Entsendung nach Kroatien
Für Unternehmen, die Mitarbeitende zur Durchführung von Dienstleistungen nach Kroatien entsenden, bestehen umfangreiche Anzeige- und Nachweispflichten. Bereits im Vorfeld sollte genau geprüft werden, ob es sich im Einzelfall tatsächlich um eine Entsendung handelt und welche Formalitäten zu beachten sind.
1. Mitarbeiterentsendung
Vor einer Entsendung nach Kroatien sollte der Arbeitgeber sorgfältig prüfen, ob die geplante Tätigkeit tatsächlich nach kroatischem Recht als Entsendung einzustufen ist. Eine Entsendung liegt nach kroatischem Recht vor, wenn ein ausländischer Arbeitgeber (Dienstleister) im Rahmen der grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen Mitarbeitende für eine begrenzte Zeit nach Kroatien schickt.
Hierfür gibt es eine Reihe von Kriterien:
- Die Entsendung erfolgt für einen begrenzten Zeitraum (Dauer, Häufigkeit und Art werden jeweils im Einzelfall geprüft).
- Die Entsendung geschieht im Auftrag und unter Leitung des ausländischen Arbeitgebers, basierend auf einem Vertrag mit einem Dienstleistungsempfänger in Kroatien.
- Entsendung im Rahmen von Konzernstrukturen: Auch die Versetzung zu einer kroatischen Niederlassung derselben Unternehmensgruppe gilt als Entsendung.
- Entsendung über Zeitarbeitsfirmen: Auch dann besteht eine meldepflichtige Entsendung durch die entsendende Agentur.
Hinweis: Nach EU-Recht entscheidet im Einzelfall das Gesamtbild, ob eine Entsendung tatsächlich nur „vorübergehend“ ist.
Keine meldepflichtige Entsendung liegt hingegen vor, wenn:
- lediglich Geschäftstreffen, Vertragsunterzeichnungen oder Schulungen stattfinden, ohne dass Arbeitsleistungen für den kroatischen Kunden erbracht werden,
- der oder die Beschäftigte bereits seinen oder ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Kroatien hat und von dort aus für den deutschen Arbeitgeber oder die deutsche Arbeitgeberin tätig wird,
- deutsche Unternehmen kroatische Beschäftigte direkt „vor Ort“ anstellen, um Aufgaben in Kroatien zu erfüllen.
2. Entsendemeldung
Vor Beginn der Dienstleistungserbringung in Kroatien muss der Arbeitgeber die Entsendung beim kroatischen Arbeitsministerium anmelden. Die Meldung erfolgt elektronisch per E-Mail direkt an das Arbeitsinspektorat: postingdeclaration.inspektorat@mrms.hr.
Das einzureichende Entsendeformular steht auf der Webseite des Ministeriums zum Download zur Verfügung. Das Original des ausgefüllten Formulars muss nicht zusätzlich an die Behörden übersandt werden, sollte aber als Nachweis aufbewahrt werden.
Im Meldeformular sind folgende Angaben erforderlich:
- Angaben zum Arbeitgeber oder zur Arbeitgeberin (inklusive Kontaktdaten der Geschäftsführung)
- Kontaktdaten einer Vertretungsperson in Kroatien zur Aufbewahrung von Unterlagen (s. Abschnitt 3)
- Informationen zu den entsandten Mitarbeitenden (einschließlich des gewöhnlichen Arbeitsortes)
- Beginn und voraussichtliche Dauer der Entsendung
- Angaben zum kroatischen Auftraggeber oder Kunden, Beschreibung der Tätigkeit und Einsatzort
- Gegebenenfalls Hinweise zu Arbeitserlaubnissen bei Drittstaatsangehörigen
Sollten sich die Daten ändern (z. B. Einsatzdauer, Mitarbeitende, Einsatzort), muss der Arbeitgeber dies innerhalb von drei Werktagen ebenfalls elektronisch dem Inspektorat melden.
Hinweis: Die AHK Kroatien berät selbst nicht zu Mitarbeiterentsendungen nach Kroatien, kann aber auf Wunsch kompetente Ansprechpartner vor Ort empfehlen, die als Rechtsbeistand oder Vertretungsperson vor Ort fungieren.
3. Vertretungsperson vor Ort
Der Arbeitgeber muss für den Zeitraum der Entsendung eine Vertretungsperson in Kroatien benennen. Diese übernimmt folgende Aufgaben:
- Aufbewahrung relevanter Unterlagen zur Beschäftigung der entsandten Mitarbeitenden (Arbeitsvertrag, Lohnabrechnung, Arbeitszeitnachweise etc.),
- Bereithalten und ggf. Übersetzung der Unterlagen für die kroatischen Behörden,
- Kommunikation mit den Behörden vor Ort.
Nach Beendigung der Entsendung muss der Arbeitgeber die relevanten Unterlagen für weitere fünf Jahre aufbewahren und sie den kroatischen Behörden auf Verlangen zur Verfügung stellen.
Hinweis: Als Vertretungsperson kommen in Kroatien tätige Auftraggeber, Rechtsanwälte oder Beschäftigte des eigenen Unternehmens infrage. Es empfiehlt sich, eine Person mit sehr guten Deutsch- und Kroatischkenntnissen zu auszuwählen, um eine reibungslose Behördenkommunikation zu gewährleisten.
4. Kroatisches Arbeitsrecht
Während der Entsendung nach Kroatien müssen unabhängig von dem im Arbeitsvertrag vereinbarten Recht die Mindeststandards des kroatischen Arbeitsrechts eingehalten werden:
- Mindestlohn (gesetzlich, im Baugewerbe nach Branchentarifvertrag),
- Überstundenregelungen und Zuschläge,
- Maximale Arbeitszeiten und Mindestruhezeiten,
- Mindestdauer des bezahlten Jahresurlaubs,
- Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit,
- Besonderer Schutz für Schwangere, Eltern, Minderjährige,
- Verbot von Diskriminierung, Gleichstellung von Frauen und Männern.
Hinweis: Bei Entsendungen, die weniger als acht Tage andauern und die von qualifizierten Mitarbeitenden zum Zweck der Erstmontage oder Installation von gelieferten Produkten erfolgen, müssen die Vorschriften zum Mindestlohn und zum Mindesturlaub nicht beachtet werden, sofern die Montage oder Installation bereits Bestandteil des Warenlieferungsvertrags war. Die Ausnahme gilt nicht für Tätigkeiten im Bausektor.
Die maximale regelmäßige Wochenarbeitszeit beträgt 40 Stunden. Überstunden sind erlaubt, allerdings darf die Höchstarbeitszeit von insgesamt max. 50 Stunden pro Woche grds. nicht überschritten werden. Nach sechs Stunden Arbeit steht Arbeitnehmenden eine Pause von mindestens 30 Minuten zu. Die tägliche Ruhezeit beträgt mindestens 12 Stunden, die wöchentliche Ruhezeit beträgt mindestens 24 Stunden plus die tägliche Ruhezeit. Der Mindesturlaub beträgt 4 Wochen pro Jahr, bei Minderjährigen abweichend 5 Wochen. Überstunden, Nachtarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit müssen zusätzlich vergütet werden.
Hinweis: Eine Übersicht zu den wichtigsten arbeitsrechtlichen Bestimmungen findet sich im Rechtsbericht der GTAI.
5. Mitzuführende Dokumente
Die entsendeten Mitarbeitenden müssen während der Entsendung stets folgende Unterlagen im Original mit sich führen:
- Arbeitsvertrag,
- Entsendemeldung,
- A1-Bescheinigung (Sozialversicherung),
- Lohnabrechnung und Zahlungsnachweise,
- Identitätsnachweis (Personalausweis oder Reisepass),
- Bei Drittstaatsangehörigen: Arbeits- und Aufenthaltstitel.
Arbeitgeber müssen die Einhaltung der Arbeitsbedingungen (insbesondere Lohn, Arbeitszeit, Urlaub) jederzeit belegen können. Die kroatische Arbeitsinspektion ist berechtigt, diese Dokumente zu kontrollieren. Eine Übersetzung der Dokumente ins Kroatische wird empfohlen. Bei Nichtvorliegen der Dokumente können die Behörden dies mit Bußgeldern ahnden.
Hinweis: Dauert die Entsendung länger als drei Monate, müssen sich die entsandten Mitarbeitenden zudem bei der zuständigen Polizeidirektion in Kroatien zum vorübergehenden Aufenthalt als entsandte Arbeitnehmer oder entsandte Arbeitnehmerin anmelden.
6. Besonderheiten im Bausektor
Im Baugewerbe gelten in Kroatien für entsandte Mitarbeitende besondere Regeln: Insbesondere müssen sie mindestens den durch den allgemeinverbindlichen Branchentarifvertrag vorgeschriebenen Mindestlohn erhalten – dieser liegt regelmäßig über dem gesetzlichen Mindestlohn.
Hinweis: Die tarifvertraglichen Bestimmungen für im Baugewerbe tätige Personen finden sich auf der Webseite der kroatischen Bauarbeitergewerkschaft oder auf der gesamteuropäischen Übersichtsseite der Europäischen Föderation der Bau- und Holzarbeiter (EFBH).
Zudem haftet der Generalunternehmer (Auftraggeber) gegenüber den entsandten Beschäftigten seiner direkten Subunternehmer gemeinsam und gesamtschuldnerisch für ausstehende Mindestlohnzahlungen. Diese Haftung entfällt nur, wenn der Auftraggeber alle erforderlichen Sorgfaltspflichten erfüllt und sich vom Subunternehmer regelmäßig Entsendemeldungen, Lohn- und Arbeitszeitnachweise sowie schriftliche Zahlungszusagen vorlegen lässt.
Hinweis: Anders als in anderen Branchen gibt es im Baugewerbe keine Ausnahme von den Mindestlohn- und Urlaubsregelungen bei kurzfristigen Einsätzen; sämtliche Schutzvorschriften gelten uneingeschränkt ab dem ersten Tag.
7. Steuern und Sozialversicherung
Für die Zeit der Entsendung nach Kroatien bleibt in der Regel das deutsche Sozialversicherungsrecht anwendbar. Der Arbeitgeber beantragt für jeden entsandten Mitarbeitenden vorab die A1-Bescheinigung bei der zuständigen Krankenkasse. Diese muss während der gesamten Entsendung mitgeführt und bei Kontrollen vorgezeigt werden.
- Dauert die Entsendung länger als 24 Monate, endet in der Regel die Anwendbarkeit des deutschen Sozialversicherungsrechts und kroatische Beiträge werden fällig (in Absprache mit der DVKA können hier ggf. Ausnahmeregelungen getroffen werden).
- Bei Tätigkeiten, die auf Dauer angelegt sind oder eine Eingliederung in einen kroatischen Betrieb bedeuten, greift ebenfalls kroatisches Sozialversicherungsrecht.
Die Besteuerung des Arbeitslohns richtet sich grundsätzlich nach dem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und Kroatien.
- Bleibt der Aufenthalt in Kroatien unter 183 Tagen im Kalenderjahr und wird das Gehalt weiterhin von einem in Deutschland ansässigen Arbeitgeber oder einer Arbeitgeberin gezahlt, erfolgt die Besteuerung in Deutschland.
- Überschreitet der Aufenthalt die 183-Tage-Grenze oder zahlt eine kroatische Betriebsstätte das Gehalt, kann Kroatien das Besteuerungsrecht erhalten.
8. Weitere Informationen und Ansprechpartner
- Anzuwendende Rechtsvorschriften (Kroatisches Arbeitsministerium)
- Übersicht zum kroatischen Arbeitsrecht (GTAI)
- Übersicht zu Vorschriften für das Baugewerbe (EFBH)
- Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)
- AHK Kroatien
Stand: August 2025