Neue Technologien und Kommunikationswege nutzen

Wettbewerbs- und Standortvorteile durch Individualisierung

Situation im Elbe-Weser-Raum

Die Präferenzen im Kauf- und Konsumverhalten des Kunden verschieben sich kontinuierlich. Verstärkt werden individuell designte oder gar personifizierte Produkte nachgefragt, und das am besten „on demand“, also zur sofortigen Verfügung. Der Kunde hat den Drang nach Originalität, Mitgestaltung und dem Abheben von der Masse. Parallel wird der Nachhaltigkeitsgedanke zum relevanten Einflussfaktor für Kauf- und Konsumentscheidungen. Massenprodukte verlieren an Attraktivität oder – oftmals vor dem Hintergrund ökologischer und sozialer Nachhaltigkeitsaspekte – gar an Nachfrage. Der Wunsch nach Individualisierung drückt sich zunehmend im Streben nach personalisierten Erlebnissen aus. Der sich daraus entwickelnde Trend des so genannten „Customizing“, also das Individualisieren von Produkt- und Dienstleistungsangeboten, eröffnet für Unternehmen neue Geschäftsfelder und vermindert gleichzeitig Überproduktionen und Retouren. Individuelle Produkte fördern das Herausbilden von unternehmerischen Alleinstellungsmerkmalen, die der örtlichen Wirtschaft nicht nur im nationalen, sondern auch im internationalen Wettbewerb Vorteile bringen können.
Im Kontext der zunehmenden Digitalisierung und Vernetzung in der Produktion („Industrie 4.0“), gewinnt das Thema Produktindividualisierung auch aufgrund neuer technologischer Möglichkeiten an Bedeutung, zum Beispiel 3D-Druck, und wird dadurch vereinfacht. Gleichwohl sind für den Verkauf von individualisierten Produkten andere rechtliche Rahmenbedingungen gefordert, als beim Absatz von Produkten, die beispielsweise in Serie produziert werden.
Die steigende Bedeutung von Individualität bietet auch im standort- und stadtentwicklungspolitischen Kontext neue Perspektiven für Städte und Gemeinden und kann ein Erfolgskriterium im Wettbewerb der Kommunen um Einwohner und Fachkräfte sein.

Was wir fordern

Digitale Infrastruktur ausbauen

Mit fortschreitender Individualisierung von Produkten und Dienstleistungen wird das zu übertragene Datenvolumen weiter ansteigen und stellt neue Anforderungen an die Datennetze. Daher gilt es, bestehende Versorgungslücken im Mobilfunk zügig zu schließen und den flächendeckenden Glasfaserausbau vor allem in Gewerbegebieten sowie eine Vollversorgung mit LTE Mobilfunk im gesamten Elbe-Weser-Raum zu gewährleisten. Mit der Versteigerung der Mobilfunkfrequenzen ist darüber hinaus der Grundstein geschaffen worden, um einen zügigen flächendeckende 5G-Ausbau in der Region zu befördern.

Kunden individuell begleiten

Das zunehmende Streben nach Individualität in Wirtschaft und Gesellschaft erfordert eine Anpassung von Geschäftsmodellen bei Industrie und Herstellern, Groß- und Einzelhandel und Dienstleistern gleichermaßen. Für die Unternehmen gilt es, ihre Produkte und Dienstleistungen kontinuierlich auf den Prüfstand zu stellen und im Sinne einer nachhaltigen Produkttransformation möglichst passgenau weiter zu entwickeln. Dabei ist der Kunde innerhalb der gesamten Produktkette – von der Herstellung bis hin zum Verkauf – „abzuholen“ und in den Fokus zu nehmen. Wichtig ist eine Begleitung während der gesamten Customer Journey, um ein persönliches Nutzererlebnis zu generieren und zu einer nachhaltigen Kundenbindung beizutragen. Damit steigt auch die Bedeutung, den Kunden auf unterschiedlichen Kanälen zu erreichen - sowohl über stationäre Betriebe als auch über Online-Shops, Websites, Plattformen oder soziale Medien. Manufakturen und Showrooms, in denen nicht vorrangig verkauft wird, sondern Hersteller ihre Produkte zum Anschauen und Ausprobieren ausstellen, können ebenfalls dem Trend der Individualisierung und der Suche nach dem Besonderen Rechnung tragen und für Kommunen gleichzeitig innovative Ansätze in die Fußgängerzonen bringen.
Um die Angebote stetig zu optimieren, sollte zudem in die Nutzung und Auswertung individueller Kundendaten und die Einbindung von künstlicher Intelligenz (KI) investiert werden.

Kompetenzaufbau unterstützen

 Das Wissen um die Produktindividualisierung als Wettbewerbsvorteil und die Nutzung von KI oder Big Data ist bei den Unternehmen seitens des Landes, Kommunen und der wirtschaftlichen Akteure einer Region zu befördern. Dabei ist ein Wissenstransfer erforderlich, mit dem Kompetenzen aufgebaut und Hemmnisse in der unternehmerischen Produkttransformation überwunden werden können, so zum Beispiel durch Bekanntmachen von „Best Practices“, also vorbildlicher Anwendungsbeispiele. Regionale wissenschaftliche Einrichtungen, beispielsweise die PFH in Stade, können dabei als ein zentraler Akteur und regionaler Multiplikator eingebunden werden.

Potenziale der nationalen KI-Strategie in der Region verankern

 Um auch kleinen und mittleren Unternehmen den Einstieg in KI als wichtigen Baustein bei der Herstellung neuer und individueller Produkte zu erleichtern, sollte sich die Landespolitik dafür einsetzen, dass die „Nationale Strategie Künstliche Intelligenz“ in Niedersachsen verankert wird. Der geplante Einsatz von so genannten „KI-Trainern“ ist dabei nicht nur in Großstädten, sondern speziell auch im ländlichen Raum vorzusehen, zum Beispiel in Form eines „Test-Trainings“ für Unternehmen.

Bestehende Förderprogramme anpassen

Die Fördermittel des Landes und Bundes sollten den Unternehmen helfen, ihre Geschäftsmodelle anzupassen und damit Veränderungen in den Geschäftsprozessen zu bewältigen. Dafür sollte die Förderkulisse vor allem leicht zugänglich, bürokratiearm und transparent ausgestaltet sein. Zudem sind die Förderprogramme zur Digitalisierung in Unternehmen im Hinblick auf neue Geschäftschancen durch Produktindividualisierung zu überprüfen und anzupassen.

Individuelles Marketing als Standortvorteil nutzen

Auch auf standort- und stadtentwicklungspolitischer Ebene sollte das Thema Individualisierung zukünftig mehr Beachtung finden und sich in „maßgeschneiderten“ Marketingstrategien der Städte und Gemeinden wiederfinden. So können gerade kleinere Kommunen - aufgrund vergleichsweise kurzer Entscheidungswege und einer überschaubaren Fläche - in die zügige Aufstellung von ortsspezifischen Konzepten investieren, um als Wohn- und Arbeitsort sowie Gewerbestandort auf sich aufmerksam zu machen und damit gleichzeitig um Fachkräfte und Unternehmen zu werben. Die Wirtschaft und die größeren Arbeitgeber des jeweiligen Ortes sollten in diese Prozesse stets eng mit einbezogen werden.

Was wir tun

Die IHK berät Unternehmen, die neue und individuelle Produkte auf den Markt bringen möchten. Sie bietet regionale sowie fachspezifische Ausschüsse und Arbeitskreise an und fördert regionale Projektarbeit, damit Unternehmen Know-how erweitern können. Sie unterstützt die Verstetigung des Wissenstransfers der Leuphana Universität Lüneburg und die Vernetzung der Hochschulen in der Region. Sie arbeitet an Richtlinien zur Finanzierung von regionalen Technologieentwicklungsprojekten und an der regionalen Handlungsstrategie mit. Die IHK setzt sich für einen flächendeckenden Breitbandausbau mit Glasfaser im Elbe-Weser-Raum ein. Dazu arbeitet sie Stellungnahmen zu Gesetzesvorlagen und Förderrichtlinien des Landes Niedersachsen aus, die einen leistungsfähigen und schnellen Breitbandausbau in der Fläche fordern. Mit Impulspapieren wie dem Fokus Niedersachsen „Zukunft Innenstadt“ liefert sie Ideen für die Individualisierung von Fußgängerzonen.