Newsletter Recht - Juli 2022

Das neue UWG: Das hat sich geändert

Am 28. Mai 2022 ist das novellierte Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) in Kraft getreten. Die Änderungen, die der Umsetzung der sogenannten Omnibus-Richtlinie dienen, betreffen das Influencer- und „Dual-Quality“-Marketing, Informationspflichten im Onlinehandel sowie Rechtsfolgen bei Verstößen.
Das sogenannte „Dual Quality“-Marketing wurde nach der neuen Fassung des UWG als irreführende geschäftliche Handlung eingestuft, wenn eine Ware als „identisch“ mit einer in einem anderen Mitgliedsstaat bereitgestellten Ware bezeichnet wird, obwohl wesentliche Unterschiede in z. B. der Zusammensetzung bestehen. Wie genau die Aufmachung bzw. Etikettierung zu erfolgen hat, hat der Gesetzgeber offengelassen. Unterschiede, die auf der lediglich saisonalen Verfügbarkeit von Rohstoffen oder Vorgaben des jeweilig nationalen Rechts beruhen, sind allerdings nicht zu berücksichtigen.
Nicht zur Umsetzung des Europäischen Rechts, sondern aufgrund ständiger nationaler Rechtsprechung gibt es auch eine Änderung im Bereich des Influencer-Marketings. Hier wird klargestellt, dass ein kommerzieller Zweck auf jeden Fall vorliegt, wenn der Influencer für seinen Post eine Gegenleistung erhält. Das Vorliegen einer Gegenleistung bewirkt die Vermutung. Influencern obliegt es also, glaubmacht zu machen, dass eine solche eben nicht erfolgt ist. Weiterhin grundsätzlich kennzeichnungspflichtig bleibt Eigenwerbung – dies geht allein schon aus der in § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG n. F. enthaltenen Definition der geschäftlichen Handlung hervor.
Außerdem neu aufgenommen wurden folgende Informationspflichten im Onlinehandel
  • Betreiber von sog. „Online-Marktplätzen“ sind verpflichtet, den Verbraucher über eine etwaige Unternehmereigenschaft der vorhandenen Anbieter zu informieren;
  • können Verbraucher auf einem Online-Marktplatz nach Waren oder Dienstleistungen von verschiedenen Anbietern suchen, so müssen die Parameter, die zum Ranking führen, offengelegt werden;
  • werden die angebotenen Produkte auf dem Online-Marktplatz von Kunden bewertet, so muss der Betreiber angeben, ob und wenn ja - wie er sicherstellt, dass die Bewertungen tatsächlich von Verbrauchern stammen.
Auch bei Verstößen gegen das UWG gab es Neuerungen. So können Verbraucher nunmehr individualisierten Schadensersatz verlangen, war eine Verletzung der Rechte der Verbraucher vorsätzlich oder fahrlässig drohen Bußgelder.

BAG: Kein Schutz des Mindestlohns bei einer Insolvenzanfechtung

Grundsätzlich kann ein Insolvenzverwalter die vom Insolvenzschuldner innerhalb der letzten drei Monate vor dem Insolvenzantrag getätigten Zahlungen anfechten und die Beträge zugunsten der Insolvenzmasse zurückfordern. Das BAG hatte vorliegend zu entscheiden, ob dies auch für den gesetzlichen Mindestlohn gilt.
Der Insolvenzverwalter eines zahlungsunfähig gewordenen Arbeitgebers hatte die vor der Stellung des Insolvenzantrages an seine Arbeitnehmerin gezahlten Lohnzahlungen im Wege der Anfechtung zurückgefordert. Das BAG gab der daraufhin erhobenen Klage des Insolvenzverwalters statt und begründetet seine Entscheidung damit, dass der Schutz des Existenzminimums des Arbeitnehmers bereits durch Bestimmungen der Zivilprozessordnung und des Sozialrechts gegeben sei. Die Rückgewähr des Lohnes durch den Insolvenzverwalter kann damit erfolgen (6 AZR 497/21).

LAG Hamm: Verfall des Urlaubs bei langjähriger Krankheit

Nach den Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes (BurlG) muss der Jahresurlaub im laufenden Kalenderjahr genommen werden. Ist dies aus dringenden betrieblichen Gründen oder Gründen, die in der Person des Arbeitnehmers liegen, nicht möglich, so kann der Urlaubsanspruch auch noch bis zum 31. März des Folgejahres übertragen werden. Danach verfällt der nicht genommene Urlaub unter zwei Voraussetzungen:
  1. Der Arbeitgeber hat seinen Mitarbeiter aufgefordert, den Urlaub zu nehmen und
  2. diesen auf den Verfall des Urlaubsanspruchs klar und rechtzeitig hinweisen.
Das LAG hat nun entschieden, dass die vorstehenden Voraussetzungen entfallen, wenn ein Mitarbeiter langjährig erkrankt ist. Langjährig erkrankt bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Mitarbeiter seit Beginn des Urlaubsjahres bis zum 31. März des Folgejahres durchgehend arbeitsunfähig war. In einem solchen Fall verfällt der Anspruch auf den nicht genommenen Urlaub auch ohne den Hinweis des Arbeitgebers auf diese Tatsache und die daraus resultierenden Folgen (5 Sa 872/21).
Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt, das Urteil des BAG bleibt abzuwarten.

BGH: Gläubigerschutz bei Ablehnung des Insolvenzverfahrens der GmbH

Hat eine GmbH einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt und wurde dieser Antrag aufgrund Masselosigkeit abgelehnt, so kann die Gesellschaft zu keinem späteren Zeitpunkt fortgeführt werden, auch dann nicht, wenn die Gesellschafter die Gründe für die Insolvenz beseitigt und das erforderliche Stammkapital eingezahlt haben.
Begründet hat dies der BGH damit, dass Gesellschaften, „die nicht einmal mehr die finanziellen Mittel zur Durchführung eines Insolvenzverfahrens besitzen“, im öffentlichen Interesse möglichst rasch zu beenden sind. Im Vordergrund der Entscheidung steht das dem Interesse der Gesellschafter gegenüberstehende und überwiegende Gläubigerschutzbedürfnis.

Geldwäscheprävention: Anpassung der Hochrisiko-Länder

Mit Veröffentlichung ihres Rundschreibens vom 04.07.2022 hat die BaFin die angepasste Liste der Hochrisikoländer bekanntgegeben. Hochrisikostaaten sind solche, bei denen besondere Geldwäsche-Sorgfaltspflichten zu beachten sind. Dazu gehört z. B. das Einholen von zusätzlichen Informationen über den Vertragspartner oder den wirtschaftlichen Berechtigten, über die Herkunft von Vermögenswerten, deren geplante Verwendung u. v. m. Ziel der Beachtung der Sorgfaltspflichten ist die Minimierung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.
Folgende Länder gelten neben Nordkorea und Iran als Hochrisikoländer: Afghanistan, Barbados, Burkina Faso, Haiti, Jamaika, Jemen, Jordanien, Kaimaninseln, Kambodscha, Mali, Marokko, Myanmar, Nicaragua, Pakistan, Panama, Philippinen, Senegal, Simbabwe, Südsudan, Syrien, Trinidad und Tobago, Uganda, Vanuatu.

Kurzarbeitergeld: Verlängerung der Sonderregel

Der durch die COVID-19-Pandemie eingeführte Sonderfall, dass Kurzarbeitergeld (Kug) bereits gewährt werden soll, wenn zehn Prozent der Beschäftigten eines Betriebes von Arbeitsausfall betroffen sind, wurde bis zum 30. September 2022 verlängert. Auch müssen die Beschäftigten im Verlängerungszeitraum keine Minusstunden abbauen, damit das Kug gewährt werden kann. Grund für die Verlängerung sind diesmal die durch den Ukraine-Krieg gestörten Lieferketten.
Die übrigen pandemiebedingten Sonderbedingungen (höhere Leistungssätze, längere Bezugsdauer und Einbeziehung der Leiharbeit) sind mit Anfang des Monats Juli weggefallen.
Was das Kug ist und unter welchen Voraussetzungen Sie es beantragen können, erfahren Sie in unserem Beitrag zu dem Thema.

Sozialgericht Frankfurt am Main zur Scheinselbstständigkeit

Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main bestätigt nochmals, dass es bei der Bewertung einer sog. Scheinselbstständigkeit immer auf die Umstände des Einzelfalls ankommt.
Vorliegend hatte ein „selbstständiger Handelsvertreter“ einer Bank ein Statusfeststellungsverfahren vor der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) betrieben, in welchem die Beschäftigung als eine Versicherungspflichtige eingeordnet wurde. Damit stellte die DRV Bund also fest, dass es sich bei dem Handelsvertreter eben nicht um einen selbstständigen Finanzberater, sondern einen abhängig beschäftigen Mitarbeiter der Bank handelt. Dagegen erhob die Bank Klage vor dem zuständigen Sozialgericht.
Dieses wies die Klage jedoch ab und begründete dies damit, dass es bei der Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses nicht auf das im Handelsvertretervertrag Niedergelegte ankommt, sondern auf das tatsächlich Gelebte. Die Vorgaben der Bank zu den Arbeitsbedingungen (Arbeitszeiten, Vorgehen bei Arbeitsunfähigkeit, Errichtung eines Geschäftskontos, Beschäftigungsort etc.) seien danach so eng gestaltet, dass das Sozialgericht zu der Auffassung gelangte, dass es die notwendige Selbstständigkeit nicht mehr vorliege (SG Frankfurt/Main, Urteil vom 08.03.2021, S 18 BA 93/18).
Die Bank hat inzwischen Berufung eingelegt; die Entscheidung gilt es abzuwarten (LSG Hessen, L 8 BA 36/21).

Eckpunktepapier für ein Zukunftsfinanzierungsgesetz

Die Bundesregierung plant ein sog. Zukunftsfinanzierungsgesetz zu erlassen. Dieses soll nach ersten Angaben durch das Bundesfinanz- und Bundesjustizministerium folgende Eckpunkte umfassen:
  • Erleichterung des Kapitalmarktzugangs durch Herabsetzung des Mindestkapitals von 1,25 Mio. € auf 1 Mio. €
  • Stärkung des Finanzsektors Deutschland
  • verbesserte rechtliche Rahmenbedingungen insb. Bei der Finanzierung von Start-Ups und KMUs sowie verbesserte Möglichkeiten zur Eigenkapitalgewinnung
  • Digitalisierung des Kapitalmarktes und der Aufsicht
  • Mehr steuerliche Attraktivität bei der Aktien- und Vermögensanlage sowie bei Mitarbeiterkapitalbeteiligungen
  • Einsatz und Fortführung des INVEST-Programms über das Jahr 2022 hinaus

KMU-Fonds für Geistiges Eigentum – noch Mittel vorhanden

Bis Dezember 2022 haben KMUs die Möglichkeit, eine Förderung für geistiges Eigentum in Form von Gutscheinen zu beantragen. Die Beantragung erfolgt über das EU IPO.
Gefördert werden Unternehmen mit
  • weniger als 250 Beschäftigten
  • die einen Jahresumsatz von bis zu 50 Mio. €
  • bzw. eine Bilanzsumme von max. 43 Mio. €.
Dabei stehen zwei Förderungsmöglichkeiten zur Verfügung:
  1. Erstattung eines Betrages von bis zu 1.500 € für Gebühren für Marken- und Designanmeldungen und/oder IP-Scans (also der sogenannte „Vorabdiagnose“ zu Rechten des geistigen Eigentums);
  2. Erstattung eines Betrages von bis zu 750 € für Patentgebühren.
Achtung: Wichtig ist der Verfahrensablauf! Der Termin zum IP-Scan bzw. die Anmeldung der Marke, des Patents oder Designs darf erst nach Eingang des Finanzhilfebescheides durch das EU IPO erfolgen.