27.12.2023

Wirtschaftsjahr 2023: IHK zu Schwerin zieht Bilanz

Vier Jahre Dauerkrisen setzen der Wirtschaft auch in 2023 weiter zu. Eine zukunftsorientierte Wirtschaftspolitik wird dringend benötigt. Die politischen Achterbahnfahrten belasten die Unternehmen immens.

Chancen vertan!

„Es war wieder ein Jahr der vertanen Chancen“, bilanziert Matthias Belke, Präsident der Industrie- und Handelskammer zu Schwerin, das Wirtschaftsjahr 2023. „Eine rational-zielgerichtete Wirtschaftspolitik findet zurzeit nicht statt. Statt Belastungen abzubauen, werden zum Beispiel mit der LKW-Maut noch zusätzliche Kosten auf die Unternehmen abgewälzt. Vom viel versprochenen Bürokratieabbau ist ebenfalls nichts zu spüren. Die Politik verliert sich in ihren eigenen Querelen. Das geht zu Lasten unseres Wirtschaftsstandortes“, so Belke.
Aus Sicht der Schweriner Industrie- und Handelskammer war 2023 nunmehr das vierte Jahr in Folge, das dem Großteil der regionalen Wirtschaft mehr Belastungen als Möglichkeiten brachte. Der IHK-Konjunkturklimaindex für Westmecklenburg ist nach einer kurzen Erholung im Frühsommer dieses Jahres zur zweiten Jahreshälfte wieder abgestürzt. Mit 86,6 Punkten liegt der Index wieder deutlich unter der Wachstumsschwelle von 100 Punkten. Betrachtet man den IHK-Index seit 2020, so gleicht die Wirtschaftsentwicklung einer regelrechten Achterbahnfahrt.



„Es reicht nicht aus, die Umsetzung dieses strategischen Zukunftskonzeptes nur im Koalitionsvertrag zu verankern. Die vielen Handlungsempfehlungen zeigen den Weg, den die Wirtschaftspolitik für MV gehen muss“, so Belke weiter. „Industriestandortmarketing und die Wertschöpfung steigern durch Nutzung der hier vor Ort erzeugten erneuerbaren Energien sind nur zwei Beispiele, was alles nicht gemacht wurde“, so Belke weiter.

Belastungsgrenze ist erreicht

„Unsicherheiten gehörten schon immer zum Unternehmertum dazu. Doch die Belastungsgrenze ist besonders für unsere kleinen und mittleren Unternehmen erreicht. Wenn Unsicherheit den Hauptteil des Tagesgeschäfts ausmacht und betriebswirtschaftliche Planungen permanent aushebelt, ist das Gift für die Wirtschaft“, so Siegbert Eisenach, Hauptgeschäftsführer der IHK zu Schwerin. „Die Risiken für die Unternehmen nehmen nicht ab. Das hat Auswirkungen auf die Investitions- und Beschäftigungsabsichten.“
Die drei IHK-Konjunkturumfragen 2023 haben gezeigt, dass die finanziellen Risiken für die Unternehmen hoch bleiben und die damit verbundenen Spielräume für Investitionen auf einem weiterhin niedrigen Niveau verharren. So gehören in der Umfrage Herbst 2023 für jedes vierte Unternehmen Liquiditätsengpässe zur Tagesordnung. Auch der Anteil der Unternehmen, die von abnehmenden Investitionen sprechen, liegt um 13 Prozentpunkte höher gegenüber den zunehmenden. Auf dem Arbeitsmarkt hat die Dynamik ebenfalls nachgelesen. Nichtsdestotrotz werden Fachkräfte weiterhin gesucht.

Ausbildungszahlen sind erfreulich

„Qualifizierte Fachkräfte und geeignete Auszubildende bleiben rar. Über den Jahresschnitt bezeichnet jedes zweite Unternehmen in den IHK-Umfragen den Mangel an Fachkräften als Risiko seiner wirtschaftlichen Entwicklung“, so Eisenach. „Doch es gibt auch gute Nachrichten: Die Anzahl der Ausbildungsverträge in Westmecklenburg liegt über dem Vor-Corona-Niveau. Insgesamt konnten unsere Unternehmen 1.261 neue Ausbildungsverträge in 93 Ausbildungsberufen schließen. Davon sind 120 Verträge mit ausländischen Jugendlichen aus 31 verschiedenen Nationalitäten. Das ist sowohl für die Jugendlichen als auch für unsere Mitgliedsunternehmen sehr erfreulich. Denn ein wichtiger Baustein der Fachkräftesicherung ist die Berufsausbildung.“
Zum Ergebnis beigetragen hat sicherlich auch das ehrenamtliche Engagement der derzeit 23 Ausbildungsbotschafter. Alle Ausbildungsbotschafter sind selber Auszubildende in den IHK-Ausbildungsunternehmen. Sie werden von ihren Ausbildungsunternehmen freigestellt und in der IHK für die Aufgabe vorbereitet. Aus dem eigenen Erleben heraus und mit jugendlicher Sprache können sie noch besser für die Ausbildung werben.

2024 wird entscheidend

„Unternehmen blicken grundsätzlich lösungsorientiert nach vorne und besitzen eine ausgeprägte Anpassungsfähigkeit. Nur so können wir uns langfristig am Markt behaupten“, betont Belke. „Stabilität und Verlässlichkeit muss man von der Politik erwarten dürfen, denn sie gibt den Rahmen für unser wirtschaftliches Handeln vor. Leider haben die Entscheidungen in Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Bundeshaushalt die Hoffnung zerschlagen, dass 2024 mit dem lange geforderten Belastungsmoratorium starten könnte. Stattdessen kommen nun auf viele Unternehmen deutliche Mehrkosten zu und da die politischen Entscheidungen bisher noch nicht final gesetzgeberisch ausbuchstabiert sind, gehen die Unternehmen mit großer Unsicherheit auf den Jahreswechsel zu. Gleichwohl bleibt die Erwartung, dass 2024 das Jahr für eine realistische und praxisorientierte Wirtschaftspolitik werden muss. Finanzielle wie administrative Belastungen müssen spürbar abgebaut werden. Sonst kann man, wenn diese Perspektive fehlt, als Unternehmer nur noch schwarzsehen.“

Unternehmertum ausbauen

Im Jahr 2024 intensiviert die IHK zu Schwerin ihr Beratungs- und Unterstützungsangebot für Kleinere und Mittlere Unternehmen (KMU) weiter, um die Unternehmen in diesen bewegten Zeiten bestmöglich zu begleiten.
Dabei ist die Arbeit vor Ort besonders wichtig, denn die Unternehmensstandorte in den Kommunen sind für die Mitgliedsunternehmen der Dreh- und Angelpunkt für ihre wirtschaftliche Stärke. Hier engagieren sie sich vielfach mit Sponsoring und Ehrenamt. Die Unternehmen bieten vor Ort Perspektiven für Jugendliche sowie für ihre Mitarbeiter und deren Familien. Dort zahlen sie auch ihre Steuern und Abgaben. Für die Kommunalpolitik sollte es darum von zentraler Bedeutung sein, mit ihrer lokalen Wirtschaft kontinuierlich im sachlichen Dialog zu stehen, um die Standortbedingungen langfristig zu verbessern.
Dem Thema Unternehmensnachfolge kommt zunehmend mehr Bedeutung zu. Bei rund einem Drittel der Unternehmen stellt sich in den kommenden Jahren die Frage der Nachfolge. Gerade bei kleineren Unternehmen wird die Suche nach geeigneten Nachfolgern immer schwieriger. Die gemeinsam von der Wirtschaft gegründete Nachfolgezentrale liefert einen zunehmend wichtigeren Beitrag, Unternehmen in MV mit zu erhalten. Ein Rückzug des Landes Mecklenburg-Vorpommern aus der anteiligen Finanzierung hätte fatale Folgen für den Bestand an Unternehmen!

IHK-Vollversammlungswahlen 2024

„Als Stimme der regionalen Wirtschaft Westmecklenburgs ist zudem die Wahl zur IHK-Vollversammlung von herausragender Bedeutung“, so Eisenach. „Die IHK lebt durch das Ehrenamt. Mit Hilfe des Ehrenamtes formt die IHK die Stimmen der regionalen Wirtschaft zu einer starken Stimme, und ist so die beste Möglichkeit die Interessen der Unternehmen gegenüber den politischen Entscheidungsträgern mit Nachdruck zu vertreten. Dabei zählt jede Stimme. Daher rufe ich alle IHK-zugehörigen Unternehmerinnen und Unternehmer auf, sich zum einen aktiv als Kandidat aufzustellen und natürlich von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen“, so Eisenach abschließend.
Auf unserer Internetseite www.ihk.de/schwerin/ehrenamt finden interessierte Unternehmerinnen und Unternehmer weitere Informationen zum ehrenamtlichen Engagement bei der IHK.