Konjunkturausblick der IHK Region Stuttgart

Konjunkturauswertung der IHK-Bezirkskammer Rems-Murr

Frühsommer 2023: Gut über den Winter gekommen, weitere Erholung bleibt aus
In der Umfrage zum Jahresbeginn 2023 sah die Wirtschaftslage der heimischen Unternehmen für die kommenden Monate optimistischer aus, als sie sich momentan darstellt. „Unternehmerische, staatliche Maßnahmen und nicht zuletzt milde Temperaturen haben geholfen, einigermaßen stabil durch den Winter zu kommen. Die meisten Unternehmen befinden sich nicht mehr im akuten Krisenmodus, doch sehen sich viele Betriebe aufgrund der unsicheren Weltwirtschaftslage, den hohen Energie- und Rohstoffpreisen, den steigenden Arbeitskosten sowie den aktuellen Zinsbedingungen großen Herausforderungen gegenüber. Aktuell sehen wir eine Seitenbewegung bei der weiteren Erholung“, so die Einschätzung von IHK- Präsident Claus Paal zur aktuellen Konjunkturumfrage der IHK-Bezirkskammer Rems-Murr. 
Während die Industrie die aktuelle Lage mehrheitlich positiv sieht, lassen die Einschätzungen in Handel und Dienstleistungsbereich wieder nach. Im Baugewerbe hat sich die Stimmung deutlich eingetrübt. Ihre aktuelle Lage beurteilen die heimischen Unternehmen folglich etwas schlechter als in der Vorumfrage. Ähnlich sieht es mit den Erwartungen für die kommenden 12 Monate aus. In Summe melden 43,5 Prozent der Unternehmen eine gute Geschäftslage, was im Vergleich zum Jahresbeginn ein nahezu gleicher Wert ist. Weiterhin sind 38,9 zufrieden mit ihrer aktuellen Situation, etwas weniger als Anfang des Jahres. Lediglich 17,6 Prozent berichten von einer schlechten Lage. Der Gesamtsaldo verschlechterte sich dennoch um -5,8 auf +25,9 Punkte. 
Zu schaffen macht den Unternehmen seit Jahren der Fachkräftemangel, der mittlerweile zum generellen Arbeitskräftemangel in vielen Branchen wurde. Zwei Drittel der befragten Unternehmen sehen hierin das größte Risiko für ihre weitere wirtschaftliche Entwicklung. Ein Aspekt ist die Fachkräftegewinnung aus dem Ausland. „Die Zuwanderung qualifizierter Fach- und Arbeitskräfte ist immer noch schleppend und zäh. Hier klemmt es an vielen Stellen. Bürokratische Hürden bei der Antragstellung und Personalmangel und damit lange Bearbeitungszeiten in den Behörden sind nur zwei Stellschrauben, bei denen es im Prozess häufig zu Verzögerungen kommt. Hier muss dringend nachgesteuert werden,“ so Markus Beier, Leitender Geschäftsführer der IHK-Bezirkskammer Rems-Murr. Darüber hinaus beurteilen viele Unternehmen auch die steigenden Arbeitskosten kritisch. Die inflationsbedingt hohen Tarifabschlüsse belasten die Unternehmen in einer momentan ohnehin kritischen Wirtschaftslage zusätzlich. Dem gegenüber geht die  Risikoeinschätzung in Bezug auf die hohen Energiekosten deutlich zurück. Waren es Anfang des Jahres noch fast drei Viertel der befragten Unternehmen, die hierin das größte wirtschaftliche Risiko gesehen haben, sind es nunmehr noch 55,4 Prozent. 

Exporterwartungen

Die Exportgeschäfte bleiben hinter den Erwartungen zum Jahresbeginn zurück. Zunehmende geopolitische Risiken und Sanktionen, immer wieder aufkeimende Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten, die nach wie vor hohe Inflationsrate in vielen Ländern sowie gestiegene Zinsen sorgen dafür, dass die Unsicherheit im Auslandsgeschäft den heimischen Unternehmen immer mehr Sorge bereitet. So erwarten noch gut ein Drittel (Jahresbeginn 38 Prozent) der Unternehmen steigende Exporte. Gleichbleibend zufrieden sind 44,9 Prozent (JB 44,1). Mit abnehmenden Exporten rechnen 21,1 Prozent (JB 17,9 Prozent).

Inlandsinvestitionen

Aufgrund der stagnierenden Geschäftserwartungen bleibt auch das (Inlands-) Investitionsklima für die gewerbliche Wirtschaft verhalten. Der Erwerb von Investitionsgütern will derzeit gut überlegt sein. So geben gesamtwirtschaftlich betrachtet 32,1 Prozent der Unternehmen an, dass ihre Ausgaben hierfür steigen werden. Die Hälfte der Unternehmen rechnen mit gleichbleibenden Investitionen, ein Viertel plant gar, die Investitionen künftig zurückzufahren. Wenn investiert wird, dann bleibt der Ersatzbedarf mit 64,7 Prozent das vorherrschende Investitionsmotiv, dicht gefolgt von Investitionen in die Digitalisierung der Unternehmen mit 61,4 Prozent.  Mit 37,7 Prozent liegen Umweltschutz- und Energieeffizienzmaßnahmen nurmehr auf Platz 4 der meistgenannten Investitionsmotive. Hier ist sogar ein Rückgang im Vergleich zur letzten Umfrage von -5,2 Prozent zu erkennen.
Für IHK-Präsident Paal steht fest: „In vielen Gesprächen mit Unternehmen bemerke ich, dass ein nachhaltiges, ressourceneinsparendes Wirtschaften ganz oben auf der Agenda der Unternehmen steht. Was fehlt sind klare rechtliche und politische Rahmenbedingungen. Ohne Planungssicherheit wird kaum in größerem Umfang in Klimaschutz-, Umweltschutz- und Energieeffizienzmaßnahmen investiert werden“, so Claus Paal.

Beschäftigungszahlen

Der Arbeitskräftemangel wirkt sich auch auf die weiteren Beschäftigungserwartungen aus, die aktuell zurückgegangen sind. Mit Blick auf die Gesamtwirtschaft planen 56,5 Prozent, ihr Personal zu halten, 26,5 Prozent planen mit einer Aufstockung der Belegschaft, während 17 Prozent mit einem Rückgang der Beschäftigtenzahlen rechnen. Das Ergebnis ist laut IHK-Chef Beier nicht verwunderlich: „Der hohe Arbeits- und Fachkräftebedarf geht einher mit großen Schwierigkeiten bei der Arbeitskräftegewinnung. Das lässt die Erwartungen zur Entwicklung der Beschäftigungszahlen tendenziell eher abnehmen. Wo keine geeigneten Bewerber zu finden sind, werden auch keine eingestellt.“ Und das, obwohl die Auftragsbücher in vielen Unternehmen derzeit gut gefüllt sind. Deutliches Schlusslicht bildet der Handel. Angesichts der schwierigen Geschäftslage und der
verhaltenen Geschäftserwartungen haben sich die Beschäftigungsabsichten im Handel deutlich eingetrübt. Neben den steigenden Arbeitskosten ist es zudem speziell im Einzelhandel zunehmend schwierig, geeignetes Fachpersonal zu gewinnen. 
Die Konjunktur-Sonderauswertung für den Rems-Murr-Kreis basiert auf der Konjunkturumfrage der IHK Region Stuttgart, welche in der Zeit vom 18. April bis 05. Mai 2023 stattgefunden hat. Darin eingeflossen sind 109 Antworten von Unternehmen aus dem Rems-Murr-Kreis. Die Ergebnisse der Konjunkturumfrage erscheinen dreimal jährlich und spiegeln die Einschätzung der Wirtschaftslage zum Zeitpunkt des Abfragezeitraums wider.