Marktchancen für Halal und koschere Produkte
„Koscher“ wird häufig in rein religiösem Zusammenhang verstanden. Dabei kann es sowohl einen Markt generieren als auch Einfuhrbeschränkungen für nicht koschere Lebensmittel auslösen. Der Markt für Halal und koschere Produkte wächst zusehendst. Erfahren Sie mehr in diesem Beitrag.
Immer mehr Menschen interessieren sich für eine umweltbewusste und gesunde Ernährung. Labels wie „bio“, „vegan“ und „glutenfrei“ sind aus unseren Supermärkten nicht mehr wegzudenken. Aber auch „koscher“ wird für die Lebensmittelbranche immer interessanter. Gleichzeitig kann der Marktzugang durch koschere Anforderungen erschwert werden: Israel reglementiert die Einfuhr von Agrarprodukten beispielsweise besonders streng. Eine Zertifizierung, welche die Produkte als „koscher“ ausweist, ist unumgänglich.
Dabei wird zwischen verschiedenen Stufen unterschieden. Koscher gibt es in Bezug auf Fleisch, Fisch, Koscheres Schlachten, milchig, fleischig, parve, Käse, Wein und Öko-Kaschrut. Letzteres ist aus einer Lifestyle-Perspektive besonders interessant.
Öko-Kaschrut
Laut der „Allgemeinen Rabbinerkonferenz“ vereinigt die letzte Stufe „die Essenz aller vorherigen Stufen mit einer modernen Sicht der Kaschrut: eine bewusste Ernährung, die auch auf einem nachhaltigen Konzept von Gerechtigkeit (Zedek) baut“. In den USA entwickeln Teile der jüdischen Lebensmittelbranche hierfür den Begriff Hechscher Zedek (Gütesiegel nach Gerechtigkeitskriterien, eine Art jüdisches fair trade). Danach sind die Produkte nur koscher, wenn zu den rituellen Kriterien zusätzlich soziale und ökologische Anforderungen angewandt wurden. Dazu zählen zum Beispiel eine faire Entlohnung der Arbeiter oder einer artgerechte Tierhaltung.
Generell bietet die Zertifizierung von Produkten für Unternehmen interessante Chancen, die sie sich nicht entgehen lassen sollten.
Markterschließung durch Koscher-Zertifizierung
Koschere Produkte sind im Trend und mittlerweile zu einem ernstzunehmenden Wirtschaftsfaktor geworden. Neben veganen und biozertifizierten Lebensmitteln findet man in Supermärkten immer häufiger auch Lebensmittel mit einem Koscher-Zertifikat. Die Nachfrage steigt und die Zertifizierung von koscheren Lebensmitteln eröffnet Unternehmen einen neuen Markt, der in den letzten Jahren um mehr als 15 Prozent gewachsen ist.
Gerade für einkaufende und produzierende Unternehmen in der Lebensmittel- und der Kosmetikbranche ergibt sich hieraus ein wachsender Verbrauchermarkt, der nicht zu unterschätzen ist.
Das Koscher-Zertifikat zeigt den Verbrauchern mit nur einem Blick, dass es sich um ein vertrauenswürdiges Unternehmen handelt, welches die Verwendung unbedenklicher Roh- und Zusatzstoffe sowie höchste Hygienestandards im Herstellungsprozess lückenlos nachweisen kann. In den USA leben über fünf Millionen Juden, sodass dort der Umsatz von koscheren Lebensmitteln einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor darstellt. Aber auch in Europa leben viele Menschen, denen die Ernährung mit koscheren Lebensmitteln wichtig ist. Israel importiert ebenfalls den größten Teil seiner Nahrungsmittel, wovon auch immer mehr deutsche Unternehmen profitieren.
Interessant ist vor allem auch, dass das Interesse an koscheren Lebensmitteln nicht immer zwingend religiöse Gründe hat. Heutzutage werden über 90 Prozent der Nahrungsmittel vorverarbeitet, mit anderen Produkten vermischt oder mit Zusatzstoffen angereichert. In Zeiten von Gammelfleisch-Skandalen, antibiotikaverseuchtem Fleisch und dem Einsatz von immer mehr Pestiziden bei Obst und Gemüse ist es nur nachvollziehbar, dass Verbraucher sich mehr Sicherheit wünschen. Für Gesundheitsbewusste, Bio-Konsumenten, Vegetarier und auch Veganer verspricht das Koscher-Zertifikat die Reinheit eines Produktes.
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Informationen zu Zertifizierungsstellen, dem Ablauf dieses Prozessen und Koscher-Siegel sind bei Germany Trade and Invest erhältlich.
Quelle:
GTAI
USA – Wachstumsmarkt Halal- und koschere Lebensmittel
Der US-Markt für Halal-Lebensmittel soll von 2019 bis 2024 pro Jahr durchschnittlich um 5 Prozent auf rund 30 Milliarden US-Dollar (US$) Umsatz wachsen. Das geht aus einer Studie des Beratungsunternehmens Technavio hervor. Frei zugängliche Volumenangaben für das zweite Marktsegment in diesem Bereich, für koschere Lebensmittel, finden sich bei Technavio dagegen nur zum globalen Markt: Weltweit soll dieser bis 2025 auf rund 45 Milliarden US$ Umsatz steigen. Andere Quellen beziffern ihn sogar auf 60 Milliarden US$ oder noch höher.
Interessant ist, dass der globale Koscher-Markt im Schnitt um 7 Prozent jährlich wachsen soll und damit viel langsamer als der nordamerikanische. Hier erwartet Technavio zwischen 2020 und 2025 ein jährliches Umsatzplus von 54 Prozent. Vor allem in den USA dürfte dieses Segment in den nächsten Jahren neue Geschäftschancen eröffnen.
Zwar sind nur rund 2 Prozent der US-Amerikaner jüdisch (etwa 7 Millionen). Doch es gibt auch andere Koscher-Konsumenten: Laut einem Bericht der österreichischen Bauernzeitung ernähren sich rund 1,5 Millionen US-Bürger streng nach jüdischen Speisegesetzen, darüber hinaus kaufen aber 13 Millionen regelmäßig koschere Lebensmittel ein.
Diese Produkte werden als sauberer oder gesünder wahrgenommen. Auch die Lebensmittelsicherheit spielt eine wichtige Rolle: So enthalten koschere Produkte zum Beispiel keine potenziellen Allergene wie Schalentiere. Strenge Vegetarier schätzen zudem, dass vegan anmutende koschere Produkte tatsächlich frei von tierischen Inhaltsstoffen sind.
Zertifizierung ist wichtiges Verkaufsargument
Zertifizierung ist wichtiges Verkaufsargument
Wegen der zahlreichen Regeln und Kontrollen ist das Koscher-Siegel für viele US-Amerikaner ein Synonym für hohe Qualität. Deshalb ist bei koscheren Produkten die Zertifizierung ein wichtiges Verkaufsargument. Zwar werden in den USA auch Halal-Erzeugnisse zertifiziert. Allerdings hat das nicht denselben Stellenwert, denn bei Halal variieren die zugrundeliegenden Standards stärker.
Daher verwundert es nicht, dass mehr als 40 Prozent aller verpackten Lebensmittel in den USA, dem weltweit größten Markt für koschere Produkte, entsprechend zertifiziert sind. Das berichtet das US-Internetportal Quartz. Oft muss der Produktionsprozess dafür nur geringfügig angepasst werden, wie das Beispiel Coca-Cola zeigt: Seit Baumwollsamen und Kokosöl den ursprünglichen Inhaltsstoff Glycerin und Rübenzucker die zuvor verwendeten Getreidekörner ersetzen, gibt es Coca-Cola auch zum Pessachfest.
Lebensmittelläden, die nach strengen jüdisch-orthodoxen Vorschriften hergestellte Produkte anbieten, kombinieren den Trend zu Nahrungsmitteln mit religiösen Gütesiegeln mit dem zu mehr Komfort. Sie bieten zum Beispiel auch zubereitete Mahlzeiten an. Manche Läden der Kette Evergreen haben einen Bereich für den Vor-Ort-Verzehr: Bis 17 Uhr sind dort parve Produkte (also ohne Fleisch- oder Milchbestandteile) erhältlich, danach Fleischgerichte. Andere machen sich den Trend zu veganer Ernährung zunutze. So sind in den letzten Jahren neue vegane jüdische Feinkostläden entstanden. Der US-Anbieter von koscheren Fleischersatzprodukten Unreal Deli beliefert angesichts der wachsenden Nachfrage seit Anfang 2022 die für ihre Sandwiches bekannte Supermarktkette Publix.
Halal und Koscher in den USA: Grunddaten
Halal und Koscher in den USA: Grunddaten
US-Markt für islamkonforme Lebensmittel wächst
Nur rund 1 Prozent der Menschen in den USA sind Muslime. Überdurchschnittlich viele leben in den Bundesstaaten New Jersey und New York, doch konzentrieren sie sich insgesamt nicht so stark auf den Nordosten des Landes wie Juden. Der in den nächsten Jahrzehnten erwartete starke Zuwachs der muslimischen US-Bevölkerung wird das Halal-Marktwachstum stützen.
Ebenso wie bei Koscher greifen aber nicht nur Angehörige der betreffenden religiösen Gruppe zu Halal. Als Verbrauchermotiv werden vor allem Bedenken bei anderen Produkten in Bezug auf Hygiene und Gesundheit vermutet. Das machen sich Restaurants und Lebensmittelketten zunutze und führen Halal-Kennzeichnungen ein. Auch immer mehr Einzelhändler lassen wegen der steigenden Nachfrage Halal-Lebensmittel entsprechend zertifizieren.
Nahrungsmittel mit religiösen Gütesiegeln werden in den USA hauptsächlich über moderne Einzelhandelskanäle wie Super-, Verbrauchermärkte und über Nachbarschaftsläden vertrieben. Im Jahr 2016 gab es in den USA laut Technavio mehr als 7.500 Geschäfte, die Halal-Lebensmittel verkauften, im Vergleich zu knapp 200 Läden im Jahr 1998. Angeboten werden sie in einem eigenen Bereich, zum Beispiel auf einer getrennten Regalfläche.
Die islamische Gemeinschaft hat für Halal-Lebensmittel bisher keine überwachbaren Standards festgelegt. Die für die Kontrolle der meisten Nahrungsmittel verantwortliche Food and Drug Administration (FDA) veröffentlicht auf ihrer Website daher nur die allgemeinen US-Einfuhrbestimmungen.
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Informationen zu Zertifizierungsstellen und Statistiken hält die GTAI bereit.
Quelle: GTAI