Newsletter Recht - November 2021
- I. Keine Nachgewährung Urlaubstage nach Quarantäne
- II. Besondere Preisvorteile im Internet
- III. OLG Hamm, Lieferzeit „in der Regel“ zulässig
- IV. Änderung Inkassokosten
- V. Steuerliche Behandlung von Reisekosten und Reisekostenvergütungen bei betrieblichen und beruflich veranlassten Auslandsreisen ab 1. Januar 2022
- VI. Pflicht zur Erteilung einer Negativauskunft
- VII. Notfallinstrument für den EU-Binnenmarkt im ersten Quartal 2022 zu erwarten
- VIII. Der Weg für das Einheitliche Patentgericht ist frei
I. Keine Nachgewährung Urlaubstage nach Quarantäne
Das Arbeitsgericht (ArbG) Bonn hat mit Urteil vom 7. Juli 2021 (Az.: 2 Ca 504/21) entschieden, dass kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Nachgewährung von Urlaubstagen bei einer Quarantäneanordnung wegen einer Infektion mit dem Coronavirus besteht.
Die klagende Arbeitnehmerin musste sich während ihres Erholungsurlaubs auf behördliche Anordnung in Quarantäne begeben. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung lag für diesen Zeitraum allerdings nicht vor. Sie begehrte die Nachgewährung von Urlaubstagen.
Das ArbG Bonn wies die Klage ab: Für eine Nichtanrechnung von Urlaubstagen gemäß § 9 Bundesurlaubsgesetz (BurlG) bedürfe es eines ärztlichen Zeugnisses. Eine behördliche Isolierungsanordnung sei nicht ausreichend, da keine Beurteilung der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers erfolge. Eine Infektion mit SARS-CoV-2 führe nicht in jedem Fall zu einer Arbeitsunfähigkeit.
II. Besondere Preisvorteile im Internet
Wirbt ein Händler mit besonderen Preisvorteilen, müssen neben den vergünstigten Preisen auch die damit verbundenen Einschränkungen und Bedingungen transparent dargestellt werden.
Mehrere Motorradhändler warben auf einer Internetplattform im Rahmen von sogenannten „Führerscheinaktionen“ mit vergünstigten Preisen für bestimmte Produkte. Hierbei standen zwar die Aktion selbst und die vergünstigten Preise auf der Internetplattform im Blickfang, für die daran geknüpften Bedingungen und Einschränkungen musste der Nutzer jedoch erst durch eine Reihe von Informationen nach unten scrollen. Dort war dann beispielsweise zu lesen, dass der Führerschein in einem bestimmten Zeitraum erworben worden sein musste, um in den Genuss des günstigeren Preises zu kommen. Zusätzlich waren diese Angaben an Stellen verortet, an denen der Nutzer normalerweise keine weiteren Details zum Preis erwartet.
Die Wettbewerbszentrale sah das Vorgehen als irreführend an. Auch verschaffe eine derartige Darstellung von Preisen ohne die offenkundige Nennung der Bedingungen dem Händler einen wettbewerbswidrigen Vorteil hinsichtlich des Rankings auf der Trefferliste der Internetplattform.
Die Pressemitteilung dazu von der Wettbewerbszentrale finden Sie hier.
III. OLG Hamm, Lieferzeit „in der Regel“ zulässig
Entgegen der geltenden Verbraucherrechterichtlinie aus dem Jahr 2014, wonach Online-Händler den Termin nennen müssen, bis zu dem sie eine Ware liefern und unpräzise Angaben wie „voraussichtlich“ oder „in der Regel“ diese Anforderung bislang nicht erfüllen konnten, hat das OLG Hamm mit Urteil vom 19. August 2021 (Az.: 4 U 57/21) entschieden, dass eine AGB-Klausel, welche die Lieferzeit unter Heranziehung von Regellogiken beschreibt, wirksam vereinbart werden kann. Das Gericht entschied zudem zu Garantiewerbung, Angaben zum Warensortiment und einer AGB-Klausel zur Beschaffenheit.
IV. Änderung Inkassokosten
Zum 1. Oktober 2021 sind wesentliche Teile des Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht in Kraft getreten. Dies führt dazu, dass in etlichen Fällen die Vergütung für Inkassodienstleistungen sinkt. Hiervon werden nicht nur Verbraucher sondern auch Unternehmen im Zahlungsverzug profitieren.
Bei der ersten Zahlungsaufforderung einer unbestrittenen Forderung kann ab Oktober nur noch ein Gebührensatz von 0,5 zur Anwendung gebracht werden. Im Falle einer einzuziehenden Forderung von 100 EUR beträgt die maximal zulässige Vergütung (inklusive Auslagenpauschale) in diesen Fällen also künftig in der Regel 29,40 EUR netto (statt wie bisher 76,44 EUR netto). Wenn der Schuldner den geschuldeten Betrag nicht auf die erste Aufforderung hin bezahlt, verringert sich der maximal zulässige Gebührensatz. Er beträgt künftig im Regelfall 0,9 statt wie bisher 1,3. Das heißt: die zulässige Inkassovergütung beträgt in einem solchen Fall einer unbestrittenen Forderung von 100 EUR maximal 52,92 EUR netto (inklusive der Auslagenpauschale). Noch geringer ist die künftig zulässige Vergütung, wenn die Forderung nicht mehr als 50 Euro beträgt: Dann können bei einem Gebührensatz von 0,5 nur 18 Euro und bei einem Gebührensatz von 0,9 nur 32,40 Euro erstattet verlangt werden.
Außerdem sehen die Neuregelungen Informationspflichten für Inkassodienstleister und Rechtsanwälte bei der Erbringung von Inkassodienstleistungen vor.
Das Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht und zur Änderung weiterer Vorschriften finden Sie hier.
V. Steuerliche Behandlung von Reisekosten und Reisekostenvergütungen bei betrieblichen und beruflich veranlassten Auslandsreisen ab 1. Januar 2022
Pandemiebedingt werden die Auslandstage- und Auslandsübernachtungsgelder nach dem Bundesreisekostengesetz zum 1. Januar 2022 nicht neu festgesetzt. Die zum 1. Januar 2021 veröffentlichten Beträge gelten somit für das Kalenderjahr 2022 unverändert fort. Demzufolge sind die durch BMF-Schreiben vom 3. Dezember 2020 zur “Steuerlichen Behandlung von Reisekosten und Reisekostenvergütungen bei betrieblichen und beruflich veranlassten Auslandsreisen ab 1. Januar 2021” veröffentlichten steuerlichen Pauschbeträge auch für das Kalenderjahr 2022 anzuwenden.
VI. Pflicht zur Erteilung einer Negativauskunft
Eine Privatperson kann von einer Behörde oder einem Unternehmen Auskunft darüber verlangen, ob und welche Daten über sie gespeichert sind. Werden keine persönlichen Daten verarbeitet, muss dies dem Anfragenden mitgeteilt werden, ein Schweigen reicht nicht. Wenn keine personenbezogenen Daten verarbeitet werden, muss dies daher auch mitgeteilt werden, und zwar in Form einer so genannte Negativauskunft. Die Beantwortung muss spätestens innerhalb eines Monats erfolgen.
(AG Lehrte, Beschluss vom 3. Februar 2021, 9 C 139/20)
Mehr Informationen zum Auskunftsrecht finden Sie hier.
VII. Notfallinstrument für den EU-Binnenmarkt im ersten Quartal 2022 zu erwarten
Laut dem Arbeitsprogramm 2022 der Europäischen Kommission ist die Vorstellung eines Notfallinstruments für den Europäischen Binnenmarkt im ersten Quartal 2022 zu erwarten.
Das Notfallinstrument soll die Resilienz des Europäischen Binnenmarktes in künftigen Krisenzeiten stärken, indem eine strukturelle Lösung zur Gewährleistung des freien Personen-, Waren- und Dienstleistungsverkehrs eingeführt wird. Es sollte dazu beitragen, kritische Engpässe bei Produkten durch eine Beschleunigung der Verfügbarkeit zu beseitigen und die Zusammenarbeit bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu stärken.
Dies soll Krisenfälle berücksichtigen, welche die Gefahr bergen die Funktionalität des Europäischen Binnenmarktes nachhaltig zu beeinträchtigen. Neben Pandemiefällen sollten auch Erdbeben oder Vulkanausbrüche aufgenommen werden.
Das Notfallinstrument soll die Resilienz des Europäischen Binnenmarktes in künftigen Krisenzeiten stärken, indem eine strukturelle Lösung zur Gewährleistung des freien Personen-, Waren- und Dienstleistungsverkehrs eingeführt wird. Es sollte dazu beitragen, kritische Engpässe bei Produkten durch eine Beschleunigung der Verfügbarkeit zu beseitigen und die Zusammenarbeit bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu stärken.
Dies soll Krisenfälle berücksichtigen, welche die Gefahr bergen die Funktionalität des Europäischen Binnenmarktes nachhaltig zu beeinträchtigen. Neben Pandemiefällen sollten auch Erdbeben oder Vulkanausbrüche aufgenommen werden.
VIII. Der Weg für das Einheitliche Patentgericht ist frei
Deutschland hat das Protokoll über das einheitliche Patentgericht ratifiziert. Dies stellt einen wesentlichen Schritt auf dem Weg für das EU-Einheitspatent dar. Vorher muss aber organisatorisch die Arbeitsfähigkeit des Einheitlichen Patentgerichts hergestellt werden. Sofern noch zwei weitere Staaten ihre Zustimmung zu dem Protokoll erklären, kann dieses voraussichtlich im Herbst 2021 in Kraft treten. Ende 2022 könnte dann ggf. endlich auch ein EU-Patent angemeldet werden.
Die Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz finden Sie hier.
Die Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz finden Sie hier.