem Datum in der Regel nicht mehr akzeptiert. Ab dem 2. April 2025 ist eine Einreise zudem nur mit elektronischer Reisegenehmigung möglich.

1. Einreise nach Großbritannien als „Visitor”

Die britische Regierung erlaubt EU-Bürgerinnen und Bürgern die Einreise nach Großbritannien als „Visitors” über die sogenannte „Besucher-Route” für maximal sechs Monate ohne Visum. EU-Bürgerinnen und Bürger, die ab April 2025 nach Großbritannien reisen möchten, müssen dafür eine elektronische Reisegenehmigung (Electronic Travel Authorisation, ETA) beantragen. Der Antrag kann online eingereicht werden und kostet 10 Pfund. Die Genehmigung ist zwei Jahre gültig, in dieser Zeit sind mehrmalige Einreisen in das Vereinigte Königreich und Aufenthalte von bis zu sechs Monaten möglich.
Für kurze Geschäftsreisen und für vorübergehende Arbeitseinsätze von hochqualifizierten angestellten Mitarbeitenden sieht das Handelsabkommen Vereinfachungen bei den Einreisebeschränkungen vor (siehe Abschnitt 2 Short Term Business Visitors).

2. Short Term Business Visitors

Für einige geschäftlich begründete Aktivitäten sind kurzfristige Aufenthalte in Großbritannien als „Visitor” ohne Visum möglich. Das Handelsabkommen erlaubt z. B. die Einreise für sogenannte „Short-term Business Visitors” (kurze Geschäftsreisen) für die Dauer von bis zu 90 Tagen innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten ohne Visum und ohne Arbeitserlaubnis. (Im Handelsabkommen geregelt unter Artikel 142 „Für kurze Zeit einreisende Geschäftsreisende“ und im Anhang 21).
Auf ihrer Webseite Permitted Activities for Visitors weist die britische Regierung erlaubte Tätigkeiten aus, die als „Visitor” visumsfrei ausgeführt werden dürfen.
Zu den erlaubten Aktivitäten zählen unter anderem (siehe auch Anhang 21 Punkt 8 des Handelsabkommens):
  • Teilnahme an Sitzungen und Konferenzen
  • Markterkundung
  • Besuchen von Ausbildungsseminaren
  • Teilnahme an Messen für Werbezwecke (kein Direktverkauf) und Ausstellungen
  • Annahme von Bestellungen, Vertragsverhandlungen und -abschlüsse über Dienstleistungen oder Waren
  • Einkauf von Waren oder Dienstleistungen für die Zwecke des heimischen Unternehmens
  • Beteiligung an geschäftlichen Transaktionen (gilt für das Management und für befasste Finanzdienstleistungsunternehmen)
  • Erbringung verkaufsnaher Dienstleistungen im Rahmen von Garantie- oder Dienstleistungsverträgen (“after-sales” oder “after-lease services“), d.h. Mitarbeitende eines deutschen Herstellerunternehmenss dürfen Anlagen, Computer-Hard oder Software installieren, abbauen, reparieren, warten oder Schulungen durchführen, wenn die Herstellerfirma dafür einen Kauf-, Liefer- oder Leasingvertrag mit einem britischen Unternehmen oder einer britischen Organisation abgeschlossen hat
Mitarbeitende einer Hersteller- oder Lieferfirma von zu installierenden/reparierenden Gegenständen dürfen bereits seit dem Brexit visumsfrei ins VK einreisen. Nun gilt diese Sonderregelung der visumsfreien Einreise auch für Mitarbeitende ausländischer Gesellschaften (Subunternehmen), die Teil einer vertraglichen Vereinbarung über Kundendienstleistungen sind, insbesondere in Form eines Garantie- oder sonstigen Dienstleistungsvertrages.
Wichtig: Diese Vereinbarung muss zum Zeitpunkt des Verkaufs oder der Vermietung getroffen worden sein. Eine nachträgliche Vereinbarung fällt nicht in den Anwendungsbereich dieser Regelung.
Der bisherige Geltungsbereich für Gegenstände, auf die sich der Dienstvertrag bezieht: „equipment, computer software or hardware“, wurde ausdrücklich um „machinery“ ergänzt. Die britische Regierung hat ein entsprechendes Statement of Changes veröffentlicht.
Bei der Einreise sollten Geschäftsreisende den Grund der Einreise durch geeignete Dokumente belegen können, beispielsweise durch Verträge, Eintrittskarten für Messen oder Terminabsprachen mit der Kundschaft. Ein Leitfaden der britischen Regierung informiert zu den erforderlichen Unterlagen, die mitzuführen sind, um den Grund der Einreise zu dokumentieren.

3. Erbringung vertraglicher Dienstleistungen

3.1 Grundsatzbestimmungen

Für eine visumsfreie Einreise qualifiziert sich nur, wer eine oder mehrere der ausdrücklich gestatteten Tätigkeiten (z. B. im Rahmen kurzer Geschäftsreisen) ausübt. Andernfalls gilt: Wer in das Vereinigte Königreich einreist, um dort – als angestellte oder selbstständige Person- eine vorübergehende vertragliche Dienstleistung zu erbringen, kann dies nur unter bestimmten (engen) Voraussetzungen tun. Im Handelsabkommen ist dies unter Artikel 143 zusammen mit Anhang 22 normiert. Grundsätzlich gilt: Es bedarf einer vorherigen Genehmigung, wobei erhebliche Einschränkungen existieren.

3.2 Service Supplier Visum

Für vorübergehende Dienstleistungen muss in aller Regel ein Service Supplier Visum (zuvor Temporary Worker – International Agreement Worker Visa (T5)) beantragt werden. Wichtigste Voraussetzung für den Antrag ist, dass für jede Facharbeiterin und jeden Facharbeiter ein sogenanntes Certificate of Sponsorship ausgestellt wurde.
Dieses Sponsoring-Zertifikat kann nur von einem registrierten und von der britischen Regierung anerkannten Licensed Sponsor ausgestellt werden. Mit diesem Zertifikat erklärt sich der Licenced Sponsor gegenüber der britischen Ausländerbehörde unter anderem verantwortlich, dass ausländische Dienstleistende über die erforderlichen Qualifikationen für die durchzuführenden Arbeiten verfügen.
Ab dem Ausstellungsdatum des Sponsoring-Zertifikats muss das Visum für die Facharbeiterin und den Facharbeiter innerhalb von drei Monaten beantragt werden. Das Visum kann frühestens drei Monate vor Beginn der auf dem Zertifikat aufgeführten Tätigkeit beantragt werden.

Weitere Voraussetzungen deutscher Arbeitnehmender für das Beantragen eines Visums sind:

  • Anstellungsverhältnis bei einem Unternehmen außerhalb des VK
  • mindestens zwölf Monate Betriebszugehörigkeit bei Antragstellung
  • Aufführung der geplanten Tätigkeit als „eligible occupation“ oder
    Nachweis über entsprechende fachliche Qualifikationen (z. B. Universitätsabschluss, technische Abschlüsse) und einschlägige Berufserfahrung (3 Jahre)
  • Wichtig: Berufliche Qualifikationen müssen in reglementierten Berufen durch britische Behörden anerkannt werden. Die britische Regierung informiert in einem Leitfaden zur Anerkennung von EU-Qualifikationen.
Für Freiberuflerinnen und Freiberufler gelten folgende Voraussetzungen:
  • selbstständiges Dienstleistungsunternehmen mit Sitz außerhalb des VK
  • Aufführung der geplanten Tätigkeit als „eligible occupation“ oder
  • Nachweis über entsprechende fachliche Qualifikationen (z. B. Universitätsabschluss, technische Abschlüsse) und einschlägige Berufserfahrung (min. 12 Monate)
Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, können sich Dienstleistungserbringende für die Dauer des Vertrags, längstens aber für bis zu zwölf Monate im Vereinigten Königreich aufhalten.
Der vollständige Temporary Worker-Leitfaden steht bei der britischen Regierung als PDF-Dokument zum Download zur Verfügung.
Weitere Einreiserouten – die sich an der Position bzw. Art der Tätigkeit orientieren- können Sie der Webseite des Immigration Systems entnehmen.
IHK-Tipp für einen erfolgreichen Mitarbeitereinsatz im Ausland:
Prüfen Sie generell bei allen geschäftlich veranlassten Reisen, die Art der zu erbringenden Tätigkeit und die Dauer des Aufenthaltes. Informationen zur Einreise in das Vereinigte Königreich finden sich in den Leitlinien des Immigration Systems. Ob und welches Visum für die Einreise erforderlich ist, kann auf der britischen Webseite interaktiv geprüft werden: Check if you need a UK visa. Es ist mit Wartezeiten zu rechnen.

Daher sollte die Einreisegenehmigung rechtzeitig beantragt werden. Ist kein Visum erforderlich, prüfen Sie anschließend, ob eine elektronische Reisegenehmigung (Electronic Travel Authorisation, ETA) beantragt werden muss.

Weitere Hinweise:

  • seit dem 1. Oktober 2021 ist ein gültiger Reisepass erforderlich
  • Vorlaufzeiten für administrative Vorbereitungen einplanen
  • Mehrkosten bei der Entsendung Mitarbeitender einkalkulieren und bei der Angebotserstellung einplanen
  • Wechselkursschwankungen berücksichtigen
  • Wartezeiten bei der Ein- und Ausreise durch Grenzkontrollen einplanen

4. Mitarbeitendeneinsätze im VK – Zusätzliche Bestimmungen

4.1 Sozialversicherung – A1-Bescheinigung

Das Handelsabkommen regelt, dass Sozialversicherungsbeiträge für vorübergehende Dienstleistungen von Mitarbeitenden deutscher Unternehmen in Großbritannien nur in Deutschland abzuführen sind, wenn die Dauer der Auslandsbeschäftigung 24 Monate nicht überschreitet und die entsandte Person keine andere entsandte Person ablöst.
Der Nachweis über die bestehende Sozialversicherungspflicht im Herkunftsstaat wird auch unter dem Handelsabkommen weiter durch die A1-Bescheinigung geführt. Diese sollten entsendete Mitarbeitende und selbständige Personen während des beruflichen Aufenthalts unbedingt mitführen. Nähre Informationen finden sich auf der Internetseite der DEVK (Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland).
Laut Handels- und Kooperationsabkommen soll zukünftig ein Nachfolgedokument eingeführt werden, welches die A1-Bescheinigung ersetzt.

4.2 Arbeitgeberhaftpflichtversicherung

Bei einem längeren Einsatz von üblicherweise mehr als zwei Wochen wird grundsätzlich der Abschluss einer britischen Arbeitgeberhaftpflichtversicherung (employer’s liability insurance) notwendig. Dies ist eine Pflichtversicherung für Arbeitgebende, die Arbeitnehmende im VK einsetzen.

4.3 Arbeitsrecht

Für Arbeitnehmende mit einem deutschen Arbeitsvertrag, die vorübergehend ins Ausland entsendet werden, gilt auch während der Entsendung grundsätzlich deutsches Arbeitsrecht. Jedoch sind die Schutzvorschriften des britischen Arbeitsrechts zwingend einzuhalten, unabhängig von der Dauer der Entsendung. Das bedeutet: Sind die entsprechenden Vorschriften im Herkunftsland vorteilhafter, so gelten diese. Andernfalls ist britisches Recht anzuwenden.
Zu beachten sind unter anderem folgende arbeitsrechtliche Vorschriften:
  • Mindestlohnsätze einschließlich Überstundensätze (siehe britisches Behördenportal)
  • Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub
  • Anspruch auf Zahlung von Kranken- und Elternzeitgeld, etc.
  • Höchstarbeitszeiten und Mindestruhezeiten
  • Schutz vor unzulässiger Diskriminierung
  • Schutz bei Aufzeigen von Missständen an der Arbeitsstätte (“whistleblowing”)
  • Schutz vor unzulässiger Entlassung
  • Einhaltung von Kündigungsfristen
  • Sicherheit, Gesundheitsschutz und Hygiene am Arbeitsplatz
Ausführliche Informationen zu dem Arbeitsrecht im VK können Sie der Webseite der britischen Regierung entnehmen.

4.4 Besteuerung von Mitarbeitenden

Nach dem deutsch-britischen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) werden Einkünfte aus nicht-selbstständiger Arbeit in dem Staat besteuert, in dem die Person ansässig ist. Wird die berufliche Tätigkeit dagegen im anderen Vertragsstaat ausgeübt – z. B. bei einer Entsendung – sind die Einkünfte in diesem Staat zu versteuern. Jedoch gilt weiterhin die ausschließliche Steuerpflicht im Ansässigkeitsstaat, wenn die vorübergehende Tätigkeit im anderen Staat nicht länger als 183 Tage im Steuerjahr dauert und die Bezahlung durch einen im Ansässigkeitsstaat ansässigen Arbeitgebenden erfolgt. Entsendet ein deutsches Unternehmen Arbeitnehmende nach Großbritannien, werden diese also erst dann in Großbritannien steuerpflichtig, wenn sie sich dort mehr als 183 Tage im Jahr aufhalten.

4.5 Besteuerung des Unternehmens

Zwischen Deutschland und Großbritannien besteht ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Demnach sind die Einkünfte deutscher Unternehmen aus britischer Quelle grundsätzlich in Deutschland zu versteuern, es sei denn, das deutsche Unternehmen erzielt diese Einkünfte durch eine Betriebsstätte in Großbritannien. Das DBA ist auch nach dem Ende der Brexit-Übergangsphase, also über den 31. Dezember 2020 hinaus, in Kraft.

4.4 Lizenzen

Die britische Regierung hat das Tool Licence Finder eingerichtet, das Auskunft über die zur Dienstleistungserbringung potenziell notwendigen Lizenzen gibt. Nach Eingabe des Dienstleistungssektors und der konkreten Tätigkeit sowie dem Ort der Dienstleistungserbringung werden entsprechende Suchergebnisse angezeigt.

4.5 Anerkennung von deutschen Führerscheinen in UK

Deutsche Führerscheine werden für vorübergehende Aufenthalte in Großbritannien weiterhin anerkannt. Darauf weist die Deutsche Auslandsvertretung im Vereinigten Königreich hin.

4.6 Weitere Hinweise

Seit dem 1. Januar 2021 genießen Reisende zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich nicht mehr das gleiche Schutzniveau. Fahrgäste sind bei Reisen in das Vereinigte Königreich oder aus dem Vereinigten Königreich nicht mehr durch die EU-Fahrgastrechte geschützt. Bei Reisen in das Vereinigte Königreich und aus dem Vereinigten Königreich sollten Reisende prüfen, welche Regeln z. B. in Bezug auf Grenzkontrollen und Roaminggebühren gelten.

5. Weiterführende Links & Anlaufstellen

  • Brexit FAQs: Praktische Hinweise der AHK Großbritannien
  • Beyond Brexit Leitfaden Informationen zu zentralen Handlungsfeldern zusammengefasst von Germany Trade & Invest (GTAI)