Fortschreibung nationale Wasserstoffstrategie

Das Bundeskabinett hat im Juli 2023 die Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie beschlossen und damit die Strategie aus dem Jahr 2020 an aktuelle Entwicklungen angepasst und weiterentwickelt. Daneben wird derzeit eine Importstrategie für Wasserstoff und dessen Derivate erarbeitet.
Folgende Ziele verfolgt die fortgeschriebene Nationale Wasserstoffstrategie:
  • Beschleunigter Markthochlauf von Wasserstoff: Der Markthochlauf von Wasserstoff, seinen Derivaten und Wasserstoffanwendungstechnologien soll deutlich beschleunigt und das Ambitionsniveau entlang der gesamten Wertschöpfungskette massiv gesteigert werden.
  • Sicherstellung ausreichender Verfügbarkeit von Wasserstoff und seiner Derivate: Das Ziel für heimische Elektrolysekapazität in 2030 wird von 5 GW auf mind. 10 GW erhöht. Jedoch ist nicht gesagt, dass diese Kapazität auch erreicht wird. Die momentanen inländischen Rahmenbedingungen für die Erzeugung von grünem Wasserstoff sind nicht wirklich günstig. Der restliche Bedarf wird durch Importe gedeckt werden müssen. Eine gesonderte Importstrategie wird entwickelt.
  • Aufbau einer leistungsfähigen Wasserstoffinfrastruktur: Bis 2027/2028 soll über die IPCEI-Förderung ein Wasserstoffstartnetz mit mehr als 1.800 km umgestellten und neu gebauten Wasserstoffleitungen in Deutschland aufgebaut werden; europaweit kommen voraussichtlich ca. 4.500 km hinzu (European Hydrogen Backbone). Mittels Erweiterung zu einem Kernnetz sollen bis 2032 alle großen Erzeugungs-, Import- und Speicherzentren mit den relevanten Abnehmern in Deutschland verbunden werden. Der Kammerbezirk am Südlichen Oberrhein wird allerdings frühestens 2030 an das Wasserstoffnetz angeschlossen. Ein deutlicher Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Regionen.
  • Etablierung von Wasserstoffanwendungen in den Sektoren: Bis 2030 werden Wasserstoff und seine Derivate insbesondere bei Anwendungen in der Industrie, bei schweren Nutzfahrzeugen sowie zunehmend im Luft- und Schiffsverkehr eingesetzt. Im Stromsektor trägt Wasserstoff zur Energieversorgungssicherheit bei; durch auf klimaneutrale Gase umrüstbare Gaskraftwerke (H2-ready) und durch Elektrolyseure, insbesondere als variable und systemdienliche Stabilisatoren bzw. flexible Lasten. Zur perspektivischen Nutzung von Wasserstoff bei der zentralen und dezentralen Wärmeversorgung werden die Rahmenbedingungen aktuell im GEG, in der Wärmeplanung sowie im europäischen Gasmarktpaket weiterentwickelt. In der Industrie wird Wasserstoff als Prozessgas jedoch dringender gebraucht, als in der Wärmeversorgung.
  • Deutschland will bis 2030 Leitanbieter für Wasserstofftechnologien werden: Deutsche Anbieter wollen ihre Technologieführerschaft ausbauen und die gesamte Wertschöpfungskette von Wasserstofftechnologien von der Produktion (z. B. Elektrolyseure) bis hin zu den unterschiedlichen Anwendungen (z. B. Brennstoffzellentechnologie) anbieten.
  • Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen geplant: Kohärente rechtliche Voraussetzungen auf nationaler, europäischer und möglichst auch internationaler Ebene sollen den Markthochlauf unterstützen. Dies umfasst insbesondere effiziente Planungs- und Genehmigungsverfahren, einheitliche Standards und Zertifizierungssysteme, ausreichend ausgestattete und auf allen Ebenen koordinierte Verwaltung. Es wird sich zeigen, ob dieses Ziel wirklich erreicht wird.

IHK-Position: Wasserstoff als Chance für den Industriestandort Deutschland

Als zentraler Energieträger der Zukunft gilt Strom aus erneuerbaren Energien allgemein als gesetzt. Aus Sicht vieler Experten benötigt die Transformation aber eine zweite Säule aus CO2-armen Gasen und Treibstoffen. Insbesondere Wasserstoff kann aufgrund seiner vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten hier eine zentrale Rolle spielen. Vorteile bietet der Energieträger zudem für das System als Ganzes: Wasserstoff und Derivate können über größere Distanzen transportiert werden und aufgrund der Speicherfähigkeit eine zentrale Rolle für die Versorgungssicherheit übernehmen.
Für eine erfolgreiche und kosteneffiziente Klimapolitik ist es sinnvoll, nationale Vorreitermaßnahmen zu ermöglichen, die international anschlussfähig sind. Wasserstoff könnte dann sein wirtschaftliches Potenzial ausspielen und zu einer Chance für einen wettbewerbsfähigen und innovativen Wirtschafts- beziehungsweise Industriestandort Deutschland und den Südlichen Oberrhein werden.
Es benötigt gute Rahmenbedingungen für einen Wasserstoffmarkt, damit Unternehmen Wasserstoff in der Produktion oder zur Energiegewinnung einsetzen können. Vor allem ist es notwendig, dass CO2-neutraler Wasserstoff als qualitativ hochwertiges, verständliches und sicher handhabbares Produkt angeboten wird. Zentrale Voraussetzung ist zudem, dass Wasserstoff preislich mit fossilen Alternativen konkurrieren kann. Hierfür ist es wichtig, einen kosteneffizienten Markthochlauf zu gestalten. Auf der Nachfrageseite könnte dessen zentrale Triebfeder die explizite CO2-Bepreisung sowie eine technologieneutrale Definition von CO2-neutral erzeugtem Wasserstoff sein.
Aufgabe der Hersteller wird es sein, über Skalierung die Investitionskosten zu senken. Die Politik kann den Prozess durch sinkende variable Kosten unterstützen, indem die Stromnebenkosten niedrig bleiben und eine hohe Auslastung der Anlagen möglich ist. Ein zügiger Ausbau der Windkraft und Photovoltaik ist hierfür eine entscheidende Voraussetzung. Dies ist umso wichtiger, als grüner Wasserstoff absehbar die Referenz der Herstellungsverfahren sein wird.
Die Unternehmen brauchen bereits jetzt Anreize, um in H2-Technologien zu investieren. Dafür benötigen sie zwingend Planungssicherheit in Bezug auf Infrastruktur und Anschlussmöglichkeiten. Nur so kann sichergestellt werden, dass nachhaltige Energie dort ankommt, wo sie für die Defossilisierung der Wirtschaft gebraucht wird.