Wirtschaft im Rems-Murr-Kreis - Herbst 2025
Schwache Inlandsnachfrage bedroht die Geschäftsentwicklung. Unternehmen brauchen klare Strategien, Flexibilität und Engagement für das herausfordernde wirtschaftliche Umfeld.
Zeit zum Handel: Die Stimmung in den Betrieben wird spürbar schlechter
Die aktuellen Konjunkturdaten für den Rems-Murr-Kreis zeichnen ein besorgniserregendes Bild: Die wirtschaftliche Lage bleibt angespannt, die Herausforderungen für die Unternehmen nehmen weiter zu. Eine schwächelnde Inlandsnachfrage, hohe Arbeits- und Bürokratiekosten sowie strukturelle Probleme belasten die Betriebe zunehmend.
Ausgehend von den aktuellen wirtschaftspolitischen Programmen – insbesondere dem „Investitionsbooster“ – ist in den kommenden zwei Jahren mit einer Ausweitung der Kapazitäten und entsprechenden privaten Investitionen zu rechnen. Dies gilt vor allem für Sektoren, die von erhöhten Ausgaben im Bereich Verteidigung und Infrastruktur profitieren. Dennoch bleibt das allgemeine Investitionsklima durch die anhaltend unsicheren wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen spürbar gedämpft.
Im produzierenden Gewerbe lässt eine Belebung noch auf sich warten, was sich auch in weiterhin abnehmenden Investitionen in Ausrüstungen und Baumaßnahmen niederschlägt.
Die im internationalen Vergleich hohen Lohn- und Energiekosten, der Fachkräftemangel und eine weiterhin abnehmende Wettbewerbsfähigkeit lasten auf den Wachstumsperspektiven.
Vor allem dürfte sich die Auslandsnachfrage nach deutschen Waren nicht zuletzt infolge der US-Zollpolitik weiterhin nur schleppend entwickeln.
Gesamtwirtschaft
Die Einschätzung der Gesamtwirtschaftslage hat sich gegenüber dem Frühjahr deutlich verschlechtert. Als gut bewerten nur 20,6 Prozent der befragten Unternehmen aus dem Rems-Murr-Kreis ihre Wirtschaftslage. Im Frühsommer waren dies noch 30,7 Prozent. Allerdings zeigte das Ergebnis im Herbst 2024 einen annähernd gleichen Wert von 21,2 Prozent. 48,7 Prozent bewerten ihre aktuelle Lage weiterhin als zufriedenstellend, ein knappes Prozent mehr als im Frühjahr. Hingegen betrachten 30,8 Prozent ihre Lage als schlecht. Fast 8 Prozent mehr als bei der letzten Umfrage. Im Herbst 2024 waren es 27,1 Prozent.
Die Erwartungen für die kommenden 12 Monate stimmen nicht positiv. 36,5 Prozent (FS 23,9 Prozent) der befragten Unternehmen erwarten eine Verschlechterung ihrer Geschäftslage. 47,4 Prozent (FS 56,7 Prozent) der Unternehmen zumindest eine gleichbleibende Geschäftslage. Eine Verbesserung sehen nur 16,1 Prozent (FS 19,4 Prozent).
Industrie und Bau
Aktuell bewerten lediglich 16,9 Prozent (FS 22,8 Prozent) der befragten Betriebe ihre Geschäftslage als gut, während 37,2 Prozent (FS 28,2 Prozent) eine schlechte Lage melden. Der Geschäftslageindikator liegt bei minus 20,3 Punkten. Mit befriedigenden Geschäften rechnen 45,9 Prozent (FS 48,9 Prozent).
Die Erwartungen für das kommende Jahr deuten nicht darauf hin, dass das Jahr 2026 eine Trendwende bringt. 18,4 Prozent (FS 22,8 Prozent) der Unternehmen rechnen mit einer Verbesserung ihrer Geschäftslage. Mit 50,7 Prozent (FS 58,2 Prozent) erwarten etwas mehr als die Hälfte der Teilnehmenden eine gleichbleibende Geschäftslage. Leider erwarten 30,9 Prozent (FS 19 Prozent) eine Verschlechterung. Der Geschäftserwartungsindikator liegt mit -12,5 Punkten im negativen Bereich.
Die Auftragseingänge im verarbeitenden Gewerbe befinden sich derzeit auf einem niedrigen Niveau. Besonders betroffen ist die Automobilindustrie, was sich auch deutlich auf deren Zulieferbetriebe sowie den Maschinenbau auswirkt. In diesen Bereichen ist ein spürbarer Rückgang der Produktion zu verzeichnen.
Im Hochbau zeigt sich eine leichte Belebung der Auftragslage, insbesondere im Wohnungsbau. Allerdings bleibt das Wachstum hier verhalten. Deutlich positiver gestaltet sich die Situation im Tiefbau, wo die Auftragseingänge spürbar zunehmen und eine stabilere Entwicklung erkennen lassen.
Die Kapazitätsauslastung liegt dort bei 76,5 Prozent (FS 77,3 Prozent).
Handel
Im Groß- und Einzelhandel betrachten 14,8 Prozent (FS 27,1 Prozent) der Unternehmen ihre Lage als gut. Zufrieden sind 53,7 Prozent (FS 45,8 Prozent). Schlecht bewerten ihre Lage 31,5 Prozent (FS 27,1 Prozent).
Die weiter anhaltende Konsumflaute führt dazu, dass 42,6 Prozent (FS 37,5 Prozent) der Unternehmen eine Verschlechterung ihrer Situation erwarten. 50 Prozent (FS 47,9 Prozent) rechnen mit gleichbleibenden Geschäften. Mit einer Verbesserung rechnen lediglich 7,4 Prozent (FS 18,6 Prozent).
Die Verbraucherstimmung bleibt insgesamt verhalten. Besonders der stationäre Handel leidet unter strukturellen Herausforderungen wie hohen Betriebs- und Arbeitskosten bei gleichzeitiger Kaufzurückhaltung. Der Großhandel befindet sich weiterhin in einer angespannten Lage, insbesondere im produktionsnahen Handel, wo sinkende Auslandsaufträge und hohe Kosten die Umsätze belasten.
Die Unternehmen rechnen mit einer Fortsetzung der schwankenden Entwicklung, wobei strukturelle Reformen als Voraussetzung für eine nachhaltige Erholung gelten. Besonders der Produktionsverbindungshandel steht unter Druck, während der Konsumgütergroßhandel als Stabilitätsfaktor gilt. Für eine positive Trendwende werden politische Maßnahmen wie Bürokratieabbau, steuerliche Entlastungen und Investitionsanreize als dringend notwendig erachtet.
Dienstleister
In der Dienstleistungsbranche gibt es einen deutlichen Einbruch. Es betrachten nur noch 27,5 Prozent (FS 41,1 Prozent) der befragten Unternehmen ihre Lage als gut. Zufrieden mit ihrer Lage zeigen sich immerhin 49,1 Prozent (FS 44,8 Prozent) der Unternehmen. Während 23,4 Prozent (FS 14,1 Prozent) ihre Lage als schlecht bewerten.
Hinsichtlich der Geschäftserwartung gehen 17,8 Prozent (FS 17,6 Prozent) der Unternehmen von einer Verbesserung in den kommenden 12 Monaten aus. 42,4 Prozent (FS 58,8 Prozent) gehen von gleichbleibenden und ganze 39,8 Prozent (FS 23,6 Prozent) von schlechteren Ergebnissen aus.
Unternehmensnahe Dienstleistungen hängen an der Entwicklung im produzierenden Gewerbe und dürften zum aktuell schlechten Stimmungsbild beitragen. Die Konsumnahe Dienstleistungen lassen jedoch auf erste Stabilisierungstendenzen hoffen.
Exporterwartungen
Mit einem Gesamtlageindikator von -20 Prozent zeigt die Konjunkturumfrage im Herbst 2025 ein deutlich pessimistisches Gesamtbild im Exportsektor. Der Anteil negativer Stimmen ist auf 37,8 Prozent (FS 33,8 Prozent) gestiegen. Der Anteil der Unternehmen mit stabilen Erwartungen ist leicht gefallen und liegt bei 44,4 Prozent (FS 48,2 Prozent). Der Anteil der Unternehmen, die mit steigenden Exporten rechnen, ist mit 17,8 Prozent (FS 18 Prozent) annähernd gleichgeblieben.
Vor allem die Exporte in die USA, als einer unserer wichtigsten Auslandshandelspartner, erfahren einen Rückgang. Die unkalkulierbare US-Handelspolitik wird immer mehr als Hürde wahrgenommen. Eine große Zahl der Unternehmen, speziell in der Industrie, berichtet von zusätzlichen Zöllen und regulatorischen Hürden. Zuverlässigkeit und Planbarkeit sind somit aktuell Fremdworte im Handel mit den USA und trüben damit die Exporterwartungen insgesamt.
Weitere detaillierte Information zur konjunkturellen Einschätzung der Außenwirtschaftsentwicklung für die Region Stuttgart sind im Außenwirtschaftsbarometer der IHK Region Stuttgart enthalten, siehe hier. (Im Content-System Link einfügen.)
Inlandsinvestitionen
Die Investitionsbereitschaft bleibt weiter rückläufig. Während zu Jahresbeginn noch Hoffnung auf eine Belebung der Inlandsnachfrage durch steigende Investitionen bestand, zeigt der Trend inzwischen wieder deutlich nach unten. In der Industrie erreicht der Wert mit -43,7 Prozent das Niveau der Corona-Hochphase.
Bei den Unternehmen, die noch investieren, bleibt die Digitalisierung mit 60 Prozent eines der wichtigsten Motive. Zwar leicht rückläufig im Vergleich zum Frühsommer, aber weiterhin auf hohem Niveau. Noch stärker gewichtet wird nur der Ersatzbedarf, der mit 63,2 Prozent das Spitzenmotiv darstellt. Im Vergleich zum Frühsommer ist hier ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen. Dies ist ein Indiz für gestiegene Anforderungen an die Modernisierung bestehender Anlagen und Infrastruktur.
Auch die Rationalisierung gewinnt an Bedeutung: Mit 32,1 Prozent liegt sie zwar unter dem Frühsommerwert, bleibt aber ein zentrales Motiv für Effizienzsteigerungen. Umweltschutz und Energieeffizienz verzeichnen hingegen einen Zuwachs mit 4,9 Punkten. Ein mögliches Zeichen für die Rückkehr nachhaltiger Themen auf die Investitionsagenda. Und die Change auf neue Geschäftsfelder.
Innovationen verlieren leicht an Gewicht, ebenso wie die Kapazitätserweiterung, zurückgeht.
Innovationen verlieren leicht an Gewicht, ebenso wie die Kapazitätserweiterung, zurückgeht.
Insgesamt zeigt sich ein Fokus auf Substanzerhalt und digitale Transformation – expansive und innovative Motive treten etwas in den Hintergrund.
Risiken
Über 73 Prozent der Betriebe sehen in der Inlandsnachfrage eine ernsthafte Bedrohung für ihre Geschäftsentwicklung – ein deutlicher Anstieg gegenüber dem Frühsommer. Auch die hohen Arbeitskosten bleiben ein zentrales Thema, wenn auch mit leicht sinkender Relevanz.
Die Unsicherheit über die Wirtschaftspolitik ist weiterhin präsent und erschwert strategische Entscheidungen. Energiekosten und geopolitische Spannungen verlieren leicht an Bedeutung, bleiben aber belastend. Der Fachkräftemangel wird zwar etwas weniger genannt, bleibt aber ein strukturelles Problem. Obwohl die Exporterwartungen sich verschlechtert haben, scheint die Auslandsnachfrage für viele Unternehmen kein schwerwiegendes Risiko darzustellen.
Rohstoffpreise und Finanzierungskosten sind für viele Unternehmen weniger kritisch, während Lieferkettenprobleme und Wechselkursschwankungen kaum noch eine Rolle spielen.
Beschäftigungszahlen
Die Arbeitslosenquote im September 2025 lag im Rems-Murr-Kreis bei 4,7 Prozent. Die schwache Konjunktur führt zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit, insbesondere in der Industrie. Andererseits bleibt der Fachkräftemangel trotz dieser Entwicklung bestehen. Besonders betroffen sind Gesundheits-, Sozial- und Bauberufe, während der Mangel in der Industrie durch Entlassungen etwas zurückging. Insgesamt wird mit einem weiteren Personalabbau gerechnet, was die Lage am Arbeitsmarkt zusätzlich belastet und die Kaufkraft mindern wird.
Das aktuelle Stimmungsbild basiert auf der Konjunkturumfrage der IHK Region Stuttgart, welche in der Zeit vom 15. September bis 2. Oktober 2025 stattgefunden hat. In diese Sonderauswertung für den Rems-Murr-Kreis flossen die Rückmeldungen von 171 Unternehmen ein. Die Sonderauswertung der IHK-Bezirkskammer Rems-Murr erscheint dreimal jährlich und spiegelt die Einschätzung der Wirtschaftslage zum Zeitpunkt des Abfragezeitraums wider.