Pressemitteilung vom 25. Mai 2023

Regionale Wirtschaft ächzt unter den gestiegenen Kosten

IHK-Hauptgeschäftsführerin Susanne Herre: „Absenkung der Stromsteuer würde Entlastung bringen – unkompliziert, unbürokratisch und zielgenau“

Die Unternehmen in der Region Stuttgart ächzen unter den enorm gestiegenen Kosten. Neben den hohen Energie- und Rohstoffpreisen üben die hohe Inflation und der Fachkräftemangel zusätzlich Druck auf Löhne und Gehälter aus. „Die Arbeitskosten werden zunehmend als wirtschaftliches Risiko gesehen“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführerin Susanne Herre. 55 Prozent der Unternehmen sehen allein in den hohen Energiepreisen ein wirtschaftliches Risiko, im Bereich der Metallerzeugung und -verarbeitung sind es sogar 79 Prozent. Auch Bauwirtschaft (62 Prozent), Transport- und Verkehrsgewerbe (84 Prozent) und Gastgewerbe (69 Prozent) klagen über die enormen Energiepreise. Das ist das Ergebnis der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage, an der in der Region Stuttgart zwischen Mitte April und Anfang Mai 709 Unternehmen aller Größen und Branchen teilgenommen haben.
„Wir müssen in der Debatte um die Entlastung der Wirtschaft die Absenkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß stärker in den Fokus rücken“, fordert Herre. „Denn mit einer Stromsteuersenkung würden unkompliziert, unbürokratisch und zielgenau diejenigen entlastet, die am meisten bezahlen. Sie ist daher ein schnell umzusetzender Baustein, um gerade die energieintensiven Unternehmen wettbewerbsfähiger zu machen.“
Statt komplizierte Verfahren und Regelungen einzuführen, genüge hierfür die bloße Änderung des Stromsteuertarifs. „Wir müssen uns wieder darauf besinnen, einfache Regelungen zu treffen und Markteingriffe und Subventionen als ultima ratio zu betrachten“, so Herre. Jährlich fließen rund 6,8 Milliarden Euro durch die Besteuerung des Stroms in die Staatskasse. Deutsche Unternehmen könnten durch eine Absenkung des Stromsteuersatzes um rund drei Milliarden Euro entlastet werden. Der aktuelle nationale Stromsteuersatz liegt bei 2,05 ct/kWh, der europäische Mindestsatz für gewerbliche Unternehmen bei 0,05 ct/kWh. Weltweit befindet sich der deutsche Industriestrompreis damit auf dem zweiten Platz. Nur in Dänemark ist die Industriestrom teurer. „Kostentreiber sind politische Entscheidungen, die ohne viel administrativen Aufwand oder Ausnahmeregelungen angepasst werden könnten.“

Wirtschaftliche Lage bleibt stabil

Generell bleibt die wirtschaftliche Lage der Unternehmen in der Region stabil.  40 Prozent der Befragten bewerten ihre Lage als gut – ein Prozentpunkt mehr als zum Jahresbeginn 2023. Ihre Geschäftslage als schlecht empfinden weiterhin elf Prozent der Betriebe. Etwas positiver fällt der Blick auf die kommenden zwölf Monate aus: Jedes vierte Unternehmen erwartet, dass die Geschäfte sich verbessern werden, jedes fünfte Unternehmen geht von schlechteren Geschäften aus. Im Vergleich zum Frühjahr haben sich diese Werte leicht verbessert.
Den Blick in die Zukunft trüben vor allem die immens steigenden Kosten, mit denen fast alle Betriebe zu kämpfen haben. Denn auf den Fachkräftemangel mit 68 Prozent der Nennungen und der schwächelnden Inlandsnachfrage (57 Prozent) folgen gleich drei Preistreiber: Energiekosten (55 Prozent), Arbeitskosten (knapp 52 Prozent) sowie die hohen Rohstoffpreise (knapp 37 Prozent).

Fallende Auftragseingänge in der Industrie, fehlende Kundschaft im Handel

In der Industrie meldet jedes dritte Unternehmen einen fallenden Auftragseingang. 61 Prozent sehen ein Geschäftsrisiko beim Inlandsabsatz – allen voran die Produzenten von Vorleistungsgütern. Hinzukommen hohe Kostenbelastungen bei Energie und Rohstoffen. 37 Prozent der Industrieunternehmen bewerten die Geschäftslage als gut, 15 Prozent als schlecht – das sind drei Prozentpunkte mehr als zum Jahresbeginn. Auf bessere Geschäfte in den kommenden zwölf Monaten hoffen 27 Prozent der Betriebe (Jahresbeginn 24 Prozent), 24 Prozent gehen von einer Verschlechterung aus. Investieren in den kommenden zwölf Monaten wollen dennoch 37 Prozent der Unternehmen, vor allen in die Digitalisierung (56 Prozent).
Hohe Energiekosten, hohe Baukosten und erschwerte Finanzierungsbedingungen führen zu Einbrüchen im Auftragseingang in der Bauwirtschaft. Vor allem die Nachfrage im Wohnbau leidet unter den erschwerten Bedingungen. Die gute wirtschaftliche Lage beruht auf den noch vorhandenen Aufträgen. 40 Prozent der Unternehmen bewerten ihre Geschäftslage als gut, zwölf Prozent als schlecht – acht Prozentpunkte mehr als zum Jahresbeginn 2023. Die hohen Baukosten schmälern den Ertrag: Nur noch 17 Prozent der Unternehmen haben eine gute Ertragslage – circa neun Prozentpunkte weniger als zum Jahresbeginn. Die Zukunftsaussichten im Baugewerbe sind dementsprechend getrübt: 42 Prozent erwarten eine Verschlechterung der Geschäfte, nur acht Prozent hoffen auf eine Verbesserung.
Die hohe Inflation und die enormen Preissteigerungen belasten den Handel. 77 Prozent der Unternehmen bewerten das Kaufverhalten als zurückhaltend - zum Jahresbeginn 2023 waren es 60 Prozent. Viele Einzelhändler haben in den Corona-Jahren ihre Eigenkapitalreserven aufgebraucht, jetzt belasten die allgemein hohen Kosten die Ertragslage. Die hohen Energiepreise werden von 66 Prozent der Einzelhändler als Geschäftsrisiko wahrgenommen. Die fehlenden Kunden in den Geschäften (Inlandsnachfrage) sehen 70 Prozent der Unternehmen als ein Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung. Nur noch 20 Prozent der Einzelhändler bewerten ihre Geschäftslage als gut.  Eine baldige Besserung der Situation erwarten die Einzelhändler nicht. Wie zum Jahresbeginn 2023 erwarten sieben Prozent der Unternehmen bessere Geschäfte und 33 Prozent der Unternehmen eine Verschlechterung.   
Der Großhandel konnte bis vor wenigen Monaten noch gute Geschäfte aufweisen. Allerdings schlägt sich die Kaufkraftzurückhaltung und auch die schwächelnde Industrie bei den Großhändlern durch. Im produktionsverbundenen Großhandel melden 35 Prozent der Unternehmen, dass die Tendenz im Bestelleingang fallend ist. Beim konsumnahen Großhandel sind es elf Prozent. Die Inlandsnachfrage ist mit 70 Prozent Nennungen das Toprisiko der Branche.
Die Lage bei den Dienstleistern konnte sich im Vergleich zum Jahresbeginn 2023 erneut verbessern. Allen voran die Finanzdienstleistungen, die im Herbst und zum Jahressbeginn 2023 einen Einbruch erlitten haben. 47 Prozent der Unternehmen bewerten ihre Geschäftslage als gut – fünf Prozentpunkte mehr als zum Jahresbeginn.  Nur noch acht Prozent bewerten die Lage als schlecht. Das Toprisiko der Branche bleibt der Fachkräftemangel: Dreiviertel der Unternehmen sehen im Frühsommer 2023 hierbei ein Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung.
Das Transport- und Verkehrsgewerbe konnte sich nach dem leichten Ab wieder fangen. Nur noch fünf Prozent der Unternehmen melden eine schlechte Geschäftslage - das sind circa acht Prozentpunkte weniger als noch zum Jahresbeginn. Allerdings hat sich auch die Anzahl der Unternehmen verringert, die ihre Geschäftslage als gut bewerten. So melden 34 Prozent eine gute Lage, während es Anfang des Jahres noch 38 Prozent waren. Die Unternehmen des Verkehrsgewerbes werden mit einigen Herausforderungen gleichzeitig konfrontiert: Der Auftragseingang nimmt deutlich ab, die Energiekosten belasten die Ertragsmarge und es fehlt an Fachkräften.
Krisenreiche Jahre hat das Hotel- und Gastgewerbe hinter sich. Aktuell befinden sich die Unternehmen auf den Weg zurück in die Normalität. Gebremst wird die Erholung durch verschiedene Geschäftsrisiken: Der Fach- und Arbeitskräftemangel bleibt weiterhin das Toprisiko der Branche. Neun von zehn Unternehmen sehen hier ein Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung. Die Preissteigerungen und der Fachkräftemangel üben zudem Druck auf Löhne und Gehälter aus. 71 Prozent der Unternehmen des Gastgewerbes sieht hier ein Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung. Die Zukunftsaussichten bleiben daher etwas getrübt: 22 Prozent der Unternehmen erwarten bessere Geschäfte und 13 Prozent erwarten eine Verschlechterung.