Urteile im Urlaubsrecht

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat jüngst Entscheidungen des EuGH zu Urlaubsgewährung und Vererbbarkeit in Urteilen umgesetzt, die jeder Arbeitgeber kennen sollte.

Mitteilungspflichten und Verfall von Urlaub

Gemäß § 7 Absatz 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) verfällt der Anspruch auf nicht genommenen Urlaub zum Ende des Kalenderjahres, wenn nicht dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Übertragung in das folgende Kalenderjahr rechtfertigen.
Mit Urteil vom 19. Februar 2019 hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt, dass dieser Verfall jedoch nicht eintritt, wenn der Arbeitgeber nicht seinen Mitteilungspflichten nachkommt .
Hierfür muss der Arbeitgeber individuell jeden Arbeitnehmer
  • informieren über die Zahl der Urlaubstage, die dem Arbeitnehmer zustehen,
  • auffordern, den Urlaub rechtzeitig zu beantragen, sodass er im aktuellen Kalenderjahr genommen werden kann und
  • darauf hinweisen, dass Urlaub, der nicht genommen wird, ersatzlos verfällt.
Eine allgemeine Rundmail oder Mitteilung am schwarzen Brett reicht nicht aus! Jeder Arbeitgeber muss individuell über die oben genannten Punkte informiert und aufgefordert werden, seine Urlaubsansprüche wahrzunehmen, damit sie nicht verfallen. Die Mitteilung sollte für jeden Arbeitnehmer zu Beginn des Jahres erfolgen, entweder in einem gesonderten Schreiben oder deutlich und unübersehbar vorgehoben auf der Gehaltsabrechnung. Zusätzlich sollten entsprechende Hinweise auch während des Kalenderjahres neu eintretende Arbeitnehmer erhalten. Zum anderen sollte die Erklärung vorsorglich auch auf etwaig übertragene Urlaubsansprüche des Vorjahres bezogen werden. Verletzt der Arbeitgeber diese Mitwirkungsobliegenheiten, kann der nicht abgegoltene Urlaubsanspruch unter Umständen noch im Folgejahr nachgefordert werden.
Die Mitteilungspflichten und Folgen gelten auch für arbeits- oder tarifvertraglich festgelegten Mehrurlaub, soweit dort nichts anderes über dessen Verfall festgelegt worden ist.

Vererbbarkeit von Urlaubsansprüchen

Mit Urteilen vom 22. Januar 2019 setzte das BAG Entscheidungen des EuGH um, dass der Urlaubsanspruch nicht mit dem Tod des Arbeitnehmers endet – die Erben haben einen Anspruch auf Abgeltung des vom Erblasser nicht genommenen Urlaubs gemäß § 1922 Abs. I BGB i.V.m. § 7 Abs. 4 BUrlG. Damit kehrt das BAG von seiner bisherigen Rechtsprechung ab.
Sollte es zu diesem (in der PRaxis eher unüblichen) Fall kommen, haben Erben in der Regel höchstens einen Anspruch auf das Gehalt von vier Arbeitswochen (also die Abgeltung des gesetzlichen Mindestanspruchs von 24 Tagen bei einer Sechs-Tage-Woche). Der Anspruch kann sich aber auch erweitern um den Zusatzurlaub schwerbehinderter Arbeitnehmer nach § 208 Abs. 1 SGB IX. Dasselbe gilt für vertraglichen Mehrurlaub, wenn dieser nicht im Arbeitsvertrag vom gesetzlichen Urlaubsanspruch abgekoppelt und als nicht vererbbar vereinbart wurde.

Kürzungen wegen Nichtarbeit

Der Urlaubsanspruch bleibt auch dann in vollem Umfang bestehen, wenn der Arbeitnehmer das ganze Kalenderjahr über arbeitsunfähig war. Zu diesem Grundsatz hat das BAG in einer Reihe von Urteilen am 19. Februar 2019 jedoch einige Ausnahmen gemacht:
  • Der Arbeitgeber kann den gesetzlichen Urlaubsanspruch proportional um Zeiten einer Elternzeit kürzen. Wenn im Tarif- oder Arbeitsvertrag nicht anders geregelt, ist die Kürzung auch auf vertraglichen Mehrurlaub anwendbar.
  • Unbezahlte Urlaubszeiten können bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs berücksichtigt werden. Nimmt der Arbeitgeber z.B. ein Sabbatical, steht im für dieses Jahr kein weiterer Urlaubsanspruch mehr zu, da die gegenseitigen Hauptleistungspflichten in einer solchen Zeit ruhen.
  • Eine Kürzung ist jedoch nicht erlaubt, wenn der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen seiner Arbeit nicht nachkommen kann (z.B. bei Krankheit oder Erwerbsminderung)
Details dazu sind abrufbar im Artikel Allgemeine Informationen zum Urlaubsrecht und in den dort verlinkten Sonderthemen.