Regionales Übereinkommen: Ursprungsermittlung und Lieferantenerklärungen
Seit 1. Januar 2025 ist das revidierte Regionale Übereinkommen für den Pan-Euro-Med-Raum (PEM) in Kraft. Ein Kernelement sind vereinfachte Ursprungsregeln. Bis Ende 2025 können für Industriegüter die bisherigen PEM-Regeln oder die neuen PEM-Regeln angewendet werden, wobei dies zusätzlich davon abhängt, welche Regelungen das jeweilige PEM-Zielland akzeptiert.
Für die Umstellung gibt es unterschiedliche Vorgehensweisen. Diese hängen insbesondere von der Warenart ab (Gilt die Durchlässigkeit der Ursprungsregeln?) und der bisherigen Verwendung der Ursprungsregeln.
Was versteht man unter Durchlässigkeit?
Bei der Durchlässigkeit geht es um ein Grundprinzip während der Umstellung 2025: Durchlässig sind die alten, eher strengeren Ursprungsregeln gegenüber den neuen, einfacheren. Das bedeutet: Wenn man die alten Regeln erfüllt hat, hat man auch die neuen erfüllt. Das gilt für alle Industriegüter (Kapitel 25-97). Für landwirtschaftliche Erzeugnisse (Kapitel 1-24) gilt die Durchläsigkeit nur für Waren der Kapitel 1, 3 und verarbeitete Fischerzeugnisse aus Kapitel 16.
1. Ursprungsermittlung - Vorgehensweisen
In den Handelsabkommen der EU sind gelegentlich für dieselbe Warenposition je nach Land unterschiedliche Ursprungsregeln festgelegt. Dies kann beispielsweise in der Zoll-Datenbank „WuP-Online“ unter der Rubrik „Gegenüberstellung der Verarbeitungsliste“ überprüft werden. Bei abweichenden Regeln ist entweder individuell zu kalkulieren oder die Kalkulation erfolgt nach der strengsten Regel (worst case), mit der alle anderen Ursprungsregeln erfüllt werden. Diese Vorgehensweise ist verbreitet, hat aber zur Folge, dass die Vereinfachungen durch die PEM-Umstellung nicht genutzt werden können.
Wie erfolgt die Umstellung bei abkommensspezifischer Kalkulation?
Diese setzt voraus, dass je Abkommen individuell kalkuliert wird. Bei der Umstellung der PEM-Regeln ist der zum Zeitpunkt der Kalkulation angewendete Umstellungsstand pro Land zu berücksichtigen und zu dokumentieren. Diese Methode erlaubt es, die Möglichkeiten der Präferenzen voll auszuschöpfen, sie erfordert aber ein aufwändigeres und aktuelles System im Hintergrund. Es muss bei der PEM-Umstellung entschieden werden, welcher Regelsatz für die Kalkulation verwendet wird.
Wie erfolgt die Umstellung bei der Nutzung der strengsten Regel („worst case-Methode“)?
Unternehmen, die diese „worst case-Methode“ nutzen, haben eine zentrale Aufgabe: Sie müssen sicherstellen, dass die Ursprungsregeln, die sie bislang verwenden, auch nach der Umstellung auf das revidierte PEM-Übereinkommen tatsächlich noch die strengsten Regeln darstellen.
- Für Waren, für die die Durchlässigkeit gilt (alle Waren ab Kapitel 25 sowie Kapitel 1, 3, ex Kapitel 16), sollte das gegeben sein. Trotzdem ist eine einmalige Überprüfung, beispielsweise über WuP-Online, erforderlich. Die Prüfung und deren Ergebnisse sind zu dokumentieren, beispielsweise in einer vorhandenen Arbeits- und Organisationsanweisung. Unternehmen, die bislang automatisiert die Ursprungsregeln der bisherigen PEM-Zone nutzen, können diese nach der Überprüfung weiterhin verwenden. Maßgeblich ist, dass die verwendeten Ursprungsregeln die Einhaltung der Präferenzregeln aller genutzten Abkommen gewährleistet. Beispiel: Es kann weiterhin mit einer strengeren 30%-Regel gerechnet werden, auch wenn eine 50%-Regel möglich wäre.
- Für Waren, für die die Durchlässigkeit nicht gilt (Kapitel 2, 4-24 ohne verarbeitete Fischerzeugnisse), ist die Überprüfung der Ursprungsregeln jetzt elementar. Die Umstellung auf das revidierte PEM-Übereinkommen führt in vielen Fällen zu anderen Regeln. Hier müssen die Auswirkungen qualitativ beurteilt werden. Beispiel: Gewicht statt Wert als Kriterium für Vormaterialien. Andere Fertigungsprozesse genannt. Es ist nicht gewährleistet, dass es weiterhin eine Ursprungsregel gibt, die für alle EU-Handelsabkommen anwendbar ist.
Was muss bei der Nutzung der strengsten Ursprungsregel sonst noch beachtet werden?
Nichts, wenn die einmalige Überprüfung erfolgreich abgeschlossen ist: Es sind keine Vermerke erforderlich (revised rule, transitional rule), es ist keine Umstellung der Kalkulation erforderlich, Lieferantenerklärungen können unverändert ausgestellt werden.
Was ist der Nachteil der Nutzung der strengsten Regel?
Es werden naturgemäß nicht alle Spielräume der einzelnen Ursprungsregeln in den unterschiedlichen Handelsabkommen ausgenutzt.
2. Lieferantenerklärungen: Umstellungsbedarf erkennen und reduzieren
2.1 Konzentration auf Standardfälle mit gemeinsamen Merkmalen
Lieferantenerklärungen können, je nach abgebildeten Sachverhalten sehr schnell sehr komplex werden. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich daher ausschließlich auf Lieferantenerklärungen, die alle folgenden Merkmale erfüllen:
- Es sind neben den PEM-Staaten auch weitere/alle Länder genannt, mit denen die EU Abkommen abgeschlossen hat.
- Keine Kumulation
- Kein Vermerk zu „transitional rules“/„revised rules“
Die Notwendigkeit der Überprüfung richtet sich bei diesen Lieferantenerklärungen nach den erfassten Waren: Gilt für diese die Durchlässigkeit oder nicht?
2.2 Regelfall: Durchlässigkeit gilt, Gültigkeit bis Ende 2025
- Lieferantenerklärungen mit Waren, für die die Durchlässigkeit gilt (Waren ab Kapitel 25 bzw. Kapitel 1, 3, ex Kapitel 16)
- Gültigkeitsdatum bis Ende 2025
- Merkmale aus 2.1 sind erfüllt
Die Lieferantenerklärung mit diesen Merkmalen sagt aus, dass alle Ursprungsregeln der genannten Abkommensländer (PEM und sonstige) eingehalten werden. Für PEM-Staaten sagt sie aus, dass die alten PEM-Regeln eingehalten werden, sofern beim jeweiligen Land eine Wahlmöglichkeit zwischen alten und neuen Regeln besteht. Wegen der Durchlässigkeit sind damit automatisch die Regeln des revidierten Übereinkommens (also die neuen Regeln) erfüllt.
Die Lieferantenerklärung kann unbegrenzt weiterverwendet werden, es sind keine ergänzenden Vermerke zu „transitional rules“/ „revised rules“ nachzufordern.
2.3 Regelfall: Durchlässigkeit gilt, Gültigkeit ab 2026
- Lieferantenerklärungen mit Waren, für die die Durchlässigkeit gilt (Waren ab Kapitel 25 bzw. Kapitel 1, 3, ex Kapitel 16)
- Gültigkeitsdatum ab 2026
- Merkmale aus 2.1 sind erfüllt
Die Lieferantenerklärung mit diesem Merkmalen sagt aus, dass alle Ursprungsregeln der genannten Abkommensländer (PEM und sonstige) eingehalten werden. Für PEM-Staaten sagt sie aus, dass die neuen PEM-Regeln des revidierten Übereinkommens eingehalten werden.
Es gibt ab 2026 keine Vermerke mehr („transitional rules“/ „revised rules“)
Fazit bei Durchlässigkeit:
Die Lieferantenerklärung sieht unverändert aus, es ist nicht erkennbar, welche Ursprungsregeln verwendet worden sind. Wichtig: Der Ersteller der Lieferantenerklärung stellt sicher, dass die bei einer Kalkulation verwendeten präferenziellen Ursprungsregeln die Präferenzursprungseigenschaft in allen auf der Lieferantenerklärung genannten Abkommensländern erfüllen.
2.4 Keine Durchlässigkeit, Gültigkeit bis Ende 2025
- Lieferantenerklärungen mit Waren, für die keine Durchlässigkeit gilt (Kapitel 2, 4-24 ohne verarbeitete Fischerzeugnisse). Sonderfall
- Gültigkeitsdatum bis Ende 2025
- Merkmale aus 2.1 sind erfüllt
Die Lieferantenerklärung mit diesen Merkmalen sagt aus, dass alle Ursprungsregeln der genannten Abkommensländer (PEM und sonstige) eingehalten werden. Für PEM-Staaten sagt sie aus, dass die alten PEM-Regeln eingehalten werden, sofern beim jeweiligen Land eine Wahlmöglichkeit zwischen alten und neuen Regeln besteht.
Es gibt keine Aussage dazu, ob die Regeln des Revidierten Übereinkommens erfüllt sind. Die Lieferantenerklärung kann für PEM-Staaten dann nicht verwendet werden, wenn die revidierten Regeln eingehalten werden sollen. Deren Einhaltung muss mit den entsprechenden Vermerken („transitional rules“/ „revised rules“) gekennzeichnet werden.
Es gibt keine Aussage dazu, ob die Regeln des Revidierten Übereinkommens erfüllt sind. Die Lieferantenerklärung kann für PEM-Staaten dann nicht verwendet werden, wenn die revidierten Regeln eingehalten werden sollen. Deren Einhaltung muss mit den entsprechenden Vermerken („transitional rules“/ „revised rules“) gekennzeichnet werden.
2.5 Keine Durchlässigkeit, Gültigkeit ab 2026
- Lieferantenerklärungen mit Waren, für die keine Durchlässigkeit gilt (Kapitel 2, 4-24 ohne verarbeitete Fischerzeugnisse). Sonderfall.
- Gültigkeitsdatum ab 2026
- Merkmale aus 2.1 sind erfüllt
Die Lieferantenerklärung mit diesem Merkmalen sagt aus, dass alle Ursprungsregeln der genannten Abkommensländer (PEM und sonstige) eingehalten werden. Für PEM-Staaten sagt sie aus, dass die neuen PEM-Regeln des revidierten Übereinkommens eingehalten werden, weil die alten nicht mehr existieren.
Es gibt keine Vermerke mehr („transitional rules“/ „revised rules“)
Fazit ohne Durchlässigkeit:
Die Lieferantenerklärung sieht unverändert aus, es ist nicht erkennbar, welche Ursprungsregeln verwendet worden sind. Wichtig: Die die Lieferantenerklärung erstellende Person stellt sicher, dass die bei einer Kalkulation verwendeten präferenziellen Ursprungsregeln die Präferenzursprungseigenschaft in allen auf der Lieferantenerklärung genannten Abkommensländern erfüllen. Wegen der teilweise vorhandenen inhaltlichen Abweichungen zwischen den alten und den revidierten Regeln muss die Überprüfung sorgfältig erfolgen. Man sollte nicht bis 2026 warten.