Die wirtschaftliche Lage im Rems-Murr-Kreis ist zu Jahresbeginn von Unsicherheit und Zurückhaltung geprägt. Trotz leichter Verbesserungen im Vergleich zum Herbst 2024 bleibt die Geschäftslage angespannt und die Erwartungen für die kommenden Monate sind überwiegend negativ. Besonders betroffen sind kleine und mittelständische Unternehmen im Rems-Murr-Kreis, die unter der schwachen Inlandsnachfrage, den steigenden Arbeitskosten und dem anhaltenden Fachkräftemangel leiden. Die Unternehmen fordern branchenübergreifend dringend neue Impulse und Reformen in der Wirtschaftspolitik. Sie erwarten auch einen spürbaren Abbau von bürokratischen Zusatzbelastungen und klare und verlässliche Rahmenbedingungen durch die neue Bundesregierung und die EU.
Die Einschätzung der Gesamtwirtschaftslage ist daher auch kaum besser als in der letzten Umfrage. Als gut bewerten 25,3 Prozent der befragten Unternehmen aus dem Rems-Murr-Kreis ihre Wirtschaftslage. Zum gleichen Zeitpunkt im Jahre 2024 waren es immerhin noch 37,1 Prozent. 48,2 Prozent bewerten ihre aktuelle Lage wenigstens als zufriedenstellend, während 26,4 Prozent, und damit mehr als ein Viertel, ihre Lage mit schlecht bewerten. Zu Jahresbeginn 2024 waren es nur 22,8 Prozent.
Auch die Erwartungen für die kommenden 12 Monate stimmen nicht positiv. 23,3 Prozent (H 30,7 Prozent) der befragten Unternehmen erwarten eine Verschlechterung ihrer Geschäftslage. Eine Verbesserung sehen nur 17,9 Prozent (H 15,6 Prozent), während 58,8 Prozent (H 53,6 Prozent) der Unternehmen zumindest eine gleichbleibende Geschäftslage auf niedrigem Niveau vorhersehen.
Vor allem den Industrieunternehmen macht die aktuelle Weltwirtschaftslage aber auch die aktuelle Wirtschaftspolitik in Deutschland am meisten zu schaffen. Der Auftragseingang im produzierenden Gewerbe sowohl im Inland als auch aus dem Ausland ist schwach. Die gestiegenen Kosten für Energie, Arbeit und Rohstoffe, die letztendlich zu höheren Endproduktpreisen führen, beeinträchtigen die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Gleichzeitig sinkt die Inlandsnachfrage. Eine baldige Erholung ist weiterhin nicht in Sicht.
Für die Baubranche gibt es gleich mehrere Faktoren, die die Umsetzung neuer Bauprojekte erschweren. Dazu gehört der begrenzte Zugang zu Bauland, strenge Bauvorschriften, langwierige Bauantragsverfahren und immer noch relativ hohe Bauzinsen. Belastend sind auch die hohen Preise für Baumaterialien und Energie. Strengere Klima- und Umweltauflagen verteuern das Bauen zusätzlich.
Aktuell bewerten lediglich 17,6 Prozent der befragten Betriebe ihre Geschäftslage als gut, während 29,5 Prozent eine schlechte Lage melden. Der Geschäftslageindikator liegt bei minus 7,4 Punkten. Damit befindet er sich zum zweiten Mal in Folge im negativen Bereich, zeigt jedoch eine Verbesserung gegenüber der vorherigen Umfrage im Herbst 2024 (minus 14,4 Punkte). Die Erwartungen für das laufende Jahr deuten jedoch nicht darauf hin, dass das Jahr 2025 eine spürbare Trendwende bringt. 17,8 Prozent der Unternehmen rechnen mit einer Verbesserung ihrer Geschäftslage, 25,2 Prozent mit einer Verschlechterung. Der Geschäftserwartungsindikator liegt mit minus 11,9 Punkten noch deutlich im negativen Bereich.
Schlechte Aussichten auch im Handel. Die Verunsicherung der Verbraucher angesichts zahlreicher schlechter Nachrichten aus der Wirtschaft sitzt tief und die in den zurückliegenden Jahren stark gestiegenen Lebenshaltungskosten haben das verfügbare Einkommen der Konsumenten erkennbar geschmälert. Die Stimmung im Einzelhandel bleibt zum Jahresbeginn daher überwiegend pessimistisch. Beim Großhandel sieht es ähnlich aus. Die anhaltende Konjunkturflaute sorgt für zögerliches Bestellverhalten. Vor allem der produktionsbezogene Großhandel leidet unter der aktuellen Wirtschaftslage, aber auch den konsumnahen Großhandel trifft die immer noch verbreitete Kaufzurückhaltung der Verbraucher.
Im Groß- und Einzelhandel betrachten 19,4 Prozent der Unternehmen ihre Lage als gut. Vor einem Jahr waren dies 28,6 Prozent. Zufrieden sind 41,9 Prozent (H 41,7 Prozent). Schlecht bewerten ihre Lage 38,7 Prozent (H 45,8 Prozent).
Die anhaltende Konsumflaute führt dazu, dass 41,4 Prozent der Unternehmen sogar eine Verschlechterung ihrer Situation erwarten. 58,6 Prozent rechnen mit gleichbleibenden Geschäften. Mit einer Verbesserung rechnet keines der antwortenden Unternehmen. Im Herbst 2024 waren dies noch 8,3 Prozent.
Die Dienstleistungsbranche umfasst Finanzdienstleistungen, Beratungen, Informations- und Kommunikationstechnik, Gesundheitswesen bis hin zu Bildung und Tourismus. Eine kontinuierliche Weiterentwicklung und Anpassung an sich ständig ändernde Bedürfnisse und Technologien ist unerlässlich, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Digitalisierung und Automatisierung, der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) oder die Umsetzung von Nachhaltigkeitsthemen sind nur einige Beispiele aus dem Themenbereich der Dienstleistungsbranche. Um hier mithalten zu können, muss investiert werden. So verwundert auch nicht, dass die Dienstleistungsbranche derzeit der einzige Lichtblick ist.
Der Konjunkturklimaindex liegt hier bei der Einschätzung der aktuellen Lage mit 19,7 Punkten deutlich im positiven Bereich. So betrachten 37,2 Prozent (H 30,4 Prozent) der befragten Unternehmen aus der Dienstleistungsbranche ihre Lage als gut. Zufrieden mit ihrer Lage zeigen sich 45,3 Prozent (H 51,2 Prozent) der Unternehmen. Während 17,5 Prozent (H 18,4 Prozent) ihre Lage als schlecht bewerten. Die im Herbst 2024 erwartete Verbesserung ist nun sichtbar. Hinsichtlich der Geschäftserwartung erwarten 25,5 Prozent der Unternehmen eine Verbesserung in den kommenden 12 Monaten. Stattliche 61,3 Prozent (H 46,1 Prozent) gehen von gleichbleibenden und nur 13,2 Prozent (H 28 Prozent) von schlechteren Ergebnissen aus.
Exporterwartungen
Zunehmend trägt auch die aktuelle Weltwirtschaftslage vor allem bei den exportorientierten Unternehmen zur Verunsicherung und Ernüchterung bei. Die unvorhersehbaren Entscheidungen und die protektionistische Handelspolitik der neuen US-Regierung destabilisieren bereits jetzt die globalen Märkte. Viele exportabhängige Unternehmen aus dem Rems-Murr-Kreis sehen sich dadurch zusätzlichen Herausforderungen gegenüber. Von fallenden Exporten gehen aktuell 30,2 Prozent (H 30,5 Prozent) der Unternehmen aus. 20,6 Prozent (H 20,8 Prozent) erwarten steigende Exporte. Gleichbleibende Erwartungen haben 49,3 Prozent (H 48,7 Prozent) der Unternehmen. Der Lageindikator der Gesamtwirtschaft liegt mit -9,6 Prozentpunkten wie im Herbst 2024 alarmierend im negativen Bereich. Besonders dramatisch zeigen sich die Exporterwartungen der Industrie, die weit schlechter als die Gesamtwirtschaft abschneiden.
Weitere detaillierte Information zur konjunkturellen Einschätzung der Außenwirtschaftsentwicklung für die Region Stuttgart sind im Außenwirtschaftsbarometer der IHK Region Stuttgart enthalten.
Inlandsinvestitionen
Der Indikator der Inlandsinvestitionen hat sich im Vergleich zur Herbstumfrage 2024 nochmal um 7,5 Punkte auf -17,4 Punkte erheblich verschlechtert. Die Unsicherheit bezüglich wirtschaftspolitischer Rahmenbedingungen und schwache Absatzprognosen haben die Investitionsbereitschaft in allen Branchen gedämpft. Investitionen konzentrieren sich vor allem auf Ersatzbedarf und Digitalisierung. Unternehmen setzen verstärkt auf digitale Plattformen und Automatisierung, um Prozesse zu optimieren und Kosten zu senken.
Risiken
Das größte Geschäftsrisiko bleibt die schwächelnde Inlandsnachfrage. Die allgemeine Kauf- und Investitionsbereitschaft schlägt hier deutlich zu Buche. 66,4 Prozent der Betriebe sehen hier ein Problem für ihre wirtschaftliche Entwicklung. Das Risiko hoher Arbeitskosten nimmt von Umfrage zu Umfrage zu und landet mit 56,2 Prozent auf dem zweiten Platz. Der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften, mit 45,6 Prozent auf Platz vier, treibt die Arbeitskosten zusätzlich in die Höhe. Der Fachkräftemangel verliert jedoch angesichts der Wirtschaftsflaute und der schwachen Nachfrage sehr deutlich an Bedeutung. Auch das Risiko hoher Energiekosten wird wieder häufiger genannt – besonders von Unternehmen der Industrie, der Bauwirtschaft und des Gastgewerbes. Sie landen mit rund 50 Prozent auf dem dritten Platz. Deutlich gestiegen im Vergleich zur Vorumfrage ist das Risiko geopolitischer Spannungen, was viel mit dem Amtsantritt von US-Präsident Trump im Januar zu tun haben dürfte.
Beschäftigungszahlen
Die konjunkturelle Schwäche zeigt sich nun auch sehr deutlich bei den Beschäftigungserwartungen der Firmen. Der Lageindikator im Rems-Murr-Kreis liegt nun bei -14,3 Punkten (H -4,3 Punkten) und ist damit um 10 Prozentpunkte gefallen. Entgegen der Annahme, dass sich der Dienstleistungssektor positiv entwickelt, hat sich dieser in Bezug auf die Beschäftigungserwartungen um rund 10 Prozentpunkte verschlechtert. Der Handel gliedert sich in die Negativspirale ein und sinkt um weitere 9 Prozentpunkte auf minus 25,8 Punkte. Der Industrie- und Bausektor benötigt immer noch gut ausgebildete Fachkräfte. Freiwerdende Stellen bleiben jedoch unbesetzt. Somit wird der zunehmende Kostendruck gemildert. Der Lageindikator hat sich um 5,4 Prozentpunkte auf minus 28 Punkte nochmals verschlechtert.
Die Arbeitslosenquote im Januar 2025 lag im Rems-Murr-Kreis bei 4,6 Prozent. Sie liegt damit 0,4 Prozentpunkte über dem Vorjahreswert. So macht sich im Kreis, neben dem saisonal bedingten Anstieg, auch die schleppende konjunkturelle Entwicklung bemerkbar.
Das aktuelle Stimmungsbild basiert auf der Konjunkturumfrage der IHK Region Stuttgart, welche in der Zeit vom 2. bis 21. Januar 2025 stattgefunden hat. In diese Sonderauswertung für den Rems-Murr-Kreis flossen die Rückmeldungen von 120 Unternehmen ein. Die Sonderauswertung der IHK-Bezirkskammer Rems-Murr erscheint dreimal jährlich und spiegelt die Einschätzung der Wirtschaftslage zum Zeitpunkt des Abfragezeitraums wider.