Bürgerschaftliches Engagement von Unternehmen ist wichtig für die Kulturstadt Bremen

Unternehmen unterstützen das ehrenamtliche Engagement ihrer Mitarbeiter, Kollegen renovieren gemeinsam Kindergärten, Firmen stellen ihre Mitarbeiter für einen begrenzten Zeitraum zur Unterstützung von Non-Profit-Organisationen frei: Was in den Vereinigten Staaten unter dem Titel Corporate Volunteering seit langem selbstverständlich zur Wirtschaftskultur gehört, setzt sich auch in Deutschland zunehmend durch. Wo auf die Firmen immer häufiger Spendenwünsche zukommen, weil der Staat an immer mehr Stellen nicht mehr unterstützen kann, suchen Unternehmen nach neuen Möglichkeiten bürgerschaftlichen Engagements.
Mittlerweile gibt es auch in Deutschland immer mehr Beispiele dafür, dass Firmen in der Frage der Spendenvergabe oder des Sponsorings grundlegend umdenken. Da ist beispielsweise ein Augsburger Hersteller von Generika, der sich nach Jahren des Umsatzzuwachses einer deutlich gestiegenen Konkurrenz gegenüber sah. Allein über den Preis der Medikamente ließ sich der damit steigende Kostendruck nicht kompensieren. Der Arzneimittelhersteller ging in die Offensive und begann, mit dem Verkauf seiner Medikamente das medizinische Nachsorgemodell "Der bunte Kreis" zu unterstützen - ein Projekt, das 1991 aus Gesprächen zwischen Eltern, Medizinern und Pflegekräften entstanden ist und dessen Ziel darin besteht, schon in der Klinik gemeinsam mit dem psychosozialen Dienst eine geeignete Nachsorge für erkrankte Kinder zu organisieren.
Alleinstellungsmerkmal bürgerschaftliches Engagement
Damit hatte das Unternehmen gegenüber der Konkurrenz ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal entwickelt: die langfristig und glaubwürdig angelegte Unterstützung bürgerschaftlichen Engagements - Corporate Social Responsibility (CSR) oder Corporate Citizenship (CC) - genannt. Das Ergebnis sprach für sich: Die Umsätze stiegen wieder, weil dieses Engagement bei Ärzten und Apothekern auf Widerhall stieß, es wirkte positiv auf die Einstellung der Mitarbeiter zu ihrem Unternehmen - und: Dieses Engagement half dort, wo der Staat die Hand auf die Kasse legen musste.
Eine klassische win-win-Situation, die für das Unternehmen vor allem einen entscheidenden Vorteil hatte: Mit diesem Engagement konnte es in der Öffentlichkeit nur gewinnen. Niemand wäre auf die Idee gekommen, es dem Hersteller anzukreiden, wenn er dieses Projekt nicht in Angriff genommen hätte. Und daran zeigt sich ein wesentliches Merkmal von Corporate Social Responsibility: Im Gegensatz zu Fragen wie der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die sich ohne entsprechenden Einsatz gleichsam durch öffentlichen Druck gegen ein Unternehmen wenden können, kann die Unterstützung bürgerschaftlichen Engagements im Grunde nur positiv wirken. Mit diesem Engagement lässt sich in der Öffentlichkeit die innere Haltung einer Firma - die Verantwortung für ihre Mitarbeiter und die Entwicklung des eigenen Umfelds - auch nach außen plausibel machen. Und mit ihm lässt sich ein Alleinstellungsmerkmal erzeugen, das sich unmittelbar auch auf den eigentlichen Unternehmenszweck auswirken kann.
CSR hat an der Weser Tradition
Auch wenn es scheint, als sei Corporate Social Responsibility lediglich ein neuer Anglizismus zwischen all den anderen Versuchen, neuen Wein in alte Schläuche zu füllen, lässt sich für Bremen mit Fug und Recht doch sagen: Bürgerschaftliches Engagement der Kaufleute - man denke nur an das Überseemuseum, an den Bürgerpark, die Kunsthalle oder die stetig steigende Anzahl von Stiftungen mit den unterschiedlichsten Zwecken - hat an der Weser Tradition. Eine Tradition, die heute aktueller denn je ist. Wenn wir uns auf die Suche nach Besonderheiten Bremens begeben, kommen wir um einen generellen Punkt nicht herum: Was Bremen heute ist und was es in Zukunft sein wird, ist eng mit dem Gedanken vieler hier tätiger Unternehmer verknüpft, sich ehrenamtlich für die Entwicklung ihres gemeinsamen Lebensumfeldes einzusetzen - für den Wirtschaftsstandort wie auch für den Bildungs- und Kulturstandort Bremen und all die anderen Facetten, die ein Lebensumfeld dazu machen, was es für Menschen sein sollte: Heimat und Identität, in die man leicht hineinwachsen kann, ganz gleich, ob man dort geboren ist oder erst später aus anderen Regionen hinzu kommt.
Gerade in Zeiten leerer öffentlicher Kassen stellt bürgerschaftliches Engagement einen immer bedeutenderen Faktor gesellschaftlichen Engagements dar. Einen Faktor im übrigen, der letztlich auch das Bekenntnis zu der eigenen christlich-abendländischen Tradition bedeutet: Zu der Grundhaltung, füreinander da zu sein, und die Verantwortung dafür nicht von sich zu weisen, indem sie zu einer nüchternen Thematik der Finanzierbarkeit durch den Staat gemacht wird.
Darf man soziales Engagement und unternehmerisches Interesse verknüpfen?
Zu einer grundsätzlichen moralischen Frage wird in Deutschland - im Gegensatz etwa zu Großbritannien oder den USA - möglicherweise, ob das soziale Engagement dazu genutzt werden darf, mit ihm zugleich unternehmerische Interessen zu verknüpfen. Muss am Gemeinwohl orientiertes Wirken immer auch selbstlos sein? Die Tradition Bremens zeigt, dass diese Frage auch unverkrampft gesehen und damit beantwortet werden kann, dass Selbstlosigkeit und Eigeninteresse ohnehin nicht trennscharf betrachtet werden können.
Nehmen wir das Beispiel Überseemuseum: Sicherlich ist heute für viele Besucher dieser Einrichtung nicht mehr ohne weiteres erkenntlich, wer einst zu seiner Gründung beigetragen hat - in diesem Sinne könnte mit Fug und Recht von Selbstlosigkeit gesprochen werden. Andererseits ist das Kalkül der Unterstützer aufgegangen, an zentralem Ort in der Stadt etwas zu errichten, das für den gesamten Standort - und damit ohne Frage auch für die Wirtschaft - von Vorteil ist. Tut dieser doppelte Sinn dem Überseemuseum Abbruch? Keineswegs!
Und eben dies ist der Grundgedanke von CSR: Wie auch immer es ausgestaltet wird, ist es legitim, unternehmerische Interessen und die Aspekte des Gemeinwohls miteinander zu verknüpfen. Bremen steht dafür, dass bürgerschaftliches Engagement ein tragfähiges Modell ist.