Magazin Wirtschaft

Wie es unseren Startups von 2022 heute geht

Wir haben wieder nachgefragt, was aus unseren Startups wurde, die wir 2022 im Magagzin Wirtschaft an dieser Stelle vorgestellt haben. Ganz erfreulich: alle sechs Gründungen florieren noch. Weil aber eine davon den Besitzer gewechselt hat und eine zweite wegen momentan laufender Gespräche und Weichenstellungen sich verständlicherweise nicht öffentlich äußern kann,  lesen sie hier vier Updates

Claudia und Leslie Eckert und die Mücken in der Höhle der Löwen

Passend zum Muttertag präsentierten wir im Mai 2022 ein eher ungewöhnliches Gespann: Mutter Claudia und Tochter Leslie Eckert hatten die VapoGroup GmbH gegründet, um ein Produkt in den Markt zu bringen, das lästige Wespen auf umweltfreundliche und tierschonende Weise vertreibt.
Die Idee, eine nachhaltig gefertigte Räucherbox, in der angenehm duftendes Kaffeepulver verglimmt, hatte nicht nur uns, sondern auch die Macher der VOX-Serie „Höhle der Löwen“ überzeugt – und die Juroren ebenfalls. In Ralf Dümmel fanden die beiden Stuttgarterinnen einen begeisterten Investor, und sechs Wochen nach der Ausstrahlung der Sendung waren sie restlos ausverkauft.
„Seit unserer Gründung haben wir mehr als zehn Millionen Euro Handelsumsatz gemacht. Für ein Startup ist das schon richtig viel“, erzählt Claudia Eckert stolz.
Trotzdem, es gab eine Reihe von „Ups und Downs“ zu bewältigen, wie Eckert erzählt. Schuld daran war vor allem das durchwachsene Wetter, denn die Insektenvertreiber sind ein saisonales Produkt: wenn die lauen Sommerabende fehlen, braucht man auch keinen Insektenschutz.
Seit unserer Gründung haben wir mehr als zehn Millionen Euro Handelsumsatz gemacht
Das gilt leider auch für diesen Sommer. Allerdings hat der viele Regen eine Mückenplage verursacht. Eckerts haben darauf reagiert und ihr Produkt auf die Wirksamkeit gegen Schnaken und Mücken erfolgreich getestet, um möglichst viele giftige Produkte wie Biozide oder Räucherspiralen zu ersetzen und sso weiterentwickelt, dass es auch Schutz vor den lästigen Blutsaugern bietet.Und sie nehmen zusätzlich den europäischen Markt ins Visier, nachdem VapoWesp bisher nur in der DACH-Region aktiv war.
Weil Nachhaltigkeit ein wesentliches Anliegen der beiden Eckert-Frauen ist, würden sie gern in Europa produzieren, aber bisher hat sich noch kein Partner gefunden, mit dem sich das preislich realisieren ließe. So setzen sie weiter auf zertifizierte Firmen in Asien.
Investor Ralf Dümmel steht den beiden Stuttgarterinnen auch weiterhin zur Seite. Regelmäßig besuchen sie ihn in Hamburg zu mehrtägigen Strategieberatungen. Und auch sonst wird es den beiden Frauen nicht langweilig: Tochter Leslie hat gerade ihr Abi absolviert und bereitet sich auf den Medizinertest vor. Und beide waren im Juli Ambassador für die „Innovationsmetropole NEW Stuttgart“.
Und überhaupt: „Wir haben in den letzten beiden Jahren eine tolle Reise absolviert“, bringt es Claudia Eckert auf den Punkt.

Alexa-Champion Paulos Mesghina, Stuttgart

Auch die Voiceagenten von Paulos Mesghina gibt es noch, die wir in der Juli-Ausgabe präsentierten. Das Startup, das Alexa das Sprechen beibringt, ist inzwischen auf fünf Personen angewachsen. Zwar ist der Alexa-Hype nicht mehr so stark, weil andere KI-Tools heute im Fokus stehen, „aber die Dynamik ist nach wie vor da“, erzählt der Gründer. Gerade wurde er von Amazon als Alexa-Champion ausgezeichnet, als einer von 50 weltweit.
Unser größter Markt sind die US
Aber nicht nur Ehre bringt sein Engagement, auch die Geschäfte laufen gut: „Wir wachsen Schritt für Schritt organisch“, erzählt Mesghina. Und dies nicht nur in Deutschland, sondern weltweit: „Unser größter Markt sind die USA, gefolgt von Großbritannien. Entwickelt wird weiterhin zusammen mit den Kunden, wobei gerade einige neue Tools hinzukommen, zum Beispiel in den Bereichen Speech-to-text und Text-to-speech. „Das ist alles gerade sehr spannend“, schwärmt Mesghina.
Übrigens: das Waldbaden via Alexa, dass die Voiceagenten bei unserem letzten Besuch gerade für eine Krankenkasse entwickelt hatten, das gibt es immer noch.

Nelly Grandel, die Ayurveda-Queen aus Fellbach

Ayurveda-Spezialistin Nelly Grandel ist gar nicht zu stoppen. Das gilt für ihre Erzählung am Telefon, aber auch für das, was sie in den letzten zwei Jahren für ihre Firma „Ayuny ganzheitlich gesund & glücklich“ aufgebaut hat.
Am meisten stolz ist sie auf den Onlinekurs mit über 70 Videos und schriftlichen Unterlagen zum Thema Nahrungsmittelunverträglichkeit und Darmgesundheit, den sie entwickelt hat. Er enthält all ihr Wissen zum Thema und geht im Oktober zum zweiten Mal live.
Sie tritt aber auch als Rednerin auf Festivals auf, hat zwei Weiterbildungen, zum Ayurveda-Ernährungstherapeuten und zum Ayurveda Mental Coach absolviert und eine Indienreise mit Stationen in Ayurveda-Krankenhäusern und -Universitäten unternommen.
Über 200 000 Menschen erreiche ich mit manchen Posts
Vor zwei Jahren hat sie uns erzählt, dass sie mit dem Gedanken ans Auswandern spielt. Hat sie das verwirklicht? „Ich wohne immer noch in Fellbach, bin aber oft unterwegs“, berichtet sie. Zuletzt habe sie aber einen Monat lang in Kroatien gelebt – weit weg von jeder Zivilisation.  „Hauptsache es gibt Wlan“, lacht sie, denn das Internet ist ihr wichtigstes ­Arbeitsinstrument, genauer gesagt Instagram: „Über 200 000 Menschen erreiche ich mit manchen Posts und monatlich sind es mehr als 100 000. Das ist einfach irre“, freut sie sich.
Die Einnahmen ihrer Firma ruhen auf drei Säulen, Kooperationen mit Firmen bezüglich Werbung für Produkte, die sie selber benutzt und ihren Kursen. Und wie schon zu Beginn der Selbständigkeit gibt sie weiterhin ihre individuellen 1:1 Ayurveda Ernährungs- und Gesundheitsberatungen, bei denen sie Menschen drei Monate lang online „auf ihrem Heilungsweg begleitet.“
2022 erzählte uns Grandel, dass sie neben ihrer Hauptaufgabe als Selbständige noch sechs weitere Rollen habe. Und deshalb mehr arbeite als zuvor als Angestellte. Doch das könnte jetzt besser werden: Sie hat nämlich eine Teilzeitkraft engagiert. 

Straphouse aus  Esslingen – die Uhr am Handgelenk

Im Novemberheft schließlich haben wir Straphouse vorgestellt. Das ist ein Start­up aus Esslingen, bei dem drei Freunde aus dem Sitzleder von Traumautos Uhrarmbänder produzieren. Die Uhrarmbänder gibt es weiterhin, aktuell zum Beispiel von 911ern und von einem Jaguar E-Type. Und auch weiterhin betreiben die Esslinger das Projekt aktiv, wenn auch nebenher zu ihren Brotberufen.
Mit so einem tollen Netzwerk, das wir uns aufgebaut haben, haben wir nicht gerechnet, das hat unsere Erwartungen übertroffen
Im Team hat es hingegen einen kleinen Wechsel gegeben: Mert Yildrim ist ausgeschieden, weil er zu 100 Prozent im elterlichen Autohaus gebraucht wird. „Aber wir sind immer noch Freunde und im engen Kontakt“, erzählt Mit-Gründer Leon Frädrich und stellt auch gleich den Neuen vor, IT-Fachmann Niklas Eickworth: „Wir sind dadurch heterogener geworden, vorher waren wir uns doch alle sehr ähnlich“, erzählt er, schließlich kannten sich die drei Gründer seit der Schulzeit.
Sind sie zufrieden damit, wie sich „Straphouse“ entwickelt hat? „Wir hatten uns schon mehr Wachstum versprochen, aber mit so einem tollen Netzwerk, das wir uns aufgebaut haben, haben wir nicht gerechnet, das hat unsere Erwartungen übertroffen“, zieht Frädrich eine positive Bilanz.
Dr. Annja Maga für  Magazin Wirtschaft, Rubrik Startup