Nachhaltigkeitsberichterstattung KMU: Leitfaden für Einsteiger

Nach der Corporate Sustainability Reporting Directive (EU) 2022/2464, kurz CSRD genannt, haben große Unternehmen über die Berücksichtigung und den Umgang mit sozialen und ökologischen Herausforderungen zu berichten. Ziel ist es, die bereits bestehende Richtlinie zur Berichterstattung über nicht finanzielle Informationen – also Non-Financial Reporting Directive (NFRD) – zu erweitern.
Die CSRD soll erreichen, dass Unternehmen verlässliche und vergleichbare Nachhaltigkeitsinformationen bereitstellen, die Stakeholder zur Bewertung der nicht finanziellen Unternehmensleistung benötigen. Damit soll vor allem die Transparenz erhöht werden, um die Umlenkung von Investitionen in nachhaltige Technologien und Unternehmen zu fördern.
Darüber hinaus wird die Nachhaltigkeitsberichterstattung auch Auswirkungen auf weitere Unternehmen haben: Dazu gehören die Geschäftspartner beziehungsweise Zulieferer der berichtspflichtigen Unternehmen. Denn das berichtspflichtige Unternehmen wird zur Erfüllung der eigenen Nachhaltigkeitsberichtspflicht auf Informationen seiner Zulieferer zurückgreifen müssen und diese auffordern, entsprechende Informationen zu liefern. Grund hierfür ist, dass das große Unternehmen bei fehlenden Informationen entlang seiner Lieferkette seine eigenen gesetzlichen Berichtspflichten zum Teil nicht erfüllen kann. Zudem gewinnen sie für Investoren, Kunden und Mitarbeiter zunehmend an Bedeutung.
Daher wird es wichtig sein, Entscheidungsträgern entscheidungsrelevante Nachhaltigkeitsdaten zu liefern. Der nachfolgende Leitfaden basiert auf den ESG-Kriterien (Environmental, Social and Governance) und soll Ihnen eine Orientierung geben für eine strukturierte Erhebung von Daten, um die Nachhaltigkeitsleistung für außenstehende besser darzustellen.
Für eine Nachhaltigkeitsberichterstattung sind folgende Kriterien zu betrachten:
  • Ökologie: Energie, Umwelt und CO2-Emissisionen 
  • Soziales: Mitarbeiter und Gesellschaft 
  • Governance: Unternehmensführung und Gesellschaft

Ökologie: Energie, Umwelt und CO2-Emissionen

Energieverbrauch: Erfassen Sie, wie viel Energie Ihr Unternehmen verbraucht, inklusive aller Energiequellen wie Strom, Erdgas, Kraftstoffe für Fuhrpark, selbsterzeugter und  eigenverbrauchter Strom aus erneuerbare Energien oder auch biogene Energieträger wie Holzpellets, Hackschnitzel et cetera.
Umwelt: Erfassen sie welches Abfallaufkommen Sie erzeugen und wie diese entsorgt werden. Hierbei können Sie die Daten der Gewerbeabfallverordnung heranziehen. Weiter sollten Sie weitere Daten aufbereiten wie Trinkwasserverbrauch und Abwasser.
Bereits bei der Produktentwicklung ist es Empfehlenswert die Abfallhierarchie nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz §6 zu betrachten.
  • Vermeidung
  • Vorbereitung zur Wiederverwendung
  • Recycling
  • Sonstige Verwertung (insbesondere energetische und Verfüllung)
  • Beseitigung
CO2-Emissionen: Das Thema CO2-Bilanzierung ist für die Wirtschaft aktueller denn je. Spätestens durch den Europäischen Green Deal, die sich daraus ableitenden gesetzlichen Vorgaben, den kontinuierlichen Preisanstieg fossiler Energieträger durch das Brennstoffemissionshandelsgesetz sowie durch die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Forderungen muss sich jedes Unternehmen – unabhängig von Branche und Größe – mit dem Klimawandel und den sich daraus ergebenden Handlungsnotwendigkeiten auseinandersetzen.
Ermitteln Sie, wie viel CO2 Ihr Unternehmen ausstößt. Dies umfasst direkte Emissionen (zum Beispiel durch eine Heizungsanlage) und indirekte Emissionen (zum Beispiel Strombezug aus dem Netz). Bei der CO2-Bilanzierung sollte man sich nach dem Greenhouse Gas Protocol orientieren. Das kostenlose CO2- Bilanzierungstool der baden-württembergischen Industrie- und Handelskammern bietet hier einen ersten Ansatz. Die Daten der Bilanzierungsgrenzen Scope 1 und Scope 2 sollten für Unternehmen darstellbar sein. Scope 3 betrifft meist Auswirkungen die nicht unmittelbar beeinflussbar sind.
Um einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess voranzubringen auf dem Transformationsweg zur Treibhausgasneutralität müssen Maßnahmen identifiziert und geplant werden. Für eine tiefergreifende Verstetigung des Prozesses ist eine Einführung von Umweltmanagementsystemen nach ISO 14001 oder EMAS erstrebenswert.
Maßnahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen, sowie Steigerung der Umweltleistung. Teilweise werden Maßnahmen durch Förderprogramme unterstützt.
  • Einsatz regenerativer Energien wie zum Beispiel Stromerzeugung aus Photovoltaik
  • Steigerung der Energieeffizienz in den Querschnittstechnologien und Prozessen
  • Ressourceneffizienz in Produktion durch weniger Materialverschnitt
  • Ressourceneffizienz in Verwaltung zum Beispiel durch weniger Papiereinsatz
  • Emissionsreduktionen durch betriebliches Mobilitätsmanagement durch Fahrradleasing-Modelle für Mitarbeiter und alternative Antriebe für firmeneigene Fahrzeuge
  • Maßnahmen zur Kreislaufwirtschaft (zum Beispiel Wiederverwertung von Pro­dukten, Reparaturanleitungen für Endverbraucher, et cetera)
  • Optimierung des Produktlebenszyklus oder der Prozesskette
  • Schulungen für Mitarbeiter im Bereich Umwelt zum Beispiel Qualifizierung von Azubis als Energie- und Nachhaltigkeitsscouts

Soziales: Mitarbeiter und Gesellschaft

Von Unternehmen wird erwartet, dass sie nachhaltig agieren und den gesellschaftlichen Fortschritt langfristig mitgestalten. Corporate Social Responsibility (CSR) ist ein strategisches Instrument, um die gesellschaftliche Verantwortung in das Kerngeschäft eines Unternehmens zu integrieren. Wie gesellschaftliche Verantwortung gelebt wird, unterscheidet sich individuell nach Branche, Region und Größe. Sie stiftet jedoch immer einen ökonomischen Mehrwert. Nahezu jedes Unternehmen engagiert sich aus freien Stücken – oft völlig selbstverständlich – über die gesetzlichen Anforderungen hinaus und nimmt seine gesellschaftliche Verantwortung wahr. Dies trifft gerade auch auf kleine und mittlere Unternehmen zu.

Governance: Unternehmensführung und Ökonomie

Unter Corporate Governance wird der rechtliche und faktische Ordnungsrahmen für die Leitung und Überwachung eines Unternehmens verstanden. Hierbei müssen die Unternehmensinteressen im Vordergrund stehen. Die Geschäftsführung hat im Einklang mit den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft unter Berücksichtigung der Belange der Inhaber, der Belegschaft und der sonstigen mit dem Unternehmen verbundenen Gruppen (Stakeholder) für den Bestand des Unternehmens und seine nachhaltige Wertschöpfung zu sorgen.
Bei der Unternehmensführung müssen die Managementstrukturen beschrieben werden und im Kontext das Zusammenwirken mit den Stakeholdern. Folgende Punkte müssen dabei aufgegriffen werden:
  • Beschreibung der Unternehmensführung (Organigramm)
  • Beschreibung der Stakeholder Struktur
  • Festlegung der Unternehmenspolitiken im Bereich Ökologie, Ökonomie und Soziales im Kontext mit den Stakeholdern
  • Erstellung eines Maßnahmenkatalogs für die Erreichung der Ziele
  • Erstellung eines Rechtskatasters über die Gesetze im Bereich Energie, Umwelt und Arbeitssicherheit auf Ebene der EU, sowie der Bundes- und Landesebene
Das Rechtskataster sollte die Verantwortlichkeiten festlegen, sowie die Richtlinien, Gesetze und Verordnungen aufzeigen. Hierbei können folgend Links zu einem Überblick beitragen. Auch der kostenlose Newsletter der IHK Bodensee-Oberschwaben informiert regelmäßig über gesetzliche Änderungen.

Erste Schritte zur Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts

  1. Daten sammeln: Beginnen Sie mit der Sammlung relevanter Daten. Nutzen Sie dafür Checklisten und Fragebögen.
  2. Ziele setzen: Definieren Sie klare Ziele in Bezug auf Umwelt, Soziales und Governance. Wo möchten Sie in einem Jahr stehen?
  3. Maßnahmen planen: Entwickeln Sie Maßnahmen, um Ihre Ziele zu erreichen. Das könnte zum Beispiel der Einsatz von erneuerbaren Energien oder Fortbildungen für Mitarbeiter sein.
  4. Bericht erstellen: Fassen Sie Ihre Daten und Pläne in einem Bericht zusammen. Dieser sollte klar, verständlich und transparent sein.
  5. Kommunizieren: Teilen Sie Ihren Bericht mit Stakeholdern wie Mitarbeitern, Kunden und Investoren. Das zeigt Transparenz und Verantwortungsbewusstsein.
Fazit: Nachhaltigkeitsberichterstattung ist mehr als ein Trend. Es ist eine wichtige Vorgehensweise für nachhaltiges Wirtschaften. KMU, die in eine Nachhaltigkeitsberichterstattung investieren, positionieren sich als verantwortungsbewusste und zukunftsfähige Unternehmen.