Kulturwandel und Innovation
Kulturwandel und Innovation in Zeiten der Digitalisierung
Es reicht nicht aus, im Zuge der Digitalisierung ausschließlich ein paar Computer umzurüsten oder neue Maschinen in Betrieb zu nehmen. Digitaler Wandel bedeutet mehr als reine Technologie: Die Kultur in den Betrieben muss sich grundsätzlich wandeln. Es geht darum, Innovation, Kollaboration und interdiszipliniertes Arbeiten dauerhaft in der Belegschaft zu verankern, um für die neue Arbeitswelt gerüstet zu sein. Doch wie stoßen Unternehmer diesen Kulturwandel an (Stichwort: Change Management)?
1. Die Chefetage muss vorangehen
Zuerst einmal muss sich die Führungsetage bewusst machen: Die Digitalisierung ist Chefsache. Danach gilt es, den Kulturwandel sorgfältig zu planen. Änderungen sollten nicht wie eine Flutwelle über die Belegschaft hereinbrechen. Unternehmer sind gut beraten, den Wandel mit Beschäftigten zu beginnen, die Spaß an Veränderungen haben. Technikaffine, medienkompetente Mitarbeiter kommen als Pioniere für neue Formen der Zusammenarbeit in Frage. Sie können als Erste an neue Arbeitsweisen und -prozesse herangeführt werden. Allerdings müssen sich Unternehmer klar machen, dass grundlegende Veränderungen nicht nach ein paar Wochen etabliert sind. Sie sollten den ausgewählten Mitarbeitern also Zeit geben, die neuen Arbeitsformen zu erleben.
2. Die Belegschaft mitnehmen
Unternehmer sollten zudem nicht vergessen, auch den Rest der Belegschaft über ihre Vorhaben zu informieren und auf dem Laufenden zu halten – denn auch jene, die nicht von Anfang an zum Team 4.0 gehören, wollen mitgenommen werden. Diese Aufgabe erfordert allerdings Fingerspitzengefühl.
Viele Beschäftigte blicken mit Zukunftsängsten auf den digitalen Wandel in der Arbeitswelt. Aufgaben, die einen hohen Routinegrad beinhalten, können automatisiert und von Maschinen übernommen werden. Mittlerweile gilt das nicht mehr nur für Arbeiten am Fließband, sondern auch für wissensbasierte Tätigkeiten. Diese Veränderungen können Stress auslösen, der im schlimmsten Fall mit einem Burnout endet. Es gilt also, Ängste und Unsicherheiten in der Belegschaft abzubauen. Unternehmer sollten daher auch die negativen Auswirkungen des digitalen Wandels thematisieren und Mitarbeitern ihre Unterstützung anbieten.
Vielen Beschäftigten ist zudem gar nicht bewusst, wie digitalisiert ihre Arbeit bereits ist – es hilft, ihnen das vor Augen zu führen. Berührungsängste zwischen Belegschaft und Führungsetage sollten abgebaut werden, um den Austausch zu fördern und Ideen sowie ehrliches Feedback zu bekommen. Um die Belegschaft an die neuen Aufgaben heranzuführen, können technikaffine Mitarbeiter als interne Coaches benannt werden, die Kollegen in den digitalen Veränderungsprozessen unterstützen.
Auch sollten Betriebe ihren Mitarbeitern Formulare oder Tools zur Verfügung stellen, um Ideen – z.B. zur Prozessverbesserung – einzureichen.
3. Offene Fehlerkultur
Beschäftigte und Führungsetage werden im Zuge der Digitalisierung viel lernen – und viele Fehler machen. Betriebe, die auf Pannen mit Schuldzuweisungen reagieren, werden ihre Mitarbeiter demotivieren und abgehängt werden. Nur eine Organisation, in der Lernen erlaubt ist, wird Veränderungen meistern können.
Eine offene Fehlerkultur ist für Unternehmen in Zeiten der digitalen Transformation daher essentiell. Betriebe sollten zudem Experimente wagen – fernab der täglichen Routinen und Kostenstrukturen. So kann eine Innovationskultur wachsen, die Unternehmen hilft, sich auf Dauer im Wettbewerb behaupten zu können.
4. Innovationsmanagement: Digitale Trends verfolgen und setzen
Viele Betriebe müssen erst wieder lernen, innovativ zu sein. Doch wo einen Anfang finden? Es hilft wenig, dieses Problem outzusourcen und voreilig externe Kreative ins Unternehmen einzuladen, die Prozesse überstülpen. Stattdessen sollten Firmen interne Innovationen vorantreiben.
Ein erster Schritt kann sein, Trends zu verfolgen oder zu erkennen. Die IHK München bietet mit dem Newsletter Innovation die Möglichkeit, unkompliziert uptodate zu bleiben. Um selbst Trends zu setzen, müssen Unternehmen nah an ihren Kunden sein. Sie müssen deren Bedürfnisse erkennen und sie zum Grundstein der Innovationsentwicklung machen. Moderne Innovationsmethoden, wie z.B. Design Thinking, setzen genau darauf:
- Sie stellen das Fühlen und Denken des Kunden in den Mittelpunkt.
- Die Teammitglieder sind Experten auf den verschiedensten Gebieten und tragen mit ihren unterschiedlichen Perspektiven und vielfältigen Blickwinkeln dazu bei, eine innovative Lösung für die Problemstellung zu erarbeiten.
- Sie setzen dabei auf iterative Produktentwicklung: ein Prototyp wird früh und regelmäßig am Kunden getestet und durch ständiges Feedback sukzessive weiterentwickelt.
Zudem sollten Unternehmen ihre Konkurrenz analysieren und beobachten: Welche Neuerungen bietet sie ihren Kunden an? Sofern diese Angebote auch für die eigenen Kunden interessant sind, empfiehlt es sich, sie in das eigene Portfolio aufzunehmen. Aber vorsichtig: Unternehmen dürfen nicht jeder Entwicklung blind hinterherlaufen und sie kopieren. Sie sollten stattdessen immer auf die Bedürfnisse des eigenen Betriebs oder der eigenen Kundschaft angepasst werden.
Agiles Arbeiten: Voraussetzungen schaffen
Die Arbeitsstrukturen verändern sich: Hierarchien werden abgebaut. Das Denken in Abteilungen verschwindet zugunsten sachbezogener Projekte. Mitarbeiter finden sich in Experten-Teams zusammen, die autonom an einer Aufgabe arbeiten. Sie teilen ihr Wissen und versuchen gemeinsam, innovative Produkte und Lösungen zu entwickeln. Die Experten organisieren ihre Aufgaben selbst und treffen Entscheidungen innerhalb eines klar definierten Spielraums. Das Team ist vielleicht sogar finanziell autonom. Es managt sich selbst und verantwortet den Erfolg seiner Arbeit. Insbesondere für Fachkräfte gewinnt eigenverantwortliches und kreatives Arbeiten an Bedeutung.
Iteratives Vorgehen als neue Arbeitsweise
Autonome Teams organisieren sich mithilfe von agilen Methoden. Sie nehmen dabei die Sicht des Kunden ein, entwickeln Prototypen, holen dazu Feedback ein und passen die Modelle daraufhin in iterativen Schleifen immer wieder an. Einzelne Schritte werden also bei Bedarf mehrfach wiederholt, um das Ergebnis zu verfeinern und zu verbessern.
Belegschaft für agile Arbeit öffnen
Für die Belegschaft kann ein solches Vorgehen zunächst ungewohnt sein. Schulungen helfen dabei, die neuen Methoden und Arbeitsweisen zu verinnerlichen und zu einem gemeinsamen Verständnis im Unternehmen beizutragen. Teambuilding-Maßnahmen können sich positiv auf die bereichsübergreifende Zusammenarbeit auswirken. Im Rekrutierungsprozess sollten vor allem solche Mitarbeiter berücksichtigt werden, die eigenverantwortliches Arbeiten schätzen und Teamplayer sind.
Führungskräfte als Mentoren
Eine wichtige Vorreiterrolle übernehmen die Führungskräfte. Sie leben agiles Arbeiten vor. Vor allem aber arbeiten sie aber auch ganz konkret an ihrer eigenen Rolle und wandeln sich vom „Führer“ zu „Moderatoren“ und „Mentoren“. Konkret bedeutet dies:
- Sie schenken den Beschäftigten Vertrauen und lassen Fehler zu
- Sie organisieren die Arbeitsprozesse nicht mehr selbst „top down“ oder halten am klassischen, starren Projektmanagement fest.
- Stattdessen begegnen sie den Mitarbeitern auf Augenhöhe.
- Führungskräfte 4.0 moderieren zwischen den verschiedenen Kollegen, die völlig unterschiedliche Stärken und Schaffensbereiche haben.
- Die Mentoren geben Feedback und Orientierung, sie dienen als Vorbilder und Impulsgeber– aber sie delegieren Aufgaben nicht mehr von oben herab als Manager.
Um die Führungskräfte für ihre Rolle zu rüsten, kann ein Führungskräftetraining sinnvoll sein. Auch unternehmensinterne Programme für Nachwuchsführungskräfte können dabei helfen, ganz gezielt moderne Führungspersönlichkeiten auszubilden.
Mehr zum Thema agiles Arbeiten finden Sie im Beitrag Agile Methoden.