Wirtschaftspolitische Position der IHK Region Stuttgart

Leistungsfähige Bundesfernstraßen in Baden-Württemberg und in der Region Stuttgart

Positionen:
  • Straßenbaumaßnahmen sollten zügig geplant und umgesetzt werden, nicht zuletzt, um den vorhandenen Finanzierungsstau abzubauen. Alle zur Verfügung stehenden Bundesmittel sollten zeitnah abgenommen werden können. Ausreichend baureife Planungen wären auch insoweit von Vorteil, als damit die Voraussetzung geschaffen würde, zusätzliche Rückflüsse von Mitteln aus anderen Bundesländern in Baden-Württemberg verbauen zu können.
  • Wichtig für die Umsetzung der Straßenbaumaßnahmen ist eine leistungsfähige, effiziente Straßenbauverwaltung.
  • Die geplante Betreibergesellschaft für die Bundesfernstraßen kann hierbei eine wichtige Rolle spielen und sollte die Straßen unternehmerisch betreiben (Prinzip der Lebenszykluskostenminimierung).
  • In die richtige Richtung bei der Zusammenarbeit von Staat und privatwirtschaftlichen Unternehmen weist die Vergabe von Funktionsbauverträgen. Hierbei werden Bau und Instandhaltung einer Straße über einen längerfristigen Zeitraum zusammen ausgeschrieben. Dabei werden funktional nur die gebrauchstechnischen Eigenschaften der Straße (Griffigkeit etc.), nicht aber die exakte Bauweise in Form einer Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis vorgegeben. Dieser Wettbewerb um die besten Ideen zur Umsetzung lässt den Unternehmen mehr Raum und kann effektiv die Bemühungen des Fiskus unterstützen, die Kosten für die jeweiligen Maßnahmen zu senken.
  • Der Ausbau sollte vorrangig am Bedarf orientiert auf den am stärksten überlasteten Hauptverkehrsachsen erfolgen.
  • Der auch im BVWP 2030 wiederholt verfolgte Ansatz, die vorhandene Infrastruktur intelligenter zu nutzen, erscheint grundsätzlich richtig und unterstützenswert. Es sollte jedoch bedacht werden, dass solche Maßnahmen wie eine temporäre Seitenstreifenfreigabe oder variable Verkehrsbeeinflussungsanlagen auch Grenzen haben und speziell bei gravierenden Engpässen eher als flankierende Maßnahmen denn als Ersatz zu einem Aus- oder Neubau gesehen werden sollten.
  • Auch ein gutes Baustellenmanagement vermag Staus zu vermeiden und die Effizienz des Bundesfernstraßennetzes zu steigern. Die in diesem Zusammenhang notwendigen technologischen und organisatorischen Maßnahmen sollten zügig finanziert und umgesetzt werden.
  • Die Prioritätensetzung beim BVWP 2030 auf Substanzerhalt und Engpassbeseitigung in hoch belasteten Korridoren überzeugt und sollte auch konsequent umgesetzt werden. Dazu sollten alle Projekte in der Kategorie „Fest Disponiert“ zeitnah und alle Projekte der Kategorie „Vordringlicher Bedarf“ während der Laufzeit des Plans und somit bis 2030 fertiggestellt oder begonnen worden sein. Ein Ziel der Bemühungen sollte ein leistungsfähiges Netz für die Wirtschaft sein, das auch alternative Trassen zu überlasteten Hauptachsen beinhaltet.
Ausbau des Bundesfernstraßennetzes auf LANDESEBENE:
Unter dem Gesichtspunkt der überregionalen Bedeutung und der Netzfunktion von Maßnahmen erscheinen folgende Vorhaben notwendig:
  • A 5: durchgehend sechsstreifiger Ausbau von Darmstadt über AK Walldorf bis Basel mit direkter Anbindung des Flughafens Karlsruhe/Baden-Baden.
  • A 6: durchgehend sechsstreifiger Ausbau von Saarbrücken über AK Walldorf und AK Weinsberg bis Nürnberg: Der Güterverkehrsanteil liegt hier teilweise bei über 41 Prozent und damit etwa zwei- bis dreimal über anderen, vergleichbaren Bundesautobahnen.
  • A 8: durchgehend sechsstreifiger Ausbau von Karlsruhe bis Ulm sowie achtstreifiger Ausbau zwischen dem Autobahndreieck Leonberg und Wendlingen.
  • A 81: sechsstreifiger Ausbau mit Überdeckelung zwischen Böblingen und Sindelfingen.
  • A 81: bei Ludwigsburg: achtstreifiger Ausbau zwischen Stuttgart-Zuffenhausen und Pleidelsheim.
  • A 98: Aus- und Weiterbau.
  • B 10: Neubau im Filstal zwischen Süßen und Geislingen/Ost sowie im weiteren Verlauf Amstetten und Urspring.
  • B 29: durchgehend vierstreifiger Ausbau nebst Ortsumfahrungen im Anschluss an die Ortsumfahrung Schwäbisch-Gmünd bis Aalen-Essingen sowie dreistreifiger Ausbau zwischen Aalen und Nördlingen.
  • B 30: Aus- und Neubau zwischen Biberach und Friedrichshafen als leistungsfähige Nord-Süd-Verbindung.
  • B 31/B 311: Aus- und Neubau zwischen Freiburg und Ulm bzw. Lindau als leistungsfähige Ost-West-Verbindung.
  • B 33/B 294/B 462/B 27: Ausbau der Querspange Kinzigtal - Schwarzwald - Zollernalb als leistungsfähige Straßenverkehrsverbindung der Verkehrsräume Straßburg/Elsass - Mittlerer Oberrhein - Zollernalb - Stuttgart.
  • B 33: Ausbau zwischen Allensbach und Konstanz zu einem vierspurigen Anschluss an die A 81.
  • Bau einer zweiten Rheinbrücke bei Karlsruhe (B 10/A 65) mit Anbindung an die B 36.
Ausbau des Fernstraßennetzes in der REGION STUTTGART:
Auch in der Region Stuttgart ist das Straßennetz stark überlastet. Schon kleine Störungen führen zum Verkehrskollaps. Daher müssen aus Sicht der Wirtschaft folgende Infrastrukturprojekte in der Region zügig realisiert werden:
  • Neubau A 8 Albaufstieg Mühlhausen - Hohenstadt: Die Einstufung in die Kategorie „Fest Disponiert“ im BVWP 2030 und damit die Schaffung der Möglichkeit, das Projekt nun zügig voranzutreiben, wird von Seiten der IHK sehr begrüßt. Es dürfte unbestritten sein, dass die A 8 im Abschnitt AS Mühlhausen und Hohenstadt den heutigen Anforderungen nicht mehr entspricht. Mit dem vierstreifigen Ausbauzustand (ohne Standstreifen) besteht hier ein Nadelöhr, welches durch die zu erwartende Verkehrszunahme in den nächsten Jahren (die A 8 Karlsruhe - Stuttgart - München - Salzburg ist Bestandteil des europäischen Rhein - Donau - Korridors) noch enger würde. Gerade weil das Projekt nunmehr den Status “Fest Disponiert” erreicht hat, sollten die entsprechenden Verfahren zügig fortgeführt und gemeinsam mit dem Land Baden-Württemberg die Baureife hergestellt werden. Vor allem ist zu hoffen, dass der gordische Knoten der Finanzierungsfrage bald durchschlagen werden kann.
  • Ausbau A 81 bei Sindelfingen: Die IHK spricht sich für den weiteren zügigen Ausbau der A 81 zwischen den Anschlussstellen Böblingen-Hulb und Sindelfingen-Ost von vier auf sechs Fahrstreifen aus, nachdem der Abschnitt Böblingen-Hulb bis Gärtringen bereits realisiert ist. Dabei bietet es sich an, zum Schutz der Anwohner einen 850 Meter langer Deckel zwischen Sindelfingen und Böblingen zu errichten. Die Einstufung in die höchste Kategorie „Fest Disponiert - Engpassbeseitigung“ im BVWP 2030 wird begrüßt.
  • Ausbau A 81 bei Ludwigsburg: Die Wirtschaft hält den Ausbau der A 81 zwischen den Anschlussstellen Stuttgart-Zuffenhausen und Pleidelsheim von sechs auf acht Fahrstreifen für notwendig. Die im Auftrag der IHK erstellte Erreichbarkeitsuntersuchung für Gewerbegebiete in der Region Stuttgart belegt, dass dieser Engpass zu den drängenden Nadelöhren in diesem Wirtschaftsraum gehört. Die Einstufung der Erweiterung auf acht Fahrstreifen in die Kategorie „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht“ im BVWP 2030 lässt bedauerlicherweise keine schnelle Umsetzung erwarten. Bis dieser Ausbau abgeschlossen ist, sollten als kurzfristig wirksame Maßnahme zumindest die Planungen zur Nutzung des Standstreifens zur Kapazitätssteigerung in Spitzenzeiten zügig durchgeführt und umgesetzt werden.
  • Neubau B 10 im Filstal: Die Wirtschaft plädiert für den zügigen Neubau der B 10 Süßen/Ost - Gingen/Ost einschließlich des Anschlusses der B 466 Donzdorf - Süßen und im Anschluss der B 10 die Weiterführung Gingen/Ost - Geislingen/Ost (einschließlich der Ortsumfahrung Geislingen). Während die IHK bei den Abschnitten B 10 Süßen/Ost - Gingen/Ost und Süßen - Donzdorf auf eine pünktliche Fertigstellung in den Jahren 2018 bzw. 2017 setzt und die Aufnahme des Neubaus zwischen Gingen/Ost und Geislingen/Mitte in die Kategorie „Vordringlicher Bedarf“ des BVWP 2030 begrüßt, bedauert die IHK, dass der Ausbau Geislingen/Mitte - Geislingen/Ost frühestens in der Zeit nach 2030 erfolgen soll. Aus IHK-Sicht wäre es sachgerecht, den Ausbau der B 10 im gesamten Abschnitt Gingen/Ost - Geislingen/Ost einschließlich der Ortsumfahrung Geislingen als einheitliche Maßnahme zu sehen. Mit der Trennung in zwei Abschnitte droht eine Perpetuierung des Nadelöhrs Geislingen über einen Zeitraum von mehreren Jahren. Zumindest sollte daher die Eingruppierung des Abschnitts Geislingen/Mitte - Geislingen/Ost in die Kategorie „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht“ genutzt werden, um die Planungen so abzuschließen, dass spätestens 2030 mit dem weiteren Ausbau begonnen werden kann.
  • Ausbau B 10 von Enzweihingen bis Stuttgart/Neuwirtshaus: Die Wirtschaft hält den Ausbau der B 10 zwischen Enzweihingen und Stuttgart/Zuffenhausen (A 81) auf vier Fahrstreifen und auf sechs Fahrstreifen im Abschnitt Stuttgart/Zuffenhausen - Stuttgart/Neuwirtshaus für sinnvoll und begrüßt die Aufnahme in die Kategorie „Vordringlicher Bedarf“ im BVWP 2030.
  • Ortsumfahrung Enzweihingen: Die Wirtschaft spricht sich mit Nachdruck für einen zeitnahen Neubau der B 10 Umfahrung Enzweihingen aus. Die Aufnahme der Umfahrungsvariante in die Kategorie „Vordringlicher Bedarf“ im BVWP 2030 weckt die Hoffnung, dass hier nun bald mit der längst überfälligen Realisierung begonnen werden kann.
  • Neubau B 14 von Backnang/West bis Nellmersbach und Ortsumfahrung Oppenweiler: Die Wirtschaft setzt auf die zügige Realisierung des Neubaus der B 14 Nellmersbach - Waldrems - Backnang sowie auf den Bau der Ortsumfahrung von Oppenweiler. Die Einstufung in die Kategorien „Fest Disponiert“ und „Vordringlicher Bedarf“ im BVWP 2030 wurde seitens des Bundesverkehrsministeriums bereits genutzt, um hier den Ausbau zeitnah voranzubringen. Die Baufreigabe wurde erteilt.
  • Ausbau B 27 zwischen Aichtal und dem „Echterdinger Ei“: Die Wirtschaft spricht sich für den Ausbau der B 27 zwischen den Anschlussstellen Aich und Leinfelden-Echterdingen von vier auf sechs Fahrstreifen aus: Der hohe Nutzen-Kosten-Koeffizient von über 10 im Rahmen der Bewertungen für den BVWP 2030 ist ein deutlicher Indikator für die Notwendigkeit, den Ausbau an diesem Nadelöhr zeitnah zu realisieren. Die Aufnahme in die Kategorie „Vordringlicher Bedarf“ mit dem Attribut „Engpassbeseitigung“ im BVWP 2030 sind aus IHK-Sicht konsequent.
  • Neubau B 465 Ortsumfahrung Owen: Die IHK begrüßt die Aufnahme in die Kategorie „Vordringlicher Bedarf“ im BVWP 2030.
  • Neubau B 466 Ortsumfahrung Böhmenkirch: Die IHK begrüßt die Aufnahme in die Kategorie „Vordringlicher Bedarf“ im BVWP 2030.
  • Filderauffahrt zwischen B 10 und A 8: Nach wie vor fehlt aus Sicht der IHK eine zusätzliche Filderauffahrt zwischen B 10 und A 8, die beispielsweise eine schnelle Anbindung des Hafens Stuttgart und der dortigen Umschlaganlagen für den kombinierten Verkehr Straße-Schiene bzw. Straße-Schiene-Wasserstraße an das Autobahnnetz ermöglichen würde. Diskutiert werden zwei Varianten. Als verkehrlich wirksamere - aber auch erheblich teurere Variante - gilt eine Version mit großem Tunnel. Alternativ ist eine Variante mit kurzen Tunneln im Gespräch. In der im IHK-Auftrag von der PTV Transport Consult GmbH erstellten Studie zu den Stauursachen in Stuttgart kommen die Gutachter zu dem Schluss, dass eine tangentiale Verbindung im Südosten Stuttgarts eine wirkungsvolle Maßnahme zur Verbesserung des Abfließens des Verkehrs aus der Stuttgarter Innenstadt wäre und dadurch auch die Stauerscheinungen auf der Hauptstätter Straße sowie die damit verbundenen negativen Auswirkungen deutlich reduziert werden könnten. Wie die von PTV durchgeführte Verkehrsstromanalyse gezeigt hat, gibt es einen substantiellen Anteil an Fahrten durch den Heslacher Tunnel, deren Quellen im Osten Stuttgarts liegen und die ihre Ziele im südwestlichen Raum Stuttgarts bzw. im Raum Sindelfingen haben. Eine zusätzliche Filderauffahrt als neue tangentiale Verbindung zwischen dem Osten der Stadt und der A 8 könnte dazu beitragen, einen erheblichen Teil des „ungewollten“ Verkehrs, der weder Quelle noch Ziel im Zentrum Stuttgarts hat, aus der Innenstadt herauszuhalten, über die A 8 zu leiten und somit die Verkehrsbelastung im Heslacher Tunnel signifikant zu reduzieren. Dies setzt natürlich voraus, dass durch entsprechende bauliche und verkehrsorganisatorische Maßnahmen dafür gesorgt würde, dass die A 8 über genügend Potential verfügt, die zusätzlichen Verkehre aufzunehmen.
  • B 464 und B 295: Zur Entlastung des Stuttgarter Kreuzes (A 8 und A 81) sollte die Kapazität der Verbindung im Bereich Sindelfingen - Leonberg über die B 464 und B 295 erhöht werden. Dies könnte gelingen, indem die B 464 vierstreifig oder zumindest dreistreifig mit wechselnden Überholstreifen je Richtung ausgebaut wird. Im Zuge dessen sollte eine Kapazitätserhöhung bei Renningen (B 295) erfolgen (vierstreifig ab bzw. bis zur kreuzungsfreien Anbindung der B 464).


Hintergrund:

Eine freie und ungehinderte Mobilität von Gütern ist Voraussetzung für eine arbeitsteilig organisierte Wirtschaft. Unternehmer und deren Mitarbeiter müssen ihre Geschäftspartner, Kun-den und Lieferanten erreichen. Privatkunden fahren in die Stadtzentren, um dort einzukaufen. Der Erhalt und Ausbau des Straßennetzes in der Region sind somit wichtige Beiträge für eine nachhaltige Standortpolitik und gelebte Wirtschaftsförderung. Hier bestehen bislang Defizite. So kommen die Gutachter der Universität Stuttgart in einer im Auftrag der IHK erstellten Erreichbarkeitsuntersuchung für Gewerbegebiete und Arbeitsplatzschwerpunkte in der Region Stuttgart zu dem Ergebnis, dass das Straßennetz, verglichen mit anderen Regionen (z. B. Raum Rhein-Main oder Raum Köln) u. a. wegen der Topografie über wenig Alternativrouten verfügt und daher weniger robust gegenüber Störungen ist.
Ferner ist die Wirtschaft in der Region Stuttgart auch sehr stark auf die Erreichbarkeit von außen bzw. darauf angewiesen, damit die zur Produktion erforderlichen Zulieferteile angeliefert werden können und die hier produzierten Waren zu den Märkten in Deutschland und darüber hinaus kommen. Bedenkt man, dass die Exportquote der Region Stuttgart rund 65 Prozent beträgt und der Straßengüterverkehr bei weitem den größten Anteil an der Verteilung des Aufkommens an den verschiedenen Verkehrsträgern innehat, wird die Abhängigkeit von einem leistungsfähigen Straßennetz auch außerhalb der Regionsgrenzen deutlich. Dies gilt dort in besonderem Maße für die Bundesfernstraßen in Baden-Württemberg und zum Teil auch darüber hinaus (z. B. für Seehafenhinterlandverbindungen und alpenquerende Transitstrecken). Autobahnen und Bundesstraßen dienen speziell diesen weiträumigen Verkehren. Dabei befinden sich bedeutende Engpässe im bundesdeutschen Fernstraßennetz wie der Albaufstieg im Zuge der A 8 in Baden-Württemberg. In der Ausstattung mit Bundesfernstraßen liegt das Land deutlich hinter anderen Flächenländern zurück. Die Topografie Baden-Württembergs, die von Mittelgebirgen geprägt ist, verteuert den Straßenbau gegenüber den topografisch begünstigten Bundesländern.
Trotz aller Bemühungen um eine größere Attraktivität von Schiene und Binnenschiff ist in den nächsten Jahren eher noch mit einer Zunahme des Lkw-Verkehrs zu rechnen. Neue Autobahnen wird es kaum mehr geben. Der öffentliche Widerstand gegen zusätzliche Autobahnen hat schon in der Vergangenheit die Neckar-Alb-Autobahn oder die Verbindung Leonberg - Herrenberg verhindert. Daher wird der Schwerpunkt bei der Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Netzes im Ausbau der bestehenden Straßen zu sehen sein.
Entscheidend geprägt wird die überregionale Verkehrsinfrastrukturpolitik bis 2030 durch den 2016 von der Bundesregierung verabschiedeten Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP 2030). Als Bedarfs- und Rahmenplan dient er der Festlegung, ob für eine Projektidee grundsätzlich Bedarf besteht. Im Zuge der Neujustierung ihrer IHK-Positionen hat sich IHK mit der Projektliste des BVWP 2030 auseinandergesetzt und die Bewertung der Projekte durch den Bund mit den Anforderungen der regionalen Wirtschaft abgeglichen.
Die Erfüllung der Sachaufgaben Bau, Ausbau und Erhaltung von Bundesfernstraßen übernehmen bislang im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung die Bundesländer in eigener Wahrnehmungskompetenz. Das Ergebnis der derzeitigen Arbeitsteilung zwischen Bund und Ländern ist allerdings ernüchternd: Der Zustand vieler Straßen und Brücken ist schlecht. Eine planvolle Unterhaltung und einer Kostenminimierung im Lebenszyklus erscheint nicht in jedem Fall stattzufinden. Die Planungskapazitäten in den Auftragsverwaltungen sind oftmals zu gering. In der Folge konnten Mittel nicht immer in vollem Umfang abgerufen werden. Hinzu kommt, dass Länder solche Projekte, die sie nicht wollen oder die für sie weniger Priorität haben, eher zögerlich umsetzen. Der Bund kann dann zwar eine Weisung erteilen, macht von diesem Instrument aber nur selten Gebrauch. Mit dem Übergang der Zuständigkeit für Planung, Bau und Erhalt der Bundesautobahnen von den Ländern auf den Bund im Jahr 2021 ist hier in der Zukunft mit Veränderungen zu rechen. Probleme könnten sich in der Übergangsphase ergeben.
Die Positionierungen der IHK Region Stuttgart zu einer Nordostumfahrung von Stuttgart sind in der Wirtschaftspolitischen Position „Fahrverbote - insbesondere im Zusammenhang mit dem Luftreinhalteplan Stuttgart“ und „Landesstraßen zukunftsgerecht ausbauen“ enthalten:
Die IHK hatte sich bereits in der Vergangenheit wiederholt und mit großer Unterstützung in der Vollversammlung für eine verbesserte Straßenverbindung zwischen der B 27 im Landkreis Ludwigsburg und der B 14 im Rems-Murr Kreis ausgesprochen. Ein wichtiges Argument aus IHK-Sicht im Rahmen der Abwägung ist die schlechte Verbindungsqualität zwischen den Räumen Fellbach/Waiblingen und Ludwigsburg/Kornwestheim. Dies zeigte sich in der von der Universität Stuttgart im Auftrag der IHK erstellten Erreichbarkeitsuntersuchung für Gewerbegebiete und Arbeitsplatzschwerpunkte in der Region Stuttgart. Dort fällt insbesondere bei der Betrachtung der Reisezeitindizes für die besonders kritische morgendliche Hauptverkehrszeit als Qualitätsindikator auf, dass Fahrten zwischen dem südlichen und östlichen Rems-Murr-Kreis in den Landkreis Ludwigsburg bzw. umgekehrt signifikant schlechter abschneiden als die Mehrzahl untersuchter Relationen.
Auch in dem im IHK-Auftrag von der PTV Transport Consult GmbH erstellten Gutachten zu den Stauursachen in Stuttgart finden sich Aussagen, die die Sinnhaftigkeit einer Nordostumfahrung von Stuttgart bestätigen. Eine Schlussfolgerung aus der Untersuchung des Hot Spots B 10 / B 27 zwischen dem Knotenpunkt mit der B 10 und der B 295 Siemensstraße lautet, dass zusätzlich zu den lokalen Lösungen langfristig eine großräumige Umleitung der Durchgangsverkehre (sogenannter Nordostring Stuttgart) in Erwägung gezogen werden sollte. Auf Basis der durchgeführten Verkehrsstromanalysen sei davon auszugehen, dass eine solche Verbindung einen Teil des jetzigen Verkehrs am Stadtzentrum von Stuttgart vorbeileiten würde.
Aufgrund des Widerstands in Teilen der Raumschaft plädierte die IHK in den letzten Jahren für eine kleinere Lösung mit einer zügigen Inangriffnahme der Neckarbrücke bei Remseck-Aldingen als Teil einer neuen Landesstraße mit zwei Fahrstreifen zwischen der B 27 und der Westumfahrung Waiblingen. Des Weiteren sprach sich die IHK für die Prüfung einer sinnvollen Durchbindung zur B 27 im Raum Kornwestheim sowie den Bau einer Südumfahrung von Hegnach aus.
Eine Nordostumfahrung von Stuttgart als verbesserte Straßenverbindung zwischen der B 27 im Landkreis Ludwigsburg und der B 14/B 29 im Rems-Murr Kreis gehört zu den umstrittensten Straßenverkehrsprojekten in der Region Stuttgart. Auch unter den IHK-Mitgliedern gibt es kritische Stimmen. Gegen einen NO-Ring wird unter anderem angeführt, dass ein wichtiges Naherholungsgebiet zerschnitten würde. Dort, wie auch in den betroffenen Gemeinden, sei mit einer erheblichen Zunahme des Lärms zu rechnen. Kritikpunkte sind zudem die Versiegelung wertvoller Löß-Parabraunerdeböden sowie eine Erhöhung der Abgasemissionen in verschiedenen Wohngebieten. Befürchtet wird zudem, dass die Straße überregionale Bedeutung erlangen und damit eine zusätzliche Belastung unter anderem für Fellbach und Kornwestheim bewirken würde. Dagegen würde der NO-Ring nicht zu einer Verringerung der Verkehre in der Stuttgarter Innenstadt führen.