„27 Prozent“-Kampagne: Fremdenhass gefährdet den Wirtschaftsstandort

In Deutschland haben 27 Prozent der Berufstätigen einen Migrationshintergrund. „Wir wollen und können es uns nicht leisten, auf diese Menschen zu verzichten“, sagt Dr. Dieter Salomon, der Hauptgeschäftsführer der IHK Südlicher Oberrhein, auch im Hinblick auf die Europawahl. Um ein Zeichen für Weltoffenheit und gegen Fremdenhass zu setzen, haben die IHKs eine bundesweite Kampagne gestartet unter dem Titel „27 Prozent von uns – #KeineWirtschaftOhneWir“.
Im Rahmen der Kampagne, die noch mindestens einen Monat lang andauern soll, wird das IHK-Logo um 27 Prozent gekürzt. Damit soll die Bedeutung ausländischer Fachkräfte für den deutschen Wirtschaftsstandort symbolisiert werden. „Nur mit diesen 27 Prozent kommt unsere Wirtschaft auf 100 Prozent Leistung“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Salomon.
Der Wunsch nach einer solchen Kampagne sei auch von Unternehmer:innen und anderen Wirtschaftsverbänden an die IHK herangetragen worden, so Salomon. Die Sorge sei groß, dass durch Fremdenhass und Ausgrenzung ein Klima geschaffen werde, das nicht nur unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung, sondern auch unseren Wohlstand gefährde. An der symbolischen Logokürzung können sich auch Unternehmen beteiligen. Die IHK-Organisation stellt dafür einen kostenlosen Generator zur Verfügung.
„Migranten sind ein belebendes Element“
Die 27 Prozent stehen für zwölf Millionen Menschen mit ausländischen Wurzeln, die mit dazu beitragen, die deutsche Wirtschaft am Laufen zu halten. Fast eine Million davon sind selbständig. Von den Migranten:innen im erwerbsfähigen Alter gründet jede(r) Zehnte ein Unternehmen. Damit liegt die Gründungsquote beinahe doppelt so hoch wie bei Menschen ohne Migrationshintergrund. „Für unsere Wirtschaft, das belegen solche Zahlen, sind Migranten ein belebendes Element“, sagt Salomon.
Auch für den regionalen Ausbildungsmarkt werden Menschen mit ausländischem Pass immer wichtiger. Im Bereich der IHK Südlicher Oberrhein ist ihr Anteil an den neu abgeschlossenen Ausbildungsverhältnissen auf mittlerweile rund 20 Prozent gewachsen. Zwischen 50 und 80 Prozent liegt der Anteil junger Menschen, die nicht aus Deutschland stammen, in der Hotel- und Gastronomiebranche. „In diesem Bereich geht ohne Menschen mit ausländischen Wurzeln nichts mehr“, sagt Simon Kaiser, Geschäftsführer Aus- und Weiterbildung der IHK. Auch im Handel, in der Metallbearbeitung oder im öffentlichen Personennahverkehr – überall gibt es nur einen Bruchteil an Bewerbern für die zur Verfügung stehenden Ausbildungsplätze. Ohne Zuwanderung wird die Chance, hier noch geeignete Nachwuchskräfte zu gewinnen, immer geringer.
„Ziel ist eine Willkommenskultur“
Weil Zugewanderten und Geflüchteten das duale Ausbildungssystem in der Regel nicht vertraut ist, unterstützt die IHK sie mit sogenannten Kümmerern. Dabei handelt es sich um Fachberater, die den Jugendlichen oder jungen Erwachsenen aus dem Ausland dabei helfen, einen passenden Betrieb zu finden. Ist ein Arbeitsplatz gefunden, endet die Betreuung nicht, sondern läuft sechs Monate weiter. Die Kümmerer sind Teil des Projekts „Integration durch Ausbildung – Perspektiven für Zugewanderte“, das vom baden-württembergischen Wirtschaftsministerium gefördert wird. Weitere Informationen und Ansprechpartner zu den Kümmerern finden Sie hier.
Seit einem Jahr hilft das Welcome Center Südlicher Oberrhein in Freiburg dabei, Ausländern die Ankunft in den deutschen Arbeitsmarkt zu erleichtern. Zur Integration gehören neben dem fachlichen Onboarding im Betrieb auch die Beratung zu sogenannten weichen Faktoren, beispielsweise wie die Integration in das fremde Umfeld oder die Suche nach einer Wohnung oder einem Betreuungsplatz für die Kinder besser gelingen kann. „Ziel ist eine Willkommenskultur“, erklärt Simon Kaiser. „Der Prozess ist nicht unkompliziert und Unternehmern fehlen in ihrem Arbeitsalltag dafür oft die erforderlichen Kapazitäten“, so Kaiser, „das Welcome Center kann dabei unterstützen.“ Weitere Informationen und Kontaktpersonen finden Sie hier.
(17.04.2024)