Konjunkturausblick der IHK Region Stuttgart

Sonderauswertung der IHK-Bezirkskammer Rems-Murr

Konjunktur im Rems-Murr-Kreis kommt nicht in Fahrt.
Die wirtschaftliche Entwicklung im Rems-Murr-Kreis verläuft, wie in der gesamten Region Stuttgart, zäh. Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, die geopolitischen Spannungen sowie die vielfach wahrgenommene überbordende Bürokratie verlangen den Unternehmen viel ab. Die Inflationsrate ist zwar gesunken, doch gehen von der EZB zur weiteren Zinspolitik aktuell keine klaren Signale aus, was die Wirtschaft weiterhin durch Unsicherheit stark belastet. Eine fehlende Inlandsnachfrage wird derzeit als größtes Geschäftsrisiko von den Firmen genannt.  Der Blick in die Zukunft ist im Moment getrübt. Alles in allem zeigt sich die Wirtschaft im Rems-Murr-Kreis dennoch erstaunlich stabil.
Gesamtwirtschaft
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Nach einer vorübergehenden Stabilisierungsphase bis Anfang 2023 sinkt die Einschätzung der aktuellen Lage seitdem nun zum dritten Mal in Folge. Der Lageindikator liegt mit 14,2 Punkten erneut um 2 Punkte unterhalb der Herbstumfrage. Zwar betrachten 37,1% der Unternehmen ihre aktuelle Lage als gut, doch der Anteil der Unzufriedenen steigt erneut auf nun fast 23%. Ein weiterer herber Absturz ist über den Jahreswechsel aber zum Glück ausgeblieben.
Beim Blick in die Zukunft der nächsten 12 Monate sind die Unternehmen wieder etwas positiver gestimmt. 15,9 Prozent (H 11,7 Prozent) erwarten eine Verbesserung der Geschäftslage. Von mehr als 60 Prozent der befragten Unternehmen wird aktuell die Geschäftserwartungen als gleichbleibend eingeschätzt. Knapp ein Viertel der Betriebe rechnet mit einer Verschlechterung binnen Jahresfrist. Der Indikator verbleibt im negativen Bereich und steigt von -13,9 Punkte im Herbst auf -7,7 Punkte.
Industrie und Bau
Die wirtschaftliche Lage im verarbeitenden Gewerbe hat sich mit einem Plus von 4 Prozentpunkten auf 9,6 Prozentpunkte nur geringfügig verbessert. Der Abwärtstrend wurde immerhin gestoppt. Die schwächelnde Konjunktur im Inland sowie in den Hauptabnehmerländern lassen keine großen Änderungen in der Auftragslage erwarten. Mit den sich auflösenden Corona bedingten Lieferschwierigkeiten hatten sich die Frachtkosten langsam wieder normalisiert. Nun sind durch den Nahostkonflikt neue Risiken und Kosten entstanden. Viele Redereien meiden die Passage durch den Suezkanal und das Rote Meer. Sie nehmen stattdessen den Umweg über das Kap der Guten Hoffnung in Südafrika. Die Route ist wesentlich länger. Damit ist sie teurer und führt zu Verzögerungen in den Lieferketten. 
Mit voller Wucht trifft die Zurückhaltung auf der Nachfrageseite einerseits und die hohen Baukosten auf der anderen Seite das Baugewerbe. Obwohl der Bedarf insbesondere nach mehr Wohnraum ungebrochen ist, bricht auch die Zahl der Baugenehmigungen stark ein, was sich wiederum auf die künftige Entwicklung im Bereich der Bauwirtschaft auswirken wird. Eine schnelle Wende der Situation ins Positive ist aktuell nicht zu erwarten.
Die Geschäftslage geben aktuell 30,4 Prozent (H 26,4 Prozent) der Unternehmen in der Industrie und Bauwirtschaft als gut an. Als schlecht betrachten 20,9 Prozent (H 24,2 Prozent) ihre Situation, befriedigend finden sie immerhin 48,7 Prozent.
Bei den Erwartungen in die nächsten Monate zeigt sich weiterhin ein starkes Mittelfeld. Mit 56,7 Prozent (H 55,3 Prozent) werden zufriedenstellende Ergebnisse erwartet. 16,4 Prozent (H 13,5 Prozent) der Unternehmen blicken optimistisch in die Zukunft, während 26,9 Prozent (H 31,3 Prozent) schlechtere Geschäfte befürchten.
Die Kapazitätsauslastung liegt bei 84,4 Prozent und damit gleichauf wie zu Beginn 2023 (2023: H 79,6; S 84,8; JB 84,4 Prozent).
Handel
Die Handelsbranche bewertet die aktuelle Lage besonders kritisch. Sowohl im Einzel- wie auch im Großhandel sinkt die Geschäftslage noch einmal deutlich ab. Die im Herbst erhoffte Erholung speziell im Einzel- und Onlinehandel blieb aus. Die finanziellen Mittel der Konsumenten müssten durch die sinkende Inflation und Tariferhöhungen in vielen Branchen sowie Ausgleichzahlungen vorhanden sein. Durch die höheren Zinsen und die politisch unsichere Lage besteht jedoch in vielen Privathaushalten weiterhin ein Sparanreiz und die Bereitschaft zur Kreditaufnahme bleibt gedämpft. Lediglich der Großhandel erfährt eine schwache Steigerung der Nachfrage aus der Industrie. Daher sehen nur 28,6 Prozent der Unternehmen ihre Lage als gut und ganze 57,1 Prozent ihre Lage als schlecht an.
Bei den Erwartungen sieht es etwas besser aus. So erwarten 65,2 Prozent (H 58,6 Prozent) gleichbleibende, 30,4 Prozent (H 31 Prozent) schlechtere und nur 4,3 Prozent (H 10,3 Prozent) bessere Ergebnisse.
Dienstleister
Einen kleinen Lichtblick gibt es in der Dienstleistungsbranche. Der Lageindikator liegt mit 30,6 Prozentpunkten hier deutlich im Plus. 46,1 Prozent (H 46,7 Prozent) der befragten Unternehmen aus der Dienstleistungsbranche betrachten ihre Lage als gut. Zufrieden mit Ihrer Lage zeigen sich 38,3 Prozent (H 40,4 Prozent) der Unternehmen. 15,5 Prozent (H 12,9 Prozent) betrachten ihre Lage als schlecht.
Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es auch bei den Erwartungen in der Branche. Vor allem Beratungsfirmen erwarten eine Verbesserung. Auch Dienstleister im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie (ITK) profitieren am Voranschreiten der Digitalisierung. Finanzdienstleister haben sich an die Zinswende gewöhnt. Das Transport- und Verkehrsgewerbe ist durch die Verschärfung der LKW-Maut und die CO2-Steuer auf fossile Kraftstoffe jedoch belastet. Zudem dürfte die schwächelnde Industrie zu sinkenden Aufträgen führen.
Die Geschäftserwartung geben 18,9 Prozent (H 10,1 Prozent) der Unternehmen mit besser, 62,9 Prozent (H 73,3 Prozent) mit gleichbleibend und 18,1 Prozent (H 16,6 Prozent) mit schlechter an.

Exporterwartungen

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Anlass zu etwas Zuversicht gibt die Exportwirtschaft. So erwarten jetzt 28,3 Prozent (H 20,9 Prozent) der Unternehmen steigende Exporte. Gleichbleibend zufrieden sind 55,2 Prozent (H 46,6 Prozent). Mit abnehmenden Exporten rechnen nur noch 16,5 Prozent (H 32,8 Prozent). Der Lageindikator liegt nun wieder im positiven Bereich bei 11,8 Prozentpunkten (H minus 12 Prozentpunkten).
Inwieweit und wann sich die Lage weiter entspannen wird, hängt von der konjunkturellen Entwicklung der Weltwirtschaft sowie den derzeitigen geopolitischen Spannungen in vielen Teilen der Welt ab.
Weitere detaillierte Information zur konjunkturellen Einschätzung der Außenwirtschaftsentwicklung für die Region Stuttgart sind im Außenwirtschaftsbarometer der IHK Region Stuttgart enthalten, siehe hier.

Inlandsinvestitionen

Eine unsichere wirtschaftliche und politische Lage wirkt hemmend auf die Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Der Indikator der Inlandsinvestitionen hat sich von -1,6 Punkten auf -0,8 Punkten verbessert. Er verbleibt damit aber im negativen Bereich.
Investitionsmotive_2024-01
Zeigte sich die Digitalisierung seit Ende 2022 als wichtigstes Investitionsmotiv, hat sie erstmals Platz für Investitionen in den Ersatzbedarf machen müssen. Der Prozess der Digitalisierung läuft jedoch ungebrochen weiter. Dies zeigt auch der hohe Nennwert von 60, Prozent.
Der deutliche prozentuale Anstieg beim Ersatzbedarf mit über 66 Prozent zeigt, dass vor allem im verarbeitenden Gewerbe Investitionen in Angriff genommen werden, um die hohen Emissionslasten zu reduzieren sowie Energiekosten einzusparen. Auch wenn diese Investitionen oftmals nicht unmittelbar in Umweltschutzmaßnahmen fließen, wirken sie sich trotzdem in vielen Fällen positiv auf den Umweltschutz aus.

Risiken

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Wie in der Herbstumfrage ist das Risiko einer nachlassenden Inlandsnachfrage das meistgenannte. Der Fachkräftemangel, die Arbeitskosten und die Energiekosten werden seit Frühjahr 2023 als große Risiken angesehen.
Eine Verschiebung gab es hinsichtlich der Wirtschaftspolitik. Diese ist nun unter den fünf größten Risiken angekommen und spiegelt die Unsicherheit im Hinblick auf die aktuelle politische Situation in Deutschland wider. So wurde bei den Freitextantworten überlastende Bürokratie, unzuverlässige politische Entscheidungen und fehlende Förderung angegeben.
Obwohl die Energiepreise wieder deutlich gesunken sind, sehen fast 50 Prozent der Unternehmen bei den Energiekosten ein Geschäftsrisiko. Vor allem bei den Unternehmen der Industrie, der Bauwirtschaft und bei den Logistikern bleibt es eines der Toprisiken. Die deutschen Energiepreise werden von vielen Unternehmen im internationalen Vergleich als nicht wettbewerbsfähig betrachtet. Dies zeigen die Ergebnisse des IHK-Energiewendebarometers.

Beschäftigungszahlen

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Die konjunkturelle Schwäche zeigt sich auf dem Arbeitsmarkt. Über nahezu alle Branchen hinweg rechnen die Unternehmen derzeit mit einem weiteren Beschäftigungsabbau. Der Lageindikator liegt bei -5 Punkten (H -2,1 Punkten) Ausnahme hiervon ist lediglich der Dienstleistungssektor mit einem Plus von knapp 3 Punkten auf 11,1 Punkte. Durch die schwächelnde Konjunktur werden im Moment nicht alle Mitarbeiter gebraucht. Dem gegenüber steht aber der Mangel an geeigneten Fachkräften. Daher sollte eine Fachkräftesicherung und -entwicklung im Zeichen von demografischem Wandel und Transformation das Gebot der Stunde sein. Deshalb muss noch stärker in Aus- und Weiterbildung bzw. die strategische Personalplanung investiert werden. Nur mit gut aus- und weitergebildeten Beschäftigten kann die Transformation gelingen.
Die Arbeitslosenquote im Januar 2024 lag im Rems-Murr-Kreis bei 4,1 Prozent. Der Anstieg um 0,2 Prozent zum Vormonat ist laut Agentur für Arbeit Jahreszeiten üblich.
Das aktuelle Stimmungsbild basiert auf der Konjunkturumfrage der IHK Region Stuttgart, welche in der Zeit vom 2. bis 22. Januar 2024 stattgefunden hat. In diese Sonderauswertung für den Rems-Murr-Kreis flossen die Rückmeldungen von 114 Unternehmen ein. Die Sonderauswertung der IHK-Bezirkskammer Rems-Murr erscheint dreimal jährlich und spiegelt die Einschätzung der Wirtschaftslage zum Zeitpunkt des Abfragezeitraums wider.
Die Ergebnisse stammen aus der Jahresbeginn-Umfrage der IHK Region Stuttgart, an der im Zeitraum vom 2. bis 22. Januar 2024 insgesamt 741 Unternehmen teilnahmen, darunter 114 aus dem IHK-Bezirk Rems-Murr. Die Sonderauswertung der IHK-Bezirkskammer Rems-Murr erscheint dreimal jährlich und spiegelt die Einschätzung der Wirtschaftslage zum Zeitpunkt des Abfragezeitraums wider.