16. Juni 2023

Unternehmensnachfolge wird auch in Bayerisch-Schwaben zur drängenden Aufgabe

25 Prozent der Unternehmerschaft in Bayerisch-Schwaben ist 60 Jahre oder älter. Fast 20.000 Unternehmerinnen und Unternehmer haben bereits heute das Alter von 65 Jahren erreicht oder überschritten – das betrifft jede siebte Person an der Spitze eines bayerisch-schwäbischen Unternehmens. „Die Unternehmensnachfolge wird damit zum drängenden Problem quer durch alle Branchen“, warnt Heide Becker, Leiterin des Beratungszentrums Recht und Betriebswirtschaft bei der IHK Schwaben. „Wir müssen jetzt aktiv werden. Sonst droht uns langfristig die Aufgabe Hunderter Unternehmen und damit der Verlust Tausender Arbeitsplätze.“
Mit der bundesweiten Aktionswoche „Fortsetzung folgt!“ vom 19. bis 27. Juni machen die IHKs in Deutschland auf das Thema aufmerksam. Auch die IHK Schwaben beteiligt sich. Denn auch hier spürt man die zunehmenden Herausforderungen. „Mittlerweile melden sich in der Nachfolgeberatung fast dreimal so viele Unternehmen, die eine Nachfolgelösung suchen, wie Übernahmewillige“, berichtet IHK-Expertin Heide Becker. „In vielen Fällen müssen wir befürchten, dass Unternehmen ohne Nachfolgeregelung bleiben und aus dem Markt austreten. Daher machen wir uns gerade in der Gründungsberatung dafür stark, dass der Weg in die Selbstständigkeit auch über die Übernahme eines bestehenden Unternehmens führen kann“, so Becker.
Im Tourismus ist das Problem besonders drängend
An der Spitze der bayerisch-schwäbischen Unternehmen stehen vor allem Personen im Alter zwischen 51 und 60 Jahren – fünfmal so viele wie im Bereich der unter 30-Jährigen. Im Durchschnitt sind Unternehmerinnen und Unternehmer in Bayerisch-Schwaben 50,8 Jahre alt, wie eine Studie der IHK Schwaben aus dem Jahr 2020 zeigt. Bei der vorangegangenen Analyse aus dem Jahr 2012 lag dieser Wert noch bei 47,3 Jahren. Dabei gibt es große regionale und branchenspezifische Unterschiede: Die jüngsten Selbständigen sind mit nicht einmal 40 Jahren im Mittel in der Kreativwirtschaft zu finden. Wer an der Spitze eines Industriebetriebs steht, ist etwa vier Jahre älter als der Durchschnitt. Die Betreiber von Hotels und Pensionen haben insgesamt das höchste Durchschnittsalter (57,4 Jahre). In urbanen Räumen ist die Unternehmerschaft meist deutlich jünger als im gesamtschwäbischen Schnitt. Grund dafür sind die sehr unterschiedlichen Branchenschwerpunkte in den Teilregionen. „Vor allem im südlichen Allgäu stellte der demographische Wandel für den Tourismus eine große Herausforderung dar. Hier ist die Nachfolgeproblematik besonders akut“, so Becker.
Unternehmensnachfolge ist komplexer Prozess
Unternehmerinnen und Unternehmer ziehen sich laut einer KfW-Untersuchung mit etwa 68 Jahren aus dem Berufsleben zurück. Um altersbedingte Betriebsaufgaben und den damit einhergehenden Wegfall von Arbeitsplätzen zu verhindern, ist es wichtig, den Nachfolgeprozess frühzeitig einzuleiten. „Wir empfehlen Unternehmerinnen und Unternehmern, sich bereits ab dem 50. Lebensjahr mit der Thematik zu befassen“, sagt Becker. Wie soll es weitergehen? Wer könnte den Betrieb übernehmen? „Eine Unternehmensübergabe ist ein komplexer Prozess“, so Becker. „Es spielen viele Faktoren mit rein – finanzielle, strategische, aber auch emotionale. Daher ist es wichtig, diesen wichtigen Schritt sorgfältig vorzubereiten.“ Doch gerade diese Notwendigkeit ist in den vergangenen Jahren in einigen Unternehmen aus dem Blick geraden, wie ein DIHK-Report aus dem Jahr 2022 zeigt. Angesichts der vielen Krisen standen bei vielen Unternehmen andere Themen im Vordergrund. Gleichzeitig ließ das Interesse an der Übernahme eines etablierten Unternehmens nach. „Die Nachfolgersuche gestaltet sich damit zunehmend schwierig“, sagt Becker. 
Individuelle Beratungen und kompakte Infos
Die IHK Schwaben bietet umfassende Informationen, Unterstützungsangebote, digitale Checklisten und einen „Notfallkoffer“, um auch bei einem plötzlichen Ausfall an der Unternehmensspitze vorbereitet zu sein. Bei den IHK-Nachfolgesprechtagen können Selbständige eine kostenlose Erstberatung durch regionale Experten in Anspruch nehmen. Zudem gibt es regelmäßig Veranstaltungen, die unterschiedliche Aspekte der Unternehmensnachfolge thematisieren. Im Fokus sind auch die nächste Generation in Familienunternehmen, die als Nachfolgende den Familienbetrieb weiterführen. In die Unternehmensnachfolgebörse „nexxt-change“, bei der die IHK Schwaben Partner ist, finden sich deutschlandweite Übernahmeangebote und  -gesuche. Im Rahmen der bundesweiten Aktionswoche gibt es ebenfalls spezielle Nachfolgeveranstaltungen