LNG-Preise bleiben bis 2025 auf hohem Niveau

Aus einer Studie des Institute for Energy Economics and Financial Analysis (IEEFA) geht hervor, dass aufgrund eines schwachen Angebotswachstums und anhaltender Nachfrage die globalen LNG-Preise bis 2025 auf einem strukturell hohen Niveau bleiben werden. Gleichzeitig werden von Deutschland und der Europäischen Union massive Importkapazitäten ausgebaut, was sich als Fehlkalkulation herausstellen könnte.
Die russische Invasion in der Ukraine im Februar 2022 hat die weltweiten Märkte für Flüssigerdgas (LNG) verändert. Nachdem die Pipeline-Gaslieferungen in die Europäische Union durch Russland eingeschränkt wurden, kauften EU-Akteure große Mengen an LNG, um die Lieferausfälle Russlands zu ersetzen. Insbesondere die hohe Nachfrage Europas ließ die globalen LNG-Spotpreise in die Höhe treiben. Die hohen Preise werden einen anhaltenden Abwärtstrend in der Nachfrage in Asien ausüben, insbesondere in den Schwellenländern, von denen allgemein erwartet wurde, dass sie die Haupttriebkräfte der weltweiten LNG-Nachfrage sind.
Das IEFFA hat kürzlich den  Global LNG-Outlook 2023 veröffentlicht, in der auf internationaler Ebene Nachfrage und Angebotswachstum für Flüssigerdgas analysiert werden.

LNG-Nachfrage

Die ostasiatischen Märkte Japan, Südkorea und Taiwan gehören zu den größten LNG-Importeuren weltweit und machen zusammen über 40 % des von 2015 bis 2021 global gehandelten LNG aus. Alle drei Länder planen, ihre LNG-Käufe zu reduzieren und gleichzeitig die Erzeugung von Atom-, Wind- und Solarenergie zu steigern. Japan will den Anteil von LNG am nationalen Strommix bis 2030 um 17 % reduzieren und stattdessen auf einen höheren Anteil an Kernkraft und erneuerbaren Energien setzen. In ähnlicher Weise hat Südkorea Pläne angekündigt, den Anteil von LNG am Strommix bis 2036 auf nur 9,3 % zu senken gegenüber fast 30 % im Jahr 2021. Faktoren für die sinkende LNG-Nachfrage sind: hohes Preisniveau, Energiesicherheit, Wirtschaftswachstum und die Umsetzung der Dekarbonisierungsziele.
Ebenso hat China seine LNG-Käufe im vergangenen Jahr um 20 % reduziert, was auf eine Kombination aus hohen Preisen, COVID-19 bedingte Schließungen und ein langsameres Wirtschaftswachstum zurückzuführen ist. Die anhaltend hohen LNG-Preise haben das Land dazu veranlasst, sich stärker auf die kostengünstigeren russischen Pipeline-Importe und die inländische Gasproduktion zu verlassen, was zu einer Verringerung der LNG-Nachfrage geführt hat.
Südasien, einschließlich Indien, Pakistan und Bangladesch, hat seine LNG-Käufe 2022 um 16,2 % gesenkt. Viele Käufer in der Region zogen sich ganz von den Spotmärkten zurück und Lieferanten mit langfristigen Verträgen kamen häufig mit ihren Lieferungen in Verzug, um auf anderen Märkten höhere Gewinne zu erzielen. Hohe Preise und die Unzuverlässigkeit von LNG als Brennstoffquelle haben die Aussichten für das Wachstum der LNG-Nachfrage in der Region verschlechtert. Stattdessen planen die Regierungen eine langfristige Steigerung des Anteils der erneuerbaren Energien.
In Südostasien wird das Nachfragwachstum ebenfalls von Herausforderungen im Zusammenhang mit hohen Preisen, der begrenzten Verfügbarkeit von LNG-Verträgen und Infrastrukturbeschränkungen ausgebremst. Langfristige LNG-Lieferverträge mit einem Lieferbeginn vor 2026 sind Berichten zufolge weltweit ausverkauft, so dass ein zusätzliches Nachfragewachstum in Südostasien wahrscheinlich in erster Linie von den Spot-Märkten kommen wird, die wiederum von einem hohen Preisniveau und unzuverlässigen Lieferungen geprägt sind.

LNG-Angebot

Die IEEFA geht nach zwei Jahren schwachen Angebotswachstums davon aus, dass 2025 den Beginn einer dreijährigen Welle von neuen LNG-Exportprojekten markiert. Die Projekte erstrecken sich über den gesamten Globus, mit den drei größten LNG-Import Ländern USA, Katar und Australien sowie Kanada, Nigeria, Mexiko, Mosambik und Russland.
Damit würden bis zum Jahr 2025 weltweit etwa 17 Mio. Tonnen pro Jahr an Verflüssigungsprojekten in Betrieb gehen. Mehr als in den Jahren 2023 und 2024 zusammen. Der Höhepunkt der Kapazitätserweiterungen wird im Jahr 2026 mit einer geschätzten Inbetriebnahme von 64 Mio. Tonnen pro Jahr erreicht und sich bis 2027 fortsetzen, wenn voraussichtlich 37 Mio. Tonnen pro Jahr an neuen Kapazitäten in Betrieb genommen werden. Diese Flut an neuen LNG-Angeboten könnte dazu führen, dass LNG-Projekte, die nach 2026 in Betrieb genommen werden, auf eine viel kleinere Nachfrage treffen, als die Marktprognosen erwarten lassen. Sehr wahrscheinlich werden dann die derzeitigen Märkte einer Angebotsschwemme weichen, mit niedrigeren Preisen, geringeren Nettoerlösen, geringeren Gewinnspannen und niedrigeren Gewinnen für LNG-Exporteure.

Konsequenzen für Europa und Deutschland

Europa erhöhte seine LNG-Importe bis 2022 um 60 %, um die rückläufigen russischen Gaslieferungen auszugleichen. Von 2019 bis 2021 deckte Europa etwa 20 % seines Gasbedarfs durch den Import von LNG ab, ab 2022 stieg der Anteil von LNG auf mehr als 35 %. Die IEEFA geht davon aus, dass auch in Europa die Nachfrage nach LNG zurückgehen wird. Von August bis November 2022 sank die Gesamtgasnachfrage in der EU und im Vereinigten Königreich um etwa 20 % im Vergleich zum durchschnittlich gleichen Zeitraum zwischen 2017 und 2021. Das ist auf eine Kombination aus hohen Preisen, Nachfragerückgang, veränderten Wettermustern, Energieeffizienz, Zunahme der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und Maßnahmen zur Nachfragereduzierung zurückzuführen. Unter der Berücksichtigung der RePower EU-Ziele würde die europäische Gesamtnachfrage nach LNG im Jahr 2030 nur noch etwa 150 Mrd. m³ betragen gegenüber etwa 175 Mrd. m³ im Jahr 2022. Die Auslastungsrate der europäischen LNG-Terminals fällt damit unter 40 %.
Die europäischen Länder werden ihre LNG-Importkapazitäten bis Ende 2024 um etwa ein Drittel erhöhen, wobei ein Großteil der neuen Kapazitäten von neu gecharterten Tanklagerschiffen mit Regasifizierungsanlagen (FSRU) stammt. Allerdings sind Importkapazitäten kein genauer Indikator für die eigentliche LNG-Nachfrage. Gasfernleitungsnetzbetreiber (FNB) hätten einen Anreiz, überdimensionierte Infrastruktur aufzubauen und die Renditen für die Aktionäre zu erhöhen, auch wenn die Anlagen nicht genutzt oder benötigt werden. Die bestehenden Gesetze bieten den FNB garantierte Investitionsrenditen, die über die Tarife von den Verbrauchern erhoben werden.
Quelle: DIHK, Stand März 2023