Wirtschaftspolitische Position der IHK Region Stuttgart

Landesstraßen zukunftsgerecht ausbauen

Positionen:
  • Es ist sinnvoll, den Schwerpunkt der Investitionen auf Erhalt und Sanierung zu legen und den Sanierungsstau bei den Brücken aufzulösen. Zugleich ist es aber auch nötig, den Aus- und Neubau bedarfsgerecht an das Verkehrsaufkommen anzupassen. Aktuell erscheinen für Erhaltungsmaßnahmen pro Jahr mindestens 150 Mio. Euro und für Aus- und Neubaumaßnahmen von Landesstraßen mindestens 60 Mio. Euro erforderlich zu sein. Dann könnten auch die bislang nur nachrichtlich im Generalverkehrsplan GVP enthaltenen Großprojekte (vgl. Autobahnzubringer Backnang - Mundelsheim (L 1115)) verwirklicht werden.
  • Eine Finanzierung unabhängig vom Haushaltsjahr vorzusehen, ist im Sinne der Planungssicherheit sinnvoll.
  • Die IHK Region Stuttgart räumt dem Gedanken des Netzcharakters eine besondere Bedeutung ein. In Anbetracht begrenzter Ressourcen plädiert die IHK dafür, die vorhandenen Mittel vorrangig für wichtige Lückenschlüsse im Straßennetz des Landes einzusetzen.
  • Eine Priorisierung der Maßnahmen anhand objektiver und nachvollziehbarer Kriterien ohne einen ausdrücklichen Regionalproporz wird begrüßt.
  • Es empfiehlt sich, den Maßnahmenplan zum Generalverkehrsplan, der auch finanziell abgesichert ist, kontinuierlich und bedarfsgerecht fortzuschreiben. So könnten zukünftig weitere angemeldete Projekte mit berücksichtigt werden. Hier sollte ein durchgehender Prozess entwickelt und in Gang gesetzt werden. Dabei sollten fortgeschrittene oder bereits planfestgestellte Neubaumaßnahmen in den Maßnahmenplan übernommen werden, um es zu keinem Verfall von Planfeststellungsbeschlüssen kommen zu lassen.
  • Einer Lösung bedarf es im Hinblick auf die so genannten "dringlichen Großprojekte". Einige dieser "Großprojekte" erfüllen eine wichtige Netzfunktion, die ihre vorrangige und zeitnahe Realisierung dringend erforderlich macht. Dazu gehört der im Bezirk der IHK Region Stuttgart gelegene Autobahnzubringer Backnang - Mundelsheim (L 1115). Ohne mehr Mittel für den Landesstraßenbau würden diese Projekte tatsächlich um rund 40 Prozent der Mittel mit den anderen 121 priorisierten Maßnahmen konkurrieren. In Anbetracht der Bedeutung, die der L 1115 für die Anbindung des gesamten nördlichen Rems-Murr-Kreises an die A 81 zukommt, sollte das Land nach Meinung der IHK Klarheit im Sinne einer Realisierungszusage für den dreispurigen Ausbau dieser Strecke zu schaffen.
  • Eine wichtige Rolle im Rahmen des regionalen Verkehrsnetzes würde eine neue Neckarquerung im Bereich Remseck (ggf. L 1197) für die Relation zwischen dem Raum Ludwigsburg und dem Rems-Murr-Kreis spielen. Die IHK weist seit Jahren darauf hin, dass hier eine Verbesserung wünschenswert ist. Das auf dieser Relation heute bestehende Qualitätsdefizit hat unter anderem eine von der IHK bei der Universität Stuttgart in Auftrag gegebene Erreichbarkeitsanalyse aus dem Jahr 2015 aufgezeigt. Allerdings werden diese Infrastrukturmaßnahme und ihre konkrete Lage seit Jahren in der Raumschaft kontrovers diskutiert. Auch die Frage der Einbindung als Bestandteil eines so genannten NO-Rings ist strittig. Ebenso die Frage, ob es sich um eine Bundes- oder Landesstraße handeln würde. Zuletzt wurde der Nordostring im Rahmen der Aufstellung des Bundesverkehrswegeplans 2030 bewertet und von der Bundesregierung in die Kategorie „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht” aufgenommen. Aus diesem Grund findet sich die IHK-Bewertung unter den Bundesfernstraßenprojekten.
  • Die Ortsumfahrungen Bezgenriet und Jebenhausen (L 1214) würden einer Verbesserung auf der Relation Göppingen - Aichelberg - A 8 dienen. Diese regional wichtige Anbindung unterscheidet sie von vielen anderen Ortsumfahrungen. Deshalb setzt sich die IHK seit langem für die Realisierung der beiden Projekte ein. Insoweit begrüßte die IHK die Aufnahme der Ortsumfahrung Jebenhausen in den Maßnahmenplan des Landes unter der Kategorie „Neubaumaßnahmen mit weit fortgeschrittenem Planungsstand”. Konsequent zur Erfüllung des beschriebenen Ziels wäre es aus IHK-Sicht jedoch gewesen, auch die Ortsumfahrung Bezgenriet zeitnah zu realisieren, was aktuell nicht der Fall wäre. Die IHK ersucht daher das Land, diesen Fall nochmals zu prüfen und gegebenenfalls eine Realisierung zu ermöglichen.
  • Die staatlichen Verwaltungen sind effizient zu organisieren und gegebenenfalls zu optimieren. Die IHK hielte es in diesem Zusammenhang für sinnvoll, dass das Land prüft, ob die Straßenbauverwaltung aus der Landesverwaltung herausgelöst und nach dem Wegfall der Auftragsverwaltung für die Bundesfernstraßen effizienter als privatwirtschaftlich organisierter Landeseigenbetrieb organisiert werden könnte, der die Zuständigkeit für Planung, Bau und Betrieb der Landestraßen bündelt. Er sollte wie ein Dienstleister agieren und das Straßenbau-Know-how konzentrieren.
  • Die Wirtschaft begrüßt es, wenn im Zuge des Ausbaus der Landesstraßen Leerrohre für einen Ausbau des Breitbandnetzes eingebaut werden.

Hintergrund:

Ein leistungsfähiges Verkehrsnetz ist ein wesentlicher Standortfaktor und kann ein wichtiger Faktor bei der Standortwahl eines Unternehmens sein. Bei den Landesstraßen handelt sich in der Regel um Straßen, deren Einzugsbereich über das Gebiet eines Landkreises oder einer kreisfreien Stadt hinausgeht. Sie erfüllen eine wichtige Erschließungsfunktion.
Das Land hat seine verkehrspolitischen Ziele zuletzt 2010 in einem Generalverkehrsplan (GVP) festgelegt. Ihm liegen Gutachten mit einem Planungshorizont bis 2025 zugrunde. Zum GVP wurde 2013 ein verkehrsträgerübergreifender Maßnahmenplan erstellt. Der Teilplan Landesstraßen legt dabei fest, wo die zur Verfügung stehenden Mittel für den Landesstraßenbau in innerhalb einer Laufzeit von zehn Jahren konkret eingesetzt werden sollen. Dazu ließ das Land die einzelnen Projekte nach festgelegten Kriterien bewerten und nahm im Anschluss eine Priorisierung der Maßnahmen vor. Der Maßnahmenplan soll nach der Hälfte seiner Laufzeit (somit 2018) überarbeitet und angepasst werden.
Die Landesregierung hat angekündigt, mehr Geld in den Landesstraßenbau investieren zu wollen. Für mehr Verlässlichkeit beim Planen und Bauen soll die Finanzierung unabhängig von einzelnen Haushaltsjahren gestaltet werden. Ein Schwerpunkt soll auf Erhalt und Sanierung liegen. Insbesondere gilt dies für einen Abbau des Sanierungsstaus bei den Brücken. Rund vierzig Prozent der Brücken im Zuge von Landesstraßen in Baden-Württemberg sind in einem so schlechten Zustand, dass sie dringend saniert werden müssten. Bei Arbeiten an Landesstraßen soll im Rahmen einer Gesamtkonzeption die Verlegung von Leerrohren für den Breitbandausbau ermöglicht werden.