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Alle Potenziale heben!
Deutschland und Sachsen-Anhalt gehen die Arbeits- und Fachkräfte aus! Damit steht unser Wohlstand auf der Kippe. Ohne Personal sind Unternehmen häufig nicht mehr in der Lage, sich weiterzuentwickeln, organisch zu wachsen oder schlicht die betrieblichen Prozesse aufrecht zu erhalten. Eine wesentliche aber beileibe nicht die einzige Ursache für den Mangel ist die demografische Entwicklung, die sich in den kommenden Jahren noch deutlich verschärfen wird. Auch brachliegende bzw. nur unzureichend genutzte oder nicht erschlossene Potenziale tragen zu diesem Mangel bei.
Die ernüchternden Zahlen
In Sachsen-Anhalt rückt für zwei altersbedingt aus dem Erwerbsleben ausscheidende Menschen schon heute rein rechnerisch nur ein junger Mensch in den Arbeitsmarkt nach. In den nächsten Jahren gehen viele in Rente, deren Stellen absehbar nicht nachbesetzt werden können. Zur Begradigung einer „Schieflage“ dieses Ausmaßes reichen einzelne Instrumente und Ansätze nicht mehr aus.
Mit Maßnahmenmix Mangel begegnen
Wir brauchen eine konzertierte Aktion, um diesem Mangel zu begegnen. Einen breiten Maßnahmenmix, der das gesamte Arbeitskräftepotenzial erschließt und darauf zielt, grundsätzlich jede arbeitsfähige Erwerbsperson für den Arbeitsmarkt zu gewinnen. Und da sich zur Arbeitsfähigkeit zwingend auch die Arbeitswilligkeit hinzugesellen muss, gilt hier die Botschaft: „Arbeit muss sich lohnen!“ – für alle Beteiligten. Selbst aber, wenn alle Aktivierungspotentiale erfolgreich sein sollten, wird der Arbeitsmarkt absehbar einen Punkt erreichen, an dem der Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials irreversibel ist. Der Anstieg des Mangels mag sich also verlangsamen, jedoch nicht mehr umkehren lassen.
Das bedeutet: Wir müssen Maßnahmen ergreifen, die einerseits das Anpassen an die demografischen Verhältnisse ermöglichen und andererseits das Zuspitzen des Arbeits- und Fachkräftemangels verlangsamen.
Wie dieser Maßnahmenmix ausgestaltet sein sollte, hat die IHK-Vollversammlung in einem kompakten Positionspapier mit konkreten Handlungsempfehlungen skizziert und Anfang Dezember 2024 verabschiedet.
Hier gelangen Sie zu den Positionen der IHK Halle-Dessau zur Arbeits- und Fachkräftesicherung (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 4667 KB).
Darüber hinaus engagierte sich die IHK auch auf vielen anderen Wegen, um dem Arbeits- und Fachkräftemangel zu begegnen.
Ausbildung macht mehr aus uns!
© thjnk
Fachkräftemangel, demografischer Wandel, unbesetzte Ausbildungsplätze – nur trübe Aussichten? Ganz im Gegenteil! Die IHKn sehen darin auch die große Chance, den jungen Menschen in Deutschland zu zeigen, dass Ausbildung und Azubis nie wertvoller waren als heute. Die bundesweite IHK-Kampagne Jetzt#könnenlernen ist eine Einladung an alle Schüler, Studienabbrecher oder Umsteiger, das „Lebensgefühl Ausbildung" zu entdecken. Ausgesprochen natürlich von IHK-Azubis selbst. Sie transportieren die positive Botschaft auf Augenhöhe: Ausbildung macht mehr aus uns!
© Havag
Die Mitmach-Kampagne involviert auch Betriebe: Sie können sich mit einem Werbemittelpaket, mit Aktionen und Challenges einbringen. Im ganzen Land ein neues Bewusstsein für berufliche Ausbildung zu schaffen, soll helfen, Betriebe und den Fachkräftenachwuchs zusammenzubringen. Deshalb rührten die IHKn auch im September 2024 mit einem bundesweit angelegten „Out-of-Home Flight” kräftig die Werbetrommel. Überall machten Großflächenplakate, Werbescreens und App-Werbung auf die Kampagne aufmerksam. Erstmalig fuhren im Süden Sachsen-Anhalts auch Busse und Bahnen als „Werbebotschafter“.
Ausländische Fachkräfte
Mit günstigen Lebenshaltungskosten, einer guten Kinderbetreuung sowie vielfältigen Kultur-, Natur- und Erholungsangeboten punktet Sachsen-Anhalt als attraktiver Standort für Fachkräfte. Das attestiert auch die Ende November 2024 veröffentlichte Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag der Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt mbH (IMG). Im nationalen Vergleich gibt es kein Bundesland, in dem das Leben bezahlbarer ist: Das regionale Preisniveau liegt in Sachsen-Anhalt 7,2 Prozent unter dem deutschen Durchschnitt. Hier bleibt Fachkräften mehr vom eigenen Einkommen.
Gute Gründe also auch für ausländische Fachkräfte, nach Sachsen-Anhalt zu kommen. Um es anwerbungswilligen Unternehmen zu erleichtern, sie ins Land zu holen, verstärkte die IHK auch 2024 ihr Engagement weiter und setzt auf Partnerschaften mit den Landkreisen. Mit dem Burgenlandkreis und den Landkreisen Wittenberg und Anhalt-Bitterfeld konnten bereits entsprechende Kooperationsabkommen geschlossen werden. Weitere werden folgen.
Viele Unternehmen weiten ihre Rekrutierungsbemühungen für Fachkräfte und Auszubildende auch auf die Europäische Union und ausgewählte Drittländer aus. Mit dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz 2.0 sind die Möglichkeiten dafür zwar gestiegen. Doch noch immer gibt es im Alltag zahlreiche bürokratische und auch interkulturelle Hürden zu bewältigen.
Die IHK hat es sich zur Aufgabe gemacht, als eine Art Lotse Unternehmen auf diesem Weg zu begleiten und zu unterstützen. Neben Webinaren wie „Finden und Binden ausländischer Fachkräfte“ und „Azubis aus dem Ausland beschäftigen: So gelingt es!" war die gemeinsam mit der IHK Magdeburg veranstaltete Leistungsschau „Personalvermittler mit Schwerpunkt Rekrutierung aus dem Ausland“ ein besonderes Highlight in 2024. Da der komplexe und bürokratische Prozess von der Anwerbung über die Einreise bis hin zur eigentlichen Arbeitsaufnahme von Fachkräften sich oft für KMU nur schwer umsetzen lässt, können Personaldienstleister hier wirksam unterstützen.
Verdient ausgezeichnet
© IHK Halle-Dessau/Michel Klehm
Manch Engagement bleibt öffentlich fast unbemerkt, ist für eine funktionierende und starke Gesellschaft aber fundamental. Das Ehrenamt in den IHK-Prüfungsausschüssen ist ein solches Beispiel. Ohne die ehrenamtlichen Prüferinnen und Prüfer gäbe es die duale Ausbildung praktisch nicht – und auch um die Weiterbildung wäre es nicht gut bestellt. Auch 2024 zeichnete die IHK deshalb ihre langjährigen Prüferinnen und Prüfer der Aus- und Weiterbildung sowie der Sach- und Fachkunde im Süden Sachsen-Anhalts aus. Im Rahmen einer Festveranstaltung erhielten sie für ihr 10-, 20- und 30-jähriges ehrenamtliches Engagement die bronzenen, silbernen und goldenen Ehrennadeln und Urkunden.
Grund zur Freude gab es auch bei den Facharbeiterinnen und Facharbeitern in Sachsen-Anhalt nach erfolgreichen Berufsabschlüssen. 3.250 Auszubildende legten 2024 bei der IHK Halle-Dessau ihre Abschlussprüfung ab. 71 von ihnen erreichten die Note eins (mindestens 92 von 100 möglichen Leistungspunkten), 31 davon mit Auszeichnung. Und auch unter den insgesamt 216 Fortbildungsabsolventen trumpften neun als Jahrgangsbeste auf. Die IHK Halle-Dessau rückte die Top-Leistungen Anfang November 2024 mit der jährlichen Bestenehrung ins Rampenlicht.
Die Besten des Aus- und Weiterbildungsjahrganges 2023/24
© IHK Halle-Dessau / Uwe Köhn
© IHK Halle-Dessau / Tilo Weiskopf
Diese hohe Ausbildungsqualität fußt nicht zuletzt auf dem großen Engagement der Ausbildungsbetriebe, die damit einen wichtigen Beitrag zur Fachkräftesicherung leisten. Und wenn es darum geht, Jugendliche anzuwerben oder zu fördern, sind einige Unternehmen ganz besonders kreativ. Für Spitzen-Ausbildungsqualität mit attraktiven Chancen und Perspektiven für junge Menschen vergibt die IHK Halle-Dessau jährlich das Qualitätssiegel „Top-Ausbildungsbetrieb“. Unternehmen sind mit dieser Auszeichnung ganz vorn dabei im Wettlauf um die begehrten Fachkräfte von morgen. Angehende Azubis können daran erkennen, wo sie herausragende Ausbildungsqualität und gute Karrierechancen erwarten. 2024 durften sich 22 Unternehmen über die Anerkennung ihres besonderen Engagements in der Berufsausbildung freuen.
Kontakt
Hendrik Senkbeil
Dr. Simone Danek
Birgit Stodtko