Formen der Nachfolge

Die Gestaltungsmöglichkeiten einer Unternehmensnachfolge und deren Konsequenzen sind komplex und vielschichtig. Sie sollten vor allem in der Familie, aber auch mit dem Steuerberater, dem Rechtsanwalt und ggf. einem Unternehmensberater diskutiert werden.

Familieninterne Nachfolge

Es ist naheliegend, bei der Übergabe des Unternehmens an ein geeignetes Familienmitglied zu denken. In der Regel ist dies die schwierigste Form der Nachfolge überhaupt. Um den klassischen Generationskonflikt zu vermeiden, ist eine gründliche Information und das gemeinsame offene Gespräch aller Familienmitglieder notwendig. In den meisten Fällen geht das Unternehmen in Form der vorweggenommenen Erbfolge bzw. Schenkung auf die nächste Generation über. Es gibt aber auch Varianten, in denen es sinnvoll oder notwendig ist, dass der Nachfolger eine Gegenleistung für das Unternehmen erbringen muss. Grundsätzlich gilt für alle Fälle – werden Sie aktiv und gestalten Sie frühzeitig den Erhalt Ihres Lebenswerks! Beantworten Sie sich dabei folgende Fragen:
  • Bestehende Vereinbarungen prüfen: „Was wurde bisher vereinbart und passt dies zu meiner aktuellen Lebenssituation?“
  • Übertragungsmasse und Erbfolge klären: „Wer soll was zu welchem Wert bekommen?“
  • Betrieb und Versorgung der Familie absichern: „Was passiert im Notfall und gelten Pflichtteilsansprüche?“
  • Zielsetzung definieren und kommunizieren: „Welche rechtsverbindlichen Vereinbarungen sollten getroffen werden?“

Erbfolge per Testament / Erbvertrag (geregelt)

Das Unternehmen kann dann schriftlich vereinbart an Erbende übertragen werden. Diese Regelung hat Vorrang gegenüber der gesetzlichen Erbfolge. Ungewünschte Konstellationen werden so vermieden. Dabei sollte der Gesellschaftsvertrag und das Testament bzw. der Erbvertrag immer aufeinander abgestimmt und aktuell sein. Dabei gilt im Grundsatz; Gesellschaftsrecht schlägt Erbrecht. Ein aktueller Gesellschaftsvertrag ist daher maßgeblich.
Darüber hinaus gelten bei Betriebsvermögen zwei steuerliche Verschonungsregelungen (§ 13a ErbStG). Die Regelverschonung umfasst eine Teilverschonung von 85 Prozent des begünstigten Betriebsvermögens. Die Optionsverschonung eine Vollverschonung von 100 Prozent. Beide Modell setzen jedoch gewisse Bedingungen voraus, die über einen gewissen Zeitraum erfüllt werden müssen. Mit Ihrer Steuerberatung sind u.a. folgende Punkte abzustimmen: erkennbare Betriebsfortführung, Höhe des Verwaltungsvermögens, Einhaltung Lohnsummenregelung. Darüber hinaus können auch Steuerfreibeträge genutzt werden (§ 16 ErbStG). Die Freibeträge und die Verschonungsregelungen können auch in Kombination genutzt werden.
Der Pflichtteil stellt einen individuellen Anspruch auf Auszahlung einer Geldsumme in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils dar (§ 2303 BGB). Da dieser Anspruch sofort und in bar zu erfüllen ist, kann er insbesondere bei der Unternehmensnachfolge eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen. Im schlimmsten Fall führt die nötige Auszahlung zu Liquiditätsengpässen, die das Unternehmen existenziell gefährden und sogar eine Betriebsschließung zur Folge haben können.
Beispiel - Pflichtteil: Der Vater verstirbt und setzt in seinem Testament nur eines von drei Kindern als Alleinerben des Unternehmens ein. Die beiden enterbten Kinder haben sofort nach dem Tod des Vaters einen Pflichtteilsanspruch in Form von liquiden Mitteln gegenüber dem Alleinerben – und zwar jeweils in Höhe von 50 Prozent des gesetzlichen Erbteils am Unternehmenswert.

Schenkung (zu Lebzeiten)

Die Senior-Übergebenden übertragen das Unternehmen unentgeltlich zu Lebzeiten an die Übernehmenden. Dies kann steuerlich vorteilhafter sein, da so Steuerfreibeträge genutzt werden können. Diese können alle 10 Jahre erneut aktiviert werden (§ 14 Abs. 1 ErbStG). Die Höhe Freibeträge richten sich nach dem Verwandtschaftsgrad zwischen schenkender und beschenkter Person (§ 16 ErbStG). Wie oben beschrieben, sollten Sie auch die steuerliche Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen und mögliche Schenkungspflichtteilsansprüche prüfen lassen.
Bei einer Schenkung empfiehlt sich die Einigung über einen Schenkungsvertrag in Kombination mit Pflichtteilsverzichterklärungen von den Personen, die nicht am Unternehmen beteiligt werden sollen. So schaffen Sie frühzeitig Klarheit und versorgen Ihre Familie angemessen.
Beispiel - Steuerfreibeträge: Die Mutter besitzt 100 Prozent einer GmbH, Gesamtwert: 1.200.000 €. Sie hat einen Sohn und eine Tochter. 2025 erfolgt die erste Schenkung jeweils an den Sohn und die Tochter zu 400.000 €. 2035 erfolgt dann die zweite Schenkung zu je 200.000 €. Es fällt keine Schenkungssteuer an.

Gesetzliche Erbfolge (ungeregelt)

Sie tritt in Kraft, wenn weder Testament, Erbvertrag oder sonstige schriftliche Vereinbarungen vorliegen. Das gesetzliche Erbenordnungssystem richtet sich grundsätzlich nach dem Verwandtschaftsgrad sowie Ihrem Ehestatus (§ 1924 ff. BGB, § 1931 BGB). Dies kann für das Unternehmen und alle Beteiligte sehr unvorteilhaft ausfallen, wenn es mehrere Erbende gibt und der Betrieb ungeregelt in eine Erbengemeinschaft übergeht (§ 2032 BGB). Es besteht dabei das Risiko, dass Erbende eingebunden werden, die mit dem betrieblichen Ablauf nichts zu tun haben sollen bzw. wollen.
Unter Umständen bleiben auch so steuerliche Vorteile ungenutzt. Diese Situation sollte vermieden werden, da unvorhergesehene Steuerzahlungen, Aufdeckung stiller Reserven und Pflichtteilszahlungen drohen. Binden Sie frühzeitig Ihre Steuerberatung mit ein und erstellen Sie ein betriebliches Notfallhandbuch (Notfallhandbuch für Ihr Unternehmen).
Beispiel - Erbengemeinschaft: Ein Vater verstirbt und hinterlässt seiner Ehefrau und drei Kindern ein Unternehmen. Es existiert kein Ehevertrag oder Testament - es gilt die gesetzliche Erbfolge. Es entsteht eine Erbengemeinschaft aus vier Personen, die gemeinsam 100 Prozent der GmbH-Anteile hält. Alle vier Miterben müssen gemeinsam entscheiden - es kommt zu Streit, Blockade und Stillstand.

Beteiligung oder Verkauf

Ein Betrieb kann auch innerhalb der Familie verkauft werden. Der Übergang findet nach und nach oder direkt per Gegenleistung statt. Der Kaufpreis dient dann auch der Altersversorgung der Übergabeseite. In allen Fällen der familieninternen Übertragung ist eine sachgerechte Wertermittlung empfehlenswert (Unternehmensbewertung). Je nach Alter, Steuerklasse und persönlicher Situation können ermäßigte Steuersätze und Freibeträge genutzt werden. Stimmen Sie sich hierfür vorab mit Ihrer Steuerberatung ab.
Tipp: Im IHK-Podcast „Nachfolge ist Vertrauenssache” erfahren Sie mehr darüber, wie Sie erbrechtlich vorsorgen können.

Externe Nachfolge

Die Veräußerung eines Unternehmens ist eine umfangreiche Aufgabe. Daher ist es nötig, den Unternehmensverkauf strategisch vorzubereiten. Je besser ein Unternehmen organisiert und strukturiert ist, desto leichter lässt es sich verkaufen. Die Vorbereitungen erfordern Zeit. Defizite bei den Vorbereitungen schwächen die Verhandlungsposition und wirken sich negativ auf den Verkaufspreis aus. Verkaufszeitpunkt und Verkaufsgrund sind entscheidende Faktoren für den zu erzielenden Verkaufspreis. Im folgenden werden einige Formen des Verkaufs dargestellt:

Verkauf gegen Einmalzahlung

Das Unternehmen wird gegen eine einmalige Zahlung an einen Nachfolger verkauft. Bei dieser Variante ist der Verkäufer nicht vom unternehmerischen Geschick des Nachfolgers abhängig, der Käufer hat ab sofort freie Verfügungsgewalt. Ausschlaggebend hierbei ist die Höhe des Kaufpreises und ein tragfähiges Finanzierungsmodell, das auch zukünftige Investitionen zulässt.

Management-Buy-in (MBI)

Wenn ein Unternehmen von externen Personen übernommen wird, spricht man von einem Management-Buy-in. Vorteil: Mit dem neuen Eigentümer kommen neue Impulse in das Unternehmen. Nachteil: Die Einarbeitungszeit ist länger. Möglich ist auch eine Mischform aus Management-Buy-out und -Buy-in. Dies kann zum Beispiel dann sinnvoll sein, wenn die internen Manager allein nicht genügend Kapital aufbringen können.

Management-Buy-out (MBO)

Wenn kein Nachfolger innerhalb der Familie gefunden wird, besteht die Möglichkeit, das Unternehmen an die interne Belegschaft zu veräußern. Vorteil: Der neue Eigentümer kennt sich bestens im Unternehmen aus. Dies kann die Verkaufsverhandlungen erleichtern und auch das Risiko späterer Inanspruchnahme (z. B. wegen Mängelgewährleistung oder Täuschung) deutlich reduzieren. Nachteil: Durch "Betriebsblindheit" sind weniger Innovationen im Unternehmen zu erwarten.

Verkauf gegen wiederkehrende Leistungen

Der Nachfolger zahlt den vereinbarten Kaufpreis nicht in einem Betrag, vielmehr wird der Kaufpreis über einen längeren Zeitraum entrichtet. Der Vorteil für den Käufer kann darin bestehen, dass er nicht auf eine Fremdfinanzierung angewiesen ist. Für den Verkäufer nachteilig ist, dass es vom Erfolg seines Nachfolgers abhängig ist. Wiederkehrende Leistungen lassen sich aber z. B. mit einer Hypothek absichern.
  • Bei einer Ratenzahlung handelt es sich um eine Aufteilung des Kaufpreises, die dem Nachfolger die Finanzierung erleichtert. Die Zahlungen erstrecken sich über einen im voraus eindeutig festgelegten Zeitraum.
  • Beim Verkauf eines Betriebes gegen eine Rente wird zwischen der betrieblichen Veräußerungsrente und der betrieblichen Versorgungsrente unterschieden. Eine Veräußerungsrente liegt vor, wenn die Rente eine angemessene Gegenleistung für das übertragende Unternehmen darstellt. Dient die Rente hingegen in erster Linie dazu, den Lebensunterhalt des ausscheidenden Unternehmers zu sichern, spricht man von einer betrieblichen Versorgungsrente. Beide Formen können als Leibrente (Laufzeit hängt vom Leben einer oder mehrerer Personen ab) oder Zeit-Rente (feste Laufzeit) gestaltet werden.
  • Eine dauernde Last besteht aus wiederkehrenden Aufwendungen über einen Mindestzeitraum von zehn Jahren. Dauernde Lasten unterscheiden sich von Renten insbesondere dadurch, dass sie keine gleichmäßigen oder gleichbleibenden Leistungen voraussetzen. Sie können sich z. B. an der Umsatzhöhe des Unternehmens oder an den Lebenshaltungskosten des Verkäufers orientieren.
Tipp: Im IHK-Podcast „Nachfolge ist Vertrauenssache” erfahren Sie, worauf es beim Unternehmenskaufvertrag ankommt.

Sonderformen

Vermietung

Bei einer Vermietung werden dem Nachfolger in der Regel lediglich die Betriebsräume zur Nutzung gegen Entgelt überlassen. Im Unterschied zur Verpachtung kauft der Nachfolger beispielsweise nur die Einrichtung sowie die Maschinen und mietet die Räumlichkeiten an. Dies kann aber im steuerlichen Sinne als eine Unternehmensaufgabe gewertet werden, wodurch dann stillen Reserven aufgelöst und versteuert werden müssen. Stimmen Sie sich daher vorab mit Ihrer Steuerberatung ab.

Verpachtung

In allen Fällen der Veräußerung des Unternehmens und auch im Falle der Schenkung geht das Eigentum an den Nachfolger über. Ist der Unternehmer nicht oder noch nicht bereit, diesen Schritt zu gehen, besteht die Möglichkeit, das Unternehmen zu verpachten. Eine Pacht berichtigt zur Nutzung der Gegenstände, Güter, Werkzeuge, etc. im Sinne einer Gewinnerzielung. Eine konkrete Nachfolgeregelung ist damit aber noch nicht abgeschlossen, da kein Eigentum übertragen wird. Hierfür bedarf es Folgevereinbarungen.

Genossenschaft

Ein Genossenschaftsmodell kann eine geeignete Rechtsform für Personen sein, die langfristig miteinander kooperieren möchten. Dies gilt auch für die Übernahme durch mehrere Angestellte, da diese dann ein gleichberechtigtes Mitbestimmungsrecht erhalten. Sie vereint Elemente sowohl von der Personen- als auch von der Kapitalgesellschaft. Einerseits gilt das Prinzip der Selbstorganschaft, so dass nur die Mitglieder in die Organisation und Leitung eingebunden sind und der Charakter einer Personengesellschaft erhalten bleibt. Andererseits gilt wie bei einer Kapitalgesellschaft die Beschränkung der Haftung auf das Vermögen der Genossenschaft. Für eine Gründung muss die eingetragene Genossenschaft (eG) aus mindestens drei Mitgliedern bestehen. So kann man aktiv Mitarbeitende einbinden und gleichzeitig das unternehmerische Risiko auf mehrere Köpfe verteilen. Genossenschaften sind oft auf die Bedürfnisse ihrer Mitglieder und der lokalen Gemeinschaft, anstatt auf die Maximierung von Gewinnen für externe Investoren ausgerichtet.

Stiftung

Besteht der Wunsch, das Unternehmen unabhängig von den Nachkommen zu erhalten, eignet sich dafür die Gründung einer Stiftung. Das Besondere an einer Stiftung ist, dass sie keinen Eigentümer oder Gesellschafter benötigt. Die Stiftung gehört sich sozusagen selbst. Ihre rechtliche Selbständigkeit ist in den §§ 80 bis 88 des Bürgerlichen Gesetzbuches definiert. Charakteristisch dabei ist die juristische Trennung des Stiftungsvermögens vom Stifter und dessen Nachkommen. Die Erben sind von der Unternehmensnachfolge ausgeschlossen, also praktisch „enterbt“. Das Unternehmen zerfällt nicht in einzelne Erbteile, sondern bleibt durch die Stiftung erhalten. Die Stiftung ist eine vielfältig gestaltbare Rechtsform. Eine mögliche Form der Stiftung ist die sogenannte Doppelstiftung; eine Kombination aus einer gemeinnützigen Stiftung und einer Familienstiftung. Bei der Doppelstiftung behalten Sie das Sagen, Ihre Familie ist versorgt und Sie können Ihre Erbschaft- und Vermögensteuerlast optimieren. Für eine Stiftungsgründung ist jedoch auch ein gewisses Mindestvermögen notwendig, das als Stiftungsvermögen eingebracht wird. Daher kommt das Stiftungsmodell nicht für alle Betriebe in Frage.
Tipp: Weitere Hinweise finden Sie auch in unserer Broschüre „Herausforderung Unternehmensnachfolge“.

Veranstaltungsangebot

Um allen Beteiligten den Einstieg in das komplexe Thema der Unternehmensnachfolge zu erleichtern, bieten wir eine durchgängige Veranstaltungsreihe an. Die meisten Formate finden mehrfach pro Jahr statt. Mit unserer Veranstaltungsübersicht erhalten Sie einen Überblick über das aktuelle Angebot.