Kündigungsschutzgesetz
Vor jeder ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber ist zu prüfen, ob das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) anwendbar ist. Nur wenn dies nicht der Fall ist, kann eine ordentliche Kündigung in der Regel ohne Vorliegen bestimmter Gründe ausgesprochen werden. Besteht ein Betriebsrat, ist dieser vor der Kündigung anzuhören, ansonsten ist die Kündigung unwirksam.
Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes
Der allgemeine Kündigungsschutz gilt für alle Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes fallen. Dabei sind jeweils der betriebliche und der persönliche Geltungsbereich des KSchG zu prüfen.
Betrieblicher Geltungsbereich
Der allgemeine Kündigungsschutz gilt für Betriebe, in denen in der Regel mindestens zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden. Die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten werden dabei nicht mitgerechnet. Bis zum 31. Dezember 2003 galt der allgemeine Kündigungsschutz bereits in Betrieben, in denen in der Regel mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt wurden. Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis vor dem 1. Januar 2004 begonnen hat, genießen daher Bestandsschutz, wenn zum Zeitpunkt der Kündigung noch mehr als fünf Mitarbeiter im Betrieb beschäftigt sind, deren Arbeitsverhältnis vor dem 1. Januar 2004 begonnen hat. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.
Beispiel 1:
In einem Betrieb sind 15 Mitarbeiter beschäftigt, davon 7 in Vollzeit, 3 mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden und 5 geringfügig Beschäftigte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 5 Stunden. Im Sinne des KSchG ergibt sich eine Anzahl von 11,75 Beschäftigten (7+2,25+2,5); der betriebliche Geltungsbereich des KSchG ist somit eröffnet.
In einem Betrieb sind 15 Mitarbeiter beschäftigt, davon 7 in Vollzeit, 3 mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden und 5 geringfügig Beschäftigte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 5 Stunden. Im Sinne des KSchG ergibt sich eine Anzahl von 11,75 Beschäftigten (7+2,25+2,5); der betriebliche Geltungsbereich des KSchG ist somit eröffnet.
Beispiel 2:
In einem Betrieb sind 8 Mitarbeiter in Vollzeit beschäftigt, davon 2 seit 2007 und 6 bereits seit dem Jahr 2003. Der betriebliche Geltungsbereich des KSchG ist eröffnet, wenn einem Mitarbeiter gekündigt werden soll, dessen Arbeitsverhältnis bereits 2003 begonnen hat. Für die beiden erst 2007 eingestellten Mitarbeiter wäre der betriebliche Geltungsbereich nicht eröffnet.
In einem Betrieb sind 8 Mitarbeiter in Vollzeit beschäftigt, davon 2 seit 2007 und 6 bereits seit dem Jahr 2003. Der betriebliche Geltungsbereich des KSchG ist eröffnet, wenn einem Mitarbeiter gekündigt werden soll, dessen Arbeitsverhältnis bereits 2003 begonnen hat. Für die beiden erst 2007 eingestellten Mitarbeiter wäre der betriebliche Geltungsbereich nicht eröffnet.
Persönlicher Geltungsbereich
Der persönliche Geltungsbereich erfasst alle Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat. Die ordentliche Kündigung eines Mitarbeiters ohne Vorliegen betriebsbedingter Gründe ist daher auch in Betrieben mit mehr als 10 Beschäftigten zulässig, wenn das Arbeitsverhältnis noch nicht länger als sechs Monate besteht; dies gilt z. B. auch, wenn eine etwaige Probezeit nicht vereinbart wurde oder diese kürzer als sechs Monate ist und die Kündigung außerhalb der Probezeit erfolgt.
Soziale Rechtfertigung der Kündigung
Das Kündigungsschutzgesetz besagt, dass eine sozial ungerechtfertigte Kündigung unwirksam ist.
Eine Kündigung ist in jedem Fall sozial ungerechtfertigt, wenn
Eine Kündigung ist in jedem Fall sozial ungerechtfertigt, wenn
- die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 Betriebsverfassungsgesetz verstößt
- der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz des Betriebes weiterbeschäftigt werden kann und der Betriebsrat widersprochen hat
- die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist
- eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat und der Betriebsrat der Kündigung schriftlich widersprochen hat.
Darüber hinaus ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist.
Personenbedingte Gründe zur Kündigung sind solche, die auf den persönlichen Eigenschaften des Arbeitnehmers beruhen. Hierzu zählen etwa mangelnde körperliche oder geistige Eignung, eventuell auch Erkrankungen, die die Verwendbarkeit des Arbeitnehmers erheblich einschränken. Auch krankheitsbedingt lang andauernde Fehlzeiten können eine personenbedingte Kündigung rechtfertigen, wenn:
- der Arbeitnehmer in der Vergangenheit langfristig erkrankt war und
- bei vorausschauender Betrachtungsweise auch in Zukunft mit langfristiger Erkrankung zu rechnen ist und
- es infolge der Erkrankung zu betrieblichen Störungen kommt und
- eine Versetzung des Erkrankten nicht möglich ist.
Welche Zeitspanne als erheblich angesehen wird, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Bei einem langjährig beschäftigten Arbeitnehmer muss längere Zeit abgewartet werden als bei einem erst kurzzeitig Beschäftigten. Erforderlich ist also immer eine interessengerechte Abwägung im Einzelfall.
Verhaltensbedingte Gründe zur Kündigung können vor allem Arbeitsvertragspflichtverletzungen sein, aber auch andere Umstände, die das Arbeitsverhältnis berühren (zum Beispiel ständiges Zuspätkommen, unzulässige Nebentätigkeiten, Beleidigung von Vorgesetzten oder Kollegen, Störung des Betriebsfriedens etc.).
Vor Ausspruch der Kündigung wird von der Rechtsprechung in der Regel eine Abmahnung verlangt. Eine vorherige Abmahnung kann im Einzelfall dann entbehrlich sein, wenn das Fehlverhalten eine grobe Störung im Vertrauensbereich darstellt.
Vor einer Abmahnung, vor allem aber vor Ausspruch einer verhaltens- oder personenbedingten Kündigung, sollte dem Arbeitnehmer stets Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden.
Ein dringendes betriebliches Erfordernis, welches eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigt, ist gegeben, wenn eine unternehmerische Entscheidung vorliegt, durch die eine veränderte Arbeitsmenge im Betrieb erledigt wird und die Kündigung dringlich ist, also durch andere Maßnahmen nicht ersetzt werden kann. Betriebliche Gründe zur Kündigung können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Umständen ergeben. Zu denken wäre hier insbesondere an einen erheblichen Auftragsrückgang. Ebenso können Betriebsumstellungen oder Rationalisierungsmaßnahmen im Einzelfall in Betracht kommen. Allerdings dann nicht, wenn die Maßnahmen dem Betrieb keine oder nur unwesentliche Vorteile bringen, der Arbeitnehmer hingegen durch die Kündigung schwer belastet würde. Ein dringendes betriebliches Erfordernis ist ebenfalls ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer auf einen anderen freien, gleichwertigen Arbeitsplatz im Betrieb versetzt werden kann. Der Arbeitgeber ist jedoch nicht verpflichtet, einen neuen Arbeitsplatz zu schaffen, um die Kündigung zu vermeiden.
Eine aus betrieblichen Gründen erforderliche Kündigung gilt dann als nicht sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Der Arbeitgeber muss die Arbeitnehmer auswählen, die die Kündigung nach diesen Gesichtspunkten am wenigsten trifft. Das Gesetz nennt als Kriterien die Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung. Von der Sozialauswahl ausgenommen werden können Leistungsträger wegen ihrer besonderen Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen und solche Mitarbeiter, die für die Erhaltung einer ausgewogenen Personalstruktur erforderlich sind.
Dem Arbeitnehmer sind auf sein Verlangen die Gründe anzugeben, die zu seiner Auswahl bei der Kündigung geführt haben.
Dreiwöchige Klagefrist
Die Möglichkeit wegen einer sozial nicht gerechtfertigten Kündigung das Arbeitsgericht anzurufen, steht dem Arbeitnehmer nur innerhalb drei Wochen nach Zugang der Kündigung offen. Diese Dreiwochenfrist ist eine Ausschlussfrist und kann nicht verlängert werden. Erhebt der Arbeitnehmer erst nach Fristablauf Klage, so gilt die Kündigung als von Anfang an wirksam.
Hat der Betriebsrat der Kündigung aus einem der im Betriebsverfassungsgesetz genannten Gründen widersprochen, so muss der Arbeitgeber, wenn er trotzdem kündigt, dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuleiten. Wenn der Arbeitnehmer daraufhin Kündigungsschutzklage erhebt, so muss der Arbeitgeber diesen bis zum Abschluss des Kündigungsschutzrechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weite rbeschäftigen, sofern nicht das Arbeitsgericht den Arbeitgeber auf seinen Antrag hin von dieser Verpflichtung entbindet. Eine Entbindung ist möglich, wenn die Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.
Ist die Klage rechtzeitig eingereicht und gibt das Arbeitsgericht der Klage des Arbeitnehmers statt, so lautet das Urteil dahingehend, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst ist. Das Arbeitsgericht kann aber auch dann, wenn es die Kündigung für sozial ungerechtfertigt hält, die Auflösung des Arbeitsverhältnisses erklären. Dies ist jedoch nur auf Antrag des Arbeitnehmers möglich, soweit die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar ist oder auf Antrag des Arbeitgebers, wenn eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht erwartet werden kann. In diesem Fall besteht für das Gericht die Möglichkeit, den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Der Höchstbetrag der Abfindung, auf den das Arbeitsgericht erkennen kann, beträgt im Regelfall bis zu zwölf Monatsverdiensten. Hat der Arbeitnehmer das 50. Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens 15 Jahre bestanden, so ist ein Betrag von 15 Monatsverdiensten, hat ein Arbeitnehmer das 55. Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens 20 Jahre bestanden, so ist ein Betrag von bis zu 18 Monatsverdiensten festzusetzen.
Bei der Zahlung einer Abfindung ist steuerlich zu beachten, dass diese vollständig dem Arbeitslohn zugerechnet wird und damit der Einkommenssteuer unterfällt. Eine Steuerbefreiung, wie sie bis 2006 bestand, gibt es nicht mehr. Um die Steuerprogression, die durch die Einmalzahlung der Abfindung auftritt, abzumildern, besteht jedoch für außergewöhnliche Einkünfte/ tarifbegünstigte Entschädigungen nach § 24 Nr. 1 EStG die Möglichkeit der sog. Fünftelregelung (§ 34 EStG). Bei dieser wird das reguläre Jahreseinkommen (ohne Abfindung) berechnet, die Abfindung fiktiv auf fünf Jahre verteilt, ein Fünftel zum Jahreseinkommen hinzugerechnet und dann die dann anfallende Steuer ermittelt. Die Differenz zwischen dieser Steuersumme und der (geringeren) Steuer, die sich ohne Abfindung ergeben würde, ergibt die Mehrbelastung, die bestünde, wenn nicht die ganze, sondern nur ein Fünftel der Abfindung gezahlt würde. Die sich so ergebende steuerliche Mehrbelastung wird mit fünf multipliziert, d.h. die für eine Fünftel der Abfindung sich ergebende, relativ günstige Besteuerung wird auf die ganze Abfindung angewendet.
Hat der Arbeitnehmer wegen der Kündigung nicht mehr gearbeitet und stellt das Gericht aufgrund des Verfahrens fest, dass die Kündigung sozial ungerechtfertigt war und daher das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst wurde, so hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die Zeit nach der Entlassung das Arbeitsentgelt bis zur Wiedereinstellung zu zahlen (Annahmeverzug). Der Arbeitnehmer muss sich allerdings dabei anderweitige Verdienste und Leistungen anrechnen lassen. Auch muss er sich anrechnen lassen, was er hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine andere Arbeit anzunehmen.
Für diejenigen Arbeitnehmer, auf die das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet (zum Beispiel wenn der Arbeitnehmer in einem Kleinbetrieb beschäftigt ist oder noch keine sechs Monate in demselben Betrieb arbeitet), besteht ein Kündigungsschutz lediglich unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen die guten Sitten. Allerdings ist der Tatbestand einer sittenwidrigen Kündigung nur selten gegeben. Sittenwidrig kann eine Kündigung dann sein, wenn besondere Umstände, insbesondere verwerfliche Beweggründe (zum Beispiel Rachsucht), die Kündigung als Verstoß gegen die guten Sitten erscheinen lassen.
Abfindungsanspruch bei betriebsbedingter Kündigung
Nach § 1a KSchG kann einem Arbeitnehmer ein Abfindungsanspruch zustehen, wenn er nicht bis zum Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist schriftlich Klage auf Feststellung vor dem Arbeitsgericht erhebt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Voraussetzung für den Abfindungsanspruch ist, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Gründe gestützt ist und der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in der Kündigungserklärung darauf hingewiesen hat, dass die Kündigung betriebsbedingt erfolgt ist und er bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.
Mit dem Abfindungsanspruch kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Klageverzicht schmackhaft machen; er ist zu diesem Angebot jedoch nicht verpflichtet.
Für die Höhe des Abfindungsanspruchs gibt die gesetzliche Regelung 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses vor; davon kann jedoch auch zu Gunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden. Bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden.