B 12-Ausbau: Zweiter Anlauf für das Baurecht

Nach einem „ergänzenden Verfahren” hat die Regierung von Schwaben zwar den vierstreifigen Ausbau der B 12 zwischen Jengen/Buchloe (A 96) und Untergermaringen genehmigt, was dem Projekt bereits mehr als ein Jahr Zeitverzug gebracht hat. Gleichwohl ist ein schneller Baubeginn nicht zu erwarten: Gegen die ursprüngliche, bereits 2022 genehmigte Ausbauplanung liegen drei Klagen vor, und auch gegen den am 3. Juni 2025 bekanntgegebenen neuen Beschluss der Regierung ist Klage möglich. Der Ausbau des sogenannten „Allgäuschnellwegs” ist längst zur verkehrs- und klimapolitischen Grundsatzfrage geworden.
Formal gesehen hatte das Staatliche Bauamt Kempten für den gut zehn Kilometer langen Abschnitt der Bundesstraße B 12 zwischen Jengen/Buchloe (Anschluss an die Autobahn A 96) und Untergermaringen schon seit drei Jahren Baurecht, denn am 1. Juni 2022 hatte die Regierung von Schwaben den Planfeststellungsbeschluss für das Vorhaben erteilt. Dennoch musste sich die Kemptener Behörde, die den vierstreifigen Ausbau zwischen Buchloe und Kempten plant, seit Sommer 2024 um ein weiteres Jahr gedulden, bis sie weiterplanen und vor allem in den Grunderwerb gehen kann: Die Regierung von Schwaben hatte entschieden, die Umweltverträglichkeitsstudie, die der Planfeststellung von 2022 zugrunde liegt, um eine Betrachtung zum globalen Klimaschutz und zum Flächenverbrauch zu ergänzen.
Hintergrund sind drei Klagen, die derzeit vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München ruhen. Die Stadt Buchloe und die Gemeinde Jengen hatten sich wegen des Hochwasserschutzes und der Ausgleichsflächen an das Gericht gewandt; der Bund Naturschutz sieht den Klimaschutz in den Planungen nicht ausreichend berücksichtigt und verlangt, dass die Straße nicht vierstreifig mit Standstreifen 28 Meter breit ausgebaut wird, sondern – ähnlich wie die B 19 südlich von Waltenhofen – nur 21 Meter breit und ohne Strandstreifen. Das Staatliche Bauamt lehnt dies ab, zum einen aus Gründen der Verkehrssicherheit, zum anderen weil dieser Querschnitt nach den derzeit geltenden technischen Richtlinien nicht mehr vorgesehen ist.
In dem Beschluss zum „ergänzenden Verfahren” kommt die Regierung von Schwaben nach Abwägung aller betroffenen Belange zu dem Ergebnis, dass der Ausbau der B 12 „im geplanten Umfang gerechtfertigt" sei. Dieser Ausbau sei erforderlich, um das derzeitige und künftige Verkehrsaufkommen zu bewältigen und die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu gewährleisten, heißt es in der Mitteilung der Regierung vom 03.06.2025. Auf der Website der Regierung ist der Beschluss im Wortlaut einschließlich der planfestgestellten Unterlagen vom 6. bis 20. Juni 2025 abrufbar.
Die Regierung von Schwaben hatte wegen der anhängigen Gerichtsverfahren entschieden, vorsorglich die Umweltverträglichkeitsstudie hinsichtlich der Schutzgüter globales Klima und Fläche ergänzen zu lassen und diese Änderungen bei der Abwägung zu berücksichtigen. In dem seit März 2024 laufenden Verfahren hatten betroffene Privatpersonen und Verbände – auch die IHK – Gelegenheit, zu den ergänzten Unterlagen Stellung zu nehmen. Die Äußerungen wurden bei der Entscheidung berücksichtigt.
Die Kläger der ruhenden Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof können sich zu dem Beschluss erneut äußern. Der Bund Naturschutz kündigte laut „Allgäuer Zeitung” umgehend an, den Beschluss „zu prüfen”: Man gehe davon aus, dass Vorgaben des Klimaschutzes und der Alpenkonvention weiterhin nicht ausreichend berücksichtigt und „Alternativen zu dem Ausbau” nicht ausreichend geprüft worden seien.
Die neue rechtliche Bewertung war nach Darstellung der Regierung von Schwaben erforderlich geworden, nachdem das Bundesverwaltungsgericht in Mai 2022 in einem anderen Verfahren erklärt habe, die Klimaschutzbelange seien nicht ausreichend bewertet worden. Mit der zusätzlichen „Schleife“ sollte nun Rechtssicherheit geschaffen werden – doch der ursprünglich vorgesehene Baubeginn für die „autobahnähnliche“ B 12 in der ersten Hälfte des Jahres 2024 war damit hinfällig geworden. Durch dieses ergänzende Verfahren „verlieren wir unglaublich viel Zeit“, sagte damals der zuständige Abteilungsleiter Thomas Hanrieder vom Staatlichen Bauamt in Kempten gegenüber der „Allgäuer Zeitung“.
Die Allgäuer IHK-Regionalversammlungen hatten sich bereits am 27. Oktober 2020 in einem gemeinsamen Positionspapier zum Ausbau der B 12 gegen eine damals von Umweltverbänden und Teilen der Kommunalpolitik begonnene Diskussion um die Ausbaubreite bzw. -standards gewandt, weil die Diskussion und eine mögliche Neuplanung das Vorhaben um Jahre zurückwerfen würden. Die Position ist am 11. Juli 2023 von den Regionalversammlungen bekräftigt worden. Gleichwohl führte das notwendig gewordene „ergänzende Verfahren“ nun zu genau diesem Effekt – selbst wenn es am Ende aller Gerichtsverfahren bei den ursprünglichen Ausbauplänen des Staatlichen Bauamts bleiben sollte.