Pressemitteilung vom 29. März 2023

Wirtschaft fordert mehr Mut bei der Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung

BWIHK-Vizepräsidentin Breuning: „Verabschiedeter Kabinettsentwurf greift zu kurz“

Die am 29. März 2023 im Kabinett verabschiedeten Entwürfe eines Gesetzes und einer Verordnung zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung eröffnen zwar neue Möglichkeiten, greifen aber aus Sicht der Wirtschaft zu kurz. „Wir brauchen dringend deutliche Verbesserungen, um die Zuwanderung an Fach-, Arbeitskräften und Auszubildenden aus Drittstaaten in dem Maße zu steigern, wie es angesichts des immensen Fachkräftemangels und des demografischen Wandels notwendig wäre“, sagt BWIHK-Vizepräsidentin Marjoke Breuning. Die Industrie- und Handelskammern in Baden-Württemberg fordern daher umfangreiche Nachbesserungen.
In ihrem Papier „Mehr Mut! 7 Punkte zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung (PDF-Datei · 155 KB) – für einfachere, schnellere und digitale Verfahren und weniger Hürden!“ fordern die IHKs unter anderem, die Prüfung nicht ausländerrechtlicher Kriterien wie beruflicher Qualifikationen und Eignungen, Berufserfahrungen und Sprachkenntnissen stärker der Einschätzung der Unternehmen zu überlassen, um Bürokratie abzubauen und die Verfahren zu verschlanken. Erleichterungen schlagen die IHKs auch bei der geplanten Anerkennungspartnerschaft vor. „Während der Zeit der Qualifizierung im Betrieb sollte eine Bezahlung unter Fachkraftniveau möglich sein, auch um keine Ungerechtigkeiten gegenüber der Stammbelegschaft zu schaffen“, erklärt Breuning.
Bei der Einreise von Fachkräften mit im Ausland staatlich anerkannter Qualifikation und Berufserfahrung (so genannte Erfahrungssäule) sollte die Gehaltsschwelle von 39.000 Euro zumindest in bestimmten Branchen wie Hotellerie, Gastronomie, Handel und manchen Dienstleistungen gesenkt und auch nicht tarifgebundenen Unternehmen eine niedrigere Bezahlung ermöglicht werden. „Außerdem fehlen weitere Zuwanderungsmöglichkeiten für Fachkräfte, die nicht über eine staatlich anerkannte Qualifikation in ihrem Herkunftsland, aber über andere wertvolle Qualifikationen oder vielfältige berufliche Erfahrungen verfügen. Diese Möglichkeiten, die es bisher nur für den IT-Bereich gibt, sollten auch für andere Berufe geöffnet werden“, so Breuning.
Darüber hinaus fordern die Kammern die Verfahren unbürokratischer, transparenter und digitaler zu gestalten. „Viele Bundesländer ermöglichen bereits flächendeckend die online-Antragstellung und digitale Verfahren. Hier müssen wir dringend nachziehen“, sagt Breuning. „Dies würde nicht nur Antragstellende und Behörden entlasten, sondern auch für mehr Transparenz im Verfahren sorgen.“ Auch die verpflichtende Einrichtung einer zentralen Ausländerbehörde im Land, Verbesserungen bei der Arbeitsplatz- und Ausbildungsplatzsuche und ein Aufenthaltstitel zur Ausbildungsvorbereitung gehören zu den Verbesserungsvorschlägen. Breuning: „Wir vermissen die Möglichkeit für junge Menschen, bereits für ein Langzeitpraktikum zur Ausbildungsvorbereitung einzureisen, um den Ausbildungserfolg besser sicherstellen zu können. Mit der sechs- bis zwölfmonatigen Einstiegsqualifizierung haben wir hier gute Erfahrungen zum Beispiel bei Geflüchteten gemacht.“
„Leider hat die Koalition versäumt, das komplizierte Einwanderungs- und Aufenthaltsrecht grundlegend zu überarbeiten, zu vereinfachen und damit wirksamer zu gestalten“, betont die BWIHK-Vizepräsidentin. Unternehmen und Zuwanderungswillige benötigten ein überschaubares und verständliches Regelwerk, das die verschiedenen Einwanderungsmöglichkeiten schnell erkennen lässt und eine unbürokratische Umsetzung durch alle beteiligten Stellen möglich macht. „Die Entwürfe vergrößern an verschiedenen Stellen sogar die Komplexität des Aufenthaltsrechts und schaffen neue Bürokratie. Dies wird zum Beispiel an der geplanten Chancenkarte mit zahlreichen Prüftatbeständen oder an den zusätzlichen Melde- und Informationspflichten für Unternehmen deutlich“, kritisiert Breuning. Wichtig für eine erfolgreiche Einwanderungspolitik seien jedoch nicht nur funktionierende Regelungen, sondern deren unbürokratische, digitale und fristgerechte Umsetzung durch gut ausgestattete Behörden auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene. Engpässe beispielsweise bei der Visavergabe durch die Auslandsvertretungen oder bei den Ausländerbehörden müssten beseitigt werden.
Das Papier „Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung – für einfachere, schnellere und digitale Verfahren und weniger Hürden!“ der IHKs in Baden-Württemberg finden Sie auf unserem Portal www.fachkraeftesicherung.ihk.de